»Rule, Britannia!«

Portsmouths Historic Dockyard

Die »Victory« vibriert, als läge sie auf leicht bewegten Wellen. Doch sie hat nicht einen Tropfen Wasser unterm Kiel. Das stolzeste von allen stolzen Schiffen ihrer Majestät liegt rundum abgesichert auf dem Dock in Portsmouth. Zum Schwingen bringen sie die endlosen Besuchergruppen, die im Fünfminutentakt von Backbord eingelassen werden und das Labyrinth im Innern andachtsvoll durchwandern, in einer halben Stunde vom Gefechtsdeck bis hinab ins Lazarett, einmal nach Trafalgar und zurück. Für die rechte Haltung, leicht gebeugt, ist dabei gleich von Anfang an gesorgt: »Mind your head« steht auf der Schwelle des Besuchereingangs und ein zweites Mal darüber.

Unser Führer heißt Keith Smith; mit weißem Haar und blütenreinem Hemd sieht er in seiner eleganten dunkelblauen Uniform so aus, als wäre er mehr als bloß ein Fremdenführer: Als hätte sich vielmehr ein hoher Offizier der Royal Navy einen Spaß erlaubt und sich der Ein-Uhr-fünf-Tour angenommen, womöglich gar der alte Kapitän? Doch der hieß damals Hardy, und Nelson hieß sein Admiral. Wir aber hören eine halbe Stunde lang auf Mister Smiths Kommando. Hinter den blanken Brillengläsern funkeln seine Augen schelmisch wie die Pointen seiner Kommentare. »First of all«, sagt er in ausgesuchten Wendungen: Man möge sich des Rauchens hier enthalten. Das Schiff sei ganz aus Holz. »Und wir hätten gerne, dass das auch so bleibt!«

Die alten Eichenhölzer sind inzwischen ausgetauscht, und die »Victory«, seit 1812 im Ruhestand, ist mittlerweile ihre eigene Replik aus Tropenholz. Doch sie ist noch immer seefest und das Flaggschiff der Marine Ihrer Majestät, und sie hat noch immer einen Kapitän. Ihr voller Titel »Flagship of Second Sea Lord and Commander-in-Chief Naval Home Command« geht wie ein Trommelwirbel ihrem Ruf voraus: Sie ist das berühmteste Kriegsschiff der Geschichte, der Gipfel der britischen Schiffsbaukunst aus der glorreichen Zeit der Segelschifffahrt. Und die bleibende Erinnerung an die Schlacht vor dem Kap von Trafalgar am 21. Oktober 1805.

Mit dieser Seeschlacht vor der spanischen Küste gegen eine Übermacht der Feinde, dreiunddreißig Schiffe auf spanisch-französischer Seite gegen siebenundzwanzig eigene, und mit dem famosen Sieg der Briten, die neunzehn Schiffe der alliierten Flotte zerstören oder übernehmen konnten, war der Seeweg frei in jenes 19. Jahrhundert, in dem das britische Imperium die Welt beherrschte. Napoleon, der schon einmal zur See, bei Aboukir, geschlagen worden war, suchte seit Trafalgar seine Siege lieber auf dem festen Land. Die Furcht der Briten vor der ersten Invasion seit der von 1066 war gebannt, künftig galt das Motto »Rule, Britannia, Britannia rule the waves!«

Trafalgar war ein Sieg, bei dem der Sieger starb. Admiral Lord Nelson wurde auf dem Achterdeck getroffen und starb auf seinem Schiff, mit dem ihn mehr als dieser Sieg verband. Es war im Jahr seiner Geburt geordert worden, 1758, und weil das Jahr darauf, in dem es in Chatham auf Kiel gelegt wurde, ein Jahr mit vielen Siegen war, in Quebec, Minden und vor Quiberon, nannte man es »Victory«. Sie war das fünfte Schiff, das diesen Namen trug, doch sie ließ die anderen von 1559, 1620, 1675 und 1737 an einem Tag vergessen.

Nelson habe in Paradeuniform das Schlachtgeschehen jenes 21. Oktobers auf dem Quarterdeck gelenkt, so heißt es (und so zeigen es die Schlachtenbilder im Museum gegenüber), unverwechselbar mit einem Arm und einem blinden Auge. Nur Offiziere trugen damals überhaupt schon Uniform, das Fußvolk kämpfte in Räuberzivil. Dann ließe wohl sein Tod durch einen Heckenschützen nur zwei Schlüsse zu: Entweder glaubte er, man könne – oder wolle – ihn nicht treffen, oder ihm gefiel jenes dramaturgische Raffinement, das für den Fall des Falles leicht von jedem zu entdecken war: Als habe Gott bei Shakespeare abgeschaut. Die Planken als die Bretter, die die Welt bedeuten, und die Takelage, siebenundzwanzig Meilen lang, als Schnürboden dazu: Wirkungsvoller ließ der Tod sich auch nicht auf der Bühne planen. Und höher konnte Nelson nicht mehr steigen, höher kam er nur noch 1842: sechsundfünfzig Meter hoch auf eine Säule aus Granit am Londoner Trafalgar Square, den Blick auf seine Admiralität gerichtet, den leeren rechten Ärmel in die Uniform geklemmt, was nun ausgerechnet an Napoleon erinnert.

Auch unser Führer Smith hat ein Talent für Theatereffekte. Er greift das große Steuerrad mit einer Hand und sucht sich für die andere ein Weibsbild aus der Runde, das Seemannslieder mit ihm singt: So, sagt er, sehe das aus im Kino. In Wahrheit brauche man vier ganze Kerle, die mit beiden Händen in das Ruder griffen, um ein solches Schiff zu steuern. Er leitet uns durch enge Magazine und Geschützdecks, über steile Stufen (»Mind your head!«) durch das Schiff, von den glanzvollen, lichten Kabinen im Heck bis zu den Unterkünften für den Großteil der Besatzung, die sich mit dem Vieh die Enge zwischen den Kanonen teilen musste, fünfhundertfünfzig Mann von achthundertfünfzig Mann Besatzung insgesamt. Das schimmernde Glänzen der christlichen Seefahrt setzt Mister Smith bei seinen Hörern als bekannt voraus. Er zieht es vor, uns mit der wenig christlichen Grundierung solcher Seestücke bekannt zu machen: Das sind die Plätze für die powder monkeys, wie man die kleinen Jungen nannte, die affengleich und wieselflink das Pulver für die Vorderlader schleppen mussten! Und dies hier sind die Eisen für die Füße, wenn es einem an Begeisterung gebrach! Bis zu hundert Tage mochten die Gepressten eingeschlossen sitzen, mit nichts als Buße oder ihrer Handarbeit beschäftigt: Sie mussten Peitschen flechten, die sie selbst zu spüren bekamen. Auf Deck zu spucken, galt als Majestätsbeleidigung und wurde mit Prügeln bestraft. Fürs Wohlverhalten oder wenigstens Die-Klappe-Halten gab es Alkohol: pro Tag und Mann eine Gallone Bier, auf Wunsch stattdessen zwei Pint Wein oder ein halbes mit Rum. Erst 1970, am 30. Juli, dem Black Tot Day, kühn mit »Schlückchenstreiktag« übersetzt, wurde die Navy trocken und das wohlvertraute Quentchen aus Jamaica ein für alle Mal gestrichen. Die Mannschaften mit Zwang zu pressen hatte man schon früher aufgegeben.

Mit zwölf war Horatio Nelson als midshipman zur See gekommen, mit einundzwanzig war er Kapitän, mit neununddreißig Admiral, zum Mythos wurde er mit seinem Sieg vor Kopenhagen, 1801. Damit öffnete sich England den Zugang zur Ostsee, über die das Holz zu Englands Werften kam. Denn die Eichenwälder auf der Insel waren längst schon mehr als dezimiert. Weder seine schwächliche Gesundheit noch seine lächerliche Eitelkeit, nicht seine unliebsamen außerehelichen Eskapaden und auch nicht die Ménage-à-trois mit Emma Hamilton und ihrem Gatten konnten Nelsons Aufstieg in den Himmel der Geschichte hemmen. Das tat stattdessen um die späte Mittagszeit des 21. Oktober ein feindliches Geschoss. Die Kugel, zur Reliquie geworden, schmückt heute den Besitz der Queen. Um zwölf Uhr dreißig war die »Victory« in die gegnerische Schlachtenlinie eingefallen wie der Fuchs in einen Hühnerhaufen. Mit Breitseiten aus hundertvier Kanonen und einer unerreichten Feuerkraft im Neunzig-Sekunden-Takt bei drei bis fünf Minuten auf der Gegenseite schoss sie ihre Feinde schwindlig. Da traf, vom Besanmast der Redoutable aus weniger als zwanzig Metern abgefeuert, eine einzelne Musketenkugel Nelsons linke Schulter, zerriss die Lunge und zerschlug die Wirbelsäule: eben hier, wo wir jetzt stehen, auf dem Quarterdeck. Denn natürlich hat sich Mister Smith für diese Klimax vor dem rührenden Finale den rechten Schauplatz ausgesucht. Sogar die alten, echten Planken sind noch da: Man hat sie drei Decks tiefer eingezogen, im Schiffslazarett, das jetzt eine Gedenk- und Weihestätte ist. Dort hängt der Tod des Helden, nach dem Leben gemalt, wie eine Kreuzabnahme an der Wand. Das Licht, das die Szene erhellt, geht wunderbarerweise von dem Sterbenden auf seinem Lager aus. Wer dabei war, hörte Nelsons letzte Worte, aber jeder hörte andere: auch das ein Beitrag zur Legendenbildung. Hieß der letzte Seufzer, an den Kapitän gerichtet, wirklich »Kiss me, Hardy«? Oder kam da nur ein Röcheln der Ergebung: »Kismet, Hardy«? Auch seiner Lady Hamilton soll Nelson einen Seufzer hinterlassen haben – und einen letzten für das Protokoll. Helden reden nicht vom Küssen, wenn sie sterben, Helden reden von der Pflicht: »Thank God, I’ve done my duty!«

Nach der Katharsis das Satyrspiel: Auch diesen Kniff beherzigt unser Mister Smith und greift zum letzten Mal ganz tief in jene Kiste, in der die vaterländischsten von allen Anekdoten mit Seemannsgarn und ausgepichten Kuriosa ein für alle Mal verknotet sind: Wer pflichtgemäß auf See gestorben war, gehörte auch auf See bestattet. Für die Royal Navy galt das bis zur Themsemündung, und Nelson hat vielleicht gewusst, woher, dem Volksmund nach, das Örtchen Gravesend (»Grabesende«) an der Themse seinen Namen trug: Bis hierher wurden Tote über Bord geworfen, erst themseaufwärts brachte man sie auf das feste Land. Doch Nelson hatte für die Ewigkeit geplant; er wünschte sich zurück nach London, gleich, ob lebendig oder tot, und Captain Hardy brachte ihn in einem Fass voll Brandy wohlbehalten in die Heimat, wo er aufgebahrt in der Kapelle des Royal Navy Hospitals lag, ehe er sein schwarzes Marmorgrab in der St. Paul’s Cathedral fand, in einem Sarg, gezimmert aus dem Mast von Frankreichs Flaggschiff »L’Orient«.

Die spanische Armada 1588 mochten noch die Fügung Gottes und der Wind geschlagen haben. Trafalgar war ein Sieg der Kriegskunst auf dem Wasser. Was dazu nötig war, das kann man in den Docks von Portsmouth heute noch besuchen. Ihr Herzstück ist seit 1994 der Historic Dockyard mit dem umgebauten Boathouse No. 7 von 1875: Besucherzentrum, Themenpark von Englands maritimer Größe und einzigartige Gelegenheit, im Royal Naval Museum und am Beispiel dreier alter Schiffe den Aufstieg Großbritanniens zur Weltmacht zu erfahren – und zugleich auch die Geschichte dieser Stadt. Die Römer hatten seit 286 nach Christus Portchester Castle zur Marinebasis ausgebaut. Hier, im Schutz der Isle of Wight, ließ König Alfred seine Flotte bauen; unter Richard Löwenherz entstand die Stadt mit Werft und Marktrecht, seit 1495 gab es hier das erste Trockendock der Welt, und unter Heinrich VIII. die ersten Schiffe, die nur für einen Zweck gezimmert waren, für den Krieg.

Eins von ihnen war die »Mary Rose« von 1511, König Heinrichs Flaggschiff. Sie sank vor seinen Augen mit siebenhundert Mann im Juli 1545, als sie eben auslief in den Kampf – auch damals gegen die Franzosen. Vierhundertsiebenunddreißig Jahre später, im Oktober 1982, holte man, was von ihr übrig war, aus ihrem feuchten Grab. Jetzt liegt ihr sterbliches Gerippe in einem fein gesprühten Nebel aus Wasser und Glykol in einer Halle neben Nelsons »Victory«, am selben Ort, wo man sie einst gezimmert hatte. Sie ist das zweite der historic ships in Portsmouths altem Dockyard.

Das dritte, jüngste liegt am Kai, als habe es nur eben angelegt und sei im Übrigen noch immer unterwegs im Dienst der Königin: »Her Majesty’s Ship Warrior« von 1860, »die schwarze Schlange gegen die Kaninchen im Kanal«, wie das Oberste aller Kaninchen, Napoleon III., die Force de frappe der Feinde damals nannte. Sie war das erste gepanzerte Schlachtschiff der Welt, das schwerste Kriegsgerät, das überhaupt auf Wasser fahren konnte, mit fünfzehn Segeln oder auch mit Motorkraft, und übertraf mit hundertsiebenundzwanzig Metern Länge das bis dahin längste Kriegsschiff um ein Viertel.

1979 hat man ihren Rumpf im Ölhafen von Milford Haven buchstäblich aus dem Dreck gezogen und dann acht Jahre lang, für acht Millionen Pfund, restauriert, ehe man sie 1987 in ihren Heimathafen Portsmouth zog. Jetzt liegt sie am Victory Gate, als wäre die ganze Crew, bis auf eine Handvoll Wachen, eben mal an Land gegangen, siebenhundertfünf Mann an Besatzung vom Smutje bis zum Kapitän. Gelegenheit für uns, den schwarzen Stolz von Queen Victoria in Augenschein zu nehmen.

Den Utilitarismus des 19. Jahrhunderts trug die »Warrior« (»Krieger«) in ihrem Namen und mit der Nasenspitze vorneweg: ein weißer Krieger unterm Bugspriet diente als Gallionsfigur. Da war kein Platz mehr für galante Höflichkeiten gegenüber irgendeiner »Mary Rose« oder die Mantel-und-Degen-Romantik von Nelsons schmucker »Victory«. Nur in den Räumen für die Offiziere finden sich ein paar vergoldete Leisten auf der weißen Holzverkleidung, daneben aber gleich die schwarzen Panzerplatten, auf denen die Nieten wie Pickel stehen.

Abgesehen von den drehbaren Geschützen für zylindrische Geschosse im Heck und im Bug gab es auf der Warrior nur ein Geschützdeck für sechsundzwanzig herkömmliche Kanonen, die noch von vorn mit Rundgeschossen zu bestücken waren, sowie acht der modernen Hinterladergeschütze. Abwechselnd hängen dazwischen die Sitz- und Tischgelegenheiten für die Mannschaften in sechsunddreißig Messen. Die Außenwände dieser Meeres-Zitadelle waren mehr als einen halben Meter stark und im Sandwichverfahren aus gewalztem Eisen von elf Zentimentern Stärke, sechsundvierzig Zentimetern Teakholz und nochmals einer fingerstarken Lage Eisen aufgebaut. Zehn Kessel mit jeweils vier Feuerungen trieben eine Dampfmaschine an, bei Vollbesegelung und Volldampf brachte es die »Warrior« auf siebzehn Knoten.

Sie hätte sicher jedem Angriff widerstanden – »hätte«, wohlgemerkt, denn sie wurde niemals angegriffen und hat, von Übungszwecken abgesehen, in ihren wenigen aktiven Jahren nicht einen Schuss abgefeuert. Sie war nur zweiundzwanzig Jahre in Betrieb, dann stellte sich heraus, dass diese personalintensive Universalwaffe in eine Sackgasse hinein entwickelt worden war. Beinahe hundert Jahre lang musste sich der schwarze Krieger in britischen Versorgungshäfen rumschubsen lassen, ehe er für den Historic Dockyard wieder glanzvoll auferstehen konnte. So sind denn von der »Warrior« auch keine Heldentaten zu berichten, den einzigen Zusammenstoß erlebte sie versehentlich und ausgerechnet mit der »HMS Royal Oak«, bei welcher Gelegenheit sie ihre erste Gallionsfigur verlor. Sonst gibt es nichts an Anekdoten, zu ahnen ist nur die Berufsroutine der Friedenssicherung durch Kriegsbereitschaft: Die Männer waren alle freiwillig an Bord bei gutem Sold, Pensionsanspruch und warmem Mittagstisch. Und erstmals gab es Waschmaschinen für ein Schiff der Kriegsmarine.

Was einst mit Heinrichs »Mary Rose« begonnen hatte und seit Trafalgar möglich war, das wurde mit der Dienstzeit dieses Schiffes erst vollendet: Der Aufstieg Englands zum Imperium, die lange Zeit der Pax Britannica, der Pax Romana des Augustus nachgebildet. Es war ein Frieden in Waffen unter britischer Regie. Der alte Wunsch war Wirklichkeit geworden: »Rule, Britannia, Britannia rule the waves!«

Schon 1847 hatte Neptun nach dem Willen des Malers William Dyce die Krone seiner Seeherrschaft an Britannia übergeben. Wer von Portsmouth auf die Isle of Wight hinüberfährt, der kann in Osborne House, dem Sommersitz der Queen Victoria und ihres Gatten Albert, den Höhepunkt der englischen Geschichte als allegorisches Fresko studieren, so gut gemalt wie gut gemeint: ein nackter Neptun zügelt sein Gespann aus weißen Seepferden und übergibt die Krone durch Merkur, den Götterboten, an Britannia. Sie hat schon seinen Dreizack übernommen und streichelt mit der Linken den englischen Löwen, während Seefahrt, Industrie und Handel am Gestade ergriffen dieser Szene folgen.

Bei ihrem ersten Auftreten in einem Bildwerk, auf einer Messingmünze Kaiser Hadrians (117–138 nach Christus), war Britannia als Gefangene, auf einer Klippe stehend, abgebildet. Bei der Klippe blieb es, aber nicht mehr bei der Sklavin: 1740 gab der Prince of Wales, der spätere George III., ein Maskenspiel in Auftrag (»Alfred« von James Thomson, Musik von Dr. Arne), von dem die meisten Engländer bis heute noch zwei Zeilen kennen. »Rule, Britannia, Britannia rule the waves; Britons never, never, never will be slaves.«

Die Argumente dieser Zuversicht haben alle in Portsmouth vor Anker gelegen, und deshalb wünschte sich die Stadt, dass auch die königliche Jacht »Britannia« die Reihe der historic ships erweitern würde. Doch die ausgemusterte »Britannia« kam nach Edinburgh. In Portsmouth gibt es sie nur als Modell im Selbstbedienungsrestaurant Tradewinds des Historic Dockyard.

Als historic ship vom Baujahr 1953 wäre sie indes ein Hinweis darauf, dass in Portsmouth alles Große ein für alle Mal vergangen ist. Der größte Kriegshafen der Krone hat nach dem Ersten Weltkrieg noch fünfundzwanzigtausend Menschen mit Arbeit versorgt, nach dem Zweiten nur noch zweitausendachthundert. Seit auch der Kalte Krieg vorüber ist, träumt Portsmouth von der eigenen Vergangenheit und fürchtet die Statistik seiner Arbeitslosen wie der Träumer das Erwachen.

Nur einmal noch konnte die alte Kriegsmaschinerie den Rost von ihren Rädern klopfen: Das war im Frühjahr 1982, als hier an einem Wochenende ein ganzer Flottenverband zusammengestellt wurde, um die fernen Falklandinseln wieder an Britannias Rockzipfel zu binden. Damals dampfte auch H. M. Jacht »Britannia« achttausend Meilen weit bis in den Südatlantik, denn offiziell ist sie als Lazarettschiff registriert, auch wenn sie auf dem langen Marsch zu den Malvinen die erste war, die lahmte. Doch immerhin: Beim »Rule, Britannia!« dieses Wochenendes durfte sie nicht fehlen. Und den Auftrag, der sie alle einte, kannte jedermann seit 1805 und Nelson: »England expects that every man will do his duty.«