Und dann kam schließlich: Weffi

Mit seiner Ankunft begann ein ganz neuer Abschnitt in unserem Leben mit Hunden. Bisher war es sozusagen statisch ausgeglichen. Cocki und Peterchen waren völlig zu einem rührend unzertrennlichen Paar geworden, das in sich eine Gemeinschaft bildete und uns nur insoweit in Anspruch nahm, als es unbedingt notwendig war und seinen Zwecken diente.

Mit dem Eintritt Weffis in diesen magischen Kreis änderte sich alles, und es kam eine ausgesprochen dramatische Note in ihr Dasein und auch in unseres!

Doch zunächst will ich erzählen, wie das alles begann:

Es waren noch nicht drei Jahre seit der Ankunft Peterchens verflossen, als ich einmal unsern Hausarzt aufsuchen mußte. Er lebt auch am äußeren Rande der Stadt, aber in entgegengesetzter Richtung, und bewohnt dort ein kleines, modernes Einfamilienhaus mit einem ebenso kleinen Garten voller Blumen und sogar mit einigen jungen Obstbäumen darin. Er selbst ist ein fester, runder Mann mit einem Kugelschädel, der sehr viel Klugheit und darüber hinaus sogar Weisheit enthält. In kurzer Zeit hat er sich eine glänzend eingerichtete Praxis erarbeitet, einen schönen neuen Wagen angeschafft und dazu noch alle möglichen Spielereien auf dem Radiogebiet. Trotzdem hat dieses schnelle und erfolgreiche Geldverdienen nichts Hastiges an sich, und es läßt ihm durchaus noch Zeit, freundlich auf Menschen und Dinge zu sehen. Der große, schwere Mann hat eine kleine, zarte und mädchenhafte Frau, die auch approbierte Ärztin ist, aber sich völlig dem Manne untergeordnet hat und nur als bescheidene Gehilfin in Erscheinung tritt.

Wenn Dr. Nebelthau uns besuchte, saßen wir gern noch nach der Untersuchung ein halbes Stündchen schwatzend beieinander, tranken einen guten Tropfen, und er spielte mit Cocki und Peter, die sich von seinen magnetischen Heilhänden gern anfassen ließen.

An diesem Tage nun, als ich zu ihm hinausfuhr, um mich untersuchen zu lassen, und an der weißgestrichenen, niedrigen Gartentür läutete, kam nicht wie üblich er selbst oder seine Frau, sondern die Haustür öffnete sich nur einen Spalt, und heraus schoß mit blechernem »Weff-Weff« der schönste Drahthaarfoxl, den ich in meinem Leben gesehen habe. Er war kleiner als mein unvergeßlicher Puck, auch nicht schneeweiß, sondern mit starken braunen und schwarzen Einschüssen, aber er war in der Gestalt und den Bewegungen einfach vollendet, wie aus einem Zwingerkatalog geschnitten. Ein schmaler Körper, dicke Fellhöschen hinten, ebenso dicke steife Belnchen vom und ein mächtiger Kastenbart, aus dem zwei freche braune Augen hervorblitzten. Der Kopf in der Grundfarbe weiß, ganz sanft mit Braun überwachsen, Beine und Rumpf weiß, auf dem Rücken ein großer braunschwarzer Sattel. Ich ging nicht ins Haus, sondern setzte mich auf den Rasen.

»Komm mal her, du geliebtes kleines Holzpferdchen sagte ich. Holzpferdchen sagte einmal »weff« und schleppte dann in Windeseile einen Ball herbei, den es mir vor die Füße warf. Meine ganze Zeit mit Puckchen wurde in mir wach. Ich sah mich wieder die Tennisplätze umschleichen und Seite an Seite mit ihm bettelnd vor dem Gitter stehen, bis uns jemand einen gebrauchten Ball schenkte (manchmal — o Schande! — nahmen wir auch neue, die herüberflogen, und rückten damit aus!).

Als ich den Ball nun nahm, wollte er ihn mir ungeduldig aus der Hand reißen, das aber — ich wußte es genau — war nur eine Finte. Man will mir den Ball gar nicht wegnehmen, ich soll ihn werfen, aber schnell, denn Foxl haben keine Zeit und sind überaus beschäftigte kleine Jungen. Ich aber hielt den Ball fest und fing mir das kleine Gebäude ein. Was für ein prachtvolles weißes Raubtiergebiß! Die ganze lange Schnauze bis hinten hin voller Zähne, vom die gefährlich aussehenden beiden Reißzähne, dazwischen die kleinen Schneidezähne, ebenso weiß wie eine Perlenkette. In Kiefer und Rachen das vorschriftsmäßige Pigment. Das ganze Wesen strahlte hohe, etwas dekadente Rasse aus.

»Na, gefällt er Ihnen hörte ich die Stimme des Arztes hinter mir.

»Blendend schön! Wenn ich nicht schon meine beiden Strolche hätte, würde ich ihn sofort nehmen

»Glaube ich, aber Sie würden ihn nicht bekommen, mein Lieber! Den gebe ich niemals her

»Er erinnert mich so an mein Puckchen... Ich hätte doch einen Drahthaarfox nehmen sollen; es sind richtige Menschenhunde, und keine Rasse spielt so niedlich wie sie. Rauft er sich auch so? Das war bei meinem Puck die ewige Angst

»Nein, er ist ganz friedlich. Aber laut! Das ist aber auch nicht schlimm, denn meine Frau ist viel allein, und er bringt wenigstens Leben in die Bude

»Wie heißt er denn

»Puck.«

»Puck...«, sagte ich und griff nach ihm, »süßer kleiner Puck Und im Innern bat ich dem Unvergeßlichen ab, daß ich einen anderen Puck so schön fand. Er indessen schien das als eine Aufforderung aufzufassen, denn er ließ den Ball fallen; plötzlich hatte ich das kleine, leichte Tier auf meinem Schoß, zwei kleine Fellärmchen legten sich um meinen Hals, und eine kleine knallrote Zunge polierte meine Nase.

»Wie alt ist er denn

»Ein halbes Jahr.«

Dann trennten wir uns schweren Herzens.

Ein halbes Jahr später brachte ihn Dr. Nebelthau mit auf Besuch. Puck war nun ausgewachsen und etwas größer und kräftiger geworden. Als ich wieder mit ihm spielte, überfiel mich erneut die alte Wehmut und das Bedauern, dieses bezaubernde Geschöpf nicht besitzen zu können. Puck warf meinen Papierkorb um und zerfetzte den Inhalt im Akkord, daß das Zimmer aussah, als habe es geschneit. Draußen tobte das eifersüchtige Gespann Cocki-Peter gegen die Tür, kläffte und knurrte mit der besten Absicht, den Eindringling sofort zu zerreißen. — Puck trabte steifbeinig gegen die Tür, legte den Kastenkopf schief und stieß seinerseits ein langes Knurren aus. Dann drehte er um, sprang mir auf den Schoß, gab mir einen Kuß und sah sich noch einmal verächtlich nach dem Getöse vor der Tür um: »Blöde Gesellschaft, nicht Dr. Nebelthau flüsterte derweilen mit meiner Gefährtin im Nebenzimmer. Als er weg war, sagte sie:

»Übrigens, bei Nebelthaus wird in diesen Tagen etwas Kleines kommen! Während der kritischen Zeit will er Puck wahrscheinlich in den Zwinger zurückgeben

»Schade«, meinte ich, »daß wir ihn nicht derweilen nehmen können; aber erstens würden ihn die beiden anderen umbringen, und zweitens würden wir uns, glaube ich, noch mehr in ihn verlieben, und das wäre wiederum ein Unrecht gegen unsere beiden Strolche.«

Und abermals verging ein halbes Jahr. Es war gerade wieder Frühling. Da warf mich eine Krankheit nieder, eine jener tückischen Gallenaffären, die ihren Ausgangspunkt im Seelischen haben.

Das schlimmste war, daß man mich nicht genug bedauerte. Meine Hunde waren fast immer >auf Fahrt<. Die ersten Tage hatte mir wenigstens Peterchen Gesellschaft geleistet, während der Dicke nur dann erschien, wenn der Teewagen an mein Bett gerollt wurde. Da man aber vorwiegend Haferschleimsuppe servierte, folgte er sehr bald nicht einmal mehr dem Teewagen und holte Peter obendrein einen Tag später zu einer neuen Braut ab.

Also auch von diesen, meinen letzten Freunden verlassen... Da, auf diesem Tiefpunkt meiner Stimmung, tat sich die Tür auf, nur für einen Moment wurde eine Hand sichtbar und schob etwas Weißes ins Zimmer, etwas schmales Weißes mit großem Kastenbart, das sofort auf mein Bett flog und mich umarmte und küßte. Pucki!

Ich erwiderte seine Liebkosungen, und schließlich legte er sich neben mich aufs Kopfkissen, die dicken steifen Beinchen starr in die Luft gereckt, während ich ihm seinen rosa dunkelgefleckten Kinderbauch streichelte.

»Siehst du«, sagte ich zu meiner Gefährtin, die inzwischen hereingekommen war, »niemand kümmert sich um mich, ein fremder Hund muß kommen...«

»Es ist kein fremder Hund, ich habe ihn gekauft und schenke ihn dir

Ein Gallenleiden ist ja eine merkwürdige Geschichte, wenn es nervöse Ursachen hat: Ich saß jedenfalls sofort aufrecht und fühlte gar nichts mehr. Mit Ausnahme eines großen unfaßbaren Glückes.

»Du bist ja verrückt«, stammelte ich, »drei Hunde, wie stellst du dir das vor

»Ich stelle mir das ganz reizend vor! Es wird schon irgendwie gehen...«

Noch ganz benommen, starrte ich auf die kleinen Pfoten, die mir in seliger Geborgenheit entgegenragten. Sie hatten rosa Zehen, und die fünf Polster waren genau wie bei meinem ersten Pucki meist abgelaufen, so daß die rosa Farbe darunter zum Vorschein kam. Dann hob ich das kleine Gebäude hoch und stellte es auf den Teppich. Es war wunderschön, aber merkwürdig schwach auf der Hinterhand und federleicht.

»Ja — wieso — ich verstehe das alles noch gar nicht! Wo kommt er denn her — haben Doktors...«

»Ich habe ihn soeben direkt aus dem Zwinger abgeholt. Nebelthaus hatten ihn sich, als das Kind da war, wieder nach Hause genommen; aber es ging nicht. Der Kleine fängt jetzt an zu krabbeln, quält den Puck und steckt sich vor allem, wenn er unbeobachtet ist, seinen Schwanz in den Mund. Das arme Puckchen hat viel aushalten müssen, er war so eifersüchtig, und das Baby ging natürlich vor. So fühlte er sich immer zurückgesetzt. Schließlich mußte er wieder für eine Zeit in den Zwinger zurück, und man entschloß sich endlich, ihn schweren Herzens zum Verkauf anzubieten. Zufällig erinnerte sich Dr. Nebelthau, daß du ihn so gern haben wolltest, und — da habe ich ihn gekauft. Er soll dein Hund sein, dein eigener, verstehst du

Ich verstand.

In meinem ganzen Leben hatte ich mich weder so schnell von einer Gallengeschichte erholt noch mich je so schnell

angezogen.

Dann gab es im Oberstock nochmals große Begrüßung des neuen Hausgenossen durch Mama und Mathilde. Beide mußten zugeben, daß er >einfach süß< sei, aber sie taten es mit Vorbehalten. Mathilde, die enthusiastische Anbeterin >ihres Cocki<, fand offenbar in ihrem Herzen keinen Raum mehr für dieses neue Geschöpf, während die Mama, hartgeprüft durch das stürmische Auf und Ab im Leben zweier unruhiger Kinder, in dem Neuankömmling eine Mehrbelastung gerade in dem Augenblick sah, wo >man doch ziemlich schieflag<. Außerdem beherrschte sie die bange Frage: »Wer weiß, ob sie sich vertragen (die drei Hunde, meinte sie!)

»...und wer weiß, ob er nicht die Staupe kriegt?«

»...und wer weiß, ob — und ob — und ob...«

— und in diesem Augenblick bohrte Pucki das Köpfchen zwischen ihre Beine und wollte gekrault sein.

»Na, dann komm mal mit«, sagte sie und führte ihn in ihr Zimmer, das immer nach Lavendel riecht und wo die Fotos und die Artikel Herrchens seit den frühesten Tagen aufgehoben sind, wo Mamas einzige kleine Schwäche, die Likörflasche, steht und wo es vor allem Schokolade und Keks für die kleinen Jungen gibt. Sie brach ein kleines Stück Schokolade ab, legte einen Keks dazu und setzte sich damit auf ihren Diwan.

Pucki machte weder Männchen wie Peter noch tatzte er brutal wie Cocki, er war wie ein Schatten auf ihrem Schoß und nahm dann ganz vorsichtig, was ihre Hand ihm gab.

Er schlang die Schokolade auch nicht, wie die beiden anderen, mit einem einzigen Ruck herunter, sondern kaute ungeheuer umständlich und bedächtig daran herum. Hinterher legte er Mama die Arme um den Hals, gab ihr ebenso sanft ein Küßchen hinters Ohr, sprang hinunter und kam zu uns. Er hoppelte an uns empor, sah uns mit unternehmungslustigen Augen an, wedelte mit dem steifen Krummschwänzchen und gab zu verstehen: So, nun wollen wir mal weitersehen!

»Süß ist er ja«, hörten wir die Mama sagen, als wir die Treppe hinunter ins Erdgeschoß stiegen, Puck immer dicht an meinen Fersen.

Unten gab es ungeheuer viel zu entdecken. Besonders interessierten ihn die Spuren seiner künftigen Kameraden, die sich noch irgendwo auf der Straße herumtrieben. Zunächst steuerte er auf Cockis Schatzkammer unter der Kommode zu. Er verschwand mit dem Vorderteil darunter, während sein Hinterteil mit den Fellhöschen und dem aufgebogenen Schwänzchen in die Höhe ragte. Eine Weile sortierte er die Knochensammlung, dann kam er tief erschüttert und mit verwüstetem Bart wieder ans Tageslicht und nieste ein paarmal so kräftig, daß ihm die Vorderbeine unter dem Körper wegflogen. Es hatte ihm da unten ganz offensichtlich nicht gefallen, und es zeigte sich auch in der Folgezeit, daß er niemals, wie die beiden anderen, Verfaultes oder nicht mehr ganz Einwandfreies fraß.

Dann ging er steifbeinig ins Eßzimmer und saugte dort mit der Nase den Teppich ab. Am gründlichsten die Stellen, an denen unsere beiden anderen Hundesöhne während der Mahlzeiten saßen. Er richtete sich auch einmal auf und versuchte mit dem kleinen Struppelgesicht auf den Tisch zu sehen. Es ging nicht ganz. Dann aber wurde er über den Stellen des Teppichs völlig tiefsinnig, wo sich aus Peterchens längst verklungenen Jugendtagen gewisse dunkle Flecken erhalten hatten. Über einem dieser Geruchsgespenster machte er sogar Miene, das Bein zu heben, und konnte nur durch ein energisches »Wirst du wohl in letzter Sekunde daran gehindert werden.

»So, nun sieh dir auch mal mein Zimmer an«, sagte Mathilde. Pucki tat dies mit der ergebenen Ritterlichkeit, die der echte Kavalier gegenüber den unvernünftigen Wünschen der Frau zeigt. Die Besichtigung fiel sehr oberflächlich aus, bis Pucki in der Ecke, in der Mathildes Koffer stand — und auf dem Koffer ein Paket — plötzlich wie rasend wurde. Er stand und stand vor dem Paket, sah uns alle an, wuffte ein wenig und kratzte dann an dem Papier herum.

»Du, du rief Mathilde und stürzte hinzu, »laß das mal sein!«

Aber es war schon zu spät. Der Karton kam ins Wanken, fiel auf die Seite, der Deckel ging auf und heraus kullerte eine solide Portion unseres letzten Selbstgebackenen. Es gab eine Verlegenheitspause, in der Mathilde zu meiner Gefährtin hin stammelte:

»Es war — ich wollte — ich dachte — man könnte — ich sollte vielleicht meiner Schwester mal eine Kostprobe schicken...« Worauf es nunmehr an der Hausfrau war, feuerrot zu werden, und sie hilflos, wie sie immer solchen zarten Enthüllungen des wirklichen Lebens gegenüber ist, stotterte:

»Ja, selbstverständlich, liebe Mathilde, tun Sie das nur. Ihre Schwester war ja so liebenswürdig und hat uns von ihrem Kuchen neulich...«

»Eben, eben«, sagte Mathilde tiefaufatmend, und nun beschäftigten sich die beiden Frauen ostentativ mit Puck.

Der inzwischen hatte die ganze Zeit, ohne etwas zu nehmen, als Musterknabe vor den herausgefallenen Keksen gesessen und mit dem Schwänzchen erwartungsvoll auf dem Fußboden herumradiert. Er wurde jetzt erst von Frauchen, dann von Mathilde umarmt:

»Nein, wie süß — nein, wie artig — nein, wie goldig!« Und dann kriegte er erst ein Plätzchen von Frauchen, dann ein Plätzchen von Mathilde, und dann wieder ein Plätzchen von Frauchen und wieder eins von Mathilde, und dann gingen wir, das heißt meine Gefährtin und ich, aus dem Zimmer, und Mathilde machte nun rasch die Zimmertür zu, und ich sagte halblaut:

»Was war denn noch in dem Karton

Frauchen legte schnell den Finger auf den Mund und sagte:

»Pst!«

In diesem Augenblick bellte der kleine Löwe vor der Tür, und Mathilde schoß wie ein geölter Blitz aus ihrem Zimmer, öffnete, und die beiden Herumtreiber, mit frischem Dreck beklütert, strömten herein. Cocki, als der Gefährlichste, wurde sofort am Kragen gepackt, und es wurde ihm lang und breit erzählt, daß er inzwischen ein neues Brüderchen bekommen habe, ei, ein so feines Brüderchen! — und daß er sich gut mit ihm vertragen müsse, ja, und daß es fürchterliche Haue geben würde, wenn er es nicht täte. Während dieser Ansprache machte er neugierige Löwenaugen, furchte die Stirn und stellte die Ohren nach vorn. Zwischendurch sah er mich flüchtig an und leckte sich das Maul. Als ich ihn vorsichtig losließ, wogte er auf Pucki los, der, nach Foxlart nervös mit den Beinen zitternd, stehenblieb. Peter, der die Spannung in der Luft fühlte, ging sofort unter die Kommode in Deckung. Die beiden in der Diele fingen an, steif umeinander herumzugehen. »Du, das gibt was«, sagte Frauchen.

»Da hilft nichts, sie müssen sich ja aneinander gewöhnen

Und dann gab’s wirklich was! Wie es anfing, konnte später kein Mensch mehr sagen; aber ganz plötzlich stürzte sich Cocki auf den Neuen, offenbar, um ihm von Anfang an klarzumachen, wer der Herr in diesem Hause sei. Er warf ihn mit einem Ruck seines mächtigen Körpers um. Dann aber erlebte er eine Überraschung und fand sehr schnell heraus, daß dies nicht ein zweiter Peter war und daß es ganz unmöglich ist, einen Drahthaarfox zu tyrannisieren. Puck, obwohl hoffnungslos unterlegen, focht wie ein Rasender. Biß auf Biß gab er blitzschnell zurück und wich vor dem Angreifer nicht zurück. Aus der Küche stürzte Mathilde, wir stürzten auch, Peter schoß unter der Kommode hervor und biß Puck in die Hinterkeulen: alle sechs — drei Menschen und drei Hunde — wälzten wir uns in einem wüsten Knäuel auf dem Fußboden. Als erster bekam Peter eine Backpfeife und kroch daraufhin wieder unter die Kommode zurück. Dann rissen wir die wütenden Kämpfer auseinander und feuerten Cocki, der vor Wut nur noch röchelte, in die Küche. Und dann stellten wir die Verwundungen fest. Cocki hatte auf der Brust eine unbedeutende Schramme, Puck war das eine Ohr durchgeknipst wie ein Straßenbahnbillett, Frauchens kleiner Finger war fast durchgebissen, ich hatte eine Reißwunde wie ein Säbelhieb quer über die Hand und Mathilde war ins Bein gebissen.

Alles in allem waren die Verluste auf der menschlichen Seite bedeutend schlimmer als bei den Hunden. Die Mama stand derweilen oben auf der Treppe, blaß wie eine Leiche, kehrte dann schweigend in ihr Zimmer um, und wir hörten sie mit der Likörflasche hantieren...

Wir anderen arbeiteten mit der Wasserstoffflasche, mit Jod und Pflaster, und als wir schließlich alle verbunden waren, fanden wir Puck und Cocki in bestem Einvernehmen in der Diele nebeneinander liegen. Cocki war nämlich aus dem Küchenfenster gesprungen und zur Haustür wieder ‘reingekommen. Peter glubschte unter der Kommode hervor und zog schnell den Kopf ein, als mein Blick auf ihn fiel.

»Na, also«, sagte Frauchen, mit einem dicken Verbandfinger auf der Treppe stehend, »sie sind ja schon ganz friedlich

Mathilde hinkte mit der Suppenterrine verbittert über die Bühne.

»Ach ja«, sagte ich, »auf die Dauer werden sie sich schon vertragen. Wenn wir alle infolge Blutvergiftung beigesetzt sind, werden sie ein Herz und eine Seele sein...«