12. KAPITEL

Am nächsten Morgen erwachte Kaylie und fühlte sich

unglaublich einsam. Kein Don. Keine Scherze, kein nackter Mann, der ihr bis zur Tür hinterherlief.

“Du hast es so gewollt”, rief sie sich in Erinnerung, als sie sich einen Toast mit Butter bestrich. Mit dem Toast in der Hand verließ sie das Apartment und schloß hinter sich zu.

Sie fühlte sich unruhig und angespannt. Sieben Jahre hatte sie ohne Don gelebt, und jetzt fiel es ihr schon schwer, eine einzige Nacht ohne ihn zu verbringen.

Während sie zum Sender fuhr, mußte sie ständig an Don denken, und um sich abzulenken, schaltete sie das Radio ein.

Aber sie konnte sich einfach nicht zum Zuhören bringen.

Auf dem Parkplatz vor dem Sendegebäude stellte sie den Mietwagen ab und stieg aus. Aus dem Augenwinkel heraus bemerkte sie beim Abschließen, daß ein silberfarbener Ford auf der anderen Straßenseite anhielt. Der Fahrer stieg nicht aus, sondern fing an, in einer Tageszeitung zu blättern, als würde er auf jemanden warten.

Hatte sie diesen Wagen nicht bereits gestern morgen

gesehen? Ihr blieb keine Zeit zum Nachdenken, und sie ging in das Gebäude.

Sie holte sich einen Kaffee aus der Cafeteria und sprach mit ein paar von ihren Mitarbeitern. Zum Glück fragte sie heute niemand nach ihrer Tante. Anschließend ging sie in ihr Büro, um noch einmal die Unterlagen ihrer Gäste von heute zu überfliegen. Ein Herzchirurg aus Moskau, eine Frau, die ein Buch über Diäten für Schokoladensüchtige geschrieben hatte und ein junger Schauspieler, der seinen neuen Film vorstellen wollte.

Sie hatte sich gerade erst hingesetzt, als es klopfte und Alan schon fertig geschminkt hereinkam. “Ich würde nach der Sendung gern mit dir sprechen”, sagte er. Er mußte einen Schritt zur Seite treten, als Audra sich mit ihrem Schminkkoffer an ihm vorbeidrängelte.

“Sicher. Worüber denn?” fragte Kaylie nach.

Alan sah rasch zu Audra und schüttelte den Kopf. “Ich warte solange.”

“Prima, denn Ich muß mich beeilen”, sagte Audra knapp und musterte Kaylie. “Gestern sahst du aber besser aus.”

“Na, vielen Dank.” Kaylie lächelte. Sie wußte, daß Audra recht hatte. Heute nacht hatte sie kaum schlafen können, weil sie Don so sehr vermißt hatte.

“Ein bißchen Lidschatten, ein wenig Rouge, und du siehst aus wie neu”, versprach Audra, doch Kaylie war nicht recht überzeugt.

Audra konnte mit ihrem Make-up jedoch kleine Wunder

vollbringen, und Kaylie fühlte sich sofort etwas besser. Die Show verlief reibungslos, abgesehen von Alan, der ihr mit Blicken Zeichen gab, die sie nicht verstand.

Danach ging sie in ein indisches Restaurant gegenüber und verbrachte den Nachmittag in ihrem Büro, wo sie die

Aufzeichnung der Sendung noch einmal ansah und sich auf die nächste Show vorbereitete.

Es klopfte an der Tür, und Alan steckte den Kopf ins

Zimmer. “Hast du einen Augenblick Zeit?”

“Na klar. Was gibt’s?” Sie legte den Bleistift weg, als Alan die Tür hinter sich zumachte.

“Die Leute reden über eine Fortsetzung von ‘Besessen’.”

“Ich hab’s auch gehört.”

“Dieser Produzent hat schon mit dem Drehbuchautor vom ersten Teil gesprochen.” Alan konnte seine Freude nicht verbergen. “Das könnte unsere Karrieren gewaltig vorwärts treiben.” Er kam zu Kaylies Schreibtisch.

“Mich hat noch niemand angesprochen”, sagte sie.

“Und wenn sie es tun?”

“Ich … ich weiß nicht.” Unwillkürlich mußte sie an jene schreckliche Premiere denken und erzitterte.

“Was soll das heißen?” Alan blickte sie fassungslos an.

“Denk doch mal nach, Kaylie. Du warst nie viel mehr als ein Kinderstar, aber jetzt konntest du beweisen, daß du erwachsen geworden bist und wie sehr du gereift bist.” Er fuchtelte vor Aufregung mit beiden Armen wild herum. “Diese Chance dürfen wir uns nicht entgehen lassen.”

“Ich weiß noch nicht einmal, was in dem Film passieren soll.”

“Das kommt noch. Gestern abend und heute früh habe ich mit meinem Agenten gesprochen. Im Moment werden doch ständig Fortsetzungen gedreht. Denk nur an ‘Zurück in die Zukunft’ und die ‘Rocky’-Filme. Manche davon sind wirklich große Erfolge.”

Kaylie überlegte. Während der letzten Jahre hatte sie einige Angebote für kleinere Rollen bekommen, aber immer abgelehnt.

“Mir macht meine Arbeit hier Spaß, Alan.”

“Also gut”, entgegnete er und rieb sich die Hände. “Noch ist es nicht soweit, aber versprich mir, daß du ruhig darüber nachdenkst, wenn du ein Angebot bekommst. Ich weiß, daß die Premiere damals für dich grauenhaft war, andererseits hat der Aufruhr den Film schlagartig bekannt gemacht.”

“Alan!”

Er grinste und griff nach der Türklinke. “Nur ein kleiner Scherz. Du nimmst alles viel zu ernst, Kaylie. Werde doch mal ein bißchen lockerer.”

“Vielen Dank für den guten Rat.”

Alan ging hinaus, und Kaylie beschloß, daß sie für heute genug von der Arbeit hatte. Alan ging ihr mit seinen Tricks auf die Nerven. Wie konnte er über diese schreckliche Premiere reden, als sei das Ganze nur als Werbung für den Film geschehen?

Die entsetzliche Erinnerung überkam sie mit aller Klarheit, und mühsam riß Kaylie sich aus diesen Gedanken los. Sie zitterte leicht.

“Kaylie?” Dons Stimme drang wie aus weiter Feme zu ihr. Er stand lässig an den Türrahmen gelehnt und beobachtete sie. Sein Haar war zerzaust. Wahrscheinlich war er über den Parkplatz bis hierher gelaufen.

“Fehlt dir etwas?” Er wirkte ernsthaft besorgt.

“Oh, nein. Nichts.” Warum sollte sie ihn mit ihren düsteren Erinnerungen belasten?

“Nichts?” Leise schloß er die Tür und kam auf sie zu. “Dich belastet doch etwas”, stellte er fest und setzte sich auf die Tischkante. “Was ist passiert?”

Schuldbewußt rief sie sich in Erinnerung, daß sie ihm dankbar sein sollte, daß er sich um sie kümmerte. “Zum einen hat Alan vorgeschlagen, daß ich meine Filmkarriere

wiederbelebe, indem ich die Hauptrolle in einer Fortsetzung von

‘Besessen’ übernehme.”

Don regte sich nicht.

“Daß es für den Film noch nicht mal ein Drehbuch gibt, spielt für ihn keine Rolle.”

“Du könntest doch nicht…”

“Und das ist nur der Gipfel einer fürchterlichen Woche, die ich hinter mir habe.”

“So schlimm?” Don schmunzelte leicht.

“Du mußt wissen, es gibt da meinen Ex-Mann, der sich hemmungslos in mein Leben drängt.” Sie verschränkte die Arme vor der Brust. “Du kennst den Typ Mann sicherlich. Überheblich und engstirnig, diese Leute versuchen, allen anderen ihren Willen aufzuzwängen.”

“Meistens sind sie gutaussehend, sexy und intelligent.”

“Genau”, stimmte sie zu. Ihre schlechte Laune verpuffte.

“Und du willst nicht, daß er dir seinen Willen aufzwängt, stimmt’s?”

Einen Moment wich sie seinem Blick aus. “Mein Problem ist, daß ich ihn mag. Sehr sogar. Aber ich mag es nicht, wenn er mein Leben bestimmt. Das weiß er alles, aber…”

Don ergriff ihre Hand. “Kaylie, ich liebe dich.” Seinen Worten folgte eine völlige Stille. Schließlich blickte Kaylie zu ihm auf.

“Liebe hat nichts mit Besitzen zu tun, Don. So lange ich mich erinnern kann, hast du immer versucht, mich zu besitzen.”

“Hey, Kaylie, was die Sendung morgen betrifft…” Alan platzte ohne anzuklopfen ins Zimmer. Beim Anblick von Don erstarrte er.

Überrascht bemerkte Kaylie, daß Don lächelte, ihre Hand losließ und sich Alan zuwandte. “Der gute Mr. Bently”, sagte er, als sehe er einen alten Freund. “Ich wollte Kaylie gerade fragen, ob sie die Titelseite des ‘Insiders’ schon gesehen hat.”

“Was wolltest du?” fragte Kaylie nach und spürte, wie sich ihr Magen verkrampfte. Alan fuhr sich nervös über die Lippen.

Don griff in die Innentasche seiner Jacke und zog eine gefaltete Zeitschrift hervor. Als er sie glattstrich, konnte Kaylie die fette Schlagzeile lesen: Wegen Liebeskummer ging Kaylie nicht zur Show.

“Was soll das?” fragte sie fassungslos und überflog den Artikel, in dem angedeutet wurde, daß Alan und sie, die immer noch planten zu heiraten, einen Streit hatten, dessentwegen Kaylie davongelaufen sei und sich tagelang zurückgezogen habe. “So ein Unsinn! Das stimmt doch alles nicht!” rief sie aus und blickte erst zu Alan, dann zu Don. “Du bist der Grund gewesen! Du hast mich entführt.”

“Entführt?” wiederholte Alan fragend und starrte sie beide mit offenem Mund an. “Moment mal. Habe ich das richtig verstanden? Er hat dich entführt?”

Don warf ihr einen eiskalten Blick zu.

Mit einer Schulter lehnte Alan sich gegen die Wand. “Das nennst du, er habe dich überredet, mit ihm in die Berge zu gehen?”

Don stellte sich auf. “Kaylie und ich müssen unter vier Augen miteinander reden, Alan.” Ruhig nahm er ihr Jackett vom Kleiderhaken. “Komm. Laß uns gehen.”

Alan konnte ein belustigtes Schmunzeln nicht unterdrücken.

“Also, Kaylie! Was ist bloß aus der Selbständigkeit geworden, für die du immer so sehr gekämpft hast?” fragte er spöttisch.

“Jetzt mach mal Pause, Alan!” fuhr Kaylie ihn gereizt an, als sie Don aus dem Zimmer folgte. Noch auf dem Parkplatz ärgerte sie sich über Alans Bemerkung. “Ich fahre”, sagte sie knapp.

Es verblüffte sie etwas, daß Don nichts erwiderte und sich widerspruchslos auf den Beifahrersitz des kleinen Mietwagens zwängte. Als sie den Motor anließ, lächelte er sie verführerisch an. “Wahrscheinlich mache ich mir falsche Hoffnungen, wenn ich annehme, du entführst mich jetzt in irgendein entlegenes Holzhaus in den Bergen.”

“Allerdings.” Trotz ihrer schlechten Laune mußte sie lachen.

“Okay”, sagte sie und ordnete sich in den Verkehr ein. “Sprich mit mir.”

Aufseufzend blickte er aus dem Seitenfenster. Draußen dämmerte es bereits, und dichte Autoschlangen kämpften sich die Hügel der Stadt empor. “Na gut, ich habe mich die letzten…”

Er blickte kurz auf die Uhr. ” … sechsunddreißig Stunden von dir ferngehalten, um dir deinen Freiraum zu lassen. Und ich habe es kaum ausgehalten. Ich wollte einfach mit dir allein sein.”

Schlagartig fühlte Kaylie sich unsagbar zu ihm hingezogen.

“Ich bemühe mich, dir deine Freiheit zu lassen, weil das für dich so wichtig ist. Aber, ehrlich gesagt, gefällt es mir gar nicht.”

“Mir auch nicht”, gab sie zu und versuchte, sich auf den Verkehr zu konzentrieren.

“Dann laß es uns ändern”, schlug er ruhig vor.

“Wie?”

“Halt mal an.”

“Was?”

“Dort drüben.” Er wies auf eine Seitenstraße bei einem Park.

Kaylie fand eine Parkbucht und stellte den Motor ab. Don stieg aus, und sie folgte ihm schweigend. Was mochte er ihr zu sagen haben?

Die Bäume warfen vor der tiefstehenden Sonne lange

Schatten, und ein frischer Wind wirbelte das Herbstlaub hoch.

Auf einer Wiese spielten ein paar Kinder Football. Frauen mit Kinderwagen und Leute, die ihre Hunde ausführten,

schlenderten durch den Park.

Kaylies hochhackige Schuhe klackten laut auf den

asphaltierten Wegen. Don nahm ihre Hand und verschränkte die Finger mit ihren. “Ich finde, wir sollten es noch mal versuchen”, sagte er leise, und als er ihr ins Gesicht sah, sprachen seine tiefen Gefühle aus seinem Blick.

“Versuchen? Was?” fragte sie, obwohl sie wußte, wovon er sprach, und gleichzeitig voller Freude und Furcht war.

Sanft strich er ihr eine Strähne aus der Stirn. Seine Finger fühlten sich warm und zärtlich an. “Heiraten. Ich möchte, daß du wieder meine Frau wirst, Kaylie. Heirate mich.”

Sie wollte ja sagen und ihm die Arme um den Nacken

schlingen. Ihn küssen und ihm sagen, daß sie für immer glücklich zusammenleben würden. Tränen traten ihr in die Augen, und sie biß sich auf die Unterlippe. “Ich … ich weiß nicht”, flüsterte sie und kämpfte gegen die Tränen.

“Warum nicht?”

“Wir haben es schon einmal miteinander probiert.”

“Als wir jung und unreif waren. Diesmal wäre das anders.

Komm schon, Kaylie.” Er zog sie in die Arme und küßte sie sanft auf die Stirn.

Wie sehr sie ihn liebte! Sie schlang die Arme um ihn und legte den Kopf an seine Brust. Sein Herzschlag pochte an ihrer Schläfe, und sie schloß die Augen. Mit Don zu leben, würde entweder das größte Glück auf Erden werden oder die reinste Qual.

Dann öffnete sie die Augen wieder und betrachtete die Straße, auf der der dichte Verkehr sich vorbeischob.

“Na, was sagst du?” fragte er und schob sie ein Stück von sich.

Sag ja! Sei nicht kindisch, dies ist deine Chance! sagte ihr das Gefühl. “Ich weiß es einfach nicht”, gestand sie. Die Enttäuschung in seinem Blick tat ihr fast körperlich weh. “Ich liebe dich, Don. Daran hat sich nie etwas geändert.”

Unwillkürlich zog er sie wieder dichter an sich.

“Wo liegt dann das Problem?”

“Ich will nicht wieder scheitern.”

“Das werden wir nicht”, versprach er und küßte sie aufs Haar.

“Ich brauche etwas Bedenkzeit.”

Don seufzte auf, und sein Atem strich ihr durch die Haare.

“Wozu? Willst du unsere Chancen berechnen?”

“Letztesmal haben wir die Dinge überstürzt und uns von unseren Gefühlen leiten lassen. Wenn es ein Diesmal gibt, will ich nicht die falsche Entscheidung treffen-.”

Einen Augenblick dachte sie, er würde ärgerlich werden. Sein Blick verdüsterte sich, und er ließ die Arme sinken. “Okay”, brachte er schließlich heraus und fuhr sich enttäuscht durchs Haar. “Du bekommst Zeit, um es dir zu überlegen, aber warte nicht zu lange. In Ordnung?” Er ging voraus zu ihrem Wagen, und sie folgte ihm.

“Warum lädst du mich nicht zum Essen ein?” schlug er vor, als sie wieder im Auto saßen und Kaylie losfuhr.

“Ich habe eine bessere Idee. Du lädst mich ein.”

“Nur, wenn ich dich überreden kann, mich zu heiraten.”

Innerlich schmunzelte sie. Wenigstens war er nicht verärgert.

Als sie wieder auf die Hauptstraße bog, bemerkte sie einen silberfarbenen Wagen, der ihr in gewissem Abstand folgte. Es war dieselbe Marke wie neulich, doch das hatte nichts zu bedeuten. Davon gab es unzählige in der Stadt.

Don legte ihr eine Hand aufs Knie. “Wie wäre es mit einem eleganten französischen Restaurant am Meer?”

“Wie war’s mit Pizza?” entgegnete sie, und beide lachten.

“Du bist die Fahrerin. Bring uns, wohin du willst.”

***

“Was hast du?” Margot ließ fast ihr Glas Wein fallen, als Kaylie ihr von dem Treffen mit Don erzählt hatte.

Margot hatte sie zu ihrem Haus in Carmel gebracht, damit sie ihren eigenen Wagen wiederholen konnte. “Ich habe Don gesagt, daß ich es mir überlegen werde. Dann sind wir Pizza essen gegangen, und ich habe ihn nach Hause gefahren.”

“O Kaylie, du bist wirklich verrückt.” Margot nahm einen großen Schluck Wein und schüttelte den Kopf. Sie saßen auf der Veranda von Kaylies Haus, und Margot musterte ihre

Schwester, als habe sie tatsächlich den Verstand verloren.

“Manche Frauen suchen ihr Leben lang nach einem Mann wie Don Flannery. Und weißt du, was?”

“Was?” Kaylie wollte es eigentlich gar nicht wissen, aber sie würde es sowieso erfahren.

“Sie finden ihn nie! Männer wie Do n laufen nicht an jeder Ecke herum.”

“Vielen Dank für die Ratschläge.”

Margot lächelte. “Und du hast das Glück, ihn zweimal zu finden. An deiner Stelle würde ich augenblicklich zum Telefon gehen und ihn anrufen.”

“Was soll ich dann sagen?” bohrte Kaylie weiter.

“Daß du schon einen Termin beim Standesamt hast, natürlich!” antwortete Margot.

Kaylie drehte ihr Glas zwischen den Fingern. Sie hatte genau denselben Gedanken gehabt und war sogar schon ein paarmal zum Telefon gegangen, aber im letzten Augenblick hatte sie es sich jedesmal anders überlegt. “Ich will nicht den gleichen Fehler zweimal begehen.”

“Das wirst du nicht. Du bist jetzt älter. Und was das Wichtigste ist: Dieser Mann liebt dich rückhaltlos. Warum sträubst du dich?”

Kaylie blickte über die Bucht. In gewisser Weise hatte Margot recht, das mußte sie zugeben.

“Und du vermißt ihn, stimmt’s?”

Aufseufzend hob Kaylie die Schultern. “Ja”, gab sie zu und versuchte, gelassen zu klingen, obwohl sie sich ständig nach ihm sehnte. Sie konnte an nichts anderes denken und machte Pläne, wie sie ihm zufällig über den Weg laufen konnte.

“Sieh mal, wenn es eine Frage von Stolz ist…”

“Es ist mehr als das.” Kaylie erinnerte sich daran, wie Don sie verschleppt hatte. “Ich kann es nicht hinnehmen, daß dieser Mann mich am liebsten einsperren würde.”

Margot lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. “Natürlich nicht.

Aber keine Ehe ist perfekt, und bis zu dieser schrecklichen Premierenfeier von ‘Besessen’ wart ihr beide doch unglaublich glücklich.”

“Schon vorher war Don herrschsüchtig.”

“Ich glaube, er hatte nur Angst um dich. Du bekamst ständig diese Briefe, und er fürchtete, dir könne etwas zustoßen. Darin hat er sich nicht getäuscht.” Margot beugte sich wieder vor.

“Dieser Mann liebt dich schlichtweg. Daran ist doch nichts Schlimmes. Noch dazu ist er gutaussehend, intelligent, verläßlich und humorvoll. Was willst du eigentlich mehr?”

“Jemanden, der mich meine eigenen Entscheidungen treffen läßt”, erwiderte Kaylie prompt, doch dann mußte sie schmunzeln. “Außerdem muß er gutaussehend, intelligent, verläßlich und humorvoll sein.”

Margot stand auf und reckte sich. “Meiner Meinung nach wirst du nie jemanden finden, der dich mehr liebt als Don. Und wenn du ehrlich zu dir bist, dann weißt du, daß du auch nie einen Mann mehr als ihn lieben wirst. Denk mal darüber nach.”

Kaylie sah ihr nach und wußte, daß ihre Schwester recht hatte. Sie würde niemals einen Mann so wie Don lieben.

In seinem Büro ging Don auf und ab. Er hatte sich den ganzen Tag über kaum auf die Arbeit konzentrieren können. Auf einmal kam ihm sein Unternehmen vollkommen nebensächlich vor.

Während der vergangenen Woche hatte er sich mühsam von Kaylie ferngehalten. Er hatte weder bei ihr angerufen, noch war, er zu ihr ins Studio gekommen, obwohl er jede Sendung der West Coast Morning-Show gesehen hatte. Bei jedem Lächeln, das Kaylie Alan schenkte, hätte er am liebsten wieder ausgeschaltet.

“Es gehört zu ihrer Arbeit”, versuchte er sich einzureden, doch er konnte nichts gegen seine Eifersucht tun. Andererseits wollte er ihr Zeit für die wichtigste Entscheidung seines Lebens geben.

Er ließ sich in den Sessel fallen und nahm lustlos ein paar Unterlagen in die Hand. Aufseufzend warf er sie wieder auf den Schreibtisch. Alles, was ihm jetzt etwas bedeutete, war Kaylie.

“Du bist von ihr besessen”, sagte er sich und ging zur Bar am anderen Ende des Büros, um sich einen Whisky einzuschenken.

Dann überlegte er es sich anders und stellte die Flasche wieder weg.

“Konzentrier dich” befahl er sich und setzte sich, mit einem Bleistift bewaffnet, wieder an den Schreibtisch. Er blickte auf die Geschäftsbriefe und Akten, aber in Gedanken konnte er nur Kaylies Gesicht sehen. Sie lächelte, und ihr goldblondes Haar umgab ihren Kopf wie eine Wolke.

Don legte den Stift weg.

Er unterdrückte einen Fluch und holte sich seine Jacke. Dann verließ er sein Büro. “Sagen Sie bitte alle Termine für heute ab”, bat er Peggy, als er zum Fahrstuhl ging.

“Und wo sind Sie zu erreichen?”

“Das wüßte ich selbst gern”, entgegnete er nur. Die Fahrstuhltüren öffneten sich, und er stieg ein. In Gedanken spielte er alle Möglichkeiten durch, wie er mit Kaylie in Kontakt treten konnte, aber er verwarf sie sofort wieder. Er mußte abwarten.

***

Die nächsten Tage über war Kaylie entsetzlich unruhig. Sie mußte immer an Margots Ratschlag denken. Eigentlich wartete sie darauf, daß Don wieder in seine alten Fehler verfiel, außerdem hatte sie ihn im Verdacht, daß er sie überwachen ließ.

Allerdings rief er nicht an und ließ sich nicht bei ihr blicken.

Fast kam es ihr vor, als habe sie sich endlich zu einer Entscheidung für ihn durchgerungen, und jetzt ließ er sie allein.

Das wolltest du doch, sagte sie sich. Es war Freitag, und schon den ganzen Tag über regnete es. Während der Sendung war Alan schlechtgelaunt gewesen, und die Show hatte sich quälend dahingeschleppt. Bei der Ankunft an ihrem Haus am Meer in Carmel hatte sie Kopfschmerzen bekommen, und ihre Schuhe waren völlig durchnäßt. Kaylie hatte sich nur noch auf eine heiße Dusche und ein gutes Buch gefreut.

Beim Aufschließen der Tür hatte sie wieder an Don denken müssen. Sieben Jahre hatte er die Schlüssel gehabt, bevor er ihn an jenem Abend benutzt hatte, um sie zu entführen. Jetzt wollte er sie heiraten, und dieser Gedanke machte sie glücklich.

Gleichzeitig mußte sie jedoch auch an die Scheidung und den Kummer danach denken. Das wollte sie nicht noch einmal durchleben, und auch Don wollte sie das nicht noch einmal antun.

Auf dem Weg zum Bad fing sie bereits an, sich auszuziehen.

Als das Telefon klingelte, rechnete sie fast damit, Dons Stimme zu hören. “Hallo?” meldete sie sich schmunzelnd.

Keine Antwort.

“Hallo?” fragte sie noch einmal, doch es war nichts zu hören.

“Don, bist du das?” Sie wartete einen Moment angespannt. “Ist dort jemand? Passen Sie auf, ich kann Sie nicht hören. Warum versuchen Sie es nicht noch einmal?” Langsam legte sie den Hörer auf und sah wartend aus dem Fenster auf den mit dunklen Wolken verhangenen Himmel.

Außer weit entferntem Donnergrollen und dem Prasseln des Regens war es still. Abgesehen von ihrem laut pochenden Herzschlag. Wahrscheinlich falsch verbunden, überlegte sie und ging ins Bad. Vielleicht war es aber auch Don gewesen. Allein der Gedanke, daß er versuchte, sie zu erreichen, machte sie froh.

Eigentlich hat Margot recht, dachte sie, es wird Zeit, daß ich Don anrufe. Wenn wir uns bemühen, dann haben wir eine zweite Chance. Vorausgesetzt, Don behandelte sie als

erwachsene, eigenständige Frau.

Sie liebte ihn von ganzem Herzen. Don war der Mann ihres Lebens, daran würde sich nie etwas ändern.

Gerade, als sie aus der Dusche stieg, klingelte das Telefon wieder. Nur in ein Badetuch gehüllt, lief Kaylie zum Apparat im Schlafzimmer und ließ eine nasse Wasserspur hinter sich.

“Hallo?” rief sie atemlos und hörte nur ein Klicken, als der andere auflegte. “Nein, nicht, ich bin doch dran!” schrie sie. Sie spürte, daß es Don war, der sie anrief. “Na gut, es gibt einen Weg, das herauszufinden”, sagte sie und kramte in einer Schublade nach Unterwäsche. Noch heute abend würde sie zurück in die Stadt zu Don fahren, um ihm zu sagen, daß sie ihn liebte und noch einmal einen neuen Start mit ihm wagen wolle.

Rick Taylor stöhnte vor Schmerzen auf. Er befühlte seinen Hinterkopf und spürte etwas Feuchtes und Klebriges auf dem Boden. Mühsam öffnete er die Augen und blinzelte in das grelle Neonlicht. In seinem Kopf dröhnte es.

“Was … was ist denn los?” murmelte er und fuhr sich über die Lippen. Er erinnerte sich, daß er zu Lee Johnston ins Zimmer gegangen war. Doch Johnston lag nicht im Bett. Gerade als Rick den Alarrnknopf drücken wollte, hatte er einen stechenden Schmerz im Bauch gespürt und dann, als er zusammenklappte, hatte er einen Schlag auf den Hinterkopf bekommen.

Jetzt stützte er sich hoch, und die Wunde in seiner Seite klaffte auf. “Hilfe”, wollte er schreien, doch seine Stimme war nur ein schwaches Flüstern. Wie lange lag er schon hier? Er hatte keine Ahnung.

Aber nach einiger Zeit würde er sicher vermißt werden. Er bemühte sich hochzukommen, fiel zurück und versuchte wieder, nach Hilfe zu rufen. Die Tür war geschlossen, und er konnte sie nur undeutlich erkennen.

“Helft mir! Bitte!”

Mit aller Kraft schleppte er sich zur Tür hin, um auf den Gang hinauszukommen. Bei jeder Bewegung hätte er vor

Schmerzen aufschreien mögen, wenn er dazu die Kraft gehabt hätte. Scheinbar endlos dehnte sich die Entfernung bis zur Tür aus.

Als er sie schließlich erreichte und blind tastend an dem Türknauf drehte, stellte er fest, daß die Tür verschlossen war.

Von außen.

Keuchend suchte Rick in seiner Hosentasche nach dem

Schlüsselbund. Seine Schlüssel waren verschwunden. Die Schlüssel von der Heilanstalt, die Wohnungs-und

Autoschlüssel, alle weg.

“Oh, nein!” schrie er verzweifelt auf und pochte mit letzter Kraft an die Tür. Dann wurde er wieder bewußtlos.

***

“Na los, Kaylie. Geh schon ran!” flüsterte Don voller Panik.

Fluchend knallte er den Hörer auf die Gabel. Sein Herz klopfte wild, und am ganzen Körper brach ihm der Schweiß aus. Soeben hatte er einen Anruf bekommen, daß Lee Johnston aus der Anstalt geflohen war.

Dons Hände zitterten unkontrolliert, als er auf dem Flur an Peggys Tisch vorbeikam. “Rufen Sie die Polizei an und sagen Sie, daß der Patient, der aus der Heilanstalt ausgebrochen ist, Kaylie schon einmal bedroht hat, und geben Sie ihnen Kaylies Adresse, die von ihrem Apartment und die in Carmel.” Hastig schrieb er die beiden Adressen für sie auf. “Am dringendsten allerdings brauche ich unseren Helikopter. Sagen Sie David, er muß mich nach Carmel fliegen”, ordnete er an.

“Der Hubschrauber ist ohnehin startklar.” Peggy drehte sich zum Telefo n, und Don lief die Treppen hinauf.

Auf dem Dach saß Dave bereits im Hubschrauber, und Don kletterte mit hinein. “Ein Notfall”, sagte er nur. “Ich muß, so schnell es geht, nach Carmel. Geben Sie über Funk durch, daß ich dort noch mehr von unseren Leuten brauche.”

“Alles klar”, entgegnete Dave, und während er losflog, gab er Dons Anweisungen über das Mikrophon in seinem Helm weiter.

Innerlich sah Don, wie seine schlimmsten Alpträume wahr wurden. Hoffentlich komme ich nicht zu spät, flehte er.

Kaylie griff nach ihrer Handtasche und richtete sich auf. Don ist einen zweiten Versuch wert, sagte sie sich. Was nützt mir mein Stolz, wenn ich dabei unglücklich bin! Mit Regenmantel und Schirm bewaffnet ging sie durch die Küche und hängte sich die Tasche um.

Sie lief in die Garage und schloß hinter sich das Haus ab.

Gedämpft hörte sie das Telefon klingeln, aber sie wollte nicht noch einmal umkehren. Selbst wenn es Don war, wollte sie ihn lieber überraschen, indem sie vor seiner Tür stand.

Schmunzelnd tastete sie nach dem Knopf; um das Garagentor zu öffnen, als sie ein Geräusch hörte. Es klang wie das Kratzen von Leder an der Betonwand.

Kaylie erstarrte. Die Härchen im Nacken richteten sich auf.

Angestrengt lauschte sie in die Dunkelheit. Hatte sie sich das Geräusch eingebildet? Vielleicht war es eine Maus gewesen oder die Katze von ihrem Nachbarn.

Sie drückte auf den Knopf, doch das Tor öffnete sich nicht.

Auch als sie den Lichtschalter betätigte, blieb die Garage finster.

Panische Angst stieg in ihr auf, und hastig kramte sie in der Tasche nach ihren Schlüsseln. Nervös fuhr ihr Kopf von einer Seite zur anderen. “Wer ist da?” fragte sie in die Dunkelheit, doch alles blieb still. “Es sind nur deine Nerven”, beruhigte sie sich und bemerkte in diesem Moment aus dem Augenwinkel eine Bewegung in einer Ecke.

Kaylie fand den Schlüssel und schloß sofort die Tür zum Haus wieder auf. Drinnen funktionierte das Licht noch und beleuchtete die dunkle Garage. In diesem Augenblick spürte sie eine kalte Hand, die sie am Arm packte. Kaylie schrie auf und fuhr herum.

Lee Johnston starrte sie aus eisblauen Augen an. “Kaylie.”

Seine Stimme war heiser, sein grellrotes Haar lag naß am Kopf an Der Regen hatte ihn vollkommen durchnäßt.

Vor Angst konnte sie sich kaum noch auf den Beinen halten, dennoch versuchte sie mit aller Kraft, sich loszureißen.

“Laß mich in Ruhe”, schrie sie, doch aus ihrem Mund kam kein Ton heraus. Im Licht aus der Küche blitzte das Messer auf, das er in der Hand hielt.

Verschwommen kamen ihr die Bilder von der

Premierennacht wieder ins Gedächtnis. Don, o Don, es tut mir so leid, dachte sie.

“Kay… lie”, murmelte Johnston, und wieder strengte Kaylie sich an, um sich loszureißen. Doch Johnston war stark und zu allem entschlossen. Zahllose Gedanken schossen ihr durch den Kopf. Sie brauchte eine Waffe. In der Garage waren Werkzeuge, in der Küche Messer. Mit irgend etwas mußte sie sich

verteidigen.

“Kaylie!” stieß er wieder aus, und diesmal klang es mehr wie das Heulen eines Wolfs. Sie trat einen Schritt nach hinten und stolperte über Harken und Spaten. Lee Johnston kam mit ihr mit und preßte die Finger unnachgiebig um ihren Arrn. Das Messer hielt er achtlos an ihrer Seite.

“Laß … laß mich los!” verlangte sie und versuchte, ruhig zu bleiben. Sie durfte sich von ihrer Panik nicht überwältigen lassen. Vielleicht konnte sie ihn durch reden dazu bringen, ihr nichts zu tun. Er hatte noch nie zuvor jemanden ernsthaft verletzt. Andererseits stellte sie im Halbdunkel fest, daß sein Hemd mit Blut beschmiert war. Und es war sicherlich nicht sein eigenes Blut. Aber von wem dann?

Von Don? Für einen Moment war sie fest überzeugt, daß Lee Johnston zuallererst Rache an dem Mann genommen hatte, der ihm damals in die Quere gekommen war. Nein, es durfte nicht sein! Er durfte Don einfach nichts angetan haben. Wieso hatte sie Dons Sorge bloß nicht ernst genommen?

Wieder drohten ihre Knie nachzugeben. Wenn Don tot oder verletzt war…

“Nein!” schrie sie auf und warf sich gegen Johnston. Er stolperte und lockerte unwillkürlich seinen Griff. Kaylie sprang nach vorn und riß ihn dadurch von den Füßen. Sie mußte in die Küche kommen! Von dort aus konnte sie fliehen.

“Hilfe!” schrie sie laut und lief um ihren Wagen herum, weil Johnston ihr den direkten Weg versperrte. Sie hörte, daß Johnston sich bewegte und verharrte reglos. Folgte er ihr, oder versuchte er, ihr den Weg abzuschneiden? Wenn bloß das Garagentor nicht verschlossen wäre! Denk nach! befahl sie sich.

Irgendwo mußte noch eine Axt sein, aber wo? Womit konnte sie sich bewaffnen? Am anderen Ende der Garage war der zweite Toröffner. Langsam tastete sie sich zur Tür zum Haus vor.

Dann hörte sie Stimmen. Oder bildete sie sich das ein? Nein, sie irrte sich nicht. Johnston hatte anscheinend auch etwas gehört. Er bewegte sich hastig und verharrte dann reglos. Nur noch sein keuchender Atem war zu hören. Es klang, als sei er dicht vor ihr, zwischen ihr und der Küche. Aber wo genau?

Kaylie hielt die Luft an und lauschte. Es kam ihr wie eine Ewigkeit vor, daß sie nur lautlos dastand.

Von draußen waren Schritte zu hören. “Kaylie! Kaylie!”

erklang Dons Stimme im Haus. “Sag doch was. Wo bist du?” Er lebte also. Vor Erleichterung hätte sie weinen können.

Aus der Dunkelheit heraus sprang Lee Johnston auf sie zu.

Kaylie schrie auf. “Don! Komm nicht hierher!” rief sie. “Er hat ein Messer.” Doch Don kam in die Garage gerannt und warf sich auf Johnston.

“Oh, bitte. Nein!” schrie Kaylie, als Lee Johnston herumfuhr und das Messer hochhielt. Dann fuhr die Hand mit dem Messer nach unten, und Johnston stach Don in den Rücken. Das Geräusch, mit dem er die Klinge wieder herauszog, war fast zuviel für Kaylie.

Die beiden Männer kämpften verbissen miteinander, und Johnston riß sich los. Beide richteten sich wieder auf, doch Don schwankte leicht.

Kaylie schrie wieder auf, als Johnston das Messer erneut hob.

Sie torkelte nach hinten und fiel gegen eine Schaufel. Ohne nachzudenken griff sie das Werkzeug mit beiden Händen, holte Schwung und schlug mit aller Kraft auf Johnston ein. Sie traf ihn in den Kniekehlen, und der Mann fiel zu Boden.

Don warf sich auf ihn, und Kaylie sah den dunklen Blutfleck auf seinem hellen Hemd.

“Keine Bewegung!” hörte Kaylie eine Stimme und blickte auf. Ein Mann in Jeans und Sweatshirt zielte mit einer Pistole auf Don und Johnston.

“Nein!”

“Kay… lie!” schrie Johnston auf.

Sie erbebte.

“Zurück!” befahl der Mann mit wutverzerrtem Gesicht und zielte weiter auf Johnston, während Don sich hochrappelte.

“Alles in Ordnung?” wandte er sich an Don.

“Ich dachte, du kommst gar nicht mehr.”

“Ich habe die Polizei benachricht igt. Jetzt komm, laß uns diesen Mistkerl hier herausbringen.”

Draußen kreischten Sirenen. Als Don Lee Johnston

hochzerrte, kamen zwei Polizisten durchs Haus in die Garage.

“Polizei! Keiner bewegt sich!” rief der größere der beiden mit gezogener Waffe.

“Rufen Sie einen Krankenwagen!” schrie Kaylie und sah entsetzt, wie sich der dunkle Fleck auf Dons Hemd immer mehr ausbreitete.

“Schon unterwegs! Also, was ist hier los? Hier soll ein Flüchtling aus der Heilanstalt sein?”

Mit bleichem Gesicht versuchte Don, alles zu erklären, doch Kaylie unterbrach ihn. Sobald Don im Krankenhaus sei, würde sie alles erklären. Sie ließ sich auf keine Diskussionen ein und stieg mit Don in den Krankenwagen. Auf dem Weg ins

Krankenhaus hielt sie seine Hand. Er versuchte zu lächeln, doch er scheiterte kläglich und schloß die Augen.

“Es wird alles gut”, redete sie auf ihn ein und versuchte, das Zittern in Ihrer Stimme zu verbergen. Don reagierte nicht, und sie wußte, daß er das Bewußtsein verloren hatte.

“Du darfst nicht sterben!” flüsterte sie und klammerte sich an seiner Hand fest. Wenn sie ihm doch nur hätte sagen können, wie sehr sie ihn liebte. Wie sehr sie ihn brauchte!

Wie dumm war sie bloß gewesen! Nur weil sie nicht auf ihn hatte hören wollen, war Don beinahe erstochen worden. Wenn sie doch auf ihn gehört hätte! Tränen liefen ihr über das Gesicht, aber Kaylie bemerkte es gar nicht.

Jetzt war es vielleicht zu spät.