Neuntes Kapitel
Die ersten beiden Freier waren in Ordnung gewesen. Ein junger Kerl, der auf dem Bau arbeitete, hatte sich in der Mittagspause etwas Zeitvertreib gewünscht, wofür Honey vollstes Verständnis gezeigt hatte. Er hatte sich in dem billigen Café an der Kurfürstenstraße direkt neben sie an den Tresen gesetzt und mittels unmissverständlichen Gesten darauf hingedeutet, dass sie gemeinsam aufs Klo gehen könnten.
Sie hatte zwei Sekunden gezögert – Ficken auf dem Klo fand sie in der Regel ziemlich übel, aber der Typ hatte fünfzig Euro für zehn Minuten geboten. „Nur Ficken, kein Blasen“, hatte er raunend hinzugefügt, und sie war einverstanden gewesen.
„Ich heiße übrigens Charly.“
„Mich nennen alle Honey.“
Er hatte gegrinst. Wenig später hatte sie sich übers Klo beugen müssen, und Charly hatte ihr seinen Schwanz in die Möse gerammt. Nach zehn Stößen war er gekommen. Wenn’s weiter nichts war …
Der nächste Freier hielt eine halbe Stunde später in einem dicken Benz an der Straße, an der sie sich seit Tagen die Füße abfror und keine guten Geschäfte machte. Er war fett und roch unangenehm, aber er bot einen Hunderter für eine Nummer auf dem Rücksitz – einem beheizten Rücksitz, wie er hinzufügte. Mit Blasen. Das war ein bisschen eklig, aber die Viertelstunde ging schließlich auch um, und ihr war wenigstens warm.
Honey war schon auf dem Rückweg, als ein gut gewachsener großer Mann Ende Dreißig plötzlich neben ihr auftauchte und sie unvermittelt ansprach. „Bist du frei?“, fragte er und fasste sich grinsend in den Schritt.
Der Typ sah gut aus. Eigentlich kein Mann, der es nötig hatte, zu einer Nutte zu gehen, dachte Honey und betrachtete ihn aufmerksam. Er wirkte auch nicht verklemmt oder irgendwie durchgeknallt. Man musste höllisch aufpassen, mit wem man sich einließ. Harmlose Familienväter konnten sich als perverse Spinner entpuppen, wenn sie erstmal so richtig in Gang gekommen waren.
„Heh, du hast es doch nicht nötig, dafür zu bezahlen!“, meinte sie und lächelte.
Er lachte – ein schönes, kraftvolles Lachen, das Honey gefiel.
„Nett von dir, dass du das sagst“, meinte er. „Aber ich gehe gerne auch mal zu einer Nutte. Es gefällt mir zu bezahlen und mir das zu nehmen, wofür ich bezahle, verstehst du? Ein klarer Handel zu klaren Bedingungen. Wenn alles im Leben so einfach wäre, gäb’s weniger Probleme.“
„Klingt gut“, nickte Honey ihm zu. „Was hast du dir so vorgestellt? Im Auto? Ins Hotel?“
Er schüttelte den Kopf. „Können wir nicht zu dir gehen? Das ist garantiert viel gemütlicher.“
Sie zögerte. Sie hatte nur einige auserwählte Freier, zu denen sie echtes Vertrauen hatte und die sie in ihre Wohnung ließ.
„Zweihundert“, fügte er ruhig hinzu. „Eine Stunde.“
Sie überlegte.
„Ich will nichts Großartiges. Einfach nur anständig ficken, möglichst in einem frisch bezogenen Bett. Die Autonummern waren mit achtzehn spannend, und Hotel finde ich öde.“ Er lächelte gewinnend.
Sie lächelte zurück. „Okay, aber nur mit Kondom.“
„Klaro.“ Er nickte. „Wie heißt du eigentlich?“
„Honey. Nenn mich Honey.“
„Okay, Honey. Ich bin Sascha, und ich denke, wir werden uns gut verstehen.“
Zehn Minuten später schloss sie die Tür zu ihrer Wohnung in der Nollendorfstraße auf. Sie wohnte direkt unterm Dach in einer kleinen preiswerten Mansarde. Niemand im Haus kümmerte sich darum, wer wie sein Geld verdiente, und dem Vermieter war es auch egal – Hauptsache, die Miete wurde pünktlich überwiesen.
Honey trat in den Flur und ließ Sascha herein. Dann schloss sie sorgfältig ab. Als sie sich umdrehte, hatte ihr Freier sich verändert. Das Lächeln war verschwunden. Er zog Lederhandschuhe an und ließ sie nicht aus den Augen. Honey schluckte. Vielleicht ein Lederfetischist, dachte sie, aber der Gedanke war albern und spiegelte ihre Hilflosigkeit. Er hatte sie überrumpelt, und das wussten sie beide.
Sascha nestelte Fesseln und Knebel aus seiner Jackentasche, und er tat das völlig ruhig und ganz selbstverständlich, als wäre es Teil der Abmachung. Als sie ihm in die Augen blickte, wusste Honey, dass es keinen Sinn hatte, sich zu wehren oder nach einer Lösung zu suchen, geschweige denn, die Flucht zu ergreifen, herum zu schreien oder ähnliches. Nichts mehr hatte Sinn, das wusste sie plötzlich mit überwältigender Gewissheit. Es war naiv gewesen, seinem Lächeln und seiner sympathischen Art zu vertrauen.
„Ich werde dir weh tun, Honey“, sagte Sascha, und seine Stimme jagte ihr Schauer über den Rücken. Scharf wie eine Rasierklinge. Unheilvoll. Sie hatte zu zittern begonnen und zweifelte nicht einen Moment an der Ernsthaftigkeit seiner Ankündigung.
„Ich meine, ich werde dir richtig weh tun“, fuhr er fort. „Und wenn ich mit dir fertig bin, wird der Chef kommen, und der hat auch noch ein Hühnchen mit dir zu rupfen, kapiert?“
Sie nickte langsam und lehnte sich mit dem Rücken an die Wand. Ihre Knie waren weich wie Gelee. „Du musst mir nicht weh tun“, erklärte sie wispernd und mit einem Hauch von Hoffnung. „Ich tu, was du willst.“
Er schüttelte bedauernd den Kopf. „Honey, Honey, natürlich tust du, was ich will, aber ich werde dir trotzdem weh tun. Du hast nämlich einen Fehler gemacht, einen großen Fehler, einen Riesenfehler. Meine Aufgabe war es, dich zu finden, schnell zu finden, damit wir mit dir abrechnen können. Und nun bist du dran. Aber vorher wirst du noch einige Fragen beantworten.“
Sie wusste sofort, was er meinte. Die Fee, dachte sie lautlos schluchzend. Warum kann sie nicht jetzt vor der Tür stehen und mir ihre drei freien Wünsche schenken? Oder auch nur einen? Ich brauche nur einen einzigen.
Sascha war ein gründlicher, gut organisierter Typ, und er hielt sich stets an seinen Auftrag und die Anweisungen. Hugo wollte die Nutte lebend, aber er sollte sie fertigmachen. Kein Problem. Sascha fesselte und knebelte sie, riss ihr die Nuttenklamotten vom Leib und bugsierte sie bäuchlings auf den niedrigen Sofatisch im Wohnzimmer. Dann vergewaltigte er sie genüsslich, brutal und systematisch.
Die Frau war mager und drahtig. Das gefiel ihm. Er nahm sie von hinten und stieß heftig zu. Sein Schwanz bohrte sich tief in ihre Möse und in ihren Hintern. Er stöhnte leise und achtete darauf, nicht die Kontrolle zu verlieren, während er sie rammelte, dass der Tisch zu wackeln begann. Als er spürte, dass sein Schwanz noch stärker anschwoll, zog er ihn eilig zurück, um nicht vorschnell zu kommen. Er riss ihr den Knebel herunter und packte ihren Haarschopf grob mit einer Hand.
„Du hast die Polizei informiert, nicht wahr?“
Sie nickte.
Er riss ihren Kopf zurück. „Rede!“
„Ja. Ich habe anonym angerufen.“
„Das wirst du bereuen.“
„Ja.“
„Was hast du denen gesagt?“
„Nichts Besonderes, ich meine …“
Er spreizte ihre Beine und drang erneut in sie ein. „Hör zu, du Nutte – es ist besser, du sagst immer sofort, was ich von dir wissen will, bevor ich dich besinnungslos ficke!“
Fünf Minuten später stammelte Honey, dass sie keine Namen genannt, sondern nur einen vagen Hinweis auf Gebäude in der Landsberger Allee gegeben hätte. Das wäre sie ihrer Kollegin schuldig gewesen, nachdem sie in der Zeitung ihr Bild gesehen hatte. Sascha gewann den Eindruck, dass sie die Wahrheit sagte. Er drehte sie auf den Rücken und setzte zur letzten Runde an, bevor er Hugo Bescheid sagen würde. Die Kleine wusste gar nicht, dass ihr die wirkliche schlimme Zeit erst noch bevorstand. Dagegen dürften die zugegebenermaßen harten Nummern mit ihm richtig Spaß gemacht haben.
Hugo hatte sich häufig nicht genügend unter Kontrolle, fand Sascha, aber er hütete sich, Brandner offen zu kritisieren. Es war nicht sein Problem, wenn der Chef mal wieder abtickte – so wie vor einigen Wochen in der Fabrikhalle. Er hatte zu kräftig zugedrückt. Bei seinen Orgien ging es meist hart zur Sache – Gewaltspiele waren sein Ding, wobei die Bezeichnung „Spiele“ fehl am Platz war –, und Sascha ging jede Wette ein, dass Brandner nicht zum ersten Mal die Grenze überschritten hatte. Aber auch das war nicht seine Sache. Er hatte hinterher für Ordnung zu sorgen, und er war darin wesentlich gründlicher und schlauer als dieser Idiot, der an jenem Abend die Idee mit dem Papenfuhlbecken für genial gehalten hatte. Aber Hugo war so aufgepuscht und hektisch gewesen, dass er sofort begeistert zugestimmt hatte. „Niemand interessiert sich für eine tote steifgefrorene Nutte!“, hatte er gemeint.„Und selbst wenn: kein Mensch wird uns damit in Verbindung bringen.“Tja, manchmal kommt es eben doch anders, als man denkt.
Sascha packte Honey aufs Sofa, ging ins Bad und wusch sich sorgfältig, bevor er sein Handy hervorzog, um Hugo anzurufen.
„Ich hab sie. Du kannst dich auf den Weg machen“, sagte er, als Brandner sich knapp und sachlich gemeldet hatte. „Ich hab sie schon ein bisschen vorbereitet, aber es ist noch alles dran.“ Er grinste und warf Honey, die teilnahmslos in die Luft starrte, einen Blick zu.
„Wie hast du sie so schnell gefunden?“, fragte Brandner erstaunt.
„Ich hab so meine Kontakte.“
„Aber du bist sicher, dass sie es ist?“
„Ja, natürlich. Sie hat zugegeben, bei den Bullen angerufen zu haben – anonym und ohne Namen zu nennen“, erläuterte Brandner. Er hörte, dass Hugo scharf einatmete. „Diese verdammte Nutte!“
„Ganz recht. Aber sie bereut die Aktion schon jetzt ziemlich. Wann…“
„Ich weiß es noch nicht“, unterbrach Hugo ihn. „Ich muss ein bisschen vorsichtig sein. Die Bullen waren zwar zufrieden über die einvernehmliche und unkomplizierte Zusammenarbeit, aber … Ich will kein Risiko eingehen. Am späten Abend, schätze ich. Bleib so lange bei ihr. Wir telefonieren nachher noch mal. Dann sehen wir weiter.“
„Alles klar.“ Sascha legte auf und blickte auf die Uhr. Es blieb ihm genug Zeit, um etwas zu essen und dann eine zweite Runde einzuläuten.
Tessy hatte sich etwas zu essen gemacht und vertilgte gerade ihren Nachtisch, als es klingelte. Sie blickte auf die Uhr – früher Abend. Frau Kommissarin hatte sich Zeit gelassen. Als sie die Haustür öffnete, blickte sie direkt in das dunkle Augenpaar von Carola Stein. Ihr Puls schoss in die Höhe.
„Wir haben zu reden“, sagte die Stein, ohne sich Zeit für eine Begrüßung zu nehmen, und ihr Ton klang bestenfalls neutral.
„Der Kaffee ist gerade fertig. Treten Sie ein“, erwiderte Tessy schwungvoll.
Die Kommissarin trat kommentarlos ein. Bevor Tessy die Tür hinter ihr schloss, bemerkte sie, dass ein Polizeiwagen am Straßenrand parkte.
„Machen wir es kurz“, bemerkte die Stein ruhig, als sie im Wohnzimmer am Esstisch Platz genommen hatten. „Wo haben Sie die Aufnahmen her?“
„Vielleicht mögen Sie einen Kaffee trinken …“
„Nein, danke.“
Tessy hob kurz die Hände. „Na schön. Um auf ihre Frage zurück zu kommen – darauf werde ich Ihnen nicht antworten. Die Gründe dafür habe ich Ihnen bereits genannt. Das Leben des Zeugen ist keinen Cent mehr wert, wenn er sich stellt. Nur soviel – das Material ist absolut echt, und da wurde auch nicht getrickst.“
Carola Stein kniff die Lippen zusammen. „Das haben wir bereits überprüft.“
„Und was gedenken Sie nun zu unternehmen?“
„Das überlassen Sie am besten uns.“
Tessy erwiderte Steins Blick eine Weile ungerührt. „Brandner ist überaus gefährlich. Der Zeuge wird nicht aussagen. Ich konnte ihn überreden, mir die Weiterleitung des Sticks zur Polizei zu überlassen, ohne dass er dabei ins Spiel kommt. Alles weitere ist in der Tat Ihr Job, wobei …“
„Ich freue mich sehr, dass Sie das einsehen“, kommentierte Carola Stein ironisch.
Tessy machte eine wegwerfende Handbewegung. „Ich bin davon überzeugt, dass die zweite Frau, die auch auf dem Video zu sehen ist, die anonyme Anruferin ist. Sie dürfte in Gefahr sein, seitdem Brandner weiß, dass die Polizei ermittelt. Er wird Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um…“
„Zu Ihrer Beruhigung – Brandner wird bereits observiert“, fiel die Kommissarin ihr ins Wort.
„Das beruhigt mich ehrlich gesagt nur ansatzweise, denn Brandner war nicht allein, und er kennt eine Menge fieser Leute, die gerne noch fiesere Jobs für ihn übernehmen. Dazu muss er seinen Hintern keinen einzigen Meter weit bewegen.“
„Ihre Schlussfolgerungen in allen Ehren, aber wir können nicht das gesamte Milieu observieren, das dürfte Ihnen klar sein, oder?“, entgegnete Carola Stein.
„Das ist mir durchaus klar.“ Tessy blickte einen Moment zum Fenster hinaus. „Ich hätte eine Idee, wer uns weiterhelfen könnte.“
Die Stein sah sie unverwandt an. Jede Wette, dass es ihr verdammt auf den Keks geht, sich von einer Privaten heiße Ermittlungstipps geben zu lassen, dachte Tessy, und der Gedanke verschaffte ihr durchaus Vergnügen. Sie deutete ein winziges Lächeln an.
„Warum geben Sie mir nicht den Namen, und die Polizei kümmert sich darum?“
„Hätte ich kein Problem mit, nur: Es gibt Leute, die ungern mit der Polizei zu tun haben und noch weniger bereit sind, Informationen an sie heraus zu geben.“
„Tatsächlich?“
Tessy nickte eifrig. „Und ob.“
„Aber diese Leute sprechen mit Ihnen?“
„Sie sind zumindest ein wenig zugänglicher“, behauptete Tessy. „Meiner Erfahrung nach.“
Carola Stein überlegte lange, bevor sie schließlich mit einem lediglich angedeuteten Nicken zustimmte.
Na bitte, geht doch, dachte Tessy, aber sie behielt die Bemerkung für sich.
Der Erotikclub hatte sich nicht verändert, seit Tessy im letzten Sommer zum ersten Mal dort gewesen war, um nach der verschwundenen Studentin Rhea zu forschen. Sie hoffte, dass Brandner nicht übertrieben hatte, als er ihr bei der ersten Kontaktaufnahme versicherte, dass Konrad Bohl eine hohe Meinung von ihr habe.
Als sie an die Theke trat, erkannte sie im dämmrigen Licht zunächst nur eine rothaarige Bardame mit großzügigem Ausschnitt.
„Was darf’s denn sein, Schätzchen?“ fragte die Thekenfrau mit rauchiger Stimme und beugte sich lächelnd vor.
„Ist Konrad da?“
„In seinem Büro.“
„Ich muss ihn sprechen.“
„Was Wichtiges?“
„Sehr wichtig.“
Die Thekenfrau seufzte. „Sehr wichtig ist alles Mögliche. Sag mir mal ein Stichwort, das ihn überzeugen könnte.“
Tessy überlegte nur kurz. „Hugo und Lilly.“
„Okay.“
Drei Minuten später tauchte Bohl auf. Auch er hatte sich kaum verändert: ein dynamisch sportlicher Typ Ende Vierzig, klarer Blick, selbstsicher und gelassen. Dass er verdammt unangenehm werden konnte und sich nicht scheute, seinen Standpunkt eindrucksvoll darzulegen, hatte Tessy selbst hautnah erlebt. Es empfahl sich nicht, Bohl zu verärgern, soviel stand fest. Andererseits war der Mann in der Szene angesehen, und sie schätzte ihn als loyal ein, insbesondere was die Frauen anging, die für ihn arbeiteten.
„Was kann ich für Sie tun, Frau Ritter?“, fragte er höflich. Er war zwar nicht gerade begeistert, sie zu sehen, aber abweisendes Verhalten sah anders bei ihm aus.
„Ich brauche eine Info“, kam Tessy sofort zur Sache.
Er fixierte sie. „Warum geht es?“
„Um ein mieses Verbrechen.“
Bohl verschränkte die Arme vor der Brust. „Das halbe Leben ist ein mieses Verbrechen. Sie dürfen ruhig deutlicher werden.“
„Lilly ist tot.“
Bohl zuckte mit keiner Wimper. Ob er längst mitbekommen hatte, was geschehen war, oder die Nachricht zum ersten Mal hörte, konnte sie nicht abschätzen.
„Sie ist ermordet worden“, fuhr Tessy leise fort. „Auf denkbar unschöne Weise. Und ihre Kollegin, mit der sie letztens gemeinsam unterwegs war, ist nun auch in Gefahr. Die beiden haben sich mit fiesen Typen eingelassen.“
„Aha. Und? Was haben Sie damit zu tun?“
„Ich möchte Lillys Kollegin warnen.“
„Nett von Ihnen. Und was erwarten Sie dabei von mir?“
„Ich brauche einen Namen und eine Adresse, weil ich nur weiß, dass die beiden einen gemeinsamen Job hatten, nicht mehr und nicht weniger.“
Bohl starrte sie einen Moment lang unangenehm direkt an. „Wer hat Lilly umgebracht?“, fragte er schließlich mit rauer Stimme.
Tessy zögerte. „Die Polizei ermittelt bereits“, erwiderte sie ausweichend. „Der Mörder kriegt sein Fett weg, davon können Sie getrost ausgehen.“
„Tatsächlich? Und wovon träumen Sie nachts?“
„Jedenfalls nichts Jugendfreies“, erwiderte Tessy und bemühte sich um ein süffisantes Lächeln.
Bohl sah darüber hinweg und ließ sich von der Thekenfrau ein Glas Wein reichen. Er trank einen Schluck. „Nollendorfstraße 148, ganz oben“, sagte er leise. „Honey. Ich kenne sie von früher. Ist schon eine Weile her. Vor einigen Jahren hat sie mal für mich gearbeitet, genau wie Lilly.“
Tessy atmete tief aus. „Danke …“
„Hatte Brandner eigentlich einen Auftrag für Sie?“, wechselte Bohl plötzlich das Thema. „Er wollte einen zuverlässigen Schnüffler für ein delikates Problem. Da dachte ich gleich an Sie.“ Er zeigte ein leises Lächeln.
„Ja, er hatte einen Auftrag“, meinte Tessy zögernd. „Aber ich werde ganz sicher nicht noch einmal für ihn arbeiten.“
Bohl starrte sie mit zusammen gezogenen Brauen schweigend an, während er ihren Worten nachzulauschen schien. Sie nickte ihm zu. „Noch mal: danke.“ Damit wandte sie sich um und verließ den Club.
Am Straßenrand wartete Carola Stein in ihrem Wagen. Sie ließ die Scheibe herunter, und Tessy nannte ihr die Adresse.
„Gut. Ich kümmere mich um alles Weitere. Mein Kollege fährt Sie nach Hause, und dort bleiben Sie auch, klar?“
„Gern geschehen, Frau Hauptkommissar“, entgegnete Tessy in ironischem Ton.
Die Stein sagte nichts dazu, ließ die Scheibe wieder hoch und gab Gas. Tessy sah ihr kopfschüttelnd nach, bevor sie in den Polizeiwagen stieg, der sie nach Hause brachte.