Ebba Sparres Medaillon

 

 

 

Ausgerechnet Ebba Sparres Medaillon! Das goldene Oval in Form einer blühenden Rose, auf das das Fräulein so stolz war. Denn obwohl es Winter war und der Wind so stark wehte, dass sich im Schloss von Uppsala selbst die Kaminfeuer unter seinem eisigen Hauch duckten, bedeckte die Kammerfrau der Königin ihr Dekolletee nicht, sondern trug das Schmuckstück gut sichtbar auf der hellen Haut. Nun aber war die Goldrose verschwunden und Fräulein Ebba erinnerte sich nicht daran, wo sie sie verloren haben könnte. Seit Stunden wurde im Schloss gesucht. Rufe ertönten in den Gängen, Lakaien liefen aufgeregt hin und her und sahen auf jedem Sekretär und in jeder Schublade nach. Ein Dienstmädchen drückte sich mit verweintem Gesicht an der Eingangstreppe herum. Selbst aus der Küche wurden zwei Frauen gerufen, um jeden einzelnen der verwinkelten Gänge abzugehen. Ein ausländischer Repetitor mit einer schlecht sitzenden Perücke scheuchte die Studenten auf, die heute Morgen eingeladen worden waren, um den königlichen Gästen aus Stockholm ihre Aufwartung zu machen.

»Das Medaillon ist ein Erbstück«, erklärte der Tischdiener Olof in der Küche. Seine Wangen glühten vor Aufregung und er zupfte ständig an den bestickten Ärmelaufschlägen seiner blauen Livree herum. »Es gehörte Fräulein Ebbas Vater. Das hat sie bei Tisch einem der Studenten erzählt. Beinahe geweint hat sie, als sie darüber sprach! Und die Königin hat befohlen, dass sogar der Sekretär des Bischofs beim Suchen helfen muss! Stellt euch vor Kester Leven persönlich kriecht in den Ecken herum.« Die Hilfsköche grinsten.

Elin beugte sich noch tiefer über den kupfernen Topf, den sie gerade ausscheuerte. Eine weißblonde Haarsträhne fiel ihr ins Gesicht und Elin schob sie mit ihren nassen Fingern zurück unter die Haube. Ihre Hände waren taub vor Kälte, denn das Waschwasser wurde nicht erhitzt. Nur am Ofenfeuer konnte sie sich ein wenig aufwärmen vorausgesetzt, Greta, die Köchin, sah gerade nicht hin. Verstohlen musterte Elin den Diener. Olofs Hände waren fein und hell wie die einer Dame. Elin stellte sich vor, wie er geschickt die Silberplatten mit dem Pökelfleisch und dem gebeizten Lachs balancierte. Beim bloßen Gedanken daran, dass Kristina, die Königin von Schweden, nur wenige Hallen von dieser Küche entfernt an der prächtig gedeckten Tafel saß, bekam Elin heftiges Herzklopfen.

»Heute Morgen hat Fräulein Ebba das Schmuckstück angelegt«, erzählte Olof weiter. »Sie erinnerte sich auch daran, es noch getragen zu haben, bevor sie zur Kanzlei ging. Und plötzlich ist es weg!«

»Gib es zu, Ida, du hast es!«, rief der Hilfskoch. »Lass mich nachschauen du hast es in deinem Mieder versteckt!«

Die Küchenmagd blickte verdutzt hoch. Bevor der unverschämte Kerl nach ihrem Hals greifen konnte, sprang sie zurück und schlug nach seiner Hand. Alle lachten.

Maditt zwinkerte Elin zu und goss neues Wasser nach. Mit einer nachlässigen Geste warf sie eine Hand voll Sand in den Topf, den sie gerade scheuerte.

»Sogar die Kleidertruhen der Diener haben sie durchwühlt!«, flüsterte sie Elin zu.

»Ich habs weiß Gott nicht nötig, Schmuck zu stehlen«, giftete Ida. Ihre Wangen bebten vor Wut. »Wenn du jemanden verdächtigen willst, schau doch bei Emilia nach! Die braucht jede Öre, um ihre Bälger über den Winter zu bringen!«

Elin blickte erschrocken auf.

»Reg dich nicht auf«, flüsterte Maditt. »Die machen doch nur Spaß.«

»Das ist ein verdammt schlechter Scherz«, erboste sich Elin.

Sie sah sich um, aber Emilia war nirgends zu sehen. Gut, dass sie Idas gemeine Unterstellung nicht gehört hatte. Emilia war der einzige Mensch, den Elin wirklich mochte. Sie kannte sie schon von Kind an und seit vier Wochen arbeiteten sie beide in der Küche des Schlosses. Emilia teilte nachts ihr Strohbett mit Elin und tröstete sie, wenn sie wieder einmal Prügel von der Köchin bezogen hatte.

»Wer könnte so dumm sein und einen Gast vom Königshof bestehlen!«, plapperte Maditt weiter. »Glaubst du, Emilia würde so etwas tun?«

»Wenn du weiter solchen Unsinn redest, fault dir sicher noch die Zunge ab«, sagte Elin. Ihr war ganz flau vor Angst.

»Elin! Maditt!« Gretas energische Stimme ließ sie aufschrecken. Die Köchin wischte sich die vom Salzfisch verkrusteten Finger an der Schürze ab. »Gafft nicht herum! Los, an die Arbeit! Hol neues Wasser!«

Elin wusste, dass sie gemeint war. Auch ohne hinzusehen, konnte sie Gretas feindseligen Blick spüren. Immer wenn die Köchin Elin anschaute, bekam sie Augen wie ein Drache.

»Na, hat es dir die Sprache verschlagen?«

Elin presste die Lippen aufeinander und wischte sich die Hände an der Schürze ab. Dann nahm sie ihr dickes Wolltuch, wickelte es sich um Hals und Schultern und griff nach zwei Eimern. Ohne zu antworten verließ sie die Küche. Es machte keinen Unterschied, ob sie höflich oder unhöflich war. Seit einer Woche hatte Elin kaum etwas anderes als Ja oder Nein gesagt, was Greta dazu veranlasste, überall herumzulamentieren, dass Elin nicht nur stur, sondern auch verstockt sei. Der Bluterguss, der seit einer Woche auf Elins Wange prangte und nur langsam verblasste, schien dagegen niemanden zu interessieren.

Es war eine undankbare Aufgabe, bei dem eisigen Wind hinausgehen zu müssen. Eine weitere von Gretas Gemeinheiten. Da der Hofbrunnen eingefroren war, würde Elin Schnee holen müssen. Das bedeutete allerdings, dass sie ein ganzes Stück vor die Burg laufen musste, denn der Schnee durfte nicht verschmutzt sein.

War es in der Küche noch verhältnismäßig warm, zitterte sie jetzt vor Kälte am ganzen Körper. Elin besaß keine Winterkleidung, sondern trug wie alle anderen Küchenmädchen eine geknöpfte Jacke, einen knöchellangen Rock mit einer Saumborte und eine Schürze.

Auf dem Hof herrschte ungewöhnliche Geschäftigkeit. Gerade war einer der königlichen Schlitten eingefahren. Schnee hing in den Mähnen der Pferde. Wer aus dem Schlitten stieg, konnte Elin nicht erkennen; hinter dem Vorhang aus fallenden Flocken sah sie nur einen dunkelroten Samtrock und einen Mantel, dessen Saum über die Treppe schleifte. Wenig später waren die adligen Gäste im Schloss verschwunden. Elin hob den Kopf und blinzelte sehnsuchtsvoll zu den Fenstern hinauf. Gegen das triste Grau des Himmels sah das Kerzenlicht, das durch das Glas leuchtete, noch viel wärmer und einladender aus. Für einen Augenblick zeigte sich eine Gestalt am Fenster. Durch den wirbelnden Schnee konnte Elin nur ein blaues Kleid erahnen. Vielleicht war es Ebba Sparre Olof erzählte oft, wie gern die Kammerfrau der Königin diese Farbe trug, die ihre Augen betonte. So nah schien die Welt des Hofes zu sein und doch war sie für Elin weiter entfernt als die Sterne.

Sie seufzte und betrat den Fußweg, der ein Stück abseits von den Spuren der Schlittenkufen und Pferdehufe lag. Erstaunlicherweise hatte ihn jemand sorgfältig vom Schnee befreit. Als die ersten unberührten Schneehügel in Sicht kamen, verlangsamte Elin ihren Schritt. Ein großer Mann stand mitten auf dem Weg. Behutsam, als würde er eine Schar Küken hin und her treiben, schob er mit einem Besen den Schnee beiseite, bückte sich nach jedem Schritt und strich mit den Fingern über den Boden. Dass er kein Bediensteter war, konnte Elin sofort an seinem Mantel erkennen, der teuer und sehr gut gearbeitet war. Seine Handschuhe waren aus hellgrauem, feinem Leder und hatten mit Goldstickerei verzierte Stulpen. Der junge Adlige bemerkte Elin und richtete sich auf. Sie sah in ein kantiges, gerötetes Gesicht ohne Bart und erkannte einen der Studenten. Soweit sie sich erinnerte, hieß er Erik und trieb sich gern in der Nähe der Küche herum. Ida und Maditt waren verliebt in ihn, weil er gerne scherzte und lachte. Auch jetzt grinste er und klopfte sich dabei den Schnee von den Handschuhen.

»Da siehst du mal!«, rief er ihr zu. »Die Hunde dürfen sich ihre Wänste schön gemütlich vor dem Kamin wärmen, uns aber jagt man vor die Tür, um Schmuck zu suchen. Und, was führt dich zu mir?«

Elin senkte den Blick.

»Nichts«, gab sie leise zurück. »Ich hole nur Schnee für die Küche.« Eriks Lächeln verschwand.

»Ich hatte gehofft, du bringst mir die Nachricht, dass sie das Medaillon endlich gefunden haben.«

»Ist es wieder da?« Ein zweiter Student tauchte auf, nicht ganz so gut gekleidet. In seinem hageren Gesicht leuchteten die Wangen vor Kälte. Rotbraunes Haar fiel ihm in die Stirn. Erik schüttelte den Kopf und brachte missmutig den Besen wieder in Position. Der zweite Student zögerte. Elin wusste, dass er ihre Wange betrachtete. Rasch zog sie ihre Haube noch ein Stück tiefer in die Stirn.

»Bist du die Treppe hinuntergefallen?«

Elin schüttelte den Kopf. Die Anteilnahme, die in seiner Stimme lag, machte sie verlegen. Flocken setzten sich an ihrem Schultertuch fest und schmolzen auf ihrer Haut.

»Warum sucht ihr hier draußen nach dem Medaillon?«, erwiderte sie statt einer Antwort. Er seufzte, hob die Schultern und deutete auf den verschneiten Schlossgarten.

»Weil Fräulein Ebba vor wenigen Stunden hier war. Vielleicht hast du gehört, dass Königin Kristina in diesem Winter Gäste aus Frankreich beherbergt. Der Sohn des Marquis hat darauf bestanden, den Schlossgarten zu sehen.«

»Einen Garten im Winter? Was gibt es denn da zu sehen?«

»Schnee, wie es ihn in Frankreich bestimmt nicht gibt«, antwortete der Student und lachte. »Wenn du mich fragst, wollte der junge Graf nur mit der schönen Ebba einen Spaziergang machen.« Er zwinkerte Elin zu. »Nun, jedenfalls sitzt er jetzt hübsch im warmen Kabinett und vertreibt sich die Zeit damit, Schach zu spielen. So ist das Leben die einen am Feuer, die anderen im Schnee.«

Elin zog das Wolltuch fester um die Schultern. An der Stelle, an der die Schneeflocken geschmolzen waren, hatte sich ein nasser Rand gebildet. Der Stoff war durch den eisigen Wind bereits angefroren und schabte über ihren Hals. Sie kniff die Augen zusammen und betrachtete nachdenklich den Weg.

»Wie lange war Ebba Sparre hier draußen?«, fragte sie.

Der Student stützte sich auf seinen Besen.

»Genau weiß ich es nicht. Eine halbe Stunde vielleicht? Vor dem Mittagsmahl habe ich sie wieder die Treppe zum großen Kaminzimmer hinaufgehen sehen.«

Vor Aufregung wurden Elins Wangen ein wenig wärmer.

»Wenn sie so lange in der Kälte war, muss sie ein Nackentuch oder einen Pelzkragen getragen haben.«

»Natürlich, sie trug ein Tuch.«

»Wie sah es aus?«

»Soll das ein Verhör werden?«

Ertappt senkte Elin den Kopf.

»Entschuldigung«, murmelte sie.

Sie nahm die Eimer und wollte sich auf den Weg zu einem unberührten Schneehaufen machen.

»Warte doch!«, rief er ihr nach und rieb seine Hände. »Ein weißes Tuch war es. Mit aufgestickten Blüten.«

»Hampus!«, brüllte Erik. »Bist du da drüben etwa festgefroren?«

Der Student nahm seinen Besen, winkte Elin hastig zu und beeilte sich, zu Erik aufzuschließen. Elin stiefelte mit großen Schritten in den Schnee und begann damit, ihn in den Eimer zu schaufeln und festzuklopfen. Dabei vergaß sie die Kälte und folgte im Geiste Ebba Sparres Weg ins Schloss. Der französische Graf und das Fräulein hatten vermutlich einen Bogen beschrieben und waren durch den Haupteingang wieder ins Schloss gelangt. Die Gemächer der Gäste und das Kaminzimmer lagen im zweiten Stock. Für gewöhnlich legten die Herrschaften ihre Mäntel gleich in der ersten Vorhalle am Fuße der Treppe ab. Der alte Hausdiener Victor war dafür zuständig, die Kleidungsstücke in Empfang zu nehmen, sie in der Kammer neben der Treppe auszubürsten und so aufzubewahren, dass die teuren Stoffe nicht zerknitterten. Wie auf einer Stickerei entstanden in Elins Vorstellung Knoten und Schnüre, die sich überkreuzten und wieder trennten, bis ein Muster der Wege entstand, die Ebba Sparres Medaillon möglicherweise genommen hatte. Hastig klopfte sie sich die Schneeflocken von den Ärmeln und machte sich mit den schweren Eimern auf den Rückweg. Sie konnte es kaum erwarten, Emilia von ihrer Vermutung zu berichten.

»Na endlich!«, keifte Greta und deutete auf den großen Eisentopf über dem Feuer. »Los, los!« Das Gewicht der Eimer zog an Elins Schultern, als sie zu dem großen, gemauerten Ofen lief. In der Wärme, die das offene Feuer abstrahlte, begann der Bluterguss an ihrer Wange wieder schmerzhaft zu pochen. Sie stellte die Eimer neben dem Feuer ab und half dabei, den Topf herumzuschwenken. Während sie geschickt dem heißen Kupfer auswich und den Schnee zerkleinerte, hörte sie, wie hinter ihr gestritten wurde.

»Lasst mich endlich in Ruhe, statt Lügen zu erzählen!« Elin fuhr herum. Emilia! Mit Tränen in den Augen stand die Magd am Hackklotz, wo sie mit wütenden Bewegungen ein Stück Fleisch von Sehnen und Silberhaut befreite.

»Und du warst es doch«, ereiferte sich der Hilfskoch. »Heute Mittag bist du zu den Vorratsräumen gegangen und man hat dich viel zu lange nicht gesehen. Kurz darauf war das Medaillon verschwunden.«

Ein unsichtbarer Graben teilte die Küche in zwei Hälften auf der einen Seite die Hilfsköche, Greta und die Mägde und ganz allein auf der anderen Seite: Emilia! Als sie Elin sah, lächelte sie gequält und wischte sich mit dem Ärmel über die Augen. Noch nie hatte Emilia so erschöpft und müde ausgesehen. Sogar ihr leuchtend rotes Haar wirkte stumpf und zerzaust und die grauen Strähnen in dem dicken Zopf fielen noch mehr auf als sonst. Nur Elin wusste, warum sich die Magd so lange in der Vorratskammer aufhielt. In einer der Nächte hatte Emilia ihr anvertraut, dass sie manchmal nicht anders konnte, als sich an ein Fass zu lehnen und zwischen den Schinken und den Holzbehältern mit getrockneten und eingelegten Pilzen die Augen zu schließen, bis die Erschöpfung ein wenig nachließ.

»Mir reicht es jedenfalls mit dir«, meinte Greta. »Ich werde den Diebstahl melden.«

»Melde doch, was du willst!«, erboste sich Emilia. »Bei mir wird keiner Schmuck finden.«

»Das werden wir ja sehen! Verdammtes Finnenpack!«, giftete Ida.

»Pass auf, was du sagst!« Emilia hatte das Messer erhoben, an dem noch ein Stück Silberhaut klebte. Der Feuerschein spiegelte sich in der Klinge.

»Nimm das Messer herunter, du Hexe!«

Zischend schmolz der Schnee im Kupfertopf. Alle starrten Ida an. Sie wurde zwar rot, aber sie warf herausfordernd den Kopf zurück und stemmte die Hände in die Hüften. »Und wenn sie keine Hexe ist, dann ist sie doch eine Diebin«, sagte sie trotzig. Elin erwartete, dass Greta sie zur Rede stellen würde, aber die Köchin machte keine Anstalten, Emilia in Schutz zu nehmen.

»Hört auf mit dem Streit«, sagte sie nur. »Das werden andere entscheiden.« Emilia wurde so blass, dass die Sommersprossen in ihrem Gesicht leuchteten. Das Messer sank herunter und baumelte in ihrer Hand wie ein welkes Blatt an einem Ast. Elin wandte sich um und betrachtete die kupfernen Bettpfannen, die an ihren langen Stielen neben dem Ofen aufgehängt waren. Bevor die Herrschaften zu Bett gingen, wurden die flachen Behälter mit Glut gefüllt und unter die klammen Decken geschoben, bis das Bett warm und trocken war. Aber es gab nicht nur Bettpfannen, sondern auch kupferne Wärmflaschen, in denen ein erhitztes Eisenstück Platz fand. Die letzten Schneebrocken zerfielen in Elins Händen und lösten sich im Wasser auf. Es gab nur einen Weg, Emilia zu helfen. Er führte zu Victor.

Verstohlen griff sie zum Schürhaken und zog eines der heißen Eisenstücke, die am Rand des Feuers lagen, zu sich heran. Mit wenigen Handgriffen hatte sie es in ein Stück Küchenleder eingeschlagen, nahm die Wärmflasche und ließ das Eisen hineingleiten.

»Was machst du da?«, fragte der Suppenkoch.

»Ich soll Victor einen Beinwärmer bringen«, murmelte Elin. »Einer der Gäste hat darum gebeten.« Sie hoffte, der Koch würde nicht sehen, wie rot sie wurde. Aber der knurrte nur etwas und drängte sie beiseite. Elin drückte die Kapsel an sich und schob sich zur Tür.

»He!«, rief Greta. »Wo willst du hin?«

»Zu Victor!«, antwortete der Suppenkoch an Elins Stelle. »Er will die Wärmflasche für einen Gast haben.«

»Du gehst nicht!«, befahl Greta. »Maditt bring du sie ihm! Das fehlt mir gerade noch, dass eine räudige Katze wie die da der Herrschaft vor den Füßen herumläuft.«

Alle Blicke richteten sich nun auf Elin. Das Kupfer der Wärmflasche hatte die Hitze des Eisens noch nicht angenommen, dennoch fühlte Elin sich, als würde Glut durch ihre Adern strömen, jeden Gedanken und jede Vernunft verzehrend. In diesem Augenblick hasste sie die Köchin aus vollem Herzen mehr, als sie die Gudmunds je gehasst hatte.

Sie warf Greta einen herausfordernden Blick zu, drehte sich zur Tür und rannte los. Gretas empörter Aufschrei beflügelte ihre Schritte. »Dir gerbe ich das Fell!« Grimmiger Triumph wallte in Elin auf. Es würde Prügel setzen, ja, aber dafür musste Greta sie erst einmal erwischen! Bei jedem Schritt schlug das Eisen gegen die Wände seiner kupfernen Kammer.

»Haltet sie!«, zeterte Greta am Ende des Dienstbotengangs. Doch Elin hatte bereits die Treppe erreicht. Mit einer Hand raffte sie ihren Rock und nahm zwei Stufen auf einmal. Keuchend sprang sie weiter, die heiße Kapsel fest unter den Arm geklemmt. Schon war sie sicher, jeden Moment eine Hand auf ihrer Schulter zu spüren, als ihr plötzlich klar wurde, dass die Schritte, die sie hörte, nur ein Hall waren, der von den glatten Wänden zurückgeworfen wurde. Die Rufe waren verstummt. Elin erreichte die letzte Stufe, fegte um die Ecke und hielt keuchend inne. Sie drückte sich an das kalte Mauerwerk und lauschte den trommelnden Schlägen ihres Herzens. Tatsächlich, niemand folgte ihr! Zumindest ein wenig Zeit hatte sie gewonnen. Mit zitternden Fingern rückte sie ihre verrutschte Haube zurecht. Schließlich holte sie tief Luft und betrat den Seitengang, der zur großen Vorhalle führte.

Sie hatte Glück in der Halle befanden sich keine Gäste, nur Victor saß auf einem Holzstuhl neben der Treppe und wartete geduldig wie immer darauf, dass jemand durch das Tor eintrat.

»Victor!«, rief sie ihm leise zu. Der Lakai schrak hoch und stand wenig später kerzengerade neben dem Stuhl. In seiner Jugend musste Victor ein schöner Mann gewesen sein, nun aber hingen die prächtig bestickten Schöße seiner Livree traurig herab und seine Beine in den Halbhosen und den hellen Strümpfen sahen mager aus. Als er erkannte, wer ihn gerufen hatte, verlor er seine gerade Haltung und ließ sich wieder auf den Stuhl sinken.

»Die Kleine von den Königshügeln«, brummte er. »Was bringst du?«

»Heute kein heißes Bier«, antwortete Elin. »Dafür aber etwas zum Aufwärmen.«

»Oh gut«, sagte er. »Meine alten Knochen sind heute aus Eis.« Sein hageres Gesicht verzog sich zu einem besorgten Lächeln. »Dein Gesicht glüht ja, Kind. Hast du Fieber?«

»Greta ist hinter mir her«, flüsterte Elin. »Ich brauche deine Hilfe!«

»Greta, hm. Da kann ich dir nicht helfen. Sie ist deine Herrin, ich bin nur für die Gewänder zuständig.«

»In der Küche verdächtigen sie Emilia, das Medaillon gestohlen zu haben!«, sprudelte es aus Elin heraus. »Ich will nicht, dass sie ihre Arbeit verliert.«

Victors Gesicht verdüsterte sich. Resigniert schüttelte er den Kopf.

»Diese Meute«, murmelte er. »Emilia würde nie stehlen. Aber ich fürchte, jemand wie du kann da nichts machen.«

»Vielleicht doch! Aber dazu muss ich etwas wissen über Fräulein Sparre.«

»So? Was denn?«

»Ich habe gehört, dass sie heute im Park war.«

»Ja, natürlich. Ganz verfroren war sie, als sie vom Spaziergang zurückkehrte. Und unser französischer Gast auch …«

»Sie trug ein Tuch. Hat sie es bei dir abgelegt? Kann ich es sehen? Bitte!« Victor runzelte die Stirn. »Es ist weiß«, drängte Elin. »Mit Blumenranken.«

»Ach das! In der Kleiderkammer ist es nicht. Als sie es abnahm, ist sie mit ihrem Ring daran hängen geblieben und aus der Stickerei haben sich Fäden gezogen. Deshalb habe ich das Tuch nach dem Spaziergang auf Fräulein Sparres Geheiß der Kammerfrau der französischen Gäste bringen lassen. Sie versteht sich auf diese Art der Stickerei und wird es ausbessern. Was hast du vor?«

Auf der Treppe zum Dienstbotengang wurden Schritte laut. Elin trat näher an Victor heran.

»Sie dürfen mich nicht finden«, flüsterte sie. »Ich kann Emilia vielleicht helfen. Aber dazu muss ich erst das Tuch sehen.« Der alte Diener war bleich geworden. Seine Unterlippe zitterte vor Anspannung. »Wo ist die Kammer, in der das Tuch liegt, Victor? Ich schwöre, ich mache dir keine Schwierigkeiten wenn dich jemand fragt, sag einfach, du hast mich nie gesehen!«

Elin blickte sich um. Gleich würde die Tür auffliegen und Greta würde Elin in die Küche zurückschleppen. Und diesmal würde sie sicher nicht mit einem blauen Fleck davonkommen. Victor schien den gleichen Gedanken zu haben.

»Gut, Mädchen. Geh diese Treppe hier hinauf und nimm oben die Schürze ab, verstanden? Die Gardisten und die Diener sind heute nicht besonders aufmerksam und wenn dich jemand fragt, sag, du bringst die bestellte Wärmflasche für Madame Joulain. So heißt die Kammerfrau der Marquise. Kannst du dir das merken?« Elin hielt die Luft an und nickte. In knappen Worten beschrieb der alte Diener den Weg.

»Danke!«, flüsterte sie und rannte los. Nur ganz am Rande vernahm sie, wie unten die Tür zum Dienstbotengang aufging. Victors unterwürfige Stimme klang zu ihr herauf. Völlig außer Atmen kam sie endlich bei der obersten Treppenstufe an und rannte zu einem der Fenster, durch die diffuses Schneelicht hereinfiel. Obwohl es erst Nachmittag war, senkte sich bereits die Dunkelheit über Uppsala. Elin zog die Schürze aus, knüllte sie zusammen und verbarg sie unter einem der Vorhänge. Sie drückte das beruhigend heiße Kupfer an ihre Brust und lief los.

Niemals zuvor war sie in diesem Teil des Schlosses gewesen. Einmal zog sie sich hinter einen Vorhang zurück, bis zwei Gardisten an ihr vorbeigegangen waren. Sie huschte an Türen vorbei und vernahm Gesprächsfetzen in fremden Sprachen. Unbehelligt kam sie am dritten Gang an und stand, wie Victor es ihr gesagt hatte, vor einer getäfelten Tür. Elin nahm ihren ganzen Mut zusammen und klopfte.

Das Gesicht einer Kammerfrau erschien. Sie war in ein schwarzes Kleid geschnürt und sah aus wie ein trauriger Schoßhund. Ihr weißes Haar war zu winzigen Löckchen gedreht, ein beinahe erschreckender Kontrast zu ihren tiefen Falten und ihrem zerknitterten Mund. Elin wurde sich bewusst, dass sie das groteske Gesicht anstarrte. Schnell machte sie einen Knicks.

»Der Beinwärmer für Madame Joulain«, sagte sie leise.

Die Frau runzelte die Stirn.

»Wir haben nicht danach rufen lassen.«

Elin tat so, als würde das große Gewicht der Kapsel sie nach unten ziehen.

»Davon weiß ich nichts«, sagte sie unterwürfig. »Mir wurde lediglich aufgetragen, Ihnen das hier zu bringen.«

»Seit wann verrichtet das Küchenpersonal die Arbeit der Diener?«

»Alle Diener sind auf der Suche nach dem Medaillon.«

Angewidert betrachtete die Frau Elins Rock, der am Saum noch durchnässt war. Elin verzog das Gesicht, als hätte sie sich an dem heißen Kupfer verbrannt, und schüttelte die Hand in gespieltem Schmerz.

»Nun gut, komm herein«, sagte die Kammerfrau endlich. Die Tür schwang auf. Ein rechteckiger Raum mit zwei Verbindungstüren zu den anderen Zimmern wurde sichtbar. Im Kamin flackerte ein träges Feuer vor sich hin. Vor dem Fenster, das halb hinter schweren Vorhängen verborgen war, trieb Schnee vorbei. Die alte Kammerfrau mit den Locken eines jungen Mädchens sagte etwas in französischer Sprache, das sich für Elin anhörte, als würde jemand mit einer Halsentzündung nuscheln.

Die angesprochene Dame, die in viel zu dünner Kleidung in einem Sessel saß, hatte Haut wie Milch und bläulich angelaufene Fingernägel. Ihre Dekolletage war so tief ausgeschnitten, dass es Elin schon beim Hinsehen fror. Die Dame hustete und blickte von ihrer Näharbeit auf. Elin war froh, sich an der Wärmflasche festhalten zu können. Ihre Hände zitterten vor Aufregung und das Herz pochte ihr bis zum Hals.

»Die Wärmflasche für Madame Joulain«, sagte sie kaum hörbar.

Die Kammerfrau zog eine Augenbraue hoch und übersetzte Elins Worte. Die Dame antwortete etwas und schenkte Elin ein flüchtiges Lächeln.

»Na los, bring sie ihr!«, befahl der zerknitterte Mund. »Und hilf gleich dabei, den Sessel zum Feuer zu drehen.« Elin gehorchte. Ihre Knie waren weich, als sie näher trat, den Sessel wie befohlen verschob und die Wärmflasche auf die Stelle am Boden legte, auf die Madame Joulain deutete. Ein süßer Duft schlug ihr entgegen. Ein wenig roch es nach verbrannten Kräutern, aber auch nach Blüten mitten im Winter. Die Hofdame duftete nach Rosen!

»Bien«, sagte Madame Joulain und hustete wieder. Dann nahm sie im Sessel Platz und lüpfte ihre Röcke. Ein Fuß in einem mit einer Schleife verzierten Schuh erschien. Mit einer anmutigen Bewegung schob die Dame die Wärmflasche unter die mit Spitzen besetzten Unterröcke und ließ den Stoff darüber fallen. Dann beugte sie sich über ihre Näharbeit und vergaß Elin auf der Stelle. Es war nicht Ebbas Tuch, das sie ausbesserte, sondern ein Stück mit Silber durchwirkter Brokat, in den die Dame eine Blume stickte. Langsam zog sich Elin in Richtung Tür zurück. Sie wusste nicht, ob sie sich umdrehen durfte, also schlurfte sie rückwärts zur Tür. Dabei sah sie sich in dem Raum um. In einem Korb auf einem Holzsekretär lag etwas, das an eine Wolke erinnerte weißer Stoff bauschte sich dort. Eine rote Ranke lugte über den Korbrand. Fräulein Ebbas Tuch! Elin zögerte.

»Ist noch etwas?«, fragte die Kammerfrau.

»Nein.«

»Dann geh!«

Schon lag Elins Hand auf der Bronzeklinke. Fieberhaft überlegte sie, während sie ihren Blick durch das Zimmer schweifen ließ. Dann entdeckte sie etwas, das vor Madame Joulains Füßen lag. Das Garnknäuel war heruntergefallen und in die Nähe des Feuers gerollt. Irgendjemand musste Elins Stoßgebet erhört haben! Sie räusperte sich.

»Madame Joulain hat ihr Garn verloren.«

»Tatsächlich«, erwiderte der weißhaarige Drache trocken. »Danke. Und jetzt geh!«

Elin drückte die Klinke hinunter, aber sie öffnete die Tür noch nicht. Mit angehaltenem Atem beobachtete sie, wie die Kammerfrau Madame Joulain das Garnknäuel reichte. Elin nutzte diesen Augenblick der Unaufmerksamkeit, öffnete die Tür und schloss sie gleich darauf wieder etwas zu laut. Fast im selben Moment huschte sie zur großen Kleidertruhe, die neben der Tür stand, und versteckte sich dahinter. Der Duft von gewachstem Holz und parfümiertem Stoff drang ihr in die Nase. Ihre Wange streifte einen Samtrock, der über der Truhe ausgebreitet war. Elin zuckte zurück. Ein Lachen der Französin war vernehmbar, das in ein trockenes Husten überging. Elin hörte das Schleifen eines Rocks auf dem Holzboden und dann leise Stimmen im Nebenzimmer. Auf allen vieren kroch sie zum Rand der Truhe. Nur wenige Schritte entfernt befand sich der Korb mit dem Tuch. Noch einmal holte sie tief Luft, dann wagte sie einen Blick ins Zimmer. Madame Joulain saß halb von ihr abgewandt, ganz in ihre Stickerei vertieft. Elin konnte ihren Nacken sehen. In Gedanken zählte sie bis drei, dann huschte sie los.

Sie zögerte nur kurz, bevor sie den feinen Stoff befühlte. So musste sich das Feenhaar anfühlen, von dem Emilia so gern erzählte. Und inmitten dieser Weichheit ertastete sie einen kleinen, harten Gegenstand. Ein Lächeln breitete sich über Elins Gesicht. Am liebsten hätte sie einen Triumphschrei ausgestoßen. Das Medaillon war überraschend klein. Die Blütenblätter waren so filigran, dass Elin fürchtete, sie durch eine unachtsame Bewegung zu zerdrücken. Behutsam hakte sie den verbogenen Verschluss vom Stoff los, nahm das Schmuckstück an sich und schlich, so schnell und so leise sie konnte, aus dem Zimmer.

 

In ihrer heißen Hand pochte es, als hielte sie ein Herz aus Gold umschlossen. Ohne auf die verwunderten Blicke der Lakaien zu achten, rannte sie über die Flure. Nun musste sie so schnell wie möglich zu Victor! Endlich kam der dunkelgrüne Vorhang in Sicht. Schon von weitem erkannte Elin die Stelle, an der der Samt eine schräge Falte warf. Mit flinken Händen tastete sie unter den Saum und fand ihre Schürze. Der Vorhangstoff fiel schwer auf ihre Schulter. Sie versuchte ihn mit einer unwirschen Bewegung abzuschütteln, aber es wollte ihr nicht gelingen. Plötzlich verlor sie das Gleichgewicht und kippte in der Hocke um. Irritiert blickte sie auf zwei bestrumpfte Beine. Der Griff an ihrem Oberarm verstärkte sich, bis er schmerzte. Olofs Gesicht sah gar nicht mehr freundlich und hübsch aus.

»Was hast du hier verloren?«, zischte er sie an. »Na warte, wenn Greta dich in die Finger bekommt!« Elin stemmte sich gegen den harten Griff, zog das linke Knie an den Körper und trat Olof gegen das Schienbein. Sein Aufschrei gellte ihr noch im Ohr, als sie sich längst aufgerappelt hatte und zur Treppe floh. Aber sie hatte nicht mit seiner Schnelligkeit gerechnet. Kurz vor der Treppe erreichte er sie und packte sie am Kragen. Elin wirbelte herum. Der Stoff ihrer Jacke würgte sie, aber es gelang ihr, sich unter Olofs Arm umzudrehen und sich aus dem Griff zu winden. Wenn er sich nicht die Finger verrenken wollte, musste er sie loslassen. Plötzlich erstarrte der Tischdiener.

»Was hast du da?« Mit weit aufgerissenen Augen starrte er die goldene Kette an, die zwischen ihren Fingern hervorbaumelte. »Das Medaillon! Du hast es also gestohlen!«

Elin riss sich mit aller Kraft los. Wie sie richtig vermutet hatte, war Olof viel zu besorgt um seine Finger und seine makellose Livree, als dass er sich auf ein ernsthaftes Gerangel eingelassen hätte. Im Laufen sah sie sich nach ihm um. Sie wunderte sich, dass er sie nicht verfolgte. Der Diener stand nur da, mit offenem Mund und einem törichten Gesichtsausdruck. Er sieht gar nicht mich an, schoss es Elin durch den Kopf. Im selben Moment prallte sie gegen eine Schulter. Ein schwerer Rock wickelte sich um ihre Beine und ließ sie straucheln. Mit einem Keuchen stürzte sie zu Boden. Der Duft von gewachstem Holz stieg ihr in die Nase. Elin stützte sich auf den Händen ab und schnellte hoch. Flüchtig blickte sie in zwei empörte blaue Augen, dann nagelte eine tiefe, ungehaltene Stimme sie fest.

»Haltet sie!« Elin wusste nicht, woher die zwei Gardisten plötzlich aufgetaucht waren. Grobe Hände packten sie. »Los, hierher zu mir!« Im schwachen Licht des Gangs glänzte unheilvoll das Eisen der Langwaffen. Die anderen Soldaten traten zur Seite und gaben den Blick frei auf eine zornige junge Frau. Sie war kaum größer als Elin, aber die Wut verlieh ihr eine Aura aus Blitz und Donner. Ihre Augen sprühten vor Wut. Der Griff um Elins Arm lockerte sich, dafür spürte sie jetzt einen groben Kniff in die Seite.

»Verbeuge dich vor der Königin«, raunte einer der Gardisten ihr zu. »Los, runter mit dir!«

Sie hatte Königin Kristina umgerannt? Mehr aus Schreck als aus Gehorsam klappte sie in einem tiefen Knicks zusammen. Sie war verloren. Dafür würde der Henker sie holen! Tränen stiegen ihr in die Augen.

»Also?«, fuhr die Königin sie an. »Was zum Teufel treibst du hier?«

Elin brachte vor Schreck kein Wort heraus, dafür verbeugte sich Olof mit einem Lächeln und trat vor.

»Erlauben Sie mir, es zu erklären, Ihre Majestät. Diese Magd hat das Medaillon. Unter dem Vorhang dort hinten hatte sie es versteckt. Vermutlich wollte sie es holen, bevor ein Diener es findet.«

Ein Raunen und Flüstern schwoll um Elin herum an. Mit einem Mal schien sich das halbe Schloss auf dem Gang versammelt zu haben. Brokatgewänder raschelten, Degen klirrten. Goldschmuck und weiße Spitzenkragen leuchteten im flackernden Licht der Wandkerzen. Und mitten unter diesen Edelleuten stand wirklich und wahrhaftig die Königin! Das hellbraune, lockige Haar hatte sie eher nachlässig hochgesteckt, kein einziges Schmuckstück funkelte auf ihrer Haut. Sie war nicht einmal besonders hübsch. Dafür war ihre Nase zu lang und außerdem ein wenig gebogen und ihr Gesicht nicht weich genug.

»Hast du Ebbas Medaillon?«, richtete die Königin das Wort an Elin.

Zögernd streckte Elin die Hand aus. Es tat weh, die verkrampften Finger zu öffnen.

»Meine Rose!« Nachtblauer Brokat leuchtete auf. Wenn Madame Joulain Elin hübsch wie der Mond erschienen war, dann war Ebba Sparre die Sonne. Ihre Augen, die sanft und ein wenig traurig waren, leuchteten vor Freude auf, als sie das Medaillon behutsam an sich nahm. Auf Elins Handfläche blieb ein schwacher Abdruck der goldenen Rose zurück.

»Wo hast du sie her?«, fragte die junge Hofdame.

»Ich habe sie gefunden.«

»Wo?«

»Bei Madame Joulain.«

Ein Lachen wurde laut, die Damen tuschelten. Ihre Majestät schien die Antwort allerdings nicht so lustig zu finden. Elin beobachtete sie wie ein zum Tode Verurteilter seinen Henker.

»Steht nicht herum«, sagte Königin Kristina. »Bringt sie in die Kanzlei!«

Der Gardist packte Elin wieder am Arm und zerrte sie den Gang entlang. Die Türen und Vorhänge flogen an Elin vorbei, ohne dass sie sie richtig wahrnahm. Über eine Treppe ging es hinauf, in einen viel prächtigeren Teil des Schlosses. Reich bestickte Wandteppiche zeigten Jagdszenen und sonnige Landschaften. Diener öffneten die Türen zu einem Raum, der so riesig war, dass Elin im ersten Augenblick vor Staunen ihre Angst fast vergaß. Bis zu den Decken erstreckten sich Regale mit Büchern, es roch nach Leder und Holz. Unter Elins Füßen knarrte Parkett, das sich durch die Kälte des Winters verzogen hatte. In der Mitte des Raumes befanden sich ein wuchtiger Schreibtisch und eine Reihe von Stühlen. Ein kleinerer Tisch, gerade groß genug für einen Schreiber, stand am Fenster. Mit wenigen Schritten war Königin Kristina hinter dem Schreibtisch und nahm Platz. Sie läuft nicht wie eine Königin, dachte Elin. Zwei Diener beeilten sich, den Lüster über eine Seilwinde von der Decke herunterzulassen und die Kerzen darauf zu entzünden. Leise schlugen die Kristalle gegeneinander und klingelten wie Glöckchen an einem Winterschlitten.

»Also«, sagte die Königin. »Ich höre. Wer bist du und was hast du mit dem Medaillon zu tun?« Hinter dem riesigen Tisch sah Königin Kristina eher wie ein unwilliges Mädchen aus. Sie wirkte viel jünger als die dreiundzwanzig Jahre, die sie zählte. Elin versuchte etwas zu sagen, aber die Worte blieben in ihrem Mund kleben wie mehliger Brei. Die Höflinge sahen sie erwartungsvoll an, aus ihren Blicken sprach Neugier, aber auch Verachtung und Mitleid. Hier, vor dieser Mauer aus schweigenden Gesichtern, spürte Elin ihre Armut wie einen nassen Mantel an sich kleben.

»Sie heißt Elin Ansgarsdotter Asenban und ist seit einigen Wochen Scheuermagd«, meldete sich Olof mit einem kriecherischen Lächeln zu Wort. »Heute ist sie aus der Küche weggelaufen und …«

Die Tür schwang auf und alle Blicke wandten sich dem Eintretenden zu. Elin biss sich auf die Lippe. Kester Leven, der Sekretär des Bischofs! Heute war die Zornesfalte, die seine Stirn furchte, noch tiefer als sonst.

»Ihre Majestät«, sagte er und verbeugte sich tief. »Ich hörte, Sie haben den Dieb aufgespürt.« Noch während er sich wieder aufrichtete, fand sein Blick Elin.

»Sieh an, Elin von den Gudmundshöfen.«

»Noch ist überhaupt kein Diebstahl geschehen«, entgegnete die Königin.

»Aber ich habe sie erwischt!« Rote Flecken leuchteten auf Olofs Wangen.

Die Königin hob die Hand. »Ich pflege mir immer alle Seiten anzuhören«, sagte sie. »Im Reichstag in Stockholm sprechen alle Stände, bevor ein Urteil gefällt wird. Zwei Leute glauben bereits, dass ein Diebstahl geschehen ist. Aber das Mädchen hat noch kein einziges Wort gesagt. Also, Elin Ansgarsdotter, hast du das Medaillon gestohlen?«

Elin schüttelte den Kopf.

»Hast du deine Zunge verschluckt?«, fuhr Kester Leven sie an.

»Nein«, brachte Elin kaum hörbar hervor.

»Die Herren hier wirst du schwerlich nur mit einem Wort überzeugen«, sagte die Königin. »Verteidigen musst du dich schon selbst, wenn es kein anderer für dich tut. Also, erzähle uns die ganze Geschichte.«

Ebba Sparre, die schräg hinter der Königin stand, nickte und lächelte ihr aufmunternd zu. Vielleicht war es dieses Lächeln, das die Starre in Elins Kehle löste. Mit einem Mal war sie wütend auf all die Leute, die sie so unverhohlen anstarrten, als wären sie Jäger und Elin der Wolf, den sie in die Enge getrieben hatten. Sie hob den Kopf.

»Ich habe das Medaillon gesucht«, begann sie. »Fräulein Sparre trug kein Nackentuch im Schloss, obwohl es so kalt ist. Aber heute Mittag, als sie mit dem französischen Gast im Park spazieren ging, hatte sie sich eines umgelegt. Deshalb habe ich Victor gefragt, ob er das Tuch nach dem Spaziergang in die Kleiderkammer gebracht hat. Er sagte mir, dass Madame Joulain es ausbessert. Nun, dann bin ich eben zur ihr gegangen und habe ihr den Beinwärmer gebracht.« Ihre Hände zitterten, als sie in der Luft nachzeichnete, was sie gesehen hatte. »Dort lag das Tuch in einem Korb und darin war, wie ich vermutet hatte, das Medaillon.«

»Jemand hat das Medaillon also im Korb versteckt?«, fragte Leven streng.

»Nein ich denke, es ist versehentlich dort hineingeraten. Der Verschluss hatte sich schon während des Spaziergangs in einer der Stickereien verhakt. Das passiert sehr leicht. Und wenn es kalt ist, verliert man zudem das Gefühl auf der Haut und merkt nicht, wenn die Kette sich öffnet. Der Hakenverschluss war nur ein wenig verbogen, aber der Spalt war groß genug, um den Verschlussring hindurchgleiten zu lassen. Niemand hatte es bemerkt, auch Fräulein Ebba nicht, als sie das Tuch ablegte.«

»Woher wusstest du, dass es Ebbas Tuch war?«

»Ein Student hat es mir beschrieben.«

»Und woher weiß jemand wie du so viel über Ketten und Verschlüsse?«, insistierte der Sekretär mit scharfer Stimme.

»Frau Gudmund ist einmal etwas Ähnliches passiert.«

»Der Haken war tatsächlich bereits ein wenig verbogen«, sagte Ebba. »Ich wollte ihn längst wieder richten lassen.«

»Und warum hast du das Medaillon an dich genommen?«, bohrte Kester Leven weiter.

»Um es Victor zu bringen. Er sollte sagen, dass er es gefunden hat. Dann …«

»Was dann?«

Die Königin lehnte sich zurück und verschränkte die Arme.

»Dann wäre Emilia nicht mehr verdächtigt worden.«

»Emilia?«

»Die finnische Küchenmagd«, erklärte Kester Leven. »Sie stammt ebenfalls aus Gamla Uppsala und kannte die Tante des Mädchens, als diese noch lebte. Kürzlich ist sie Witwe geworden. Wir haben ihr Geld aus der Armenkasse gegeben.«

Elin holte tief Luft.

»Die in der Küche verdächtigen sie, das Medaillon gestohlen zu haben.«

»Und du dachtest, wenn du das Medaillon findest, kannst du diesen Vorwurf entkräften«, stellte die Königin fest.

Elin nickte.

»Ihr Mann ist vor ein paar Wochen auf einem deutschen Schlachtfeld erschossen worden«, sagte sie. »Sie hat alles verloren, was sie hatte. Ihre zwei jüngsten Kinder musste sie bei Nachbarn in Gamla Uppsala lassen. Emilia darf ihre Arbeit nicht verlieren, sonst …«

Sie verstummte und hob den Blick. Die Königin sah sie aufmerksam an. Im Raum war es so leise, dass Elin sich einbildete, die Schneeflocken zu hören, die gegen die Fenster geweht wurden.

»Ich verstehe«, sagte die Königin nach einer langen Pause. »Aber warum hast du denn nicht einem Lakaien erzählt, wo du das Medaillon vermutest, und ihn die Suche in die Wege leiten lassen? Es war sehr waghalsig, in Madame Joulains Gemach zu schleichen. Du hättest erwischt werden können, dann wärst du es, die jetzt keine Arbeit mehr hätte.«

Darauf fiel Elin keine Antwort ein. Kester Leven sah sie streng an, als hätte er das Urteil über sie bereits gesprochen. Olof trat vor.

»Ich weiß, warum sie es getan hat. Weil sie aus der Küche weglaufen wollte. Sie ist eine Unruhestifterin und sie drückt sich vor der Arbeit.«

»Bekommt sie deswegen Prügel?« Die Frage brachte den Diener sichtlich aus der Fassung.

»Sie ist gestolpert und in einen Stapel mit Holzscheiten gefallen«, antwortete er. »Sie ist ungeschickt.« Er warf Elin einen warnenden Blick zu. Für einen Moment war es, als könne sie seine Gedanken lesen. Er würde alles tun, um Greta zu schützen. Elins Wort stand gegen seins.

Die Stimme der Königin war unerbittlich.

»Stimmt das, Elin?«

Elin ballte ihre Hände zu Fäusten und funkelte Olof an.

»Nein«, erwiderte sie laut und deutlich. »Greta, die Köchin, hat mich verprügelt.«

Die Königin zog eine Braue hoch und legte die Fingerspitzen aneinander.

»Was sagst du nun, Olof?«

Der Diener fletschte die Zähne zu einem misslungenen Lächeln.

»Mag sein, dass die Köchin ihr eins übergezogen hat«, räumte er ein. »Aber nicht zu Unrecht, das Mädchen ist verstockt und unverschämt.«

»Das stimmt nicht!«, sagte Elin. »Ich bin nicht unverschämter als Ida oder Maditt.«

»Und warum schlägt Greta dich dann?«, bohrte die Königin weiter. »Was hast du getan, Elin?«

»Nichts. Ich bin nur nicht die richtige Person.«

»Und wer wäre die richtige Person?«

»Gretas Tochter. Greta hat fest damit gerechnet, dass sie für die Zeit des königlichen Besuchs in der Küche aushelfen kann, aber der Herr Sekretär hat stattdessen mich aus der Küche des Bischofs geholt.«

»Ich verstehe«, sagte die Königin. Ebba Sparre räusperte sich, beugte sich zu Königin Kristina und flüsterte ihr etwas ins Ohr.

»Wie heißt Gretas Tochter?«, wandte sich die Königin an Olof.

Das Gesicht des Dieners war von einer flammenden Röte überzogen, auch wenn er immer noch das verzerrte Lächeln zur Schau trug.

»Annagrit Lund.«

Die Königin nahm ein Blatt, griff zur Schreibfeder und tauchte die Spitze in die Tinte. Gespannt verfolgten alle im Raum, wie sie schnell einige Worte schrieb, während sie weitersprach.

»Nun, nichts ist wichtiger, als die richtigen Personen an den richtigen Stellen zu wissen das ist im Staatsdienst so und nicht anders in der Küche. Kannst du reiten, Elin?«

Elin glaubte, sich verhört zu haben, aber an den verblüfften Gesichtern der Anwesenden erkannte sie, dass die anderen dieselbe Frage vernommen hatten.

»Nein«, antwortete sie. »Aber auf Gudmunds Hof habe ich oft dabei geholfen, die Pferde anzuschirren.«

Die Königin lächelte und wandte sich an Kester Leven.

»Wenn der Herr Bischof nichts dagegen hat, wird ab jetzt Annagrit Elins Platz in seiner Küche einnehmen. Ich bin sicher, sie wird diese Stelle weitaus besser ausfüllen, denn wie Olof teile ich die Meinung, dass Elin in der Küche nicht an der richtigen Stelle ist.«

Elin schloss für einen Moment die Augen. Aus, vorbei. Sie hatte ihre Arbeit verloren. Man rannte nicht ungestraft die Königin um. Würden die Gardisten sie nun in den Kerker schleppen? Mit einer anmutigen Geste streute die Königin Sand auf das Papier, um die noch feuchte Tinte zu fixieren, stand schwungvoll auf und überreichte das Schreiben dem Sekretär. »Seien Sie so freundlich und überreichen Sie diese Bitte dem Bischof. Sagen Sie ihm, ich möchte diese Angelegenheit heute Abend mit ihm besprechen.«

Kester Leven nahm das Papier mit einer Verbeugung entgegen.

»Natürlich, Ihre Majestät«, murmelte er. »Sie haben eine gute Entscheidung getroffen. Ich selbst habe den Fehler gemacht, Elin aus Barmherzigkeit die Stelle zu geben, für die Annagrit viel besser geeignet ist. Ich werde sie heute noch in die Bischofsresidenz zurückschicken. Es ist sicher in Ihrem Sinne, wenn ein armes Christenkind …«

»Oh nein!«, rief Kristina. »Sie haben mich nicht richtig verstanden. Jemanden, der seinen Verstand so gut zu gebrauchen weiß und dabei auch noch so viel Wagemut zeigt, kann ich besser in Stockholm gebrauchen als hier in der Küche.«

Das Lächeln des Sekretärs gefror. Elin schlug die Hand vor den Mund und starrte die Königin an. Ebba Sparre lächelte. Kester Leven sah mit einem Mal so aus, als hätte er Honig erwartet und Essig bekommen.

»Aber Majestät«, wandte er zähneknirschend ein. »Sie wissen nichts über sie. Sie ist ein Hurenkind. Ihr Vater war ein schwedischer Soldat und seine deutsche Buhle starb auf einem Schlachtfeld, noch bevor die Tochter zwei Jahre alt war. Er ließ den Bastard nach Schweden zu seiner Schwester bringen. Als diese starb, nahm die Familie Gudmund sie auf, bis ihr Vater heimkehren würde. Nur holte er sie dort nie ab, weil er ebenfalls starb. In ihrer Güte zogen die Gudmunds das Kind auf. Und als ihr Erbe als Unterhaltsgeld aufgezehrt war und die Familie Gudmund keine Mittel mehr hatte, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, bat ich den Herrn Bischof, sie aufzunehmen für diesen einen Winter, bis sie sich selbst in der Stadt verdingen kann. Wie Sie wissen, war ich früher Pfarrer in Gamla Uppsala und kenne die Familien dort gut. Aber ich ahnte nicht, dass dieses Mädchen so undankbar ist.«

Elin ballte ihre Hände zu Fäusten und kämpfte gegen die Tränen an.

»Ich bin nicht undankbar«, entfuhr es ihr. »Und wer auch immer meine Mutter gewesen ist, sie hat genauso an Gott geglaubt wie Sie.« Die plötzliche Schärfe ihrer Worte wurde ihr erst in dem Moment bewusst, als sie den Satz aussprach. Unwillkürlich zog sie die Schultern hoch. In Gudmunds Haus hätte sie für eine solche Unverschämtheit eine Ohrfeige eingesteckt.

»Also zur Hälfte eine Hure und zur Hälfte ein Soldat«, erwiderte die Königin trocken. »Sicher nicht die schlechteste Mischung, um sich durchs Leben zu schlagen. Und ehrlich ist sie auch. Was man nicht von allen hier behaupten kann.« Olof blickte zu Boden.

»Elin Asenban hat das Medaillon nicht gestohlen«, verkündete die Königin. »Meine liebe Freundin Ebba ist ihr sehr dankbar, dass sie das Schmuckstück wieder gefunden hat. Ich verlasse mich darauf, dass Emilia nicht länger verdächtigt wird und dass Elin morgen Früh in der Eingangshalle wartet und zur Reise bereit ist.« Sie lehnte sich zurück und blickte sich in der Runde um. »Wir haben unsere Gäste lange genug warten lassen, denke ich. Gehen Sie schon voraus!« Auf ihren Wink zogen sich die Höflinge zurück. Ihr Getuschel und Gekicher war noch lange im Gang zu hören. Der Sekretär warf Elin noch einen drohenden Blick zu, machte nach einer zackigen Verbeugung auf dem Absatz kehrt und ging hinaus.

»Ich danke dir!«, rief Ebba Sparre der Königin zu. »Ich wusste, dass die Kleine hier unschuldig ist. Du hast klug entschieden!«

»Freu dich nicht zu früh, Belle«, entgegnete die Königin. »Wenn ich sie richtig einschätze, werden wir auf Tre Kronor noch genug Ärger mit ihr haben.«

Tre Kronor! Beim Gedanken an das Schloss zu Stockholm wurde Elin schwindlig. Emilia erzählte jede Nacht davon in Stockholm waren alle Häuser schön und sauber, die vergoldeten Giebel blendeten jeden, der zu ihnen hochsah, die Arbeit war leicht und die Schiffe aus fernen Ländern brachten prachtvolle Stoffe, duftende Gewürze und Wein, so schwer und süß wie Nektar.

»Oh, wer so gut auf meinen Schmuck aufpasst, für den wird sich schon eine Aufgabe finden«, erwiderte Fräulein Ebba. Ihr Lächeln spiegelte sich im Gesicht der Königin wider und ließ es ein wenig weicher aussehen.

»Wie du meinst«, schloss Kristina das Gespräch. Schwungvoll stand sie auf und ging um den Tisch herum, bis sie direkt vor Elin stand. Erst jetzt fiel Elin eine seltsame Unregelmäßigkeit auf: Die rechte Schulter der Königin stand ein wenig höher als die linke. War Kristina verletzt?

»Wie alt bist du?«

»Fünfzehn, Ihre Majestät.«

»Lass das Knicksen und sieh mich an! Sag mir ganz ehrlich: Warum hat dich Leven wirklich von Gudmunds Hof geholt?«

Elin holte tief Luft. Blitzschnell überlegte sie sich eine Hand voll höflicher Antworten, aber jede von ihnen klang falsch. Schließlich entschied sie sich für die einfachste.

»Weil viele Leute zugeschaut haben. Der Pfarrer war da und zwei andere Gutsbesitzer, die beratschlagten, was mit mir geschehen sollte. Sie waren sehr beeindruckt von Herrn Levens Mildtätigkeit und Güte.«

Die Königin warf den Kopf zurück und brach in schallendes Gelächter aus.

»Hör dir das an, Belle!«, rief sie Ebba Sparre zu. »Dumm ist sie auch nicht. Oh, das Mädchen wird es auf Tre Kronor wahrhaftig nicht leicht haben!«