EPILOG
„Ein blinder Passagier also.“
Unheilverkündend hob Kapitän Granger die buschigen Augenbrauen, während er zwischen Jade und Peter hin- und herschaute. Sie saßen auf zwei Besucherstühlen vor dem mächtigen Schreibtisch in der Kapitänskajüte.
Jade hatte vor Nervosität feuchte Hände.
Ein Tag war vergangen, seit sie Ann aus ihrer Gefangenschaft befreit hatten. Rick saß bereits in Untersuchungshaft, und auch Stan Nelligan war von der norwegischen Polizei abgeholt worden. Peter hatte Beweismaterial gefunden, das Nelligan schwer belastete. Nicht nur die Polizei Norwegens, sondern auch Interpol interessierte sich lebhaft für die Machenschaften der Nigeria-Connection. Roxanne hatte es vorgezogen, im Hafen von Kristiansund fluchtartig von Bord zu gehen. Niemand würde sie vermissen, jedenfalls Jades Meinung nach.
Peter öffnete den Mund. „Sir, bitte bestrafen Sie Miss Walker nicht. Ich habe sie in die ganze Sache hineingezogen. Ich bin bereit, für meine Taten einzustehen.“
Plötzlich lächelte der Kapitän. „Was für Taten, Mr. Jensen? Sie haben geholfen, einen Mörder dingfest zu machen. Und die Polizei ist Ihnen offenbar sehr dankbar für die Hinweise, die zur Verhaftung meines 3. Offiziers führten. Ich will keine Kriminellen an Bord haben, schon gar nicht in meiner Besatzung.“
„Aber Sie sprachen doch eben vom blinden Passagier, und ich dachte …“
„Sie haben doch ein Ticket, Mr. Jensen.“
Verblüfft beobachteten Jade und Peter, wie der Kapitän eine Schublade öffnete und ein Erster-Klasse-Ticket hervorzog. „Es wurde Ihnen von Ann Brockwells Familie geschenkt, als kleiner Dank“, fuhr er fort. „Und es gilt natürlich für die ganze Kreuzfahrt, auch nachträglich. Also haben Sie sich zu keinem Zeitpunkt illegal an Bord aufgehalten.“
Granger wandte sich nun an Jade. „Sie, Miss Walker, haben mich nicht enttäuscht. Ihre Methoden sind vielleicht etwas ungewöhnlich, aber eine Animateurin wie Sie kann sich jeder Kreuzfahrtkapitän nur an Bord seines Schiffes wünschen. Und das werde ich auch in Ihre Beurteilung schreiben. – Übrigens ist Henry Glover wieder bei Bewusstsein, wie ich gehört habe. Es geht ihm schon viel besser, und er fragt nach Ihnen.“
„Danke, Sir. Haben Sie auch etwas von Ann Brockwell gehört?“
„Die Ärzte wollen sie noch einige Tage zur Beobachtung im Krankenhaus behalten. Aber abgesehen von einem allgemeinen Schwächezustand hat sie ihre Gefangenschaft wohl gut überstanden.“ Er erhob sich. „So, und nun muss ich mich entschuldigen. Ein Kreuzfahrtschiff ist eine Maschine, die niemals stillsteht. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.“
Jade kam sich vor wie in einem herrlichen Traum. Wenig später stand sie wieder draußen an der Reling, Peter dicht neben ihr. Er legte seinen Arm um ihre Schultern.
„Wollen wir Henry besuchen, Jade?“
„Sehr gern, wenn du das auch möchtest. Du bist ja jetzt ein Erste-Klasse-Passagier. Und ich werde alles tun, damit du die Reise genießt.“ Sie lehnte den Kopf an seine Schulter.
Als sie Peters Lächeln sah, hatte Jade Schmetterlinge im Bauch. Es fühlte sich genau richtig an, jetzt hier mit Peter allein zu sein. Sie hatte auf ihr Herz gehört, und sie war sehr froh darüber, dass ihr Gefühl sie nicht betrogen hatte. Peter war genau der Mann, den sie sich wünschte.
„Alles?“, fragte er in verführerischem Ton und drehte sie, sodass sie ihn ansehen musste.
Jade hob den Blick und zwinkerte Peter zu. „Probier es aus!“
Sanft legte sie die Arme um seinen Nacken. Im nächsten Moment spürte sie seine Lippen auf ihrem Mund und kostete seinen langen und zärtlichen Kuss aus. Nie hätte Jade damit gerechnet, was sie alles als Animateurin auf diesem Schiff erleben würde. Aber jetzt begann der angenehme Teil der Reise, daran zweifelte sie nicht.
– ENDE –