|7|Einleitung

Erotisches Kapital und das Prinzip von Begehren und Begehrtwerden

Anna hatte ihre gutbezahlte Stellung bei einem Finanzdienstleister verloren, und einen neuen Job zu finden, war alles andere als einfach. Sie fing an, weniger zu essen, trieb Sport, nahm ab und sah am Ende zehn Jahre jünger aus. Sie ging zum Friseur und ließ sich die Haare färben, ein schmeichelhafter kürzerer Schnitt verlieh ihr jugendliche Dynamik. Für teures Geld erstand sie einen neuen Hosenanzug, der ihre frisch erworbene Schlankheit zur Geltung brachte und sie gleichzeitig attraktiv und professionell aussehen ließ, den trug sie zu all ihren Bewerbungsgesprächen. Anna fühlte sich darin sicher. Drei Monate später hatte sie einen neuen Job als Beraterin, bei dem sie das Anderthalbfache ihres vorherigen Gehalts verdiente.

Nun arbeitet Anna in einem Privatunternehmen, wo es vielleicht ein bisschen mehr auf die äußere Erscheinung ankommt als bei so manch anderer Arbeit, aber im Prinzip kann jeder für sich dasselbe tun. Warum sollte man darauf verzichten, in einen persönlichen Aktivposten zu investieren, der sich ausgesprochen gewinnbringend zu anderen Persönlichkeitsmerkmalen wie Intelligenz, Fachwissen und Erfahrung hinzuaddiert? Menschen, die Arbeit suchen, wird häufig geraten, auf ihr soziales Netz zurückzugreifen und sich ihr »soziales Kapital« zunutze zu machen, doch an Erscheinung und Auftreten zu feilen, kann erwiesenermaßen ähnlich viel bewirken.

Ich habe den Begriff »erotisches Kapital« geprägt, um eine schwer fassbare, eminent einflussreiche Kombination aus Schönheit, Sex-Appeal, |8|sozialen Kompetenzen und der Fähigkeit, das eigene Selbst zu präsentieren, in Worte zu fassen – eine Synthese aus sozialer und physischer Anziehungskraft, dank der manche Männer und Frauen besonders angenehme Gesellschaft und liebenswürdige Kollegen sind, die auf alle Angehörigen ihres Umfelds und insbesondere auf das andere Geschlecht höchst anziehend wirken. Wir haben uns längst daran gewöhnt, das Humankapital eines Menschen zu bewerten – seine Qualifikationen, seine Ausbildung, seine Erfahrung. In jüngerer Zeit haben wir auch begonnen, die Bedeutung von Kontakten und sozialem Kapital – das »Wen-man-kennt« anstelle des »Was-man-weiß« – adäquat zu würdigen. Dieses Buch liefert Belege für ein menschliches Attribut, das bislang dermaßen verkannt worden ist, dass man ihm noch nicht einmal einen Namen gegeben hat: das erotische Kapital eines Menschen.

Das Wissen um die Wirkung von erotischem Kapital ist für das Verständnis von sozialen und ökonomischen Abläufen, gesellschaftlichen Interaktionen und sozialem Aufstieg nicht minder wichtig als die Erkenntnisse über wirtschaftliches, kulturelles und soziales Kapital. In unseren sexualisierten und individualisierten modernen Gesellschaften wird erotisches Kapital für Männer und Frauen immer bedeutsamer und wertvoller. Allerdings blicken Frauen auf eine längere Tradition der Pflege und Nutzung dieses Guts, und ich habe festgestellt, dass Frauen in soziologischen Studien regelmäßig das größere erotische Kapital attestiert wird. Künstler wissen das seit Jahrhunderten.

Menschen, die andere bei der Arbeitssuche beraten, werden nicht müde, daran zu erinnern, dass man nie eine zweite Chance bekommt, einen guten ersten Eindruck zu hinterlassen. Alle Bewerber, die in die engere Wahl kommen und zum Gespräch eingeladen werden, sind mehr oder minder gleich gut qualifiziert und haben hinreichend Arbeitserfahrung. Im persönlichen Gespräch können sich zusätzliche Gaben offenbaren, die für den Erfolg unter Umständen ausschlaggebend sind. Anna war hoch qualifiziert und hatte jede Menge Erfahrung, also investierte sie in einen Aktivposten, dessen Bedeutung gerne unterschätzt wird. Für Leute, die keine oder nur wenige Qualifikationen |9|haben, kann das erotische Kapital zur wichtigsten persönlichen Manövriermasse werden.

Genau wie Intelligenz ist erotisches Kapital in jedem Bereich des Lebens – vom Sitzungssaal bis zum Schlafzimmer – ein wertvolles Gut. Attraktive Menschen ziehen andere Menschen an – als Freunde, Geliebte, Kollegen, Kunden, Klienten, Fans, Anhänger, Unterstützer und Sponsoren. Sie sind im Privatleben erfolgreicher als andere (ihnen steht eine größere Auswahl an Freunden und Partnern zur Verfügung), punkten aber auch in Politik, Sport, Künsten und im Geschäftsleben. In diesem Buch möchte ich die sozialen Mechanismen untersuchen, die anziehenden Menschen helfen, in kürzerer Zeit mehr zu erreichen als andere Zeitgenossen. Ab welchem Alter fängt Attraktivität an, eine Rolle zu spielen? Sind sich die anziehendsten und schönsten Menschen ihres Vorteils bewusst? Gibt es eine Verbindung zwischen Schönheit und Intelligenz, so dass ein paar vom Glück Bevorteilte einen doppelten Bonus haben? Kann man, wenn man nicht schön auf die Welt gekommen ist, trotzdem Anziehungskraft entwickeln?

Gleich zu Beginn hielten meine Studien eine Überraschung bereit. Untersuchungen zeigen, dass Männer finanziell sehr viel stärker von einem reichlich vorhandenen erotischen Kapital profitieren als Frauen! Wie erwartet schnitten Frauen in Bezug auf ihre sozialen und physischen Qualitäten besser ab als Männer – vermutlich, weil sie mehr Aufwand und Mühe in gutes Aussehen und ansprechendes Betragen investieren. Dennoch wird Männern ein deutlich geringerer Aufwand besser vergolten. Das erotische Kapital von Frauen scheint tatsächlich wesentlich weniger belohnt zu werden als das von Männern – am deutlichsten zeigt sich das am Arbeitsplatz. Warum das so ist und was sich dagegen unternehmen lässt, das sind Fragen, die ich in diesem Buch diskutieren werde.

Ein Teil der Erklärung scheint mit dem zu tun zu haben, was ich als männliches Sexdefizit bezeichnen möchte – ein stärker ausgeprägtes sexuelles Verlangen, das Männer von Jugend an mit einem gewissen Maß an Frustration schlägt und das nicht nur in privaten Beziehungen, sondern auch im öffentlichen Miteinander seinen heimlichen |10|Einfluss auf ihre Haltung zu Frauen ausübt. Ich bin beim Durchforsten der Ergebnisse von Umfragen zum Sexualverhalten aus aller Welt eher zufällig auf dieses Phänomen gestoßen. Der Volksmund weiß es seit Langem: Männer bekommen nie genügend Sex. Das männliche Sexdefizit aber trifft auf weibliches erotisches Kapital, und dadurch erhalten alle Beziehungen zwischen Männern und Frauen zu Hause und bei der Arbeit durch die Bank einen gewissen Beiklang. Das Patriarchat hat hart daran gearbeitet, dieses in einem Nebel aus Moralvorstellungen zu verbergen, die Kleidung und Auftreten von Frauen in der Öffentlichkeit kontrollieren. In meinen Augen hat der radikale Feminismus sich in eine Sackgasse begeben, indem er sich ähnliche Vorstellungen zu Eigen gemacht hat, die den Reizen einer Frau abhold sind. Warum haben Feministinnen nie die männlichen Vorstellungen davon in Frage gestellt, welche Kleidung und was für ein Verhalten sich für eine Frau ziemen? Warum Weiblichkeit nicht hochhalten, statt sie zu schmälern? Warum ermutigt niemand Frauen, Männer zu instrumentalisieren, wo immer das möglich ist? Radikaler Feminismus kann aussehen, als wolle er uns Knüppel zwischen die Beine werfen, statt uns zu befreien.

Dieses Buch handelt übrigens nicht von persönlichen Meinungen, Mutmaßungen und Vorurteilen. Alle hier vorgebrachten Argumente basieren auf umfangreichen Ergebnissen der sozialwissenschaftlichen Forschung, die in den folgenden Kapiteln im Einzelnen geschildert werden soll. Meine beiden zentralen Begriffe – erotisches Kapital und männliches Sexdefizit – mögen neu sein, sind aber durch wissenschaftliche Untersuchungen gut belegt.1

Kapitel 1 stellt den Begriff des erotischen Kapitals im Einzelnen vor und erklärt, warum dieses in modernen Wohlstandsgesellschaften mehr und mehr an Bedeutung gewinnt. So wie sich das Niveau der Intelligenzquotienten im Verlauf des vergangenen Jahrhunderts stetig um etwa 6 Prozent pro Jahrzehnt gehoben hat, steigt auch das Niveau an physischer Attraktivität mit der Zeit allmählich an. Beides hat vermutlich in irgendeiner Weise miteinander zu tun, so ähnlich wie Körpergröße mit kognitiven Fähigkeiten und sozialen Kompetenzen |11|verknüpft ist.2 Lässt erotisches Kapital sich überhaupt so messen, wie man Intelligenzquotienten und Körpergrößen misst? Was ist wichtiger: physische Attraktivität oder soziale Anziehungskraft?

Erotisches Kapital scheint als Konzept so dermaßen naheliegend, dass man sich fragen muss, warum es bisher nie besondere Erwähnung gefunden hat. Meine These im ersten Teil lautet, dass das Zusammenspiel aus Begehren und Begehrtwerden dafür gesorgt hat, dass Frauen durch die Bank benachteiligt werden. Erotisches Kapital spielt eine besonders wichtige Rolle dort, wo es um männliches und – wenn auch weniger ausgeprägt aggressiv – weibliches Verlangen geht. Die Debatten um erotisches Kapital und seinen Wert sind grundsätzlich durch das Verlangen und die sexuellen Bedürfnisse von Männern beeinflusst. Männer waren schon immer notorisch unwillig, solches zuzugeben, könnten Frauen ihre »Schwäche« doch ausnutzen. Das erotische Kapital von Frauen gerät damit zwischen die Mühlsteine von männlichem Sexdefizit und männlichem Ego und der Rhetorik von Machtkämpfen zwischen Männern und Frauen. Die moderne Geschlechterpolitik ist gekennzeichnet von einer konsequenten Missachtung der Kostbarkeit von erotischem Kapital und weiblicher Sexualität im Privatleben.

Feministinnen behaupten hartnäckig, es sei ein Mythos, dass Männer ein stärkeres sexuelles Verlangen hätten, und diene lediglich als Ausrede für schlechtes Betragen. Sie sind nicht davon abzubringen, dass auf dem Gebiet der Sexualität genau wie in allen anderen Bereichen der Gesellschaft keinerlei Unterschiede zwischen Männern und Frauen bestehen. In Kapitel 2 nehme ich mir die Beweislage hierzu ausführlich vor und beleuchte die Konsequenzen eines unterschiedlich starken Verlangens bei Männern und Frauen mit Blick auf den Marktwert von erotischem Kapital. Ich möchte untersuchen, welchen Einfluss dieser allgegenwärtige Unterschied auf die Bewertung von erotischem Kapital hat und warum sein Wert so konsequent heruntergespielt wird. Ich bin der Ansicht, dass das unterschiedlich stark ausgeprägte Begehren bei Mann und Frau – aus dem letztlich das erwächst, was ich als männliches Sexdefizit bezeichne – ein universelles Phänomen ist, und um diese Aussage zu rechtfertigen, werde ich Ergebnisse |12|von Umfragen aus aller Welt vorstellen. Es ist unerlässlich, dieses bisher von Sozialwissenschaftlern großenteils übergangene Phänomen als neues soziales Faktum zu etablieren und der Frage nachzugehen, welchen Einfluss es auf Beziehungen zwischen Männern und Frauen in Privatleben und Öffentlichkeit hat.

Da der potenzielle Gewinn von sozialem Kapital so hoch ist, müssen wir fragen, wie es kommt, dass dieser persönliche Aktivposten bisher nicht explizit anerkannt wird. Ich bin, wie ich in Kapitel 3 zeigen werde, der Ansicht, dass patriarchalische Ideenlehren das weibliche erotische Kapital systematisch heruntergespielt haben, um Frauen daran zu hindern, dieses auf Kosten von Männern gewinnbringend einzusetzen. Da Frauen generell über mehr erotisches Kapital verfügen als Männer, leugnen Männer dessen Existenz und Wert und haben getan, was in ihrer Macht stand, um dafür zu sorgen, dass Frauen von ihrem relativen Vorteil nicht auf legitime Weise profitieren können. Unglücklicherweise zementieren radikale Feministinnen unserer Tage die »moralischen« patriarchalischen Einwände dagegen, dass Frauen mit ihrem erotischen Kapital wuchern. Ein Großteil der modernen feministischen Literatur tönt in Resonanz zu männlich-chauvinistischen Standpunkten und pflegt deren Verachtung für Schönheit und Sex-Appeal bei Frauen weiter. Die Proteste gegen den »Lookism« und die Revolte der Übergewichtigen sind die jüngsten Auswüchse dieser Leugnung des sozialen und ökonomischen Werts von erotischem Kapital.

Der Feminismus ist eine Weltreligion mit vielen konkurrierenden Sekten. Französische und deutsche Feministinnen erkennen das erotische Kapital von Frauen im Allgemeinen eher an und würdigen es mehr als ihre angelsächsischen Kolleginnen (ohne allerdings den Begriff zu verwenden), und diese Einstellung ist wohl mitverantwortlich für den tiefen Graben, der die puritanischen angelsächsischen Radikalfeministinnen von den meisten ihrer kontinentalen Schwestern trennt.

In Teil II untersuche ich, welche Rolle erotisches Kapital im täglichen Leben spielt, und erörtere die Forschungsergebnisse über den Gewinn und die unübersehbaren Vorteile einer guten Portion an erotischem |13|Potenzial. Es ist eine wohlbekannte Tatsache, dass vor allem bei Männern eine hochgewachsene Statur soziale und wirtschaftliche Vorteile bringt. Die meisten amerikanischen Präsidenten waren groß – oder zumindest größer als ihre Gegenkandidaten. Ganz ähnlich hat sich gezeigt, dass soziale und physische Attraktivität sowohl am Arbeitsplatz und im öffentlichen Leben als auch in privaten Beziehungen eine ganze Palette an wichtigen Pluspunkten mit sich bringt.

Kapitel 4 und 5 dokumentieren die Auswirkungen von physischer und sozialer Attraktivität auf das tägliche Leben von Männern und Frauen – auf Freundschaften, Beziehungen, Ehen, auf die Chancen, jemanden zu verführen, Freunde zu gewinnen, als gut und ehrlich betrachtet zu werden und ganz allgemein leicht durchs Leben zu kommen. Dieser lebenslange Nutzen von erotischem Kapital wird manchmal als »unfaire Bevorzugung« abgetan, das aber wird der Sache nicht gerecht. Seltenheit verleiht jedem Gut, Talent und Können einen besonderen Wert – egal, ob es sich nun um die Fähigkeit handelt, charmant und überzeugend aufzutreten, oder darum, mit Informationstechnologien umgehen, ein Flugzeug fliegen oder schneller als andere rennen zu können.

Erotisches Kapital kann von entscheidender Bedeutung bei langjährigen Paaren sein und peu à peu die täglichen kleinen Kuhhandel um Rollen und Verantwortlichkeiten verändern. Der Großteil der Untersuchungen hat heterosexuelle Paare zum Gegenstand, doch bei homosexuellen Paaren, bei denen ein Partner deutlich jünger oder sexuell anziehender ist als der andere, beobachtet man ein ganz ähnliches Muster. Daraus ergibt sich die »sexuelle Ökonomie« einer intimen Beziehung – die »Sexonomie«, wie ich es nennen möchte –, Fundament aller Austausche und Beziehungen zwischen Mann und Frau.3

In Kapitel 6 werden erotische Unterhaltung, die Kommerzialisierung von Sex und das Gros der Werbeindustrie als Geschäftszweige, die mit erotischem Kapital wuchern, definiert. Unabhängig davon, ob sexuelle Dienstleistungen im Spiel sind oder nicht, sind Frauen und Männer in der Unterhaltungsindustrie in der Regel mehr oder weniger jung, mit Sicherheit jünger als die meisten ihrer Kunden, attraktiv, sehr |14|oft hübsch, fit, dynamisch sowie von beträchtlichem Sex-Appeal und haben in vielen Fällen neben künstlerischen Begabungen wie Tanzen, Singen oder akrobatischen Kunstfertigkeiten anderer Art ein ganzes Spektrum an sozialen Kompetenzen zu bieten. Sogar die Musikindustrie ist mittlerweile erotisiert, Sänger werden häufig vor allem nach ihrer Fähigkeit ausgesucht, auf Videos oder auf der Bühne Sex-Appeal und Vitalität auszustrahlen. Das Marketing von Parfüms und Textilien ist inzwischen in extremer Weise sexualisiert. Die Werbeindustrie bedient sich unablässig weiblichen Sex-Appeals und weiblicher Schönheit, um damit vom Waschmittel über das Auto bis zum Schmieröl alle möglichen Produkte an den Kunden zu bringen.

Kapitel 7 nimmt den Geschäftswert von erotischem Kapital unter die Lupe – in welchem Maße es hilft, Produkte, Dienste, Ideen und Strategien in Politik und Medien, auf dem Arbeitsmarkt, in Sport und Kunst zu verkaufen. In der Dienstleistungsindustrie kann das Sozialkompetenzelement von erotischem Kapital besondere Bedeutung erlangen, wenn es – wie beispielsweise in einem Club oder einer Bar – darum geht, der angebotenen Dienstleistung ein spezielles Ambiente angedeihen zu lassen. Aber auch in allen Schlips-und-Kragen-Berufen ist soziale Kompetenz wichtig – vor allem im Management und bei Berufen, bei denen der Kontakt zu Kunden oder Klienten eine Rolle spielt. Sogar Politiker und Akademiker haben inzwischen festgestellt, dass es hilft, nicht nur wohlinformiert, sondern obendrein auch noch attraktiv und gepflegt daherzukommen, weil das Fernsehen neben ihren Ideen auch sie selbst dem Blick der Öffentlichkeit aussetzt. Mögen auch die Zinsen von erotischem Kapital in bestimmten Berufen besonders reichlich fließen, so zeigen doch verschiedene Studien eindeutig, dass es genauso, wie man quer durch die Arbeitswelt einen 10- bis 20-prozentigen Gehaltsvorteil für hochgewachsene Menschen kennt, auch einen deutlichen »Schönheitsbonus« von 10 bis 20 Prozent gibt.

Beim erotischen Kapital geht es um einen Aspekt des Lebens, bei dem Frauen Männern gegenüber zweifellos im Vorteil sind. Zusätzlich verstärkt wird dieser Vorsprung durch das männliche Sexdefizit. Das Verständnis von erotischem Kapital als bisher nicht wahrgenommenem |15|vierten Persönlichkeitsplus macht deutlich, in welchem Umfang die Sozialwissenschaften allen feministischen Denkern zum Trotz ihrer Struktur nach auch im 21. Jahrhundert noch immer sexistisch und patriarchalisch sind. Es wirft überdies neues Licht auf einige politisch heiß umstrittene Fragen wie Prostitution und Leihmutterschaft.

Mein Konzept von erotischem Kapital fußt auf umfassenden Analysen zur Stellung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt und im Privatleben, aus denen hervorgeht, dass den modernen Theorien über Erfolgsfaktoren im Leben und dem allgemein verbreiteten Verständnis von funktionierenden Beziehungen etwas fehlt. Mein Anliegen ist es, einen neuen Blickwinkel zu schaffen, der alle Aspekte des Zusammenlebens – in der Öffentlichkeit wie im Privatleben – berücksichtigt und so Frauen hoffentlich dazu ermutigt, ihre Position zu stärken.