Perfekter Yogi

 

Haltet die Wirbelsäule ganz aufrecht und erlaubt euch, alles, was jetzt gerade da ist, auszuatmen – Gedanken, Bilder, Emotionen. Ihr macht euch leer. Oft sind wir so voll von unseren Ideen, wie das Leben zu sein hat, dass wir unfähig sind, das wahrzunehmen, was bereits da ist.

Erlaubt euch, all eure Vorstellungen auszuatmen. Auch all die Selbstvorwürfe: „Das habe ich nicht gut genug getan. Ich müsste besser sein.“ All diesen Schrott: „Ich müsste länger praktizieren, öfter praktizieren, tiefer praktizieren. Ich müsste schon viel weiter sein.“ – alles ausatmen. Atmet auch eure Wünsche aus. Wenn es wahrhaftige Wünsche sind, werden sie wiederkommen – ihr müsst sie nicht in euch halten. Manchmal atmen wir Wünsche aus und plötzlich erkennen wir, was wir uns wünschen. Aber der Weg ist erst einmal, das auszuatmen, von dem wir meinen, dass es sein soll, was für uns und für Andere besser wäre.

Was bleibt übrig, wenn ihr von all dem loslasst? Fühlt, was mit dem Einatem kommt. Und begrüßt das, was kommt. Da begegnet euch euer Leben – so, wie es in diesem Augenblick gerade ist. Gemäß der Situation, in der ihr seid, fühlt ihr euch. Egal, wie viel ihr praktiziert, ihr werdet immer fühlen. Werdet bitte nicht zu einer Buddha-Statue, die nie eine Miene verzieht – egal, was ihr widerfährt.

Ein Yogi ist nicht ein Mensch, der keine Probleme mehr hat. Ein Yogi versucht auch nicht, ein besserer Mensch zu sein, perfekt zu sein. Er ist einfach, wie er ist, gemäß der Situation.

Seid mit dem, was da ist – völlig egal, was jetzt ist. Der Einatem hilft euch, es zu absorbieren, er verstärkt das Fühlen. Und der Ausatem hilft euch, es wieder loszulassen. Das heißt nicht, dass es sofort verschwindet, aber ihr schafft die besten Bedingungen dafür.

Ihr sagt den Dingen nicht, wie lange sie verweilen dürfen, sondern ihr löst einfach den Griff. Sie bleiben so lange, wie sie bleiben wollen. Freude bleibt so lange, wie sie bleiben will. Angst darf bleiben, so lange sie will. Ein Problem darf bleiben, so lange es will. Aber ihr habt kein Problem mit eurem Problem – ihr sorgt euch nicht um eure Sorgen.

Sobald ihr mit eurer Aufmerksamkeit zu einer Sache geht, zum Beispiel zu einem bestimmten Problem, beginnt ihr ein Problem mit dem Problem zu haben. Lasst ihr das Problem Problem sein, wird es nicht so mächtig. Warum? Weil ihr ihm keine zusätzliche Energie gebt. Das heißt nicht, dass sich alles gleich auflöst. Aber ihr bleibt klar. Ihr lasst euch von dem, was da ist, unterrichten. Alles, was jetzt da ist, spricht zu euch.

Unser Hauptproblem ist meistens, dass wir nicht hören. Die Dinge wollen zu uns sprechen, aber wir reden die ganze Zeit. Wir sagen ihnen, wie sie zu sein haben, geben ihnen einen tollen Rat und häufig verstehen wir nicht, dass die Dinge selbst keinen Rat brauchen, sondern sie uns beraten wollen. Wir müssen nur hinhören – hören und dadurch verstehen.