Kapitel drei

Henry II. sparte. Nur Joannas direktes Gefolge und ihre persönliche Dienerschaft würden mit ihr über den Kanal segeln. Die Pferde, Tierpfleger, Köche, Wäscherinnen und sogar einige der Ritter, Soldaten und anderen Personen, die ihre Hochzeitskavalkade über Land bilden sollten, warteten in der Normandie auf sie, die Henry von William, dem Eroberer geerbt hatte. Das war billiger, als sie alle aus England mitzunehmen, obwohl die Schatzkisten mit der vom englischen Volk eingetriebenen Mitgift natürlich mit Joanna an Bord gingen.

Trotz aller Sparsamkeit jedoch hatte der König Southampton Castle aufgetragen, ein mittägliches Abschiedsbankett für seine Tochter auszurichten, bevor sie und ihre Gefolgschaft mit der abendlichen Flut in See stachen. Allerdings sollte auch dieses Bankett weniger opulent ausfallen, als es hätte sein können, nicht so sehr, weil der König auch da knauserte, sondern weil alle in der Festung wussten, dass der König das Verspeisen zu vieler Gänge für verschwendete Zeit hielt.

Aber wenn die am großen Tisch im Saal der Burg servierten Speisen nach allgemeinen Bankettmaßstäben auch einfach ausfielen, waren sie doch von bester Qualität. Genau wie der Wein. Und von einer Galerie klang der Gesang eines reinen Countertenors, begleitet von Gambe und Rebek.

Etwa zur Mitte des Essens stand Henry Plantagenet auf und hob sein Glas auf Joanna.

»Mylords, Myladys, Gentlemen, darf ich Euch gegenüber diese plichtbewusste, außerordentliche Prinzessin Englands preisen, Prinzessin der Normandie, des Anjou, der Touraine, Aquitaniens, der Gascogne und Nantes’, die uns und das Königreich Sizilien dadurch ehren wird, diese beiden großen Reiche in ihrer Person miteinander zu verbinden. Möge Gott mir ihr sein!«

Alle erhoben sich, und jemand rief: »Auf Joanna!«

Die außerordentliche und pflichtbewusste Prinzessin lächelte ihren Dank.

Die Gäste wollten sich schon wieder setzen und am gerade servierten gut gewürzten Rind mit Austern und gebackenen Eierknödeln gütlich tun, aber ihr König war noch nicht fertig. Er stand noch immer, und so mussten auch sie stehen bleiben. »Wie Ihr alle wisst, wird unser verehrter Bischof von Winchester die Reise nach Sizilien anführen …«

Er verbeugte sich in Richtung eines kleinen, rundlichen, üppig gekleideten Mannes, der heftig schnaufte, offenbar aus Erregung, aber doch die Ruhe fand, die Verbeugung zu erwidern.

»… und mit ihm unser hochverehrter Bischof von St. Albans.«

Rowley verbeugte sich ebenfalls.

»Die meisten Mitreisenden sind einander gut und in Freundschaft bekannt«, fuhr Henry fort, »aber wir haben auch Gäste, die noch unbekannt sind. So empfehle ich denn allen die Freundschaft Lord Mansurs an, der hochbewandert in den Künsten der arabischen Medizin ist und der unserem guten Doktor Arnulf in allem beistehen wird, was mit der Gesundheit meiner Tochter zu tun hat.«

Henry hatte Augen, die aufloderten, wenn er besonders konzentriert war, und das taten sie jetzt, als er den Blick vom gelassenen Gesicht des Arabers zu dem von Eleonors Arzt wandern ließ. Doktor Arnulf nahm seine Worte gar nicht gut auf.

Aber es war Vater Guy, einer der beiden Geistlichen, die den Bischof von Winchester begleiteten, der vor Entrüstung und Mut bebend aufstand. »Wenn ich es recht verstehe, mein König, ist der Mann Sarazene. Ein Sarazene! Wollt Ihr das Wohlergehen Eurer Tochter in die Hände eines Mannes legen, dessen Volk in diesem Moment das Heilige Land niedertrampelt?«

Die Gesellschaft hielt den Atem an, aber Henry sah nur zu Mansur hin. »Lady Adelia, seid so gut und fragt den Mylord Doktor, ob er je das Heilige Land zertrampelt hat.«

Adelia übersetzte.

»Sag dem Sohn eines Kamels, er soll gehen und es mit einem Affen treiben«, antwortete Mansur ruhig auf Arabisch.

Adelia wandte sich dem König zu und sah, wie sich der Bischof von St. Albans neben diesem die Serviette vor den Mund hielt.

»Der Lord Doktor war nie in Jerusalem, mein König. Er ist Sizilianer.«

Das stimmte nicht ganz, aber Henry legte nicht wert auf die Wahrheit, und schließlich hatte Mansur vom elften Lebensjahr an im Haus von Adelias Pflegevater in Salerno gelebt und war Sizilianer wie sie.

»Da hört Ihr es, Vater Guy«, sagte der König und sah Doktor Arnulf an. Und wartete.

Mit einiger Anstrengung gelang Doktor Arnulf so etwas wie ein Lächeln und eine Verbeugung. »Aber natürlich, mein König. Mit der allergrößten Freude, mein König. Lord Mansur wird in allen medizinischen Fragen von mir konsultiert werden.«

»Ja, das wird er«, sagte Henry mit Nachdruck. »Unglücklicherweise, wie Ihr seht, spricht Lord Mansur aber nur seine eigene Sprache. Zu meinem großen Glück konnte ich mir, was das betrifft, die Dienste Lady Adelias sichern, einer langjährigen Freundin von mir und der Königin, die Arabisch spricht und immer da sein wird, um zu übersetzen. Sie wurde wie Lord Mansur in Sizilien geboren, und so können beide die Hilfe bieten, die Ihr alle, worauf ich vertraue, in Anspruch nehmen werdet, wenn Ihr jenes Land erreicht.«

Damit war die Reihe an Joannas Hofdamen, Federn zu lassen. »Da wir Lady Adelia aufgrund unglücklicher Umstände erst in letzter Minute erreichen konnten, ist sie ohne Dienerschaft, aber ich weiß, dass ich auf Euch zählen kann, Lady Beatrix, Lady Petronilla und Mistress Blanche, Eure Mägde mit ihr zu teilen und ihr all die Zuneigung und die Behaglichkeit ankommen zu lassen, die Ihr zu geben imstande seid.«

Damit hatte er Adelia die Stellung verschafft, die er ihr verschaffen konnte, doch das steife Lächeln und die Verbeugungen, die ihr von den drei Frauen von jenseits des Tisches gewährt wurden, deuteten darauf hin, dass sie von ihnen nicht unbedingt an den Busen gedrückt werden würde, genauso wenig wie Doktor Arnulf vorhatte, den Jonatan für den David Mansur abzugeben.

»Im Übrigen«, sagte der König, »möchte ich Euch allen den Mann vorstellen, der Euch über das Mittelmeer fahren wird: Lord O’Donnell von den Skerries, meinen Admiral …«

Das war ein weiterer Fremder, der schon die ganze Zeit neugierige Blicke auf sich gezogen hatte. Mit den schwarzen Locken, die er sich zu einem Zopf gebunden hatte, und dem schwarzen Gekräusel, das ihm aus dem offenen Jackenkragen wuchs, sah er ganz und gar nicht aus wie ein Admiral, eher wie ein Pirat. Er besaß seltsam langgezogene Augen, als könnte er gleichzeitig nach vorn und zur Seite sehen. Sein Blick hatte eine ganze Weile interessiert auf Mansur und noch länger auf Adelia geruht und ihr ein ungutes Gefühl bereitet.

Die Gesellschaft hieß Admiral O’Donnell willkommen und wollte sich endlich wieder setzen. Aber …

»Es ist Gottes Gnade zu verdanken, dass Lord O’Donnell gerade in diesem Land zu tun hatte«, fuhr der König gnadenlos fort. »Wir haben ihn zwei Jahre nicht gesehen, sind aber schon gemeinsam durch etliche Stürme gesegelt, die einen weniger guten Schiffsführer hätten scheitern lassen. Seine Flotte wird Euch in Saint-Gilles erwarten und die italienische Küste hinunterbringen. Und an Bord wird ihm in allen seefahrerischen Belangen gehorcht.«

Gut. Gut. Der Mann wirkte wie ein ausgemachter Galgenstrick, aber wenn seine Schiffe sicher waren … Könnten wir jetzt bitte mit dem Essen fortfahren?

Nein, sie konnten nicht.

»Wir schulden unserem geschätzten John, dem Bischof von Norwich, tiefen Dank nicht nur für seine Zeit und dafür, dass es ihm gelungen ist, die Ehe unserer Prinzessin mit Sizilien zu arrangieren, nein, er hat Eure Reise auch bereits gemacht und die Herbergen und Klöster ausgesucht, die Euch unterwegs Obhut gewähren werden.«

Ah, ihre Unterbringung, das war wichtig. Die Gesellschaft stieß nur zu gerne auf den Bischof von Norwich an. Und jetzt …

»Vergessen«, sagte Henry – er genoss das Ganze sichtlich, »will ich auch seinen Neffen nicht, Master Locusta, der ihn auf seiner zweijährigen Unternehmung begleitet hat. Bischof John muss in seine Diözese zurück, aber Master Locusta hat eingewilligt, Euer Vorreiter zu sein, den Weg zu suchen, den er und sein Onkel genommen haben, und Eure verschiedenen Gastgeber auf Eure Ankunft vorzubereiten. Auch ihn empfehle ich Euch.«

Locusta? Hieß das auf Lateinisch nicht »Hummer«?

Ein dunkelhaariger junger Mann stöhnte. »William«, hörte Adelia ihn flüstern. »Ich heiße William.«

»Zudem«, sagte der König gnadenlos, »erlauben wir es aus Barmherzigkeit und im Dienste Gottes, dass ein paar fromme Pilger, die ins Heilige Land wollen, den Kanal heute Abend mit überqueren und in der Sicherheit der Reisegesellschaft meiner Tochter weiter mit über Land reisen.«

Adelias Mund zuckte. Henry hasste Pilger. Sie mussten während ihrer Pilgerschaft keine Steuern zahlen und hinterließen eine Loch in seinen Einkünften.

Die Gäste zollten der Frömmigkeit ihres Monarchen kopfnickend Zustimmung und sahen sehnsüchtig auf die Tafel …

»Und natürlich werden die Reisenden ins Heilige Land«, fügte der König hinzu, »mit an Bord der Schiffe gehen, die Euch übers Mittelmeer tragen. Ich bin sicher, dass ihnen alle christliche Güte zuteil werden wird.«

Er wartete noch etwas, legte den Kopf leicht zur Seite, als fragte er sich, ob es noch mehr zu sagen gebe, entschied dann widerstrebend, dass dem nicht so war, und bedeutete den Anwesenden mit einer Geste, dass sie sich wieder dem Essen zuwenden konnten.

Zu spät: Das Rind war kalt, die Knödel in sich zusammengefallen.

Nach dem Essen wurde von den Gästen des Königs erwartet, dass sie sich unter seinen Blicken freundlich vermischten, was sie auch zu tun versuchten. Nacheinander tauchten neue Gesichter vor Mansur und Adelia auf. Zwei von Henrys Rittern, Sir Nicholas Baicer und Lord Ivo von Aldergate, erwiesen sich als besonders höflich. Beide waren schwergewichtig, eher Diplomaten als Kämpfer, und Henrys Wahl eines Sarazenen als Arzt für seine Tochter schien sie nicht zu überraschen. Nahe Bedienstete der Plantagenets hörten irgendwann auf, über deren Gebaren zu staunen.

Die meisten anderen Gäste schenkten ihnen höfliche Worte mit einem Lächeln, das nicht bis zu den Augen reichte: Hofdamen, der Piratenadmiral, Geistliche.

Vater Guy machte sich nicht die Mühe eines Lächelns, im Gegensatz zu seinem Amtsbruder Adalburt, und der lächelte ohne Unterlass wie ein Schwachsinniger. Er sei noch nie aus England hinausgekommen, gestand er ihnen.

»Ist das nicht aufregend? Aber wie könnt Ihr beide Sizilianer sein, wo Ihr doch von unterschiedlicher Hautfarbe seid?«

Adelia versuchte ihm zu erklären, wie viele verschiedene Kulturen und Rassen der Geistliche in Sizilien antreffen werde. »Ihr werdet sehen, dass es ein ganz anderes Land als unseres hier ist, Vater.«

»Werde ich das? Aber die Menschen dort beten doch alle zu unserem Gott, hoffe ich?«

Geduldig erklärte Adelia ihm, dass es auf Sizilien so viele Kulturen wie Religionen gebe.

Das brachte ihn aus der Fassung. »Ultima Thule!«, rief er. »Und wir bringen unsere geliebte Prinzessin dorthin, um zu heiraten? Salvam fac reginam, o Domine!«

Während sie ihm hinterhersahen, wie er davonhastete, kam der Bischof von St. Albans heran und grinste. »Ich sehe auf Euren Gesichtern den Ausdruck der Menschen, die mit Vater Adalburt gesprochen haben.«

»Wo kommt der Hanswurst denn her?«, fragte Mansur auf Arabisch.

»Aus Scar Fell, glaube ich. Aus dem Lake District.«

»Und warum?«

»Der Bischof von Winchester ist sein Pate und beschäftigt ihn aus reiner Mildtätigkeit. Man muss ihn als heiligen Narren betrachten und sich daran erfreuen. So jedenfalls mache ich es.«

»Ich erfreue mich hier an gar nichts«, sagte Adelia mit Nachdruck.

»Du hast mir also noch nicht verziehen?«

»Nein.«

»Du wirst es. Ich bin zu charmant, als dass du mir zu lange widerstehen könntest.« Er zwinkerte ihr zu und ging, um sich mit Lord Ivo zu unterhalten.

Das Dumme ist, dass du recht hast, dachte Adelia. Er trug heute einfache Kleider, die ihm weit besser standen als sein Bischofsornat: hohe Stiefel, einen wehenden Mantel und eine Pfauenfeder am Hut. Groß und stark war er, wobei sie nie sagen konnte, ob er die anderen Männer tatsächlich alle überragte, oder der es nur in ihren Augen tat. Ihre Aufgaben für das Haus Plantagenet hatten sie durch die Hölle gehen lassen, aber Rowley hatte sie immer zum Lachen gebracht.

Diesmal nicht. Sie würden ihre Treffen und Gespräche von nun an stark einschränken müssen. Der Bischof von St. Albans konnte sich kaum über die Maßen um eine Frau kümmern, die keinerlei Bedeutung für ihn hatte. Nun, das kommt mir gerade zupass.

Am freundlichsten empfangen wurden Adelia und der Araber vom Bischof von Norwich und seinem Neffen. Nachdem sie so viel Zeit auf Sizilien verbracht hatten, waren sie äußerst erpicht darauf, ihre Erfahrungen mit zwei geborenen Sizilianern auszutauschen.

Sie hatten Karten von Joannas Reiseroute angefertigt, die sie verteilten, lange, schmale Pergamentrollen, wie Schals, auf denen sie jedes einzelne Schloss und Gasthaus eingetragen hatten. Die Straßen waren mit allen Brücken, Grenzen und Zollstationen verzeichnet. Adelia und Mansur wurden um ihre Bestätigung gebeten.

Die beiden Sizilianer waren froh, dass man sie konsultierte. Adelina und Mansur studierten die Karte. »Wir reisen also nicht über die Alpen?«, fragte sie.

Das wäre die direkteste Route gewesen. Auf ihrem Weg nach England war Adelia ihr in umgekehrter Richtung gefolgt, per Schiff von Salerno die italienische Küste hinauf nach Genua, weiter über den Pass des Mont Cenis nach Frankreich und von dort zum Kanal.

Diesmal, sah sie, sollte es ganz weit westlich über Land gehen, am Atlantik entlang durch Aquitanien nach Saint-Gilles an der Mittelmeerküste und von dort mit dem Schiff nach Sizilien. Das würde länger dauern und bedeutete vor allem mehr Zeit auf See. Adelia hatte immer noch den Sturm in unliebsamer Erinnerung, der seinerzeit das Schiff Richtung Genua fast hatte kentern lassen. Sie mochte keine Meereswellen.

»Die Route durch Norditalien würde unserer Meinung nach ein wenig zu aufregend für die Prinzessin sein, habe ich recht, Mylord Bischof?«, fragte Locusta.

Sein Onkel lächelte ihm zu. »Das denken wir tatsächlich. Der Friede der Lombarden mit dem dort eingefallenen Barbarossa ist immer noch recht zerbrechlich, und wir können es nicht zulassen, dass Joanna in einen Krieg gerät. Die Fahrt geht von Saint-Gilles per Schiff direkt nach Sizilien.«

»Ich verstehe. Dann denke ich, Mylord Mansur denkt, das haben sie bestens gemacht.«

»Danke.« Der Bischof sah seinen Neffen an. »Hoffen wir, dass alles nach Plan verläuft, wie, Locusta?«

Der junge Mann seufzte. »Homo proponit, sed Deus disponit. Wir können nur hoffen.«

Adelia lächelte den jungen Mann an. »Locusta?«

»Mein Taufname ist William, Mylady.« Er drohte dem Bischof gespielt missbilligend mit dem Finger. »Aber offenbar bin ich meiner Mutter so sperrig und schwarz behaart aus dem Leib gefahren, dass mein guter Onkel hier mich nach einem ungekochten Hummer benannt hat. So war ich von Beginn an Locusta und werde es wohl auch, fürchte ich, immer bleiben.«

Der Bischof von Winchester stand an der Tür und erklärte Admiral O’Donnell aufgeregt: »Aber das sind die falschen Schiffe …«

Henry hörte das und ging zu den beiden hinüber. Adelia, die gerade hinauswollte, blieb stehen, um zuzuhören.

Der Bischof wandte sich an den König. »Diese Person hier, mein König … Ich war im Hafen … Diese Person will uns mit der falschen Art Schiffe über den Kanal fahren.«

»Mit der falschen Art Schiffe, O’Donnell?«

Der Seemann zuckte mit den Schultern. Er war sehr groß. »Mein König, falsch ist allein der Wind. Wenn er nicht auffrischt, werden uns meine Ruderer über den Kanal bringen müssen.« Er sah auf den Bischof hinunter. »Der kleine Kerl hier beschwert sich über die fehlenden Türme.«

»In der Tat, in der Tat«, sagte der Bischof. »Es sollte Befestigungen auf unserem Schiff geben, das ist doch offensichtlich. Einen Turm vorne und einen hinten, zum Schutz gegen Piraten.«

»Ich glaube, ›Bug‹ und ›Heck‹ wären die richtige Bezeichnung«, sagte Henry. »Aber was für Piraten? Wisst Ihr von irgendwelchen Piraten in meinem Kanal, O’Donnell?«

»Aber nein, mein König. Haben wir beide den Kanal nicht vor langer Zeit schon von diesen Bastarden gesäubert? Aber wenn der kleine Kerl hier seine Türme will, sollte er sie ruhig haben. Damit lassen sich Schiffe im Sturm ganz wunderbar zum Kentern bringen. Wenn er jedoch mit mir fahren will, kriegt er verdammt noch mal keine.«

Henry nahm den Bischof beim Arm. »Ihr müsst verstehen, Mylord, Admiral O’Donnell mag ein unflätiger, respektloser, starrsinniger Satansbraten sein, und was noch schlimmer ist, ein Ire, aber auf See ist er Neptun, und niemand kennt die englischen Gewässer besser – und auch das Mittelmeer nicht, um es gleich zu sagen.« Er wandte sich wieder an O’Donnell. »Ist das nicht das Gebiet, wo Ihr diese letzten beiden Jahre wart?«

Eine Reihe weißer Zähne blitzte auf. »A mare usque ad mare. Und natürlich in christlicher Gesellschaft. Meine Seele bereichernd, indem ich Kreuzfahrer ins Heilige Land gebracht habe.«

»Eure Taschen bereichernd, meint Ihr. Großer Gott, ich hätte ein verdammter Seemann werden sollen. Kommt, gehen wir und sehen wir mal, ob wir nicht ein kleine Brise herbeilocken können!«

O’Donnell sah, wie Adelia ihn betrachtete, und verbeugte sich ausführlich.

Dieser Mann würde sie also auf ihrer Reise zum Mittelmeer begleiten? Sie wünschte, es wäre nicht so. Er gab ihr ein ungutes Gefühl. Sie wusste zwar nicht, warum, aber da war etwas an ihm …

Auf dem Weg nach draußen wurde sie von den Hofdamen der Königin angesprochen. Sie waren jung, apart und exquisit gekleidet – Adelia war froh, Emmas hübsches Bliaut und einen Umhang zu tragen –, und sie hätten Schwestern sein können, nur dass Mistress Blanche hell und die anderen beiden dunkle Typen waren. Plötzlich freundlich und als wären sie ein Herz und eine Seele, sprachen die drei sie an. Wie Drillinge. »Meine Liebe«, trillerte Lady Petronilla mit aquitanischem Akzent, »Ihr habt keine Zofe bei Euch. Welch ein Unglück! Wie konnte das geschehen?«

»Erlaubt uns, die Situation für Euch zu bereinigen«, sagte Lady Beatrix, die ihrem Tonfall nach ebenfalls aus Aquitanien stammte. »Das können wir doch, oder, Petronilla?«

»Kaum, dass der König Euren Mangel benannt hatte, kam uns eine Idee.« Lady Petronilla schnipste mit den Fingern, und eine schmächtige Gestalt erschien in der Tür. »Was für ein Glück, dass wir ein solches Kind haben, ohne es zu brauchen. Die Kleine gehörte zum Haushalt meiner Schwägerin, Lady Kenilworth, wisst Ihr, die sie nicht länger braucht.«

»Wir schenken sie Euch«, sagte Lady Beatrix und konnte ein Kichern kaum unterdrücken.

Das Geschenk trat vor, stolperte über seinen überlangen Rock und fiel zu Boden.

»Eine Engländerin, fürchte ich«, flüsterte Mistress Blanche wie auf einer Bühne, »aber ich bin sicher, sie wird ganz wunderbar zu Euch passen.«

»Danke«, sagte Adelia verdutzt.

Das war zu viel für die drei. Sie drehten sich um und gingen mit zuckenden Schultern davon.

Adelia half ihrer neuen Zofe auf die Beine. »Wie heißt du?«

»Boggart, Ladyship. Ich bin Boggart.«

»Boggart? Aber das kann nicht dein Name sein.«

In England war ein boggart ein unbeholfener, boshafter Hausgeist, der Dinge verschwinden, die Milch sauer und Tiere lahm werden ließ. Dieses Kind, das höchstens fünfzehn Jahre alt war, wirkte völlig unschuldig, hatte ein rundes, sommersprossiges Gesicht und blaue Augen.

»Ich glaub’ doch, Ladyship«, sagte Boggart fröhlich. »Hab’ nie nich’n anderen gehabt.«

»Aber du bist doch getauft worden?«

»Weiß nich, ob wirklich, Ladyship.«

Oje! Adelia betrachtete ihre neue Errungenschaft. Das Mädchen war sauber, nur die kleinen Hände sahen ganz und gar nicht wie die einer Zofe aus. Sie waren voller Schwielen und mit Schmutz in den Falten um die Knöchel, der sich auch mit noch so viel Schrubben kaum entfernen lassen würde. Aber Adelia brauchte nun mal eine Zofe auf dieser Reise, und wenn auch nur, um sich den nötigen Status zu veschaffen. »Nun dann, Boggart, willst du in meine Dienste treten?«

»Äh?« Das Unverständnis in den Augen des Mädchens deutete darauf hin, wie verblüfft es war, gefragt zu werden. »Was muss ich dann tun?«

»Gott, ich weiß nicht.« Adelia hatte noch nie eine Zofe gehabt und wusste nicht gleich, was sie sagen sollte. Gyltha hatte ihren Haushalt mit eiserner Hand und solcher Tüchtigkeit geführt, dass Adelias Bedürfnisse bedient wurden, ohne dass sie sich dessen wirklich bewusst geworden war. Was taten Zofen eigentlich?

»Ich könnt’ Ihre Stiefel putz’n«, sagte Boggart eifrig. »Bin ’ne wunderbare Stiefelputzerin.«

Adelia seufzte. Die aquitanischen Ladies hatten ihr einen Kuckuck ins Nest gesetzt, sie hatten dieses Kind loswerden wollen. Das wirklich Erstaunliche daran war nur, dass sie die Kleine überhaupt mit hergebracht hatten. Was tun? Die plötzliche Hoffnung in den Augen des armen kleinen Dings machte es Adelia unmöglich, sie zurückzuweisen.

»Dann gehör’ ich also jezz Euch, Ladyship?«

»Du gehörst niemandem. Ich frage dich nur, ob du für mich arbeiten willst.«

Wieder dieser Ausdruck völligen Unverständnisses. Niemand hatte Boggart erzählt, dass William der Eroberer die Sklaverei in diesem Land abgeschafft hatte und sie kein Paket war, das von einem zum anderen weitergereicht werden konnte. »Ich bin ’ne wunderbare Stiefelputzerin«, sagte sie wieder.

Adelia seufzte ein weiteres Mal. »Ich nehme an, damit können wir anfangen.«

Mit Boggart, die ihr wie ein kleiner Hund hinterherlief, folgte sie den übrigen Gästen auf die Festungsanlagen.

Southampton war zu einem wichtigen Hafen geworden, hier wurde gute englische Wolle in die Normandie geschickt, und im Gegenzug dafür kam Wein über den Kanal. Der Hafen bot ein geschäftiges Bild. Schiffe liefen ein, andere warteten auf den nötigen Wind, um auszulaufen.

Der Bischof von Winchester beklagte sich immer noch beim König und deutete auf die beiden Schiffe, die für die Überfahrt der Prinzessin bereitlagen: eines für Joanna und ihr direktes Gefolge, das andere für die weniger wichtigen Sterblichen des Trosses.

Adelia hatte durchaus Verständnis für den verängstigten kleinen Bischof. Für ihr unerfahrenes Auge waren die beiden Schiffe zwar frisch und leuchtend gestrichen, lagen jedoch ziemlich tief im Wasser, mit einer Ruderbank, zwei Masten und viel weniger Schmuck als die mit aufwendigeren Aufbauten versehen Schiffe, auf denen sie bisher gefahren war. Nur ein schlaff herunterhängendes königliches Plantagenet-Banner wies darauf hin, welches das Flaggschiff der Prinzessin war.

Zu allem bestand O’Donnell jetzt auch noch darauf, dass die Reisegesellschaft die Nacht an Bord verbrachte, obwohl doch heute nicht mehr mit günstigem Wind zu rechnen war. »Mein türkischer Freund hier denkt, er kann eine aufkommende südwestliche Brise riechen. Stimmt’s, Deniz?«

Dieser Deniz war ein gedrungener, stark riechender Zwerg von einem Mann mit weiter Segeltuchhose und einer Weste, die braune Arme mit Muskeln wie Eisenbälle sehen ließ.

Deniz grunzte.

»Denise?«, flüsterte Adelia Mansur zu. Das waren seltsame Namen, denen sie heute begegnete.

»Deniz. Das heißt auf Türkisch ›das Meer‹«, erklärte ihr Mansur.

O’Donnells Augen wanderten in ihre Richtung »Das tut es tatsächlich, Master«, sagte er, »denn aus dem Meer habe ich ihn gefischt, und keiner versteht es besser.«

Er spricht Arabisch und Latein, dachte Adelia. Wir müssen vorsichtig sein.

»Die Brise kommt in der Nacht«, sagte O’Donnell und sah immer noch zu ihr und Mansur herüber, »das heißt, wir können im Morgengrauen mit der Flut auslaufen, und den Zeitpunkt will ich nicht im Durcheinander all der feinen Ladies und Gentlemen verpassen, die ihre Kojen noch nicht gefunden haben.«

Ein Durcheinander wurde es tatsächlich. Wild ausschlagende Pferde wurden in den Laderaum gebracht, schreiende Hafenarbeiter schleppten Truhen mit Kostbarkeiten und Kleidern an Bord, gefolgt von nervösen Hofdamen, die ihre Röcke rafften. Priester und Helfer wankten über die Gangways und stritten mit den Seeleuten darüber, auf welches der Schiffe sie sollten.

Das ist ja alles gut und schön, dachte Adelia, nur wo ist unser Schutz? Die Kostbarkeiten, die sie mit sich führten, würden fraglos Räuber anziehen, und all die Frauen, Bediensteten und Geistlichen würden sie nicht abwehren können.

Dann sah sie aus der Entfernung Captain Bolt eine Reihe Männer an Bord des zweiten Schiffes scheuchen und war beruhigt. Sie und der gute Captain hatte sich bei ihren früheren Ermittlungen bereits bestens kennengelernt. Dabei hatte er sich nicht nur als ausgezeichneter, seinem König treu ergebener Soldat erwiesen, sondern sich ihr gegenüber auch äußerst liebenswürdig gezeigt. Er war es, der auf Henrys Befehl den Wald in Somerset von den Gesetzlosen gesäubert und die von ihr gefundenen Toten ausgegraben und christlich bestattet hatte.

Weil sie Boggart von einem Tau befreien mussten, über das die Kleine gefallen war und in dem sie sich gleich auch noch verheddert hatte, wurden Mansur und Adelia noch einen Moment auf dem Kai aufgehalten.

Wieder kam der Bischof von St. Albans wie zufällig bei ihnen vorbeigeschlendert. »Wer ist denn das?«

Adelia klopfte Boggart den Staub ab. »Meine neue Zofe.«

»Großer Gott!« Rowley wandte sich an Mansur. »Mein lieber Doktor, gehört Euch das Stück Gepäck dort drüben?« Dabei deutete er auf eine große Kiste am Ende des Kais, die noch verladen werden musste.

»Nein, Mylord.«

»Wirklich nicht? Ich dachte, darin wären Eure Medikamente. Vielleicht solltet Ihr einmal nachsehen.« Er verbeugte sich kurz vor Adelia und ging zurück zur Gruppe der Geistlichen.

»Was war das jetzt?«, fuhr Adelia auf und sah Mansur an. Die Kiste mit den Medikamenten war längst an Bord.

»Sehen wir doch nach! Das unbeholfene Mädchen bleibt derweil, wo es ist.«

»Bleib hier!«, sagte Adelia zu Boggart und ging zusammen mit dem Araber die Kiste inspizieren. Schon von Weitem schlug ihr ein Geruch entgegen, der so stark wie vertraut war. »Das ist Ward«, sagte sie und fasste Mansurs Arm.

»Der Hund? Wie kann das sein?«

»Ich würde den Geruch überall erkennen.« Sie eilte zu der Kiste und fand dahinter im Tohuwabohu des Anlegers einen jungen Mann mit einem Strick, an dessen Ende ein kleiner, wenig gepflegt aussehender Hund gebunden war. Beide waren glücklich, sie zu sehen, aber während der Hund wild in ihre Richtung sprang, blieb das Gesicht des Jungen reglos, und er sprach ganz sachlich düster.

»Ich soll mich mit Euch beiden nicht sehen lassen, oder? Ich werde unbeachtet bleiben, so hat’s der Prior gesagt.«

Adelia umschlang ihn. »Ulf, oh Ulf. Du! Was machst du hier? Ich freue mich so, dich zu sehen. Oh Ulf!«

Gylthas Enkel war gewachsen, seit sie ihn das erste Mal in den Marschen Cambridgeshires gesehen hatte. Der aufsässige, unansehnliche Junge, den Adelia ins Herz geschlossen und vor einem schrecklichen Entführer gerettet hatte, wirkte um einiges sauberer als damals, nur dass er mittlerweile ein leichtes Stoppelkinn hatte. Sein zerzaustes Haar war unter einem breitkrempigen Pilgerhut verborgen, und wie die meisten Männer aus den Marschen trug er eine nüchterne Ungerührtheit zur Schau.

»Lasst mich!«, sagte er und entwand sich Adelias Umarmung. Er nickte Mansur zu, der zurücknickte. Weder der eine noch der andere zeigten offene Freude, und doch war in ihren Augen zu lesen, dass sie froh waren, sich zu sehen.

»Und Ward auch.« Adelia legte die Hände um den Kopf des Hundes, um sie gleich anschließend sorgfältig mit ihrem Taschentuch abzuwischen.

»Was macht ihr zwei hier?«

»Ich bin auf Befehl des Königs hier. Inkognito. Und der Stinker da ist mitgekommen, weil der Prior dachte, Ihr könntet ihn brauchen.«

Adelia lächelte. »Ich bin diesmal nicht in Gefahr.« Prior Geoffrey von Cambridge, ihr erster Freund in England, war immer um ihre Sicherheit besorgt und hatte ihr schon Wards Vorgänger gegeben, einen ähnlich stinkenden Hund, sodass sie, sollte sie in Gefahr geraten, immer über den Geruch zu finden war.

Wie sich hinterher herausstellte, hatte ihr der Hund tatsächlich das Leben gerettet und dabei seines verloren. Und als sie zu ihrem Bedauern gezwungen gewesen war, von Cambridge wegzuziehen, war Ward einer der Freunde gewesen, die sie zurücklassen musste.

»Der Prior sieht das nicht so«, sagte Ulf. »›Das Mädchen zieht die Schwierigkeiten an, wie Funken nach oben fliegen.‹ Das hat er gesagt. ›Bring ihr das stinkende Vieh und sag ihr, sie soll es nahe bei sich halten‹, hat er gesagt. Und das tu ich.«

»Aber was ist das für ein Befehl des Königs?«

Ulf schüttelte den Kopf über ihre Ahnungslosigkeit und richtete den Blick auf ein großes, einfaches Holzkreuz, das neben ihm an einer der Kisten lehnte. »Deswegen.«

Adelia brauchte eine Weile, bis sie begriff. »Mein Gott«, sagte sie. »Du bist der Kreuzträger. Der König hat sich also mit Prior Geoffrey beraten. Wie weise von ihm.«

»Er braucht’s ja nicht zu schleppen«, sagte Ulf mit Gefühl. »Das iss’n schweres, altes Stück Holz, obwohl es hohl ist und das, was drin ist, nicht zu schwer wiegt. Offiziell trage ich Großpapas Kreuz nach Jerusalem und stelle es aufs heilige Grab, damit ihm die Sünden vergeben werden.« Er grinste.

Adelia lächelte warmherzig zurück. Sein Großvater hatte tatsächlich gesündigt. Prior Geoffrey, der St. Augustines in Cambridge leitete, wo Ulf jetzt Recht studierte, hatte als junger Priester eine glückliche, aber unerlaubte Beziehung zu Gyltha unterhalten, aus der, in zweiter Generation, dieser wunderbare Enkel hervorgegangen war.

Die List war klug. Es war durchaus üblich, dass diejenigen, die nicht selbst ins Heilige Land ziehen konnten, etwas von sich durch einen Stellvertreter schickten. Henry, dieser schlaue, dieser ausgekochte König, hatte sich offenbar mit Rowleys Hilfe seiner alten Freundschaft mit dem Prior erinnert, und dann hatten die beiden gemeinsam einen Plan für Excaliburs geheime Reise ausgeheckt. Wer würde denken, dass ein solches Milchgesicht in seinem Kreuz ein Schwert mit sich trug, das die gesamte Christenheit so sehr begehrte, dass sie sogar dafür bereit war zu töten?

»Und wenn wir nach Sizilien kommen«, sagte Ulf, sah sich um und versichert sich, dass ihnen niemand zuhören konnte, »wird der alte Rowley das Holz aufbrechen, und Ihr-wisst-schon-was Ihr-wisst-schon-wem geben. Schade, dass Ihr’s nicht sehen könnt. Das iss schon ein Ding, das sage ich. Das hat was Magisches.«

»Ich habe es gesehen«, sagte Adelia. Magisch oder nicht, sie hatte kein Bedürfnis, es noch einmal zu sehen.

Ulf gab ihr den Strick mit dem Hund und hievte sich das Kreuz auf die Schulter. »Ich geh wohl besser an Bord, und denkt dran, ich bin inkognito. Wir heiligen Pilger haben nichts mit Euch zu tun.« Er ließ den Blick schweifen, sah, dass die Luft rein war, und zog los, wobei er so tat, als schwankte er leicht.

Adelia löste den Strick von Wards Halsband und ersetzt ihn durch ihren Schal, was etwas besser aussah. Keine ihrer heutigen Errungenschaften würde ihren Stand im Gefolge der Prinzessin verbessern, aber sie freute sich über beide. Und selbst wenn sie und Mansur während der Reise nicht zusammen mit Ulf gesehen werden durften, wussten sie doch zumindest einen lieben Gefährten in ihrer Nähe. Der Junge, wobei sie dachte, dass sie ihn fortan wohl besser als jungen Mann betrachtete, hatte die Gediegenheit und den gesunden Menschenverstand seiner Großmutter. So würden sie etwas von Gyltha mit sich auf der Reise haben.

Musste das kommende Jahr tatsächlich so schlecht werden?

Der abscheuliche Satz, den sie Männer über Vergewaltigungen hatte sagen hören – »Leg dich zurück und genieß es« –, kam ihr in den Sinn. Ja, sie wurde benutzt, wurde gezwungen, gegen ihren Willen einem Befehl zu folgen. Andererseits aber war Allie so sicher, wie sie nur sein konnte, mit Gyltha, die sich um sie kümmerte, und sie selbst trat eine Reise an, die sie seit Jahren schon machen wollte, und das auf eine Weise, die, sah man von den unvermeidlichen Gefahren des Reisens einmal ab, so sicher sein würde, wie man es sich nur vorstellen konnte.

Adelia atmete die Luft ein, von der sich die Möwen genussvoll tragen ließen, und berührte Mansurs Hand. »Nun dann …«, sagte sie.

Er neigte den Kopf. Er wusste, was sie meinte, wie er es immer tat. Auch er fuhr nach Hause.

 

Die Nacht hat sich über den Hafen gesenkt. In den Kabinen der königlichen Schiffe ist es heiß, ungemütlich und voll. Alle warten auf den Wind, der mit der Flut in der Morgendämmerung kommen soll. Die meisten Passagiere sind so müde, dass sie, einer nach dem anderen, die Laternen löschen. Offene Flammen sind an Bord nicht erlaubt. Bis auf ihre Positionslichter sind die Schiffe kaum mehr als zwei dunkle Umrisse, zwei Drachen in der Finsternis …

Nein, eine Laterne brennt noch. Ein Mann zieht das Deck seiner Kabine vor und hat sich gegen eine Luke gelehnt, so dass er in Ruhe mit seinem Messias reden kann. In der Ruhe, die sein Messias ihm schenkt.

Wir sind uns vorgestellt worden, Geliebter. Scarrys Mund formt die Worte, ohne dass ihm ein Laut entweicht. Ich habe es geschafft, sie zu ertragen, denn es ging nicht anders. Selbst aus der Nähe ist sie keine Schönheit, bis auf das Lächeln, das sie kurz zeigte, und dann … nun, ich gestehe es: Suum cuique pulchrum est. Ihre Haut ist dunkel wie die einer Griechin. Dir würde es gefallen, sie zu kauen.

Ihre Augen sind braun und eine Beleidigung für alle Männer. Ich bin euch ebenbürtig, sagen diese Augen. Ich habe Wissen. Welche Dreistigkeit, welche Herausforderung!

Ich habe einen Speichellecker dafür bezahlt, ihr Gepäck zu durchsuchen. Keine Spur von Excalibur, aber sie weiß ohne Zweifel, wo es ist. Wem sonst sollte der König es anvertraut haben, wenn nicht der, die ihn zu dem Schwert geführt hat?

Zügle dich, meine Freude, meine Liebe, so wie ich mich zügle! Wir haben Zeit, vor uns liegen tausend Meilen. Wir werden das Schwert bekommen, und sie wird im Staub enden. Aber langsam, Stück für Stück: A pedibus usque ad caput - hack, hack, bis der Geist schwindet.

Für dich, Wolf. Auf deinem Altar. Für dich, der einem Gott gleichkommt.