Fox & Friends: Medien und Stimmungsmache

Das Treffen bei den jungen Republikanern in New York City ist höchst klandestin. Nur Mitglieder dürfen zuhören, denn heute spricht James O’Keefe. James O’Keefe ist ein konservativer Aktivist der Tea Party. Er nennt sich aber lieber investigativer Reporter, Guerilla-Dokumentarfilmer oder auch »Gonzo-Journalist«, nach dem Schriftsteller Hunter S. Thompson, der selber Teil seiner eigenen Story war. Auch auf Saul Alinsky beruft er sich, einen linken Organisator zur Zeit des Vietnamkrieges, dessen Taktiken, so fordern Tea Partier heute, die Rechte übernehmen solle. Tatsächlich hat O’Keefe in einer einzigartigen Serie von Attacken praktisch alle Institutionen, denen die Tea Party feindlich gesinnt ist, schwer beschädigt. Das macht ihn dort zum Helden; für Liberale ist der 25-Jährige natürlich einer der Oberschurken.

Noch lässt O’Keefe auf sich warten. Und so stehen ein paar Dutzend Republikaner, die meisten bereits um die vierzig, an diesem lauen Sommerabend auf der Terrasse des Clubhauses in Manhattan. Es gibt Tonic mit Eis, alkoholfrei, in Plastikbechern serviert. Die Terrasse bietet einen wunderbaren Blick auf die gepflegten grünen Dachgärten des Rockefeller Center, dort residiert der Sender NBC, der zu den Feindbildern der Tea Party zählt.

Die Republikaner in New York City sind moderat; für sie ist weder NBC noch das Rockefeller Center Teil einer geheimen Weltverschwörung. Es gibt zwar eine Tea Party in New York, aber mit der wollen sie wenig zu tun haben. Auch sind ihre Treffen normalerweise öffentlich; nur heute nicht. Jenny, eine Mittdreißigerin, die die Debatte leitet, ermahnt uns, über alles, was hier gesagt werde, Stillschweigen zu bewahren. Falls irgendwer den Republikanern nur deshalb beigetreten sei, um darüber zu schreiben, der bekäme seinen Mitgliedsbeitrag von 75 Dollar zurück und könne gehen, ohne dass Fragen gestellt würden. Es geht aber keiner. Um die Wartezeit zu überbrücken, fragt Jenny, wen wir gerne als Präsidenten hätten. Die Sympathien gehen von Michele Bachmann bis zu Jon Huntsman. Ron Paul will keiner.

Zuhälter und Muslimbruder

James O’Keefe wurde berühmt, als er, gekleidet wie ein Zuhälter in einem schlechten Hollywoodfilm – Cowboyhut, Dandystöckchen, Sonnenbrille, Chinchillamantel –, in mindestens acht Büros von ACORN aufkreuzte, zusammen mit einer Bekannten, die wie eine Prostituierte gekleidet war. ACORN (Association of Community Organizations for Reform Now) ist, oder vielmehr war, ein Dachverband von gemeinnützigen Vereinen, die sich für gering verdienende Familien einsetzten (was in den USA meist heißt, hispanisch oder schwarz). Die Leute von ACORN kämpften für gesetzliche Mindestlöhne und gegen Wucherhypotheken, vor allem aber sorgten sie dafür, dass ihre Klienten sich als Wähler registrieren ließen. Rund 1,3 Millionen Wähler hat ACORN alleine vor der Präsidentschaftswahl von 2008 angemeldet. Selbstredend gaben die meisten derart organisierten Wähler ihre Stimme den Demokraten, weshalb ACORN bei den Republikanern nicht so furchtbar beliebt war. Es gab immer wieder Vorwürfe, dass ACORN Wähler doppelt registriere oder unsauber mit Spenden umgehe. ACORN hat beispielsweise auch Schwarze aus New Orleans, die nach dem Hurrikan Katrina nach Houston oder Atlanta gezogen waren, per Bus zur Bürgermeisterwahl herangekarrt; das war der Hauptgrund, warum der schwarze Demokrat Ray Nagin wiedergewählt wurde.

O’Keefe und seine Freundin marschierten im Sommer 2009 mit einer versteckten Kamera in acht ACORN-Büros und erzählten den – allesamt schwarzen – Frauen, die dort arbeiteten, sie wollten ein Bordell aufmachen und dazu minderjährige Zwangsprostituierte aus El Salvador in die USA schmuggeln. Wie sie das tun könnten und dabei auch vermeiden, Steuern zu zahlen? Die beiden bekamen Ratschläge in fünf Büros. Das in Baltimore schlug vor, eine steuerbegünstigte Stiftung zu gründen.

O’Keefe gab kurze Ausschnitte aus dem Video an Fox News, den Nachrichtenkanal von Rupert Murdoch, und die ›Washington Times‹ (die der Moon-Sekte gehört) weiter und stellte sie auch auf mehrere Websites des rechten Bloggers Andrew Breitbart, für den er damals arbeitete. Daraufhin brach eine Welle der Empörung über ACORN herein. Staatsanwälte schalteten sich ein, Sponsoren wandten sich ab, zuletzt kappte der Kongress in Washington die finanzielle Unterstützung.

ACORN kämpfte noch eine Weile, musste aber ein Jahr später dichtmachen. O’Keefe wurde über Nacht zum Helden. Er wurde ins Studio von Fox News eingeladen, wo Sean Hannity ihn einen »Pionier des Journalismus« nannte. Glenn Beck lobte ihn, während Bill O’Reilly, der populärste Fox-Moderator, ihn für eine Medaille des Kongresses vorschlug. Das ebenfalls Murdoch-eigene ›Wall Street Journal‹ wies darauf hin, dass ACORN nicht nur von den Gewerkschaften unterstützt werde, auch Obama habe für die Organisation gearbeitet. Die boulevardeske Schwesterzeitung ›New York Post‹ nannte ACORN »linke Gauner«, die mit »unseren Steuergeldern« Hurenhäuser finanzierten. Ann Coulter bewunderte ihn öffentlich, und Breitbart, O’Keefes Auftraggeber, wünschte ihm den Pulitzerpreis.

Aber bald kamen Zweifel auf. Der frühere Generalstaatsanwalt von Massachusetts, den ACORN mit einer Untersuchung beauftragt hatte, fand heraus, dass O’Keefe keineswegs in seinem albernen Aufzug bei ACORN gewesen war – diese Bilder waren nachträglich eingefügt –, dass aus den Videos Teile geschnitten und die Fragen von O’Keefe mit neuem Ton unterlegt worden waren. Aber das hat weder ACORN gerettet noch O’Keefes Höhenflug beendet, im Gegenteil.

Und nun kommt er endlich, ein langer, dünner, jung und trotzig aussehender Mittzwanziger mit halb langen blonden Haaren. Die New Yorker Republikaner klatschen. Erst mal erzählt er von seinem neuem Vorhaben, der Website ›Project Veritas‹, die Lügen der liberalen Presse entlarve. Die Website sei gemeinnützig, weshalb Spenden von der Steuer abgesetzt werden könnten. Leider müsse er vorsichtig sein, denn sein letzter Coup in Baton Rouge, Louisiana, sei schiefgegangen. Mit zwei Mitstreitern war er als Außendienstler einer Telefongesellschaft getarnt in das Büro von Mary Landrieu eingedrungen, einer demokratischen Abgeordneten. Er wollte ihren Apparat verwanzen. Dabei wurden sie erwischt, er bekam drei Jahre auf Bewährung – was er total unfair findet. Aber, fährt er fort, und der Trotz in seiner Stimme flackert wieder auf, das zeige doch, wie wichtig er sei und wie sehr das System ihn fürchte: So bezahle der Spekulant George Soros einen Mitarbeiter einzig dafür, dass sein Wikipedia-Eintrag dauernd umgeschrieben werde; ins Negative natürlich. Beifälliges Nicken. Soros, ein Demokrat, hat viele liberale Initiativen finanziell unterstützt, darunter die einflussreiche linke Internetplattform Moveon. org. Er gilt als Hauptfeind der GOP.

Nun erzählt O’Keefe, wie er um 2005 zur Symbolfigur des Protestes gegen politische Korrektheit wurde. Als Student an der Rutgers University in New Jersey habe er bei der Universitätsleitung dagegen protestiert, dass die Cafeteria Cornflakes der Marke »Lucky Charms« servierte, mit grünen Zaubergnomen auf der Packung. Dieses Stereotyp beleidige ihn als Iren. »Ich habe die in eine Zwickmühle gebracht, entweder ethnisch unsensibel zu sein oder aber sich lächerlich zu machen.« Zu seinem Erstaunen versprach die Unileitung, die Beschwerde ernst zu nehmen. Sie tat aber nie etwas. »Bloß die anderen Studenten haben mich danach mit Lucky Charms beworfen.«

Doch O’Keefe ist kein spontaner Student, sondern ein ausgebildeter Politaktivist. Zu der Zeit, schreibt die Washingtoner Netzzeitung ›Politico‹, war er beim Leadership Institute in Arlington angestellt, einer Privatuniversität, deren journalistische Fakultät von Steven Sutton geleitet wird. Das Institut, das mehr als sechs Millionen Dollar im Jahr an Spenden bekommt, wurde von Morton Blackwell gegründet, einem früheren Delegierten von Barry Goldwater und Ronald Reagan. Karl Rove, »Bushs Gehirn«, hat hier gelehrt. Die Idee mit den Lucky Charms kam von Sutton, aber bald darauf distanzierte er sich von seinem Zögling, der ihm unheimlich wurde. O’Keefe wechselte zum Collegiate Network, das ebenfalls rechte Journalisten ausbildet; ein Zögling war Coulter. Das Network wird von Richard Mellon Scaife unterstützt, Verleger der ›Pittsburgh Tribune-Review‹ und Erbe von Gulf Oil.

Seinen ersten Videostunt legte O’Keefe 2007 hin, an der University of California. Damals hat er bei mehreren Kliniken von Planned Parenthood angerufen, wo arme Frauen zur Krebsvorsorge hingehen, die Pille bekommen oder abtreiben lassen können – die Tea Party würde auch Planned Parenthood liebend gerne dichtmachen. Er habe denen eine hohe Spende angeboten, aber nur, wenn sichergestellt sei, dass damit Abtreibungen schwarzer Babys finanziert würden. »Je weniger schwarze Babys es gibt, desto besser«, sagte er am Telefon. Sieben Kliniken wollten seine Spende tatsächlich akzeptieren. Daraufhin forderten schwarze Pfarrer und schwarze Bürgerrechtler, Bundesgelder für Planned Parenthood zu streichen, die »Völkermord« begingen. (Tatsächlich werden in den USA mehr schwarze Babys abgetrieben als weiße.) Allerdings blieb die Empörung darüber unter Weißen gänzlich aus. Wie sehr er sich um die Babys von Minderheiten sorgt, stellt O’Keefe auch gleich noch mal unter Beweis: Die Politik müsse, fordert er, dringend etwas gegen die vielen Mexikanerinnen unternehmen, die illegal und schwanger über die Grenze kommen. »In El Paso gibt es einen Baum, da setzen sich die schwangeren Mexikanerinnen drunter, und wenn es so weit ist, fahren sie in die nächste Klinik und bekommen amerikanische Babys.«

Nach dem Blattschuss gegen ACORN wählte O’Keefe als nächstes Ziel das von Konservativen ungeliebte öffentlich-rechtliche Radio NPR, National Public Radio, das in den USA ohnehin ein Schattendasein fristet. Anfang 2011 trafen sich er und zwei Mitstreiter mit Ronald Schiller, einem professionellen Spendensammler für NPR. Die drei gaben sich als Mitglieder des Muslim Education Action CenterTrust aus. Der, so sagten sie, sei eine Tarnorganisation der Muslimbruderschaft, und die wolle fünf Millionen Dollar spenden. Schiller und eine Kollegin trafen sich mit dem Trio zum Lunch und schmierten den vermeintlichen Spendern, die eifrig auf die Republikaner schimpften, Honig ums Maul. Schiller klagte, dass die Tea Party die Republikaner übernommen habe, und die sei nicht nur islamophob, sondern auch xenophob, alles Leute, die an das »weiße, gewehrschwingende Amerika des Mittleren Westens« glaubten und die »wirklich, wirklich rassistisch« seien. Mehr noch: Tea Partier seien Fanatiker, die sich in das Privatleben anderer Leute einmischten, und fundamentalistische Christen sowieso – ja, eigentlich seien die nicht einmal richtige Christen, sondern Evangelikale.

Auch diese – heimlich mitgeschnittenen – Aufnahmen veröffentlichte O’Keefe bei seinen konservativen Freunden in den Medien. Nach dem neuerlichen Sturm der Entrüstung musste Schiller gehen, und sogar die Chefin des Senders verlor ihren Job. Republikaner im Repräsentantenhaus forderten, Bundeszuschüsse für NPR zu streichen. Und O’Keefe ist stolz darauf. »Der hat all diese linken Sprüche gebracht, etwa, dass die Juden die Medien kontrollieren.« Das allerdings ist unwahr: Auf dem Video, das im Internet zirkuliert, ist zu hören, dass O’Keefe diese Sprüche reißt, in der Hoffnung, dass Schiller ihm zustimmt. Aber dieser nimmt den Köder nicht an.

»Mich ärgert an den Linken hauptsächlich, dass sie ihre Ideale verraten haben«, meint O’Keefe. »In den sechziger Jahren ging es denen darum, den Herrschenden die Wahrheit ins Gesicht zu sagen. Aber nun beschützen sie die Herrschenden.« Das gelte für die ›NewYorkTimes‹, »die schützt das Establishment«, aber auch für NPR, Associated Press und die Columbia School of Journalism. »Dabei mache ich genauso investigativen Journalismus wie die«, sagt er. »Ich habe herausgefunden, dass in Hollywood junge Schauspielerinnen gezwungen werden, sich zu prostituieren, aber nichts ist passiert. Doch wenn NBC über so etwas berichtet, dann kriegen die Emmys und Peabodys und alles. Eigentlich müsste ich den Pulitzerpreis bekommen.«

Danach plaudert O’Keefe noch mit seinen republikanischen Bewunderern, doch seine Adresse, seine Telefonnummer oder auch nur seine E-Mail-Adresse verrät er nicht. »Ich lebe praktisch im Untergrund«, sagt er. Denn das System, die Regierung, der Polizeiapparat seien hinter ihm her. Am meisten fürchte er, von Anwälten verklagt zu werden, bis er arm ist. »Umbringen werden sie mich nicht, das würde zu viele Schlagzeilen machen.« Aber auch er habe Anwälte. Wikipedia schreibt, dass er auf einem Hausboot in New Jersey wohnt. Das war wohl der Mitarbeiter von George Soros.

»Gottlos, dämonisch und dumm«: Medien und die Tea Party

O’Keefe, der Shootingstar der Tea Party, wäre nicht möglich ohne die Zeitungen, TV- und Radiosender und Websites, die mit den Republikanern sympathisieren oder gar versuchen, sie rechts zu überholen. Denn die Tea Party und die Republikaner eint ein gemeinsamer Feind: die liberalen Medien. Konservative klagen, dass die Journalisten bei den mainstream media den Demokraten allzu freundlich gesinnt seien. Damit meinen sie die ›New York Times‹, die ›Washington Post‹, die ›Los Angeles Times‹, den ›San Francisco Chronicle‹, ›Newsweek‹, ›Time Magazine‹ und andere große Blätter, aber auch Nachrichtenkanäle wie CNN und die Sendeanstalten NBC, ABC und CBS sowie, natürlich, NPR. Selbst Provinzblätter wie die ›Arizona Republic‹ gelten als »links unterwandert«, was auch heißt: zu immigrantenfreundlich.

Tatsächlich stehen Journalisten, insbesondere in Großstädten, eher den Demokraten nahe als den Republikanern – was übrigens generell für Großstädter zutrifft oder auch für Amerikaner, die auf dem College waren. Aber für deutsche Verhältnisse sind die meisten amerikanischen Zeitungen bestenfalls liberalbürgerlich. Die ›Washington Post‹ entspricht in ihrer politischen Linie der ›Welt‹, die ›NewYorkTimes‹ der ›FAZ‹, und so etwas wie die ›taz‹ gibt es in Amerika überhaupt nicht. Die Nachrichten der großen Sendeanstalten sind an Provinzialität nicht zu überbieten, sie befassen sich meistenteils mit entlaufenen Katzen, abgestürzten Kleinflugzeugen und herannahenden Tornados. CNN, das durch seine Golfkriegsberichterstattung berühmt wurde, ist über weite Strecken zum human interest network mutiert, wo Abendtalker Piers Morgan die englische Kronprinzessin interviewt und Prozesse über mysteriöse Mordfälle den Platz davor und danach füllen. Selbst die Moderatoren des einzigen ansatzweise linken Kabelsenders MSNBC betonen stets, dass sie hinter den Truppen im Irak stehen.

Die Tea Partier fühlen sich von diesen Medien nicht repräsentiert. Tatsächlich sind die TV-Sender und die Presse, die im Kalten Krieg stramm auf der Seite der US-Regierung standen, nun immerhin kritischer als in den fünfziger Jahren; vor allem aber haben sie sich kulturell verändert. Während früher ein weißer Mann im Anzug die Nachrichten vorgetragen hat, sind heute im Fernsehen auch schwarze oder asiatische Gesichter zu sehen, oft Frauen, und gelegentlich sogar offen schwul oder lesbisch lebende Moderatoren.

Aber während CNN und die ›Times‹ bunter geworden sind, hat sich eine konservative mediale Gegenbewegung gebildet. Und die stützt sich auf drei Säulen: erstens Talkradio, das hauptsächlich von Autofahrern auf dem Weg zur Arbeit gehört wird, zweitens Nachrichtenaggregatoren im Internet und drittens die News Corporation, das Medienimperium von Rupert Murdoch, und dessen wichtigstes Organ, der Nachrichtensender Fox News.

Der unangefochtene König des Talkradio ist Rush Limbaugh, der erfolgreichste Radiotalker der USA. Der 59-jährige frühere Discjockey sitzt in Palm Beach, Florida. Seine dreistündige tägliche Sendung wird von 600 Radiostationen übertragen, er hat zwanzig Millionen Hörer. Und er nimmt kein Blatt vor den Mund. Er sang das Spottlied ›Barack, the Magic Negro‹. Er machte sich über den Schauspieler Michael J. Fox wegen dessen Parkinson-Erkrankung lustig. Er verglich die Präsidententochter Chelsea Clinton mit einem Hund und verteidigte die Folter im Gefängnis von Abu Ghraib mit den Worten, Soldaten müssten auch mal Spaß haben dürfen. Feministinnen nennt er »Feminazis«. Und er schlug vor, der afroamerikanische Dachverband NAACP (National Association for the Advancement of Colored People) solle seinen Mitgliedern beibringen, wie man Raubüberfälle auf Schnapsläden begeht.

Limbaugh, der in Missouri geboren wurde, in einer fast weißen Stadt, die im Bürgerkrieg aufseiten der Konföderierten kämpfte, ist ein klassischer Südstaaten-Konservativer, der noch mit der Rassentrennung aufwuchs. Damit schaffte er es nach ganz oben. »Limbaugh ist heute die einflussreichste Stimme der konservativen Bewegung«, sagt Erikka Sigrid Knuti von der medienkritischen Organisation Media Matters for America. »Sogar Ronald Reagan hat sich bei ihm bereits für die Wahlhilfe bedankt.« Limbaugh steht weiter rechts als George W. Bush – so forderte er seine Hörer auf, gegen dessen zu laxe Einwanderungsgesetze zu protestieren.

Aber Limbaugh ist nicht der Schrillste unter den konservativen Ikonen, das ist Ann Coulter, eine überschlanke Blondine, die Liberale in einem knappen Dutzend Büchern als gottlos, dämonisch und dumm beschrieben hat und die oft in Limbaughs Radioshow auftritt. Zum ›New York Observer‹ sagte sie einmal, der einzige Fehler, den Timothy McVeigh begangen habe, war, dass er nicht das ›New York Times‹-Gebäude gesprengt habe. Der Rechtsradikale McVeigh hatte in Oklahoma City 1996 ein Regierungsgebäude und einen Kindergarten in die Luft gejagt; 166 Menschen starben. Er wurde gefasst und in Terre Haute, Indiana, hingerichtet. Wenig später brannten Neonazis das Holocaust-Museum der Stadt nieder und sprühten »Remember Timmy McVeigh« an die Ruine. Später befragt, ob sie ihr Zitat nicht bereue, sagte Coulter: »Ich hätte ergänzen sollen: ›gesprengt, nachdem alle das Gebäude verlassen haben, außer den Redakteuren und den Reportern der Times‹.«

Nach dem Anschlag auf das World Trade Center forderte Coulter, die USA sollten in die »Länder der Moslems einmarschieren, deren Führer umbringen und die Menschen zum Christentum bekehren«. Sie findet es auch richtig, Moslems das Fliegen zu verbieten, stattdessen, meinte sie, könnten die doch fliegende Teppiche nutzen. Ärger bekam sie aber erst, als sie im Fernsehen sagte, Juden sollten zum Christentum konvertieren, um »perfekt« zu werden. Daraufhin wurde sie von der Anti-Defamation League, dem National Jewish Democratic Council und dem America Jewish Committee kritisiert und wurde vorübergehend ein ganz klein wenig stiller.

Gegen Coulter ist der Pionier des konservativen Internetjournalismus nachgerade sanft, zumindest auf den ersten Blick: Matt Drudge, ein gebürtiger Washingtoner, der bei seiner Mutter aufwuchs, einer liberalen intellektuellen Jüdin, die für Ted Kennedy arbeitete. Noch heute kommt er mit Frauen besser aus als mit Männern; und obwohl sein politisches Vorbild Ron Paul ist, verehrt er heimlich Hillary Clinton, allerdings auch Coulter. Manche halten den Südstaatler mit den braunen Augen für schwul, er streitet das ab. Drudge – so beschreibt es das ›New York Magazine‹ – war ein schwieriger Teenager, unsicher, in der Schule gemobbt; einmal sogar kurz davor, in der Psychiatrie zu landen. Nach der Highschool jobbte er bei McDonald’s. Schon damals war sein Markenzeichen ein breitkrempiger Hut, womit er aussieht wie ein Journalist aus einem Schwarzweißfilm. Aber erst, als er nach Hollywood zog, fand er seine Bestimmung. Bei seinem Job in einem CBS-Andenkenladen schnappte er so viel Klatsch auf, dass er den ›Drudge Report‹ gründete. Im Internet.

Die Macht des Internets habe er begriffen, sagte er einmal, als er sah, wie die »Vince-Foster-Geschichte« im Netz zirkulierte. Foster war unter Clinton Rechtsberater im Weißen Haus und hat sich erschossen; rechte Verschwörungstheoretiker glauben, die Clintons hätten ihn umgebracht. Drudge traf sich mit Chris Ruddy, einem Journalisten, der für mehrere Provinzblätter des ultrarechten Verlegers Richard Mellon Scaife über Foster schrieb. Damals hatte Drudge bereits einen Verteiler von mehreren Hunderttausend Leuten, und damit machte er Ruddys Artikel landesweit bekannt. Seinen eigenen Durchbruch hatte Drudge 1998, als er als Erster den »Monica-Lewinsky-Skandal« ans Licht brachte; dies kostete Clinton fast die Präsidentschaft. Die Affäre der 22-jährigen Praktikantin mit dem Präsidenten kam heraus, weil sie einer Bekannten davon erzählt hatte, Linda Tripp. Die Pentagon-Angestellte, die zuvor für den Geheimdienst der Armee gearbeitet hatte, zeichnete Lewinskys Plaudereien heimlich auf. Die Geschichte zirkulierte als Gerücht in Washington, aber kein Blatt griff sie auf. Dann erfuhr Drudge, dass ›Newsweek‹ darüber hatte schreiben wollen, aber kalte Füße bekommen hatte, und preschte voran. Wie Drudge an diese Information gekommen war, weiß bis heute keiner. Allerdings ist Drudges damaliger Mitblogger Andrew Breitbart – der Mentor von O’Keefe – im selben Villenvorort von Los Angeles aufgewachsen wie Lewinsky.

Danach fingen Politiker an, Drudge ihre Infos zu stecken, wenn es darum ging, dem politischen Gegner zu schaden. Und das traf meistens Demokraten. Drudge stellte Al Gore als Buddhisten dar und John Kerry als Drückeberger in Vietnam, als er über John Edwards 400 Dollar teuren Haarschnitt schrieb, war das der Anfang vom Ende seiner Karriere. Auf seinem Höhepunkt erreichte er laut ›New York Times‹ drei Millionen Leser. NBC nannte ihn »Amerikas schwarzes Brett«, und der frühere Nixon-Redenschreiber Pat Buchanan hielt ihn für den »mächtigsten Journalisten der USA«. Zuletzt schaffte er es ins Fernsehen: Fox News bot ihm eine eigene Show an, aber er verließ den Sender wieder, sogar im Streit. Danach trat er noch ein paar Jahre als Gast von Rush Limbaugh im Radio auf, heute lebt er zurückgezogen in Florida. Gefürchtet wird er noch immer.

Der Tempel des Todes: Murdochs News Corporation

Fox News ist das Rückgrat der konservativen Medien, der Nachrichtensender, der rechten Kommentatoren, Kolumnisten und Politiker in ganz Amerika eine Plattform bietet. Fox News gehört der News Corporation, dem zweitgrößten Medienkonzern der Welt, der Zeitungen, Magazine und Fernsehsender in Australien, Asien, Südamerika, Russland, Großbritannien und natürlich Amerika unter seinem Dach hat – und der ohne politische Unterstützung nicht so groß hätte werden können. News Corp ist eine Aktiengesellschaft, an der die Murdoch-Familie zwölf Prozent und ein Drittel der stimmberechtigten Aktien hält, ihr Chef ist Rupert Murdoch, ein achtzigjähriger gebürtiger Australier, Sohn des Medienbarons Keith Murdoch und der »Antichrist«, wie der langjährige ›New York Times‹-Chefredakteur Bill Keller ihn einmal nannte.

Murdoch begann seinen weltweiten Aufstieg in England, wo er die Journalistengewerkschaften entmachtet hat. Seinen Siegeszug in Amerika trat er in den achtziger Jahren an, erst bescheiden mit den ›San Antonio Express News‹, es folgten die ›Village Voice‹, ›NewYork Magazine‹ und die damals noch liberale ›NewYork Post‹. Die erwarb er von Dorothy Schiff, Enkelin des aus Frankfurt stammenden Bankers Jacob Schiff. Später sollte er den Verlag HarperCollins kaufen, den christlichen Verlag Zondervan, der die Bibel verlegt, und das ›Wall Street Journal‹ mit den Ablegern ›Barron’s‹ und ›Marketwatch‹. Der erste große Coup aber gelang Murdoch in den achtziger Jahren mit dem Filmstudio 20th Century Fox und der Metromedia Group, einer Handvoll darbender TV-Stationen.

Die baute er zu einer vierten terrestrischen Sendeanstalt aus, neben NBC, CBS und ABC, die seinerzeit, vor dem Siegeszug des Kabels, den ganzen US-Fernsehmarkt beherrschten. Da die USA den Besitz einer Rundfunkanstalt nur ihren eigenen Staatsbürgern gestatten, nahm er 1985 die US-Staatsbürgerschaft an; das war in der Reagan-Ära. 1986 ging Fox TV auf Sendung, damals ein armer, aber experimentierfreudiger Sender. Zu den frühen Fox-Hits zählen ›Die Simpsons‹ – der perfide Milliardär Montgomery Burns soll nach Rupert Murdoch geformt sein – und die Verschwörerserie ›Akte X‹. Auch der 20th Century Fox ist keinerlei republikanische Agenda anzumerken. Das Studio produzierte ›Star Wars‹ und ›Avatar‹, wo blaue Indianer im Weltall den militärisch-industriellen Komplex bekämpfen.

Die ›New York Post‹ allerdings musste Murdoch erst einmal wieder verkaufen – US-Mediengesetze gestatteten es Unternehmern damals nicht, Märkte mit Fernsehsendern und Zeitungen zu dominieren. Erst 1993 schaffte es Murdoch mit der Unterstützung von Mario Cuomo, dem demokratischen Gouverneur von New York, die ›Post‹ zurückzukaufen. Aber trotz dieser Hilfe machte Murdoch aus der ›New York Post‹ ein rechtes Revolverblatt, wobei er nur sorgfältig darauf achtete, China nicht zu beleidigen. Einmal ordnete er an, einen Artikel über den chinesischen Botschafter aus dem Blatt zu kippen, der betrunken aufgetreten war. Als 1996, unter Clinton, der Telecommunications Act verabschiedet wurde, der es Medienunternehmen erlaubt, ihre Besitzungen monopolartig auszudehnen, konnte sich Murdoch in ganz Amerika ungebremst ausbreiten.

Das war die Geburtsstunde von Fox News, der rechten Konkurrenz zu CNN, die mit dem orwellesken Slogan »fair and balanced« wirbt. CNN war erst wenig begeistert; Time Warner Cable, die zum selben Konzern gehören, weigerten sich, Fox News zu verbreiten. Nun bekam Murdoch Schützenhilfe vom damaligen New Yorker Bürgermeister Rudy Giuliani, der den New Yorker Monopolisten zwang, Fox News zu senden. Daraufhin verglich der erboste CNN-Gründer Ted Turner Murdoch mit Adolf Hitler, und Murdoch meinte, Turner sei geisteskrank.

Diese Zeiten sind lange vorbei. Heute sitzt Fox News in einem Betonhochhaus gegenüber dem Rockefeller Center, dem »Tempel des Todes«, wie Late-Night-Comedian Jon Stewart spottet. Präsident ist Roger Ailes. »Chairman Ailes« werde er genannt, wie »Chairman Mao«, der »Große Vorsitzende«, schrieb das Magazin ›Rolling Stone‹. Rush Limbaugh hat Ailes als »Vorbild und Vaterfigur« bezeichnet. Der Rechtsaußen, der ständig eine Waffe trägt, weil er Angst hat, von Al Qaida ermordet zu werden, kommt aus der Politik: Er war Medienberater für prominente republikanische Amtsträger wie Richard Nixon, Ronald Reagan, George Bush sen. und Giuliani. Insbesondere Nixons Wahlsieg gilt als das Verdienst von Ailes. Ailes machte den wenig telegenen Politiker TV-tauglich. Zudem ließ er Nixon öffentlich nur mit Wählern debattieren, um Reporterfragen zu umgehen, eine Taktik, die heute viele Politiker nutzen. Reagan wurde von Ailes so präpariert, dass die Zuschauer dessen beginnende Alzheimer-Krankheit nicht bemerkten. Und für George Bush sen. ging er mit rassistischer TV-Werbung auf Stimmenfang.

Nach einem Bericht von CNN hatte Ailes bereits unter Nixon die Idee für einen Sender wie Fox News gehabt. CNN beruft sich auf ein Memo aus den siebziger Jahren aus der Nixon-Bücherei mit dem Titel ›A Plan for Putting the GOP on TV News‹. Darin wird beschrieben, wie ein prorepublikanischer Nachrichtendienst aufgebaut werden könnte. Das Memo stammte von Bob Haldeman, Nixons Stabschef, der letztlich wegen Watergate im Knast landete, auf dem Papier sind aber auch handschriftliche Notizen von »Roger«.

In den Clinton-Jahren verließ Ailes Washington. Murdoch stellte ihn im Oktober 1996 als Chef von Fox News ein, das war ein halbes Jahr nach der Gründung des Senders. Als Erstes feuerte Ailes alle Journalisten, die ihm zu liberal erschienen. Später lud er Matt Drudge ein, die neuesten Gerüchte über Monica Lewinsky zu verbreiten. Und 2000, als George W. Bush gegen Al Gore kandidierte, engagierte Ailes John Prescott Ellis als Verantwortlichen für die Berichterstattung in der Wahlnacht, den Cousin von Bush. Ellis erklärte auf Fox News, dass Bush Florida gewonnen habe, noch bevor die Stimmen ausgezählt waren. Damit, so meint der ›Rolling Stone‹, habe Fox das Momentum geschaffen, das Bush letztlich den Wahlsieg brachte.

Auch danach hielt Fox dem Präsidenten die Treue: Als eine Senatskommission die Hintergründe von 9 - 11 untersuchte, sandte Ailes’ Stellvertreter ein Memo an alle Reporter, den Anschlag auf das World Trade Center nicht durch unbotmäßige Fragen zu entweihen. Die Bush-Regierung erwiderte die Liebe: Die Federal Communications Commission (FCC) blockierte den Verkauf des Satellitensenders DirectTV an einen Murdoch-Konkurrenten, sodass News Corp die Firma billig erwerben konnte. Es versteht sich, dass Fox News Obama als »muslimisch-marxistischen Black Panther aus Kenia« darstellen, dessen Gesundheitsreform Abtreibungen und die ärztliche Behandlung illegaler Immigranten finanziere. Klartext schreiben dann die Leserkommentare auf FoxNews. com, die Obamas Blackberry »Niggerberry« nennen. Damit schaffte der Sender einen Jahresgewinn von 800 Millionen Dollar, eine Reichweite von hundert Millionen Zuschauern und eine höhere Sehbeteiligung als CNN, obwohl er nur ein Drittel der Belegschaft hat.

Ailes bedient alle Flügel der Konservativen. Moderator auf dem Prime-Time-Platz um acht ist Bill O’Reilly, ein Ultrakonservativer, der die Paläocons, die Paleoconservatives, repräsentiert, Republikaner alter Schule wie Pat Buchanan, die oft Isolationisten sind. Die Libertären können sich bei John Stossel und Lou Dobbs auf Fox Business wiederfinden. Für die Neocons, deren Flaggschiff Murdochs ›Weekly Standard‹ ist, treten Fred Barnes und William Kristol auf. Für den unpolitischen Zapper gibt es ›Fox & Friends‹ mit zwei oder drei auswechselbaren Blondinen.

Die Nachrichten aus Washington werden von Sean Hannity präsentiert, einem klassischen republikanischen Funktionär, mit dem auch die RINOs können. Aber die Tea Party wurde lange besonders umsorgt. Ihre wichtigste Stimme, Glenn Beck, hatte nicht nur einen zweistündigen Sendeplatz, wo Sarah Palin regelmäßig auftrat; der Sender rief sogar zu »Fox Network Tax Day Tea Parties« auf und animierte die Zuschauer dazu, nach Washington zu den Tea-Party-Rallys zu fahren. Beck allerdings, Shootingstar und Liebling der Tea Party, hat sich bei Fox News selbst ins Aus manövriert. Beck, den Ailes von CNN abwarb, wirkt wie eine Parodie auf eine ›Akte X‹-Figur, wenn er, augenrollend und händewedelnd, auf eine Tafel malt und vor der unmittelbar bevorstehenden Machtübernahme durch die Kommunisten warnt. Schuld daran sind laut Beck »die Rockefellers«, »die Rothschilds«, »die Bilderberger«, »die Wall Street« und »die ›New York Times‹«, kurz: eine »internationale Weltverschwörung von Bankern und marxistischen Journalisten«. Vor allem warnt Beck vor George Soros, der im Alter sein Herz für die Linke entdeckt hat. Beck stellte Soros, der sich als 14-jähriger jüdischer Junge im faschistischen Ungarn vor den Nazis verstecken musste, als »Drahtzieher« und »Puppenspieler« dar, der eine Weltregierung wolle. Schließlich widmete Beck dem Feind eine dreistündige Sendung, in der er schwarzweiße Bilder aus dem europäischen Stetl mit entstellten Soros-Zitaten aneinanderschnitt; dies gipfelte darin, dass er Soros vorwarf, »Juden in die Gaskammer« geführt zu haben. Und dabei blieb es nicht: Beck pries auch das 1934 erschienene Buch ›Red Network‹ der Autorin Elizabeth Dilling, die den Kommunismus als Teil der jüdischen Weltverschwörung sieht, von der die USA unterwandert seien. Nach dem Krieg sagte sie, Roosevelt, Eisenhower und der Koreakriegsgeneral Douglas McArthur seien Juden. Sie beschimpfte John F. Kennedy, weil er Staatsanleihen für Israel ausgegeben hatte, und behauptete, er sei nur von Juden, Schwarzen und Kommunisten gewählt worden.

Das Maß war voll, als Beck im Fernsehen eine Liste von neun Leuten vorstellte, die für die »großen Lügen des 20. Jahrhunderts« verantwortlich seien, darunter acht jüdischen Glaubens, wie Sigmund Freud, dessen Neffe Edward Bernays – der Vater der modernen PR –, der Gewerkschaftler Andy Stern, der Journalist Walter Lippmann und natürlich Soros, nicht aber Joseph Goebbels. »Ist ihm niemand anderer eingefallen, der im 20. Jahrhundert die ›großen Lügen‹ verbreitet hat?«, fragte M. J. Rosenberg von der linken Israellobby J Street spitz. Beck parierte die Kritik damit, dass er israelfreundlich und mithin unverdächtig sei. Das half ihm lange, aber nicht ewig. Warum Murdoch den Vertrag auflöste, weiß keiner so genau, womöglich hat sein Schwiegersohn Matthew Freud – ein Großenkel von Sigmund – darauf gedrängt. Dazu beigetragen hat sicher, dass mehrere Firmen ihre Werbung bei Beck zurückzogen. Es gibt linke Netzaktivisten, die sich das zugutehalten, aber möglicherweise war Beck diesen Konzernen einfach zu schmuddelig.

Aber Beck wird nicht schweigen. Noch immer gilt er als die Stimme der Tea Party, nur nicht mehr auf Fox News. Er hat im September 2011 ein eigenes Internetfernsehen gegründet, das er GBTV genannt hat, Glenn Beck TV, wo er dasselbe macht wie zuvor bei Fox. Bereits beim Start hatte er eine knappe Viertelmillion zahlende Zuschauer, ein Rekord für TV im Internet. Er folgt damit dem Beispiel von Rush Limbaugh, der ebenfalls von den Konzernen unabhängig ist.

 

Die Tea Partier lieben Beck und Limbaugh, aber sie verabscheuen liberale Medienvertreter. Brent Bozell, ein konservativer katholischer Aktivist, der das Media Research Center gegründet hat und oft bei Fox spricht, hatte im Februar 2011 einen Auftritt bei der Tea Party Conference in Phoenix; unter laut jubelndem Beifall erklärte er dem Publikum: »Die Medien hassen euch!« Und um es klarzumachen, wen er meinte, zählte er fünf Namen auf, die das Publikum allesamt mit lauten Buhrufen quittierte. »Frank Rich!«, rief Bozell – der Kulturkolumnist der ›New York Times‹, der heute für das ›New York Magazine‹ arbeitet; »Paul Krugman!«, der Wirtschaftskolumnist der ›Times‹; »Eliot Spitzer!«, der frühere New Yorker Gouverneur, der nach seinem Rücktritt bei CNN unterkam; »Keith Olbermann!«, der beim Al-Gore-Fernsehen Current arbeitet, »und«, so donnerte Bozell, »Bill Maher!«, woraufhin die Menge besonders laut buhte. Maher ist ein linker Satiriker, der freie Liebe und Drogenkonsum verteidigt und auf HBO gnadenlos über die Tea Party herzieht. Nicht mehr lange, hofft Bozell. »Wir, das amerikanische Volk, sagen zu den Medien: ›Fallt tot um‹!« Und das geschehe ja auch, denn die verlören allesamt an Auflage und Einschaltquoten. Hingegen die erfolgreichen Nachrichtenprogramme, das seien die von Sean Hannity, Bill O’Reilly und Glenn Beck! Nun jubelt die Menge wieder. Es mag Zufall sein, aber vier dieser fünf meistgehassten Journalisten sind jüdischen Glaubens.

Inzwischen treten – oder traten – gar mehrere Republikaner bei Fox News als bezahlte Kommentatoren auf, darunter Sarah Palin, Mike Huckabee, Rick Santorum und Newt Gingrich. Auch Sharon Angle und Christine O’Donnell, zwei mittlerweile gescheiterte Tea-Party-Favoritinnen, durften Fox als Plattform nutzen, um Spenden einzutreiben. Und der Weg verläuft manchmal auch in die andere Richtung: John Kasich, Moderator bei Fox News, wurde zum Gouverneur von Ohio gewählt, für die Republikaner natürlich. News Corp spendete 1,25 Millionen Dollar für seinen Wahlkampf. Manche Konservative, wie der frühere Bush-Redenschreiber David Frum, finden das bedenklich. »Republikaner dachten einmal, dass Fox News für uns arbeitet; aber nun finden wir heraus, wir arbeiten für Fox!«, sagte er.

Diese rechten Medien existieren nicht nur nebeneinander, sie sind auch miteinander als »right wing echo chamber« verwoben, wie Paul Krugman es nennt. Die Website ›Think Progress‹ erläuterte einmal, wie dies funktioniert: Der Chef der chinesischen Zentralbank erklärte – im März 2009 –, er wünsche sich eine internationale Leitwährung neben dem schwächelnden Dollar, ein Statement, mit dem China eigentlich nur Muskeln zeigen wollte. Daraus machte der ›Drudge Report‹ die Schlagzeile: »Peking will neue globale Währung«, durchaus etwas anderes als eine zweite Leitwährung. Stunden später forderte Michele Bachmann, Obama müsse einen Eid ablegen, dass Amerika niemals eine globale Währung einführen werde. Kurz darauf behauptete Glenn Beck, die Vereinten Nationen forderten eine globale Währung, das sei der Vorbote für eine Weltregierung. Am nächsten Morgen wollte Major Garrett, der Korrespondent im Weißen Haus für Fox News, von Präsident Obama wissen, ob er eine globale Währung unterstütze.

Fox News ist das wichtigste Drehkreuz zwischen konservativem Journalismus und den Republikanern, aber nicht das einzige: Da gibt es RedState. com, ein erzkonservatives Blog von Erick Erickson, wo auch Ann Coulter postet, die ›Washington Times‹, die der schwer rechten Moon-Sekte aus Korea gehört, ›World Net Daily‹, wo sich die leicht verrückten Birther austauschen, und ›NewsMax‹, ein Magazin mit einer Auflage von 230 000 und der zweitgrößten Website nach FoxNews. com. Auch ›NewsMax‹ residiert in Florida, hier ist der Journalist Chris Ruddy gelandet, den Drudge mit seiner »Vincent-Foster-Geschichte« berühmt gemacht hatte (zwischenzeitlich schrieb er für Murdochs ›New York Post‹). ›NewsMax‹ geriert sich als populistische Alternative zu ›Time‹ oder ›Newsweek‹, ohne sich aber offen für die Republikaner auszusprechen. Ruddy schreibt freundlich über Tea Partier wie Bachmann oder Palin oder auch über herkömmliche Konservative wie John Boehner. Inzwischen kann er aber auch Clinton wieder gut leiden.

Da die ›NewsMax‹-Leser zu den zahlungskräftigeren Spendern für die Republikaner gehören, klopfen hier Konservative gerne an. Und ›NewsMax‹ hilft. Wer 30 000 Dollar auf den Tisch legt, so schreibt die ›NewYorkTimes‹, bekommt von Ruddy eine Liste von ›NewsMax‹-Lesern, die bereit sind, an ein konservatives PAC, ein political action committee, zu spenden. ›NewsMax‹ hilft Kandidaten auch, ihre Bücher in Massenauflagen zu verkaufen, etwa, indem diese als Belohnung für ein Abo angeboten werden. »Wir sind ein Business und keine Ideologie«, erläuterte Ruddy der ›Times‹.

Murdoch ist inzwischen unter Beschuss geraten: Im Sommer 2011 kam heraus, dass die Journalisten seiner britischen Boulevardzeitung ›News of the World‹ im großen Stil Handys gehackt und Verbrechensopfer abgehört hatten, auch Opfer des Anschlags auf das World Trade Center. Murdoch schloss das Blatt und konzentrierte sich auf sein amerikanisches Imperium: Er engagierte Howard Rubenstein, New Yorks PR-König, den Strafrechtsanwalt Brendan V. Sullivan, der zuvor Oliver North, einen Hauptverdächtigen der Iran-Contra-Affäre, herausgehauen hatte (auch North arbeitet heute bei Fox News), aber auch den Anwalt Joel Klein, der unter Clinton für das Weiße Haus Kartelluntersuchungen gegen Microsoft durchgeführt hatte. Wenn es darauf ankommt, kennt Murdoch keine Parteien. Demokraten riefen nach seinem Kopf, aber das ›Wall Street Journal‹, die ›Washington Times‹ und ›NewsMax‹ verteidigten ihn: Wer fordere, dass ein amerikanisches Medium für etwas bestraft werde, das in England passiert sei, gefährde die Pressefreiheit.

Gefahr für Murdoch könnte aber aus einer anderen Ecke drohen: Wenn seine konservativen Zuschauer mitbekommen, dass ihr Lieblingssender Teil eines ausländischen Imperiums ist, könnten sie davonlaufen. Denn die Ränge von News Corp sind nicht gerade »uramerikanisch« besetzt: Murdoch selbst hat als gebürtiger Australier seinen Akzent bis heute nicht abgelegt, seine Mutter Elisabeth ist Ordensträgerin des Britischen Empire. Er ist in dritter Ehe mit Wendi Deng verheiratet, Tochter eines chinesischen kommunistischen Funktionärs, deren originärer Name Deng Wenge »Kulturrevolution« bedeutet. Das Paar hat Wohnsitze in Sydney, London und Peking, nahe der Verbotenen Stadt, und der chinesische Premierminister hat Murdoch sogar gebeten, die chinesische Staatsbürgerschaft anzunehmen. Der zweitgrößte Anteilseigner an News Corp ist der saudische Prinz Al-Waleed bin Talal al-Saud. Auch zwei seiner Chefredakteure – Col Allan, der die ›New York Post‹ leitet, und Robert James Thompson vom ›Wall Street Journal‹ – kommen aus Australien.

Für Hardcore-Rechte ist Murdoch denn auch ein ausländischer Verräter. Auf rechtsradikalen, antisemitischen Websites wie Stormfront wird gelegentlich verbreitet, Murdoch sei in Wirklichkeit ein irischstämmiger Jude und besorge heimlich die Geschäfte Israels beziehungsweise die Geschäfte der Rothschilds, der Schiffs oder anderer Bankhäuser.

Ein rechter Internetmogul als kultureller Linker: Andrew Breitbart

Andrew Breitbart tut gar nicht erst so, als sei er etwas anderes als ein Latte macchiato trinkender Großstädter. »Ich bin kulturell ein Linker, denn die Linke definiert in Amerika die Kultur«, sagte er im Frühjahr 2011 bei einer Bloggerkonferenz in New York, wo er in einem Kurzfilm auftrat und auf Rollerskates eine Demonstration gegen die Koch-Brüder mit »Ho Chi Minh«-Rufen aufmischte. »Ich höre linke Musik wie The Jam, die Lieder gegen Ronald Reagan spielen, ich mag Videospiele wie Angry Birds, kaufe Biolebensmittel bei Whole Foods und meine Inspiration ist der Anarchist Abbie Hoffman.« Der Blogger, dessen Protegé James O’Keefe ist – oder vielmehr war, bis er mit dem Gesetz in Konflikt geriet –, repräsentiert die neue Generation des konservativen Journalismus, der sich vollständig im Internet abspielt und von altmodischen kulturellen Referenzen nichts hält.

Auch Breitbart wuchs in einem liberalen jüdischen Haushalt auf; seine Mutter konvertierte zum Judentum, als sie seinen Stiefvater heiratete. Aber damit hat er so wenig am Hut wie sein Mentor Drudge, bei dem er seine Karriere begann. Er beschloss als junger Mann, die Identität seines leiblichen Vaters zu adaptieren, eines Iren, und wurde sogar ein Reagan-Konservativer. Breitbart glaubt, er sei mit seiner Einstellung nicht alleine in Hollywood, aber einsam. »Ich habe dort viele Freunde, die rechts sind, aber die machen den Mund nicht auf, weil sie Angst haben, für Nazis gehalten zu werden.« Er hingegen finde, man solle mit Linken diskutieren – nach seinem Job bei Drudge schrieb er für die liberale ›Huffington Post‹ –, außerdem sei er für Redefreiheit. Er habe Bill Maher verteidigt, der nach dem Anschlag auf das World Trade Center gefeuert wurde, weil er gesagt hatte, die Terroristen seien weniger feige als die US-Luftwaffe, die Raketen aus Tausenden von Meilen Entfernung abschieße.

Breitbart steht offen dazu, dass er kein objektiver Berichterstatter ist. Er sieht sich als politischer Aktivist, und er nutzt seine vielen Websites – darunter biggovernment. com, bigjournalism. com und bighollywood. com – dafür, ins politische Getriebe einzugreifen und seine Freunde zu promoten, darunter natürlich Drudge und Ann Coulter. Und um seine Feinde zu vernichten. Bei einer schwarzen Obama-Mitarbeiterin aus dem Ministerium für Landwirtschaft, deren Ehemann ein führender Bürgerrechtler ist, hat er es fast geschafft. Er hatte kurze Ausschnitte aus einem Video gepostet, die die Frau als Rassistin erscheinen ließen. Erst als das Video in voller Länge auftauchte und CNN darüber berichtete, wurde sie rehabilitiert (und sie verklagte Breitbart). Erfolgreicher war er bei Anthony Wiener, einem Abgeordneten der Demokraten aus Brooklyn, der allzu freizügige Fotos von sich an junge Frauen twitterte. Als Breitbart die Fotos veröffentlichte, trat Wiener zurück.

Leute wie Breitbart sind die Zukunft der rechtskonservativen Medienwelt, sie arbeiten auf ihren eigenen Websites und mit eigenen Videofeeds, fernab einer Kontrolle durch Chefredakteure, die zumindest irgendwann einmal bei bürgerlichen Medien ihren Job gelernt haben.

Breitbart ist viel unterwegs in diesen Wahlmonaten. Er ist ein gefragter Redner auf Tea-Party-Treffen und Kleindarsteller in rechten Filmen. Im Sommer 2011 ist er in Pella, Iowa, einer ursprünglich holländischen Siedlung mit zwei Windmühlen, einem Tulpenfeld, einem »Klokkenspiel« und vielen blonden Kindern. Hier, im Pella Opera House, wird der Film ›The Undefeated‹ uraufgeführt, mit und über Sarah Palin, und auch Breitbart hat darin einen kurzen Auftritt. Halb Pella ist zusammengelaufen, denn Palin ist selbst angereist, um sich auf der Leinwand zu bewundern. Nach dem Film verlässt sie das Opernhaus mit ihrem Gefolge, und dazu gehört auch Breitbart.

Während Palin die Fragen der »lamestream media« abwehrt, hat Breitbart keine Berührungsängste. Er verlässt kurz die Truppe und schlendert zu den Journalisten hinüber, die in einer Ecke neben den Mülltonnen warten: Ja, der Film sei großartig, sagt er, und fasst für die Presse zusammen, was er gesehen hat. Und auch Palin sei großartig. Und was hält er von Michele Bachmann? Würde er die auch unterstützen als Präsidentschaftskandidatin? »Klar doch«, sagt er. Er habe das aber noch gar nicht entschieden. Er lächelt, winkt und schlendert wieder zur Gesellschaft zurück. Einen treuen und zuverlässigen Freund haben die Politiker der Tea Party in Breitbart ganz sicher nicht. Genauso wenig wie in Murdoch.