18.

 

»So, Kleines, und jetzt wirst du mir sagen, warum du darauf bestanden hast, dass ich heute Abend zu den Dardens rübergehe, die Treppe repariere, mir das Dach ansehe und alles andere in ihrem Haus von den Stromleitungen bis hin zum Generator überprüfe.« Jackson ließ keinen Zweifel daran bestehen, dass er eine Antwort von ihr verlangte. »Was ist los? Du warst müde und du fühlst dich von den Dardens eingeschüchtert, ob du es zugeben willst oder nicht. Und warum hast du ihnen diese großen Kerzen mit dem Kruzifix darin gegeben und sie aufgefordert, sie die ganze Nacht brennen zu lassen? Und dann hast du mich auch noch dazu gebracht, bei Inez anzuhalten und ihr und Frank Warner Kerzen zu geben. Hier stimmt doch etwas nicht. Und verschone mich mit deinem Unschuldsblick. Es war dir ungeheuer wichtig.«

Elle seufzte und blickte zum Himmel auf. Der Sonnenuntergang war spektakulär gewesen. Sie verstand, warum Jackson sein Haus an genau dieser Stelle gebaut hatte. Seine Veranda bot einen ganz fantastischen Ausblick auf die untergehende Sonne. Farben hatten sich über den Himmel gezogen, jede Schattierung von Orange, Rot und Rosa, während die Sonne, eine leuchtende geschmolzene Kugel, flüssiges Gold ins Meer verströmt hatte. Sie waren nicht ins Haus gegangen, sondern hatten nebeneinander auf einer Decke auf den Dünen gesessen, während der Himmel von Orange zu Purpur übergegangen war. Jackson blieb stumm, bis sie schließlich das Wort ergriff. Sie seufzte abermals, denn sie wusste, sie käme um eine ehrliche Antwort nicht herum, und dann würde er sie wahrscheinlich für verrückt halten. »Ich habe heute den Tod gesehen.« Das Geständnis brach aus ihr heraus. »Heute im Lebensmittelgeschäft habe ich den Tod gesehen.«

Er drehte sich zu ihr um, musterte den besorgten Ausdruck auf ihrem Gesicht, das ihm zugewandt war, und ihm lief ein Schauer über den Rücken. Sie meinte es vollkommen ernst. »Was hat das zu bedeuten?«

»Manchmal habe ich das zweite Gesicht und kann ihn sehen. Ich weiß nicht, wie ich es dir anders erklären könnte. Die meisten meiner Schwestern besitzen diese Gabe. Heute, im Lebensmittelgeschäft, war er da und hat sich nach jemandem umgesehen, den er mitnehmen kann. Sowohl Frank Warner als auch Mrs. Darden haben seine Aufmerksamkeit auf sich gezogen, aber jeder, der sich im Laden aufgehalten hat, darunter auch du, ist in Gefahr.«

»Das ist verrückt, Elle. Der Tod ist keine Person. Er stößt einem Menschen zu.«

»Er hält Ausschau nach Menschen, die in Todesnähe sind, ob durch eine Krankheit, einen Unfall oder einen Selbstmordversuch. Er findet sie. Ich habe ihn gesehen. Du brauchst mir nicht zu glauben.« Sie blickte über das Meer hinaus. »Wir alle haben einen tiefen Glauben, und ich weiß, dass auch du ihn hast. Ich habe dich in der Kirche gesehen, Jackson. Wir gehen davon aus, dass es Gutes und Böses auf der Welt gibt, und es gibt Dinge, die den meisten Menschen als ›unnormal‹ erscheinen. Manche Menschen halten uns für nicht normal. Wir glauben jedoch, dass unsere Gaben uns verliehen wurden, damit wir Gutes tun. Aber es gibt Dinge, die man einfach nicht erklären kann. Der Tod als Erscheinung zählt zu diesen Dingen. Wir haben sie immer so genannt. Manchmal kommt er, sieht sich nach jemandem in Todesnähe um und beschleunigt den Vorgang.«

»Könnt ihr ihn aufhalten?«

Sie zuckte die Achseln. »Wir glauben, es verhält sich wie mit Unfällen und zufälligen Begebenheiten, aber wir glauben auch, wenn er erst einmal in der Nähe ist, gibt er sich nicht zufrieden und zieht nicht weiter, bevor er ein Leben geraubt hat. Das ist nicht dasselbe wie ein natürlicher Tod, weil er nach diesem Leben lechzt und es erfolgreich raubt.«

Jackson schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll.«

»Er hat alle in dem Geschäft angesehen und er hat ihre Witterung aufgenommen, die Essenz ihres Lebens. Ich habe ihn dabei beobachtet, und er wird keine Ruhe geben, bevor er zufriedengestellt ist.«

»Hast du deinen Schwestern etwas davon gesagt?«

»Ich habe Sarah zur Seite genommen und es ihr erzählt. Sie hat den Tod schon früher einmal gesehen, als er auf Damons Schultern hierherkam. Damon ist ihm entwischt und der Tod wollte ihn zurückholen, aber er hat einen anderen mitgenommen. Ob wir bei dem Kampf gegen ihn geholfen haben, weiß keine von uns mit Sicherheit.«

»Aber es gibt nichts, was ihr wirklich dagegen tun könnt?«

»Nein, es sei denn, wir sind da, wenn er ein Leben zu stehlen versucht – und selbst dann könnten wir nicht stark genug sein, um ihn aufzuhalten.«

»Ihr könnt die Welt nicht retten, Elle«, sagte er sanft. »Das muss ich mir selbst auch immer wieder sagen.«

»Ich weiß.« Sie brachte ein zaghaftes Lächeln zustande. »Aber manchmal können wir der Gerechtigkeit ein bisschen auf die Sprünge helfen.« Ihr Lächeln verblasste. »Er kommt näher, Jackson.«

Er riss den Kopf herum und sah ihr fest in die Augen. »Was soll das heißen? Er? Der Tod?« Ihn beschlich das ungute Gefühl, dass sie nicht vom Tod sprach.

Ihr Magen rumorte und sie presste eine Hand auf ihren Bauch. »Stavros. Ich habe ihn gefühlt. Er weiß, wo ich bin, und er kommt hierher.«

Jackson stieß seinen Atem aus und nickte. »Das ist in Ordnung, Kleines. Ich habe damit gerechnet, dass er kommen würde. Sowie er den Anruf für Dane entgegengenommen hat, wusste ich es.«

»Und du hast keine Angst?«

Bei ihr konnte von Angst keine Rede sein - es war blankes Grauen. Das wusste er, und er verstand es. Jackson schüttelte den Kopf. »Nein. Ich glaube, er macht einen entscheidenden taktischen Fehler, indem er sich auf unseren vertrauten Grund und Boden begibt. Er ist arrogant und er ist es gewohnt zu bekommen, was er will. Er glaubt, er kann sich die Bullen oder die Hilfe der Einheimischen kaufen, um dich wieder an sich zu bringen, aber bei dem Plan wird er auf einige Schwierigkeiten stoßen.«

Die Zuversicht in seiner Stimme beruhigte sie. »Heute Nacht werde ich nicht an ihn denken. Wenigstens geht es ihm nicht besonders gut.«

»Ich kann immer noch nicht glauben, was deine Schwestern getan haben«, sagte Jackson. Er lehnte sich zurück und faltete die Hände hinter seinem Nacken. »Ihr habt euch alle nicht ganz in der Hand.«

Elle legte ihren Kopf auf seine Brust und sah ihn mit einem zaghaften Lächeln an. »Im Gegenteil, ich fand, sie sind alle sehr beherrscht gewesen. Keine von ihnen hat auch nur einen schnellen Seitenblick auf meine Erinnerungen geworfen, und du hast sie alle ganz wunderbar gegen meine Gefühle abgeschirmt.«

Er strich ihr über das Haar. »Ich will damit nur sagen, ihr seid alle ein bisschen verrückt, und ich möchte nie bei einer der Drake-Frauen schlecht angeschrieben sein.«

»Das war doch deine Idee«, hob sie hervor.

Er blickte auf, um sie anzusehen. »Oh, nein. Ich hatte an seine Gurgel gedacht.«

Elle lachte leise. »Ich glaube, das ist auch nicht besser.« Sie schlang ihren Arm fester um seine Taille und schmiegte sich enger an ihn. »Was auch immer passiert ist, ich glaube, wir haben ihm einen ganz schönen Schrecken eingejagt. Das sollte genügen, damit er mir in den nächsten ein oder zwei Tagen keinen Besuch abstattet.« Diesmal war Genugtuung aus ihrer Stimme herauszuhören.

Jackson drehte sich um, bis sein Körper sie zur Hälfte zudeckte. Er nahm ihr Gesicht zwischen seine Handflächen, blickte auf sie hinunter und sah ihr in die Augen. »Habe ich dir schon gesagt, dass ich dich liebe?«

Seine breiten Schultern versperrten ihr den Blick auf den Himmel und dann senkte sich sein Gesicht langsam auf ihres herab. Sie konnte seine langen Wimpern und seine gerade Nase sehen, die unwiderstehliche Gier in seinen Augen. Es gelang ihm immer wieder, ihr Herz schneller schlagen zu lassen, und ihr Körper schmolz dahin, wurde nachgiebig und empfänglich für ihn.

Sie holte Atem und er küsste sie, lange und ausdauernd, und seine Gier nach ihr wuchs, während ihre Münder miteinander verschmolzen. Sie presste ihren Körper enger an ihn und wünschte, sie wären Haut an Haut, weil sie fühlen wollte, wie sich sein Brustkorb an ihren schmerzenden Brüsten rieb. Ihre Finger gruben sich in sein dichtes, welliges Haar, und sie gab sich den Freuden seines plündernden Mundes hin.

Es dauerte einige Momente, bis sie merkte, dass es ihm irgendwie gelungen war, ihre Bluse zu öffnen und ihre Brüste freizulegen, und dass er sich jetzt einen Weg über ihre Kehle zu der noch empfindlicheren Haut bahnte. Ein Stromstoß zuckte von ihrer Brust zu ihrem Schoß, und ihre zupackenden Muskeln fühlten die Leere dort, die sie von ihm ausgefüllt haben wollte.

»Mach meine Jeans auf«, flüsterte er und senkte den Kopf, um an ihren Brüsten zu saugen.

Während seine Zähne und seine Zunge wüst über sie herfielen, fummelte sie mit den Fingern an seinem Reißverschluss herum. Ihre Hände waren so ungeschickt, dass sie ewig brauchte, um ihn aus der Öffnung zu befreien, doch endlich fühlte sie das glühende Brandmal seiner schweren Erektion auf ihrem Schenkel. Jetzt musste sie sehen, wie sie aus ihren Sachen herauskam, bis aufs letzte Kleidungsstück, denn sie lechzte danach, ihn auf ihrer Haut zu fühlen.

Jackson hob seinen Kopf von dem weichen Kissen ihrer Brüste und ließ seinen Blick über ihren geröteten erregten Körper gleiten. Er schob seine Hände unter ihre Bluse, fühlte die Glut ihrer zarten Haut und sog tief ihren Duft in sich ein. Elle. Ohne sie war er nicht vollständig. Seine Finger glitten um ihren Rippenbogen herum, damit er sie leicht anheben konnte und ihre Brüste sich seinem Mund gezwungenermaßen entgegen reckten. Sie sah so wunderschön aus, so exotisch und so sexy.

Sie stöhnte, als sich sein Mund über ihrer Brust schloss und seine Zähne an ihrer Brustwarze zogen. Ihr Körper wand sich unter ihm. Sie war so empfänglich und reagierte so stark auf ihn. Ihre Finger glitten an seinem Schaft auf und ab, streichelten und liebkosten ihn und brachten ihn fast um den Verstand. Er konnte ihren Herzschlag an seinem Mund und auf seiner Handfläche fühlen und wusste, dass auch sie seinen Herzschlag in seinem begierigen, pulsierenden Schwanz fühlen konnte.

Er biss ihr erst ins Ohr und dann in den Hals, ein winziges Zwicken, das ihr den Atem verschlug, und dann leckte und küsste er die Stellen. »Lass uns ins Haus gehen, Kleines.«

Sie konnte ihm nur mit einem kleinen Wimmern antworten, als er aufstand, sie mit sich hochzog und die Decke dort zurückließ. Ihre Brüste quollen aus ihrer Bluse, und nach drei Schritten zog er sie an sich und küsste sie; seine Hände legten sich auf die weichen Rundungen und seine Daumen schnellten über ihre Brustwarzen.

Sie schafften es nicht bis ins Haus. Sie waren zu scharf aufeinander. Sogar die Brise, die vom Meer her wehte, trug nicht dazu bei, die Glut, die zwischen ihnen wogte, abzukühlen. Sie kamen bis zur Veranda, und dort schob er ihr die Bluse von den Schultern, die ein Stück weiter auf die Bodendielen schwebte. Er umfasste ihre Taille, zog sie auf die Zehenspitzen, küsste sie immer wieder, streichelte sie mit seiner Zunge und zog gleichzeitig mit seinen Händen ihre Jeans runter. Ohne seinen Mund von ihrem zu lösen, befahl er: »Runter damit, tritt sie dir von den Füßen.«

Sie konnte nicht denken, wenn sein Mund sie in seinem maßlosen Heißhunger gnadenlos verschlang. Glühendes Verlangen pulsierte durch ihren Körper, feucht und verzweifelt, und sie lechzte nach ihm. Er hörte nicht auf, sie zu küssen, während sie mühsam ihre Jeans von sich trat, bis ihr Körper endlich entblößt war und sie sich nackt an ihn presste. Sein Hemd war längst verschwunden, aber seine Jeans bedeckte immer noch seine Beine. Das schien nicht zu stören und irgendwie empfand sie es als ein bisschen primitiv und ziemlich sexy, dass sie vollständig nackt war, während er noch etwas anhatte.

Elle konnte das Blut in ihren Ohren rauschen hören, ein Brausen, ein Verlangen, das nicht aufhören wollte. Sie konnte ihm gar nicht nahe genug kommen. Ihre Hände legten sich um ihn, streichelten ihn und spielten mit dem dicken, steifen Schaft, der sich so zart wie Samt und glühend heiß anfasste. Sie stöhnte und fühlte den Schauer, der ihn durchlief, als hätte sie eine Zündschnur angesteckt. Er hob sie ganz einfach hoch und machte einen Schritt nach vorn, damit ihr Rücken an die Wand traf und sie dort Halt fand.

»Schling mir deine Beine um die Taille.«

Seine Stimme war heiser, sexy und so begierig, dass sie sofort fühlen konnte, wie sie noch feuchter wurde, um ihn willkommen zu heißen. Sie schlang ihre Knöchel hinter seinem Rücken umeinander, faltete ihre Hände in seinem Nacken und warf den Kopf zurück, so dass ihr Haar wie ein Wasserfall hinabstürzte. Sein Körper war so muskulös. So vollendet. Die Luft auf ihren Brustwarzen verstärkte ihre Erregung, und der Wind, der ihren Körper neckte, trug seinen Teil dazu bei.

Jackson vernahm schockiert ein Knurren, das in seine Brust und in seine Kehle aufstieg. Er kam sich vor wie ein rasendes Tier, das von Lust und Liebe verzehrt wird, und sein Verlangen, in ihr zu sein, wurde so stark, dass er seine Hände auf ihre Hüften hob und seine Körperkraft dazu einsetzte, ihre Hüften fest nach unten zu stoßen. Er fühlte, wie sie über ihn glitt und ihn in sich hineinzog, so heiß und eng und feucht, und wie sie zupackte und zudrückte und ihm den Atem verschlug.

Als er in sie stieß, fühlte er den Widerstand ihres Körpers, den Atem, der aus ihrer Lunge gepresst wurde, den Schauer der Lust in ihrem Bewusstsein, der von ihren Brüsten durch ihren Bauch zu ihrem glühend heißen Kern zog, so dass ihre Muskeln sich fest um ihn spannten. Die Lust durchzuckte ihn, erschütterte ihn und verschlang ihn, bis nichts, aber auch wirklich nichts anderes mehr zählte als sich tief in sie zu stoßen, immer wieder; das Zupacken ihres glühend heißen Körpers zu fühlen, die enge, brennende Scheide, die wild entschlossen schien, seine Erlösung aus ihm herauszuquetschen.

Ihr Körper wurde enger. Sie erschauerte und ihre Augen wurden groß. Ein Wimmern entschlüpfte ihrer Kehle. Als seine Hände sie gewaltsam nach unten drückten, bewegte sie ihre Hüften zu einem leichten Kreisen, während sie sich hoben und senkten und sich der Intensität anpassten, die er vorgab, dem rasenden Rhythmus, und ihre Muskeln sich immer enger um ihn zusammenzogen. Ihr Körper war jetzt sengend heiß, ein Feuer, das durch seine Adern rauschte und alles zu seinem Mittelpunkt hinzog, sein Bewusstsein, sein Blut und seine Kraft. Und die Heftigkeit nahm immer noch zu ... steigerte sich immer mehr.

Er hörte ihr Stöhnen und sein Körper reagierte sofort darauf. Er wusste, dass sie dicht davorstand. Dieses leise Geräusch war Musik in seinen Ohren, volltönende Klänge, die er sich einprägte, da er wünschte, er könnte sie auf die Tasten des Klaviers übertragen und sie dort für immer festhalten.

Wieder ein aufsteigendes Stöhnen. Sie summte seinen Namen, leise, ein Wimmern. Sie warf ihren Kopf wieder zurück, ihr weiches Haar glitt über seine Arme und ihr Gesicht war vor Erregung gerötet. Er liebte es, sie so zu sehen. Dieser perfekte Augenblick, bevor sich ihr Körper wie ein Schraubstock um ihn spannte und seine glühende Erlösung forderte. Ihr unbewusster Gesang, ihre Hitze. Der Ausdruck auf ihrem Gesicht. All das erfüllte ihn mit einer heftigen, primitiven Genugtuung.

Die erste Woge traf sie heftig und riss sie mit. Er stieß tief zu und dehnte ihre enge Scheide. Ein Zucken durchlief sie, vom Schoß in den Bauch und von dort aus in ihre Brüste hinauf. Er konnte es tatsächlich fühlen. Ein weiteres lautes Stöhnen, und ihr ganzer Körper schloss sich um ihn herum, so fest, dass er einen Moment lang nicht zwischen Schmerz und Lust unterscheiden konnte. Sie erschauerte wieder, als sich die nächste Woge ankündigte. Er fühlte die Anspannung, die ihren Körper durchlief, seinen Körper durchlief, anschwoll wie eine Flut, eine Schockwelle, die von ihrer Scheide aus nach außen abstrahlte, ihn umgab, ihn vibrierend durchdrang. Er fühlte ihr Herz an seinem schlagen.

Er stieß wieder zu, hörte ihren leisen Aufschrei, ihre Musik, die in seinen Ohren brauste. Und dann kam dieser Moment, dieser grandiose vollendete Moment, als er fühlte, wie sich die Kraft in seinem Körper wand, sich sammelte, und sein Blut rauschte durch seinen Körper, seine Eier strafften sich, sein pulsierender Schwanz schoss heißen Samen tief in sie, so dass sein Körper gemeinsam mit ihrem erschauerte. Brennende Lust spülte über ihn hinweg, und ihre engen Muskeln packten ihn fest und melkten seinen Schaft, bis er leer war. Im ersten Moment verschwamm alles um ihn herum, und er fühlte sich erschöpft, irrsinnig glücklich und total mit sich und der Welt im Frieden.

Elle presste ihr Gesicht an seine Schulter, während Nachbeben ihren Körper zucken ließen, und jedes Beben zog durch seinen Körper wie ein Stromstoß und sandte Spiralen der Lust durch ihn. Er wartete, bis wieder Luft in seine Lunge strömte und er seine Beine wieder bewusst fühlte. Währenddessen blieb er tief in ihrem Körper.

»Ich habe jahrelang von dir geträumt, Elle, davon, dich immer wieder zu nehmen. Ich liebe es, dich stöhnen zu hören. Und dieses kleine Wimmern, das du von dir gibst, wenn du nicht mehr reden kannst. Deine Augen richten sich auf nichts mehr, und auf dein Gesicht tritt dieser benommene Ausdruck, der teuflisch sexy ist. So sehe ich dich jedes Mal vor mir, wenn ich die Augen schließe, und mein Schwanz wird steinhart, und ich sehne mich danach, in dir zu sein.«

Er streichelte mit einer Hand ihren runden Hintern und kostete es aus, ihre zarte Haut zu fühlen. »Ich schwöre es dir, Elle, du bist wirklich für mich geschaffen. Wir passen einfach zusammen. Du bist so verflucht perfekt, dass ich den Verstand verliere, sowie ich dich anfasse.«

Elle leckte sein feuchtes Schlüsselbein und presste dann Küsse auf seine Schulter und auf seinen Hals. Sie knabberte ein bisschen an ihm, und ihr Körper bewegte sich in trägen Kreisen, denn sie war immer noch dabei, von ihrem gewaltigen Orgasmus runterzukommen. »Bei dir fühle ich mich, als würde ich fliegen«, gestand sie mit träumerischer Stimme.

»Ich sollte dich besser ins Haus bringen, bevor du dir hier draußen eine Erkältung holst.«

»Libby sagt, von kalter Luft bekommt man keine Erkältung. Dafür sind meist Viren verantwortlich«, murmelte sie und schmiegte sich enger an ihn. Sie unternahm gar nicht erst den Versuch, ihre Füße auf den Boden zu stellen. »Außerdem ist mir immer noch heiß. Fühlst du es denn nicht?«

»Sengend heiß«, stimmte er ihr zu. »Und das wirst du für mich immer sein.«

Sie bewegte ihre Hüften noch einmal langsam im Kreis und sandte damit Wogen der Lust über ihn. Er war dankbar dafür, dass sie so zierlich war. Denn es war deutlich zu erkennen, dass er sie ins Haus tragen würde. Es gelang ihm, den Drehknopf an der Tür zu finden und sie zu öffnen. Er wankte mit ihr bis ins Schlafzimmer und ließ sich dort mit ihr auf die Matratze fallen.

Elle küsste wieder seinen Hals und rollte sich von ihm fort, um ihren nackten Körper auf dem Bett auszustrecken.

»Du glaubst, du kannst jetzt schlafen?«

»Mhm.«

Jackson lachte und ging noch einmal hinaus, um ihre Kleidungsstücke und die Decke zu holen. Als er wieder zurück war, stand er lange Zeit neben dem Bett, schaute auf Elles Körper hinunter und staunte über das Wunder, das ihm gewährt worden war. Nicht ein einziges Mal in den langen Nächten im Bayou, in der drückenden schwülen Hitze und der immensen Einsamkeit seiner Kindheit, hatte er sich je einen Menschen wie Elle erträumt. Er deckte ihren Körper mit einem Laken zu und warf seine Jeans zur Seite, bevor er neben ihr unter das Laken kroch. Jene Zeiten erschienen ihm so fern, und doch konnte er sich noch lebhaft daran erinnern, an die immense Trostlosigkeit, an die Versuche, inmitten von Moskitoschwärmen zu fischen, weil er sich davor fürchtete, nach Hause zu kommen, ohne seiner Mutter wenigstens eine Kleinigkeit zum Essen mitzubringen. Als er zehn Jahre alt war, hatte sie sich bereits an einen Ort in ihrem Kopf zurückgezogen. Aber sie hatte ihm ein fernes Lächeln geschenkt und ihm einen flüchtigen Kuss auf die Wange gegeben, wenn er ausgezogen war, um für sie beide Fisch zu jagen. Ihre Matratzen bestanden aus dem Moos, das er von den Bäumen sammelte, trocknete und in die zusammengenähten Tücher stopfte. Er wich Alligatoren aus und sammelte Wurzeln und alles Hübsche und Bunte, was er seiner Mutter mitbringen konnte.

Und dann kehrte sein Vater zurück, und für kurze Zeit erwachte seine Mutter wieder zum Leben. Musik erfüllte das Haus, und sein Vater begleitete ihn in den Sumpf und zeigte ihm, wie man Fallen stellte und Netze auslegte und wo die besseren Stellen zum Fischen waren. Die kurzen guten Zeiten waren jedoch von Trinkgelagen und Gewalttätigkeit durchsetzt, von Schreien und hämmernden Fäusten, von Nächten, die er damit verbrachte, draußen vor den Bars zu sitzen und vor Kälte zu zittern oder sich vor Hitze ganz elend zu fühlen.

Und später, als er älter war, hatte es Momente gegeben, in denen er auf einem starken Motorrad hinten gesessen hatte, während sie über die Schnellstraße gebraust waren. Kurze Zeiträume, in denen er sich stark und unbesiegbar gefühlt hatte. Der Zustand seiner Mutter verschlechterte sich und sein Vater wurde häufiger gewalttätig und ließ sich noch seltener blicken. Aber es war das einzige Leben gewesen, das Jackson damals gekannt hatte, und daher war es ihm normal erschienen.

Elles Familie dagegen war eine Märchenwelt. Unwirklich und unfassbar, nicht zu glauben. Niemand, den er je gekannt hatte, lebte so. Die Leute, die er kannte, kämpften um ihr Dasein, die meisten waren Einzelgänger wie er, und sie hatten Väter, die kamen und gingen. Die Lager waren Orte für Drogen und Alkohol und Männer, die von Kriegen gebrochen und auf der Suche nach Kameradschaft waren, die sie in Form von Gewalttätigkeit fanden. Die Frauen tranken nicht weniger heftig und verkauften sich dafür, damit sie wussten, wohin sie gehörten.

Vielleicht hatte sein Leben ihn besser auf seine Gefangennahme und die Folter vorbereitet. Elle hatte nur eine liebevolle Umgebung gekannt. Vielleicht hatte ihm am Ende der Umstand, dass er schon als Kind auf sich allein gestellt war und wochenlang keinen Menschen zum Reden gehabt hatte, die Kraft zum Überleben gegeben. Das hatte seine Entschlossenheit und seinen Willen herausgeformt, damit er Elle finden und für sie da sein konnte.

Elle rührte sich, drehte sich um und schlug ihre grünen Augen auf. Ihr Blick glitt über sein Gesicht. Sie hielt ihm eine Hand hin. Elle mit ihrem weichen Körper, der ihn willkommen hieß, und ihrem himmlischen Mund. Elle mit ihrem liebevollen Herzen.

»Dreh dich zu mir um«, wies er sie leise an.

Sie gehorchte ihm, ohne Fragen zu stellen und ohne jedes Zögern, und es machte ihr auch nichts aus, dass sie müde war, denn sie wollte ihm alles geben, was er brauchte. Sie beschämte ihn mit ihrer Großzügigkeit.

Er stieß sein Kissen fort und legte seinen Kopf auf eine Höhe mit ihren Brüsten, die so weich, so warm und so erstaunlich waren. Er schlang einen Arm um ihre Taille und zog ihren Körper nah zu sich. Seine Hand glitt über die Rundung ihres Hinterns und prägte sich dessen Form ein. Und wie ihre Haut sich anfühlte. Dann glitt die Hand über ihren Schenkel und legte sich auf ihren warmen Schamhügel.

Er wartete, doch Elle protestierte nicht. »Mein Gott, Kleines, ich liebe dich.« Er flüsterte das Eingeständnis mit den Lippen an ihrer Kehle und zog von dort aus eine Spur von Küssen zu ihrer Brust. Er fühlte ihren Herzschlag. Ihre Brust war warm und weich, als er sanft seinen Mund darauf legte und seine Zunge über ihre Brustwarze glitt. Er fühlte das Zucken, mit dem sie darauf reagierte, an seiner Hand. »Ich liebe es, wie sehr du mich begehrst, Elle.«

»Immer«, murmelte sie und drückte einen Kuss auf seinen Kopf. Sie trieb auf einer Flut von Lust, als er an ihrer Brust nuckelte und seine Finger verborgene Schatten erkundeten.

Das Telefon läutete, eine laute, unerwartete Störung, die ihr Herz rasen ließ. »Jackson?«

»Keine Sorge, Kleines.« Er rollte sich herum, griff nach dem Hörer, lauschte einen Moment und setzte sich dann mit finsterer Miene auf. »Ich mache mich sofort auf den Weg. Wir treffen uns dort.«

»Was ist passiert?«, fragte Elle.

»Nichts, Liebling. Jonas braucht Hilfe. Ich bringe dich zu dir nach Hause und lasse Bomber bei dir.«

»Das kommt überhaupt nicht infrage.« Elle setzte sich auf, hielt krampfhaft das Laken fest und schien von panischer Angst gepackt zu werden. Sie schüttelte den Kopf. »Ich komme mit dir.«

»Es ist geschäftlich, Elle.« Er zog sich hastig an, steckte ein Messer in seinen Stiefel und schnallte sich ein Pistolenhalfter mit einer sehr kleinen Pistole ans Bein, bevor er seinen Gürtel umband und seine üblichen Waffen einsteckte.

Elle zog sich ebenso schnell warme Sachen an, denn sie war wild entschlossen, sich nicht von ihm zu Hause absetzen zu lassen.

Es erschien ihr selbst merkwürdig, dass sie zeitweilig so zuversichtlich war, als käme sie auf die Füße und würde wieder sie selbst. Doch dann erkannte sie im Handumdrehen, dass ihr davor graute, ohne Jackson auch nur einen Schritt in die eine oder andere Richtung zu unternehmen.

Als wüsste er - und das war ziemlich sicher der Fall -, dass es ihr unerträglich war, von ihm getrennt zu werden, erhob Jackson keine Einwände, und sie rannte mit ihm zu seinem Pickup und beobachtete, wie er Bomber befahl aufzuspringen.

»Sagst du mir, was los ist?«, fragte sie, als er den Wagen wendete und über die Schnellstraße fuhr, wobei er ein rotes Blinklicht einschaltete, um andere Fahrzeuge zu warnen.

»Jonas hat einen Anruf bekommen, eine Frau liefe schreiend auf den Klippen herum und riefe um Hilfe. Sie war hysterisch und hat behauptet, sie sei gefangen gehalten worden und ihrer Tochter würden Damonen ausgetrieben und etwas Furchtbares sei passiert.«

Elle schnappte hörbar nach Luft. »RJ. Er hatte das junge Mädchen dabei.«

Jackson nickte. »Ich hatte den Eindruck, mit ihr stimmte etwas nicht. Ich habe Informationen angefordert, aber ich bin noch nicht dazu gekommen, sie zu überprüfen.«

»Wenn sie in seinen Händen ist, dann weißt du, was er ihr angetan hat«, sagte Elle mit gepresster Stimme.

»Du brauchst das nicht zu tun, Elle. Du kannst bei deinen Schwestern bleiben.«

Elle schüttelte den Kopf. »Nein, das kann ich eben nicht. Ich muss bei dir sein, und falls du sie findest, kann ich vielleicht helfen.« Sie feuchtete ihre Lippen an, die trocken geworden waren. »RJ und dieses Mädchen waren heute Nachmittag in Inez' Laden.«

Er warf einen Blick in ihr blasses Gesicht.

»Als der Tod dort war.« Sie schluckte schwer.

Er streckte eine Hand aus und legte sie auf ihre, doch er versuchte gar nicht erst, sie zu beruhigen. Nichts, was er sagen konnte, würde etwas ändern. Er konnte nur sehen, dass er so schnell wie möglich dort ankam, und hoffen, dass dem Teenager nichts zugestoßen war.

Fahrzeuge waren dicht neben der Straße kreuz und quer verstreut, denn etliche freiwillige Helfer waren schleunigst hinzugeeilt. Jackson parkte und nahm Bomber an die Leine, bevor er um den Pickup herumging, um Elle beim Aussteigen behilflich zu sein. Er nahm sie an der Hand, und sie schlugen gemeinsam im Dauerlauf den Pfad ein, der zum Rande der Klippen hinausführte.

Jonas blickte auf, als sie näher kamen, und winkte sie zu sich herüber. Er hatte offenbar schon Ausschau nach seinem Deputy gehalten. Jackson sah eine Frau, die in eine Decke gehüllt war, schluchzend auf einem Felsen sitzen und auf das tosende Meer hinunterblicken. Feuerwehrfahrzeuge waren an der Einzäunung entlang geparkt. Er erschrak. Das Wasser war hier heimtückisch. Selbst unten am Strand musste man sorgsam darauf achten, wann die Flut einlief, aber wenn jemand zwischen die Felsen gestürzt war, blieb kaum noch Zeit, zu ihm zu gelangen. »Was ist passiert?«

Jonas warf einen Blick auf Elle, die ihre Finger fester um Jacksons Hand spannte und trotzig ihr Kinn in die Luft reckte.

»Das ist Lori Robertson. Sie ist die alleinerziehende Mutter eines jungen Mädchens, das Venita heißt und vierzehn Jahre alt ist. Sie soll recht aufsässig sein und sich nach Angaben ihrer Mutter ritzen - hier bei uns sprechen die Jugendlichen von ›Emos‹. Sie trägt nur Schwarz, hat zahlreiche Piercings, schreibt depressive Gedichte und was eben noch dazugehört. Der Eyeliner, den sie benutzt, reicht für eine ganze Schulklasse, sagt ihre Mutter. Ihr Haar ist glatt und schwarz und fällt ihr ständig ins Gesicht.«

»Ich bin ihr im Lebensmittelladen begegnet«, sagte Jackson. »Sie sieht aus wie viele Jugendliche, die wir kennen.«

»Das schon, aber diese hier hat eine Mutter, die glaubt, ihre Tochter sei vom Teufel besessen. Das hat der Reverend ihr eingeredet. Erst haben sie eine Woche auf den Knien verbracht und gemeinsam gebetet, aber Venita hat ihr dämonisches Verhalten nicht abgelegt.«

»Was ist denn dämonisch am Verhalten von Emos? Sie färben sich gern die Haare und schreiben Gedichte darüber, wie deprimierend das Leben ist - und das kann es durchaus sein, wenn man vierzehn ist«, verteidigte Elle die jungen Leute. »Sie werden Emos genannt, weil sie sensibel und sehr emotional sind.«

»Ich sage doch nichts gegen sie, Elle, ich teile euch nur mit, wie die Mutter das gesehen hat. Anscheinend hat der Reverend ihr eingeredet, die Anzahl ihrer Ohrringe in einem Ohr sei ein Zeichen für Teufelsanbetung.«

»Und sie hat ihm geglaubt?«, fragte Elle angewidert.

Jackson legte seinen Arm um sie und zog sie unter seine Schulter. »Was ist passiert?«

»Als die Gebete nichts bewirkt haben, hat RJ das großzügige Angebot gemacht, Venita in ein Haus zu bringen, um dort mit ihr zu arbeiten. Sie sind gemeinsam hier eingetroffen, und die Mutter hatte die Absicht, gleich wieder abzureisen, doch im letzten Moment ist die Tochter zusammengeklappt und hat ihre Mutter angefleht, bloß nicht wegzugehen. RJ war wütend, als die Mutter dann beschlossen hat, ihre Tochter nach San Francisco mitzunehmen. Er hat verlangt, dass sie allein abreist. Er warf ihr vor, er hätte sich die Zeit für ihre Tochter genommen und Unkosten für die Miete des Hauses gehabt.«

Jackson schüttelte den Kopf. »Der Mann ist ein solcher Halunke. Er war scharf auf das Mädchen und wollte nicht darauf verzichten.«

»Die Mutter hat sich weiterhin geweigert, ihre Tochter dazulassen, und RJs Leibwächter haben sie in eines der Schlafzimmer gezerrt und sie dort festgebunden. Sie wurde geschlagen und vergewaltigt.«

»Haben wir die Kerle schon??«

Jonas nickte. »Die Leibwächter haben wir. Die Mutter sollte ins Krankenhaus eingeliefert werden, um die Vergewaltigung ärztlich bestätigen zu lassen, aber sie weigert sich. Offenbar hat sich der Reverend RJ mit der Tochter vergnügt. Venita hat belauscht, wie RJ jemanden angerufen und Regelungen für ihren Verkauf und für den Unfall getroffen hat, der für ihre Mutter inszeniert werden sollte. Die Tochter hat sich dann ins Zimmer ihrer Mutter geschlichen und ihre Fesseln durchgeschnitten. Sie sind gemeinsam weggerannt und hier von den Männern geschnappt worden.«

Jackson ging näher auf die Feuerwehrleute zu, die zu den Felsen hinunterzukommen versuchten. »Verflucht nochmal. Die Tochter ist von der Klippe gestürzt?«

»Nicht direkt. RJ hat Venita an den Haaren zurückgeschleift. Ihre Mutter sagt, sie hätte geschluchzt und gebettelt und versucht zu entkommen. Die Mutter hat sich mit Tritten befreit und versucht, RJ von Venita fortzustoßen, aber der Rand der Klippe ist abgebröckelt und er ist runtergestürzt und hat Venita mit sich gerissen. Jeff Dockins und zwei weitere Männer haben das alles mitangesehen und RJs Leibwächter bis zum Eintreffen der Deputys festgehalten.«

Jonas sah, dass der Feuerwehrhauptmann ihm ein Zeichen gab, weil er ihn sprechen wollte. Sie gingen zu ihm. Der Mann schüttelte den Kopf. »Meine Männer können da nicht runter, Jonas. Wir haben den Rettungshubschrauber angefordert. Er sollte spätestens in zehn Minuten hier sein. Sie bewegt sich dort unten und er auch, aber sie sind beide verletzt. Das Wasser kracht an diesen Felsen. Ich vermute, der Mann hat sich die Wirbelsäule gebrochen, und das Mädchen scheint einen komplizierten Beinbruch zu haben. Vielleicht ist auch ein Arm gebrochen und sie hat Blut im Gesicht.« Er schüttelte wieder den Kopf. »Es tut mir leid, aber ich kann meine Männer dieser Gefahr nicht aussetzen. Diese Klippe ist nicht stabil, und wir hätten einen unserer Männer schon fast verloren.«

Elle blinzelte gegen die Tränen an. All diese Monate, die sie in Europa in ihre Agententätigkeit gesteckt hatte, um genau das zu verhindern, und jetzt passierte es in ihrem eigenen Heimatort.

Es war ihr ein Gräuel, dass Kinder ein so grässliches Los erlitten und sie es nicht verhindern konnte. Jackson, dessen Bewusstsein eng mit ihrem verwoben war, hob eine Hand, legte die Handfläche auf ihren Nacken und massierte sie sanft mit seinen Fingerkuppen.

Bomber bellte kurz, seine Haare sträubten sich und seine Ohren stellten sich auf. Elle lief ein Schauer über den Rücken, und sie trat instinktiv einen Schritt vor, um ihren Körper schützend vor Jonas und Jackson zugleich zu schieben. Sie sah sich die Schar von Feuerwehrleuten und Freiwilligen im Licht der hellen Scheinwerfer an, die sie aufgestellt hatten, und ihr Blick fiel auf vertraute Gesichter. Ihr Herzschlag setzte aus, als sie den stämmigen Jeff Dockins sah. Er war im Lebensmittelladen gewesen. Wer noch? Clyde Darden war da, stand am Rand der Menge und schaute durch ein Fernglas nach unten. Sie verfluchte ihn stumm für seine Neugier.

Trudy Garret war damit beschäftigt, Kaffee an die Freiwilligen zu verteilen. Reginald Mars half ihr dabei, gemeinsam mit Drew Madison. Sie bewegten sich emsig durch die Menge, und Trudy kam den Klippen näher, als sie die Feuerwehrmänner und Sanitäter mit Kaffee versorgte. Elle sah auf Bomber hinunter und folgte dann der Richtung seines konzentrierten Blicks. Ihr Herzschlag setzte erneut aus. Zwischen den Geröllbrocken um den kleinen Lattenzaun herum, der vor dem Betreten der Ränder warnte, fiel ihr Blick auf einen dunklen Schatten, der sich langsam und verstohlen von einem Felsen zum nächsten schlich, sein Kopf unter einer Kapuze verborgen, der Körper in einen weiten Umhang gehüllt.

Der Tod kroch dicht über dem Boden voran, ein Schatten unter anderen Schatten, der sich so geschickt durch die Menschenschar bewegte, dass sie ihn ab und zu sah und dann wieder nicht. Er hatte den Kopf unter der Kapuze zurückgeworfen, schnupperte wie ein Bluthund und suchte nach etwas Unsichtbarem.

Elle entfernte sich von Jackson und Jonas, da sie die Einheimischen unbedingt beschützen wollte. Jackson packte ihren Arm und hielt sie zurück.

»Was hast du vor?«, fragte er schroff.

»Der Tod ist hier«, sagte sie. »Er sucht nach einem Leben. Er hat sich jemanden ausgesucht.«

»Du wirst es nicht sein, Elle. Verdammt nochmal, du wirst ganz bestimmt nicht dein Leben opfern, weil du RJ oder einen von seiner Sorte nicht daran hindern konntest, ein Kind zu verletzen.«

»Wozu bin ich gut, wenn ich niemandem helfen kann?« Sie riss ihren Arm von ihm los.

Jonas vertrat ihr auf der anderen Seite den Weg. »Sag uns, was wir tun können, um zu helfen, Elle.«

Sie schüttelte den Kopf. »Nicht du, Jonas. Dich bringe ich nicht in Gefahr. Und Jackson war auch mit im Laden. Der Tod könnte seine Witterung aufgenommen haben.«

Jackson riss sie mit Wucht an sich, zog sie auf die Zehen und blickte sie grimmig an. »Du warst auch in diesem Laden. Was auch immer du vorhast, es kommt nicht infrage. Das ist mein letztes Wort.« Er hatte jede einzelne Silbe durch zusammengebissene Zähne hervorgestoßen.

Elle starrte in seine dunklen, unversöhnlichen Augen und fühlte in ihrem Innern, wie sich sein eiserner Wille an ihren Willen presste. Sie konnte nicht gewinnen. Sie musste sich etwas anderes einfallen lassen. »Also schön«, gab sie sich geschlagen. »Jonas, sorg dafür, dass Trudy von den Klippen verschwindet. Mir ist ganz egal, welchen Vorwand du vorschiebst, hol sie bloß von dort fort. Drew, Reginald und Mr. Darden sollten in einen sichereren Bereich abgezogen werden.«

»Wir sehen zwar nicht, was du siehst, aber offenbar sieht Bomber es«, sagte Jackson, der dem Blick des Hundes folgte.

»Wir werden versuchen, die anderen so gut wie möglich abzuschirmen, aber du bleibst dicht bei uns.«

In der Ferne waren jetzt die Geräusche zu hören, mit denen der Hubschrauber auf sie zukam. Der Huey kam über den Berg geflogen, tauchte direkt über den Baumwipfeln auf und steuerte die Klippen an.

»Jonas! Ty ist in diesem Hubschrauber. Er hat eine doppelte Schicht übernommen.« Elle war betroffen. »Hat er seit seinem Sturz schon wieder einen Rettungseinsatz durchgeführt?«

»Es ist erforderlich, alle neunzig Tage die obligatorische neue Bescheinigung vorzulegen, Elle, das weißt du doch«, beteuerte ihr Jonas. »Er ist sehr erfahren.«

»Ty war nicht in dem Laden«, sagte Jackson sanft, da er wusste, was ihr Sorgen bereitete.

»Er hat dem Tod aber schon einmal ein Schnippchen geschlagen«, sagte Elle. »Oder, genauer gesagt, Libby hat das getan. Was ist, wenn er zurückgekommen ist, um sich Ty zu holen?«

Sie presste sich den Handballen an die Stirn.

Der Hubschrauber flog über ihren Köpfen aufs Meer hinaus, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Der Feuerwehrhauptmann hatte ihnen die Information gegeben, und jetzt war es Sache der Rettungsmannschaft, die Entscheidung zu treffen, ob sie bereit waren, einen Rettungsversuch zu unternehmen oder nicht. Short-Haul-Manöver über Wasser, also Kurzstreckenrettungseinsätze in geringer Höhe oder sehr nah an den Klippen, zählten zu den gefährlichsten Manövern überhaupt. Jedes einzelne Mitglied des Rettungstrupps würde seine Zustimmung geben müssen, dass der Einsatz gerechtfertigt war, um ein Leben zu retten. Andernfalls würden sie zum Stützpunkt zurückkehren und die Opfer waren verloren.

Der Hubschrauber setzte in einem nahe gelegenen Feld auf, um Treibstoff zu sparen, während die Mannschaft sich absprach und eine Strategie plante. Jonas nutzte gemeinsam mit Jackson, der Elle fest an der Hand hielt, die Ablenkung, die der Hubschrauber bot, um die Schar von Freiwilligen weiter vom Rand der Klippen fortzudrängen. Jonas achtete darauf, dass Clyde, Trudy Drew und Reginald unter denjenigen waren, die sich inmitten der Menge befanden, fern von jedem potenziellen Unheil.

Elle stieß langsam ihren angehaltenen Atem aus und kletterte auf einen Geröllbrocken, um einen besseren Ausblick auf die Felsen unter ihnen zu haben. Sie konnte die beiden Opfer sehen, die dort lagen. Venitas rechter Arm hing schlaff von dem Felsen herunter, so dass jedes Mal, wenn eine Welle gegen den großen, mit Miesmuscheln bedeckten Felsen schlug, das Wasser an ihr zog und sie ins Meer zu zerren drohte. Die Felsen waren glitschig und blankpoliert vom Meer und den Lebensformen, die darauf wuchsen. Es musste schwierig sein, sich an der Oberfläche festzuhalten. RJ bewegte sein Bein und hielt ansonsten still. Er lag tiefer als Venita und das Wasser spritzte immer wieder hoch genug, um ihn zu besprühen.

Der Hubschrauber erhob sich in die Luft und ihr Herz fing an, heftiger zu schlagen, als er über den Opfern kreiste und sich in Position zu manövrieren begann. Durch die offene Tür konnte sie die Mannschaft sehen, auf deren Gesichtern die Anspannung deutlich zu sehen war, als sie sich den Klippen von rechts näherten. Die Winde waren beständig und Elle wusste aus Gesprächen mit Ty, wie entscheidend es war, dass es dabei blieb, da Böen von mehr als zwanzig Meilen die Stunde es unmöglich machten, eine Rettungsaktion an dieser Küste durchzuführen.

Das Herz schlug ihr im Hals, als sie beobachtete, wie der Hubschrauber langsamer flog und der Mannschaftskapitän sich dann zur Kufe bewegte und sich sicherte. »Es ist Ty«, sagte sie, als sich ein zweiter Mann zur Kufe begab. Er würde der Retter sein, das Mitglied des Rettungstrupps, das sich abseilte und sich in Gefahr brachte. »Ich wusste es doch gleich.« Das Schicksal hatte die Angewohnheit, sich einzumischen und sich zu wiederholen, wenn es nicht nach seinem Willen ging.

»Ty hat Nerven wie Drahtseile«, murmelte Jonas kopfschüttelnd. Als Ty das letzte Mal ein Short-Haul-Manöver über Wasser an der Küste durchgeführt hatte, war er abgestürzt und hatte ein massives Schädeltrauma erlitten.

Elle konnte sich nicht vorstellen, was ihm durch den Kopf ging, doch sie hielt panisch Ausschau nach der vermummten Schattengestalt, die irgendwo zwischen den Felsen umherschlich.

Ich kann ihn nicht sehen.

Selbst in ihren eigenen Ohren klang ihre Stimme verzweifelt. Sie klammerte sich an Jacksons Ärmel, während sie sich bei dem Versuch verrenkte, die anderen, die im Lebensmittelgeschäft gewesen waren, im Auge zu behalten. »Drew! Er ist drüben am Zaun. Sieh dir den Boden dort an.« Ein schmaler Riss war entstanden, wenn sie auch nicht wusste, ob durch die Feuerwehrmänner und deren Ausrüstung, mit der sie versucht hatten, zu den Opfern hinunterzugelangen, oder ob der Tod den Boden seinen Bedürfnissen entsprechend manipulieren konnte. »Ich hole ihn«, sagte Jackson.

»Nein!« Elle hielt ihn noch fester. »Das darfst du nicht. Der Tod kauert direkt hinter ihm. Lenke jetzt bloß keine Aufmerksamkeit auf dich oder auf Drew. Noch nicht.«

Sie konnte die Erscheinung jetzt deutlich sehen; sie war nicht Drew zugewandt, sondern eher dem Hubschrauber. Elle schaute auf das Meer hinunter. Ty war auf dem Felsen, neben Venita gekauert. Er tastete sie ab, zog behutsam ihren Arm aus dem Wasser und verständigte sich offenbar mit ihr. Sie konnte sehen, dass sich das Mädchen vor Schmerzen wand. Ihr Herz pochte mittlerweile so heftig, dass es wehtat, als Elle beobachtete, wie sich Ty in einer kauernden Haltung vorsichtig einen Weg zu RJ bahnte, um sich ein Bild von dessen Verfassung zu machen.

Elle konnte Furcht und Gefahr in ihrem Mund schmecken. »Die Klippe wird wegbrechen.« Sie hielt Jackson noch fester. Sie hatte Angst davor, den Blick von Ty abzuwenden, und ebenso große Angst davor, den Tod aus den Augen zu lassen. Jonas sprintete über das Gras zu Drew. Jackson riss sich von Elles Hand los und setzte ihm nach. Der Tod sprang in die Luft und landete schwer. Ein Beben erschütterte die Erde. Jemand schrie. Am oberen Rand der Klippe bröckelte überall der Boden weg.

Schlamm, Fels, der Zaun und Geröll krachten zum Meer und den Felsen hinunter.

Drew kam ins Rutschen und fuchtelte mit den Armen durch die Luft, um sein Gleichgewicht wiederzufinden. Einen Moment lang sah sich der Tod über seine Schulter nach ihm um und zögerte, als er den Jungen in der Luft wanken sah. Jonas warf sich hin und packte Drews Hände, als der Junge abstürzte und sein gesamtes Gewicht von Jonas gehalten wurde, der flach im hohen Gras lag und ihn einfach nur hielt. Jackson wiederum hielt Jonas an den Beinen fest, während die Feuerwehrmänner zu Hilfe eilten. Der Tod wandte sich wieder dem Meer zu, blickte auf die Opfer unter ihnen, sein Gesicht eine Maske ruchloser Schadenfreude, und dann sprang er.

Elle blickte nach unten und sah Ty, dessen Körper schützend auf Venita lag. Er musste sich auf das Mädchen geworfen haben, als die Lawine sich gelöst hatte, und auf allen Seiten um ihn herum waren Steine heruntergegangen. Sie konnte RJ sehen, unter Geröllbrocken und Schlamm verborgen. Ty stand vorsichtig auf und beugte sich vor, um den Mann anzusehen, der zerschmettert auf den Felsen lag. Eine Spur von Bewegung war wahrzunehmen. Elle sah, wie der Schatten RJ erreichte.

»Bitte«, flüsterte sie. »Bitte, lass das genügen.«

Der Rettungskorb, in dem sie die verletzte Person hochzogen, wurde vom Hubschrauber heruntergelassen, während Ty sich einen Weg durch das Geröll bahnte, um zu sehen, ob er RJ noch helfen konnte. Der Schatten kauerte auf RJs Brust, drückte ihn mit seinem Gewicht nieder und beugte sich dicht über RJs Gesicht. Ty beugte sich über RJ und begann mit der Herz-Lungen-Wiederbelebung, weil er versuchen wollte, dem Mann das Leben zu retten, doch Elle hätte ihm sagen können, dass es zu spät war. Sie sah, dass sich der Schatten nach Venita umschaute.

Die nächste Welle krachte über den Felsen und der Hubschrauber schlingerte ein wenig. Elle hob ihre Arme, um die Böen aufzuhalten. Sie hielt den Wind konstant, um dem Piloten Zeit zu geben, seinen Hubschrauber zu stabilisieren und die Anweisungen zu erteilen, um Venita an Bord zu bringen.

Die Leiche würden sie dem Meer überlassen, in der Hoffnung, sie später zu bergen.

Elles Herz hörte nicht auf zu hämmern, bevor Ty und das junge Mädchen im Hubschrauber in Sicherheit waren und der Pilot das Fluggerät in Bewegung gesetzt hatte und es wieder über Land brachte, um auf dem Feld aufzusetzen, wo die Sanitäter warteten.

Der Tod war verblasst, und sie atmete erleichtert aus, sah aber sicherheitshalber trotzdem Bomber an, bevor sie glauben konnte, dass alle, die sie liebte, in Sicherheit waren. Sie machte sich auf den Weg zu Jackson, der Drew zu den Sanitätern begleitet hatte, um sicherzugehen, dass ihm nichts fehlte. Jackson legte sofort seinen Arm um sie, und sie lächelten einander wortlos an.