Kapitel 15

 

»Wer die Hand in Blut wäscht, muss sie in Tränen baden.«

Deutsches Sprichwort

 

Drei Monate später

 

Die Zeit nach den Morden war für Heerse und sein Team ein wahrer Spießrutenlauf gewesen. Doch allmählich hatten sich die Gemüter beruhigt. Die Presse machte den Beamten schwere Vorwürfe, schließlich war ein Polizist direkt beteiligt gewesen. Diesen Fakt hatte man natürlich nicht vor der Öffentlichkeit verbergen können, genauso wenig wie die Verbindung zu den Sagen. Die Trinkhalle lockte nun noch mehr Besucher in die Stadt und nur langsam kehrte Ruhe in Baden-Baden ein.

Trotzdem war Heerses Vorgesetzter zufrieden. Endlich war der Fall abgeschlossen. Die in Karinas Wohnung gefundenen Spuren waren eindeutig gewesen.

Manchmal wünschte sich der Hauptkommissar insgeheim, er hätte die Wahrheit niemals erfahren. Aber das war ein egoistischer Wunsch. Die Hinterbliebenen der Opfer sollten wenigstens nicht noch das Gefühl haben müssen, der Mörder wäre ungestraft davongekommen. Vielleicht half ihnen die Wahrheit, das Geschehene besser zu verarbeiten.

Rolf Heerse dachte an Lukas Bürg.

Sein junger Kommissar hatte kurz nach Franks Tod wieder den Dienst angetreten. Seit dieser Zeit kämpfte Lukas gegen seine eigenen Dämonen. Wie es schien, erfolgreich.

Vermutlich waren sich er und Marion Dorthal deshalb in den letzten Wochen nähergekommen. Irgendwie hatten sie ja beide eine schmerzliche Vergangenheit zu bewältigen. Zwei junge Menschen mit verletzten Seelen. Vielleicht wären sie eines Tages füreinander sogar mehr als nur Freunde in der Not.

Und die Geschwister Dorthal? Mit einem Mal wurde ihm etwas klar. Karina und Frank hätten sich niemals selbst von ihrer persönlichen Sepsis befreien können. Der Tod hatte ihnen das abgenommen und er, Heerse, hätte nichts von alldem verhindern können.

Als die Tür aufging, schrak der Hauptkommissar zusammen. Es war Müller.

»Wir wurden angefordert«, sagte der nun zu seinem Vorgesetzten, in dessen Abteilung er mittlerweile versetzt worden war. Als er Heerses blasses Gesicht sah, fragte er: »Rolf? Alles in Ordnung?«

Der Hauptkommissar schüttelte sich kurz, als könnte er so die trübsinnigen Gedanken verscheuchen. »Nein, nichts ist in Ordnung und vermutlich war es das auch nie. Aber wir machen trotzdem weiter.«

Müller sah ihn verständnislos an.

Heerse winkte ab und lächelte müde: »Lass uns gehen. Wir werden auch heute wieder unser Bestes versuchen, damit eines Tages doch noch alles in Ordnung kommt.«

 

Ende