Geschichte
Wie alle anderen lateinamerikanischen Staaten hat auch Argentinien eine stürmische und wechselvolle Geschichte aufzuweisen, zuweilen geprägt von Tyrannei, Korruption und großer Not. Das Stichwort „Schmutziger Krieg“ beschreibt dabei eine kurze, aber brutale Ära, die noch gar nicht so lange zurückliegt. Sie ist deshalb in den Erinnerungen vieler Argentinier noch sehr lebendig. Mehrere Wirtschaftskrisen haben sich folgenreich auf die Geschichte des Landes ausgewirkt. Doch Argentiniens Historie hat auch glorreiche Ereignisse aufzuweisen, beispielsweise den erfolgreichen Kampf gegen die spanische Kolonialmacht. Und einstmals war das Land auch eines der wirtschaftlich erfolgreichsten der Welt. Berühmt ist es auch als Geburtsstätte des Tango; Evita Perón und Che Guevara sind Argentinier. Und der Gaucho ist eine echte Identifikationsfigur des Landes und untrennbar mit der argentinischen Folkore verbunden. Kenntnisse über die Geschichte Argentiniens sind außerordentlich hilfreich, um die Gegenwart und vor allem die Argentinier besser zu verstehen.
Die folgenden Seiten stellen nur eine kurze Einführung in die Geschichte des Landes dar. Empfehlenswerte Literatur zum Thema sind auf Seite 653 aufgeführt.
Indigene Völker
Auf dem Gebiet des heutigen argentinischen Staates gab es einst viele indigene Völker. In den Pampas lebten die Querandí, ein Volk von Jägern und Sammlern. Im Norden waren die Guaraní zu Hause; dieses halbsesshafte Volk betrieb Ackerbau und Fischfang. Im Seengebiet und in Patagonien siedelten die Pehuenches und die Puelches, die sich von den Samen („Pinienkernen“) der Araukarie ernährten, während die Mapuche aus dem Westen in diese Region vordrangen und die Spanier gleichzeitig südwärts vorstießen. Heute gibt es noch einige Mapuche-Reservate, vor allem in der Gegend rund um Junín de los Andes.
Bevor sie von den Europäern ausgelöscht wurden, lebten indigene Völker wie die Selk’nam, Haush, Yámana und Kawesqar auch im tiefen Süden, in Feuerland (Tierra del Fuego), und zwar als nomadisierende Jäger und Sammler. Trotz des häufig rauen Klimas trugen sie nur wenig oder gar keine Kleidung, weshalb sie permanent brennende Feuerstellen unterhielten. So kam die Region auch zu ihrem Namen.
Als fortschrittlichste Region galt der Nordwesten. Einige indigene Völker, insbesondere die Diaguita, betrieben in den Tälern der östlichen Ausläufer der Anden Bewässerungsfeldbau. Diese Völker waren beeinflusst von der Aymara-Kultur von Tiahanaco (Bolivien) und vom großen Inka-Reich, welches sich im 15. Jh. von Peru aus südwärts ausbreitete. In der heutigen Provinz Salta steht die Ruinenanlage von Quilmes, eine der besterhaltenen Stätten der Prä-Inka-Kultur.
Ankunft der Spanier
Über ein Jahrzehnt nachdem Christoph Kolumbus zufällig den amerikanischen Kontinent „entdeckt“ hatte, zogen die ersten Euroopäer die Flussmündung des Río de la Plata hinauf. Auslöser für die Erkundungen der Region waren Gerüchte über große Silbervorkommen. Der Spanier Sebastian Cabot nannte den Fluss hoffnungsvoll „Río de la Plata“ (Silberfluss), und euphorisch taufte man Teile des neuen Territoriums auf das lateinische Wort für Silber (argentum). Die wertvollen Bodenschätze, die die Spanier im Inkareich von Peru fanden, wurden hier, in diesem falsch benannten Land, allerdings niemals entdeckt.
Den ersten Versuch einer Siedlungsgründung an der Flussmündung unternahm 1536 der spanische Adelige Pedro de Mendoza. Er landete im heutigen Buenos Aires. Nachdem die Siedler versucht hatten, von den eingeborenen Querandí Nahrungsmittel zu stehlen, zeigten die Eingeborenen sich allerdings mitleidlos: Nach weniger als vier Jahren floh Mendoza zurück nach Spanien – und zwar ohne ein einziges Gramm Silber. Die zurückgelassenen Truppen zogen weiter in die friedlichere Umgebung von Asunción, der heutigen Hauptstadt von Paraguay.
Die Überlegenheit des Nordwestens
Obwohl die spanische Armee Buenos Aires 1580 neu gründete, blieb diese Siedlung im Vergleich zu den Neugründungen in den Anden für lange Zeit tiefste Provinz. Die Siedlungen in den Anden wurden von einer anderen spanischen Truppe gegründet, die von Alto Perú (heute Bolivien) aus nach Süden vorrückte. Dank enger Verbindungen zur Festung von Lima und mit genügend Geld durch die Silbermine von Potosí konnten die Spanier zwei Dutzend Städte gründen, darunter auch das weit südlich gelegene Mendoza (1561). Diese Entwicklungen geschahen alle in der zweiten Hälfte des 16. Jhs.
Die zwei wichtigsten Zentren waren Tucumán (gegründet 1571) und Córdoba (gegründet 1573). Tucumán lag im Herzen einer reichen Agrarregion und versorgte Alto Perú mit Getreide, Baumwolle und Vieh. Córdoba wurde zum wichtigen Wissenschaftszentrum, und die Jesuitenmissionare gründeten estancias (riesige Farmen) in den Sierras, um Alto Perú mit Maultieren, Essen und Wein zu versorgen. Córdobas Manzana Jesuítica (Jesuitenblock) ist heute das am besten erhaltene Ensemble von Kolonialgebäuden im ganzen Land. Einige jesuitische estancias in den Pampinen Sierren sind ebenfalls erhalten – zusammen mit den Hauptplazas von Salta (gegründet 1582) und Tucumán zählen sie zu den schönsten und eindrucksvollsten Werken der Kolonialarchitektur in Argentinien. Mehr über die Jesuiten findet sich auf Klicken Sie hier.
Buenos Aires: Vom Schwarzhandel zur reichen Metropole
Während der Nordwesten des Landes aufblühte, litt Buenos Aires fast zwei Jahrhunderte lang unter den strengen Handelsbeschränkungen der spanischen Krone. Da der Hafen für den Handel geeignet war, begannen frustrierte Kaufleute mit dem Schmuggel, der illegale Handel mit dem portugiesischen Brasilien und den nicht-spanischen europäischen Mächten florierte. Der Reichtum trieb das Wachstum der Stadt voran.
Mit dem Niedergang der Silberminen in Potosí im späten 18. Jh. war die spanische Krone gezwungen, Buenos Aires Bedeutung im transatlantischen Handel anzuerkennen: Spanien musste die Beschränkungen aufweichen und ernannte Buenos Aires 1776 sogar zur Hauptstadt des neuen Vizekönigreichs Río de la Plata, zu dem auch Paraguay, Uruguay und die Minen in Potosí gehörten.
Die in dem neuen Vizekönigreich aufflammenden Streitigkeiten über Handelsrechte wurden rasch in den Hintergrund gedrängt, als die Briten mehrere erfolglose Versuche (1806 und 1807) unternahmen, Buenos Aires zu besetzen (während der Napoleonischen Kriege trachteten die Briten danach, die spanischen Kolonien zu unterwerfen). Der erfolgreiche Widerstand gegen die Angreifer kam ohne spanische Hilfe zustande, die britischen Truppen wurden zurückgeschlagen.
Ab der Mitte des 18. Jhs. betraten in den Pampas die Gauchos die Bildfläche (s. Klicken Sie hier). Die geschickten Reiter, die das südamerikanische Gegenstück zu den nordamerikanischen Cowboys darstellen, verdienten ihren Lebensunterhalt als Viehhirten und betrieben auch Pferdehandel, indem sie verwilderte Pferde einfingen. Diese Tiere waren die Nachkommen jener Vierbeiner, die einst von den spanischen Konquistadoren eingeführt worden waren.
Unabhängigkeit & innere Unruhen
Gegen Ende des 18. Jhs. wuchs unter den criollos (den in Argentinien geborenen Siedlern) die Unzufriedenheit; ihre bisher an den Tag gelegte Geduld mit den spanischen Autoritäten war schließlich verbraucht. Die erfolgreiche Vertreibung der britischen Truppen aus Buenos Aires gab den Menschen des Río de la Plata neues Selbstvertrauen und die Gewissheit, auch ohne Spanien existieren zu können. Nachdem Napoleon 1808 in Spanien eingefallen war, erklärte Buenos Aires am 25. Mai 1810 seine Unabhängigkeit.
Die Unabhängigkeitsbewegungen in ganz Südamerika waren sich schließlich absolut einig in dem großen Wunsch, die Spanier ganz loszuwerden. Unter der Führung von General José de San Martín und anderen erklärten die Vereinten Provinzen von Río de la Plata (der Vorläufer der Republik Argentinien) offiziell am 9. Juli 1816 in Tucumán ihre Unabhängigkeit.
Trotz ihres neuen Status gehörten die Provinzen nur dem Namen nach zusammen. Es gab keine Zentralgewalt, und die regionalen Unterschiede innerhalb Argentiniens, die unter spanischer Herrschaft weniger auffällig gewesen waren, wurden unübersehbar. Lokale Machthaber gewannen zunehmend an Einfluss; sie widersetzten sich Buenos Aires genauso heftig, wie Buenos Aires sich Spanien widersetzt hatte.
In Argentiniens Politik standen sich fortan zwei Parteien gegenüber – einerseits die Föderalisten, die für eine Autonomie der Provinzen eintraten, und andererseits die Unitaristen in Buenos Aires, die für eine starke Zentralgewalt waren. Fast 20 Jahre lang gab es blutige Konflikte zwischen den beiden Fraktionen.
Die Herrschaft Rosas’
Juan Manuel de Rosas wurde in der ersten Hälfte des 19. Jhs. in der Provinz Buenos Aires als Caudillo bekannt. Er vertrat die Interessen der ländlichen Eliten und der Landeigentümer, seit 1829 im Amt des Gouverneurs dieser Provinz. Zwar machte er sich für den Föderalismus stark, setzte sich aber auch dafür ein, die politische Macht in Buenos Aires zu zentralisieren. So verlangte er, dass der internationale Handel über Buenos Aires laufen müsse. Er hielt sich über 20 Jahre an der Macht (bis 1852), und manche seiner „Errungenschaften“ waren erste Vorboten für die unheilvolle Zukunft des Landes: Er gründete die Geheimpolizei, die berüchtigte mazorca, und führte die Folter ein.
Unter Rosas beherrschte Buenos Aires den neuen Staat. Doch seine Radikalität brachte viele gegen ihn auf, darunter seine ehemals wichtigsten Verbündeten. Schließlich stellte ein rivalisierender Caudillo namens Justo José de Urquiza eine mächtige Armee zusammen und vertrieb den Gouverneur. Urquizas erste Amtshandlung war die Ausarbeitung einer Verfassung, die am 1. Mai 1853 in Santa Fe angenommen wurde.
Ein kurzes Aufblühen
Bartolomé Mitre, der 1862 zum ersten offiziellen Präsidenten der Republik Argentinien gewählt wurde, wollte den Aufbau der Nation vorantreiben und die Infrastruktur des Landes stärken. Diese Ziele musste er jedoch dem Tripel-Allianzkrieg gegen Paraguay (1864–1870) unterordnen. Erst als Domingo Faustino Sarmiento, ein Pädagoge und Journalist aus San Juan, das Präsidentenamt übernahm, ging die Entwicklung tatsächlich zügig voran.
Die Wirtschaft von Buenos Aires boomte und zog viele Einwanderer aus Spanien, Italien, Deutschland und Osteuropa an. Die Neuankömmlinge wohnten in den Mietshäusern des Hafenviertels. In den dortigen Freudenhäusern und in den rauchgeschwängerten Kneipen und Cafés entstand der berühmte Tanz von Buenos Aires: der Tango (s. Klicken Sie hier). In anderen Teilen des Landes stellten Basken und Iren die ersten Schafhirten; der Export von Schafen und Schafwolle sollte sich in den Jahren zwischen 1850 und 1880 verzehnfachen.
EVITA, HOFFNUNG DER ARMEN
„Ich komme wieder und werde Millionen sein.“
Eva Perón, 1952
Die aus einfachen Verhältnissen stammende María Eva Duarte de Perón stieg an der Seite von Präsident Juan Perón bis an die höchste Spitze der Macht. Zweifellos zählt sie zu den meistverehrten politischen Gestalten des letzten Jahrhunderts. Die von allen liebevoll Evita genannte First Lady Argentiniens überstrahlt heute in mancher Hinsicht auch ihren Ehemann, der das Land von 1946 bis 1955 regierte.
Im Alter von 15 Jahren verließ Eva Duarte ihre Heimatstadt Junín in Richtung Buenos Aires, um dort als Schauspielerin oder beim Rundfunk zu arbeiten. Ihre große Chance sollte im Jahr 1944 kommen, als sie an einem Benefizkonzert im Luna Park in Buenos Aires teilnahm. Hier traf sie Oberst Juan Perón, der sich in sie verliebte und sie ein Jahr später heiratete.
Kurz nachdem Perón 1946 die Präsidentschaftswahlen gewonnen hatte, begann Evita mit ihrer Tätigkeit im Arbeits- und Sozialministerium. Während der zwei Amtsperioden Peróns unterstützte Evita ihren Ehemann durch ihr Charisma und ihre Fürsorge für die Armen, von denen sie glühend verehrt wurde. Sie ließ Armenhäuser bauen, sie richtete Hilfsprogramme für Kinder ein und ließ Kleidung und Essen an die Bedürftigen verteilen. Ihr soziales Engagement war vorbildlich, sie setzte sich für die Rechte alter Menschen ein und sprach sich erfolgreich für das Frauenwahlrecht aus.
Noch im gleichen Jahr, als Perón den Wahlkampf für seine zweite Amtszeit gewann, starb Evita 1952 im Alter von nur 33 Jahren an Gebärmutterhalskrebs. Ihr Tod war ein schwerer Schlag für das Land und die Präsidentschaft ihres Mannes.
Obwohl man mit Evitas Namen vor allem soziale Gerechtigkeit für jene Menschen verbindet, die sie descamisados (die Hemdlosen) nannte, war die Regierungszeit an der Seite ihres Mannes sehr umstritten. Beide regierten das Land mit eiserner Faust. Sie ließen Oppositionelle verhaften und Zeitungen wie das Time Magazine verbieten, die es gewagt hatte, sie als „uneheliches Kind“ zu bezeichnen. Trotzdem lässt sich nicht bestreiten, dass sie die Gleichberechtigung der Frauen auf allen Ebenen der argentinischen Gesellschaft ausweitete und den Armen des Landes half.
Heute genießt Evita beinahe schon Heiligenstatus. Wer mehr über sie wissen möchte, dem sei der Besuch des Museo Evita empfohlen. Ihr Grab liegt auf Friedhof Recoleta. Lesenswert ist die mit Hilfe eines Ghostwriters geschriebene Biografie La razón de mi vida (Die Mission meines Lebens; 1951).
Der Zugang in den Süden der Pampas und nach Patagonien blieb den Siedlern zunächst noch verwehrt, da die Mapuche und Tehuelche erbitterten Widerstand leisteten. Im Jahr 1878 begann General Julio Argentino Roca mit einem Vernichtungsfeldzug, Conquista del Desierto (Eroberung der Wüste) genannt, gegen jene indigenen Völker. Mit der Eroberung des Südens sind in Patagonien neue Siedlungsgebiete erschlossen worden.
An der Wende zum 20. Jh. verfügte Argentinien über ein gut entwickeltes Eisenbahnnetz, das zum Großteil mit britischen Geld finanziert worden war und das sich von Buenos Aires aus in alle Himmelrichtungen erstreckte. Trotzdem zeichnete sich bald schon eine Wirtschaftskrise bedrohlich ab, denn die Industrie konnte den ungebremsten Zuzug von Einwanderern einfach nicht mehr kompensieren. Arbeiterunruhen waren die Folge, die Importrate übertraf die der Exporte. Mit der Weltwirtschaftskrise riss das Militär schließlich in einem Staatsstreich die Macht an sich.
LAS MADRES DE LA PLAZA DE MAYO
1977 waren unter General Jorge Rafael Videla besonders viele brutale Menschenrechtsverletzungen in Argentinien zu beklagen. Eines Tages zogen 14 Mütter gemeinsam zur Plaza de Mayo in Buenos Aires: Sie wussten sehr genau, dass die Militärregierung öffentliche Versammlungen strikt untersagt hatte und wirkliche oder vermeintliche Dissidenten keine Gnade zu erwarten hatten – Folter und Tod waren allgegenwärtig. Die Mütter aber versammelten sich trotzdem und verlangten Aufklärung über das Schicksal ihrer Kinder, die im Zuge der Ausschaltung jeglicher Opposition einfach von heute auf morgen verschwunden waren.
Die Gruppe, die sich selbst den Namen „Las Madres de la Plaza de Mayo“ (Die Mütter von der Plaza de Mayo) gab, wurde bald zur Keimzelle einer mächtigen sozialen Bewegung. Die Mütter waren die einzige politische Organisation, die den Generälen offen trotzte. Ihr Protest war gerade deshalb so wirkungsvoll, weil sie in ihrer Rolle als Mütter auftraten – das machte sie in der argentinischen Kultur praktisch unangreifbar. Hier zeigten Frauen erstmals sehr entschieden ihre Macht; heute geht man davon aus, dass nicht zuletzt dieser Protest einen wichtigen Beitrag zur Ablösung der Militärdiktatur geleistet hat.
Auch nachdem Argentinien 1983 wieder von einer zivilen Regierung geleitet wurde, blieb das Schicksal vieler Verschollener ungeklärt. Die Mütter setzten ihre Protestzüge fort und forderten weiter Aufklärung und Vergeltung. 1986 teilte sich die Bewegung in zwei Gruppierungen: Eine davon, Línea Fundadora, die den Gründerinnen näher stand, setzte sich für die Suche nach den sterblichen Überresten der Verschleppten ein und forderte vehement, die Täter vor Gericht zu stellen. Die zweite Gruppe, bekannt als Asociación Madres de Plaza de Mayo, hielt im Januar 2006 den letzten ihrer alljährlichen Protestzüge ab, denn die Mütter gaben sich damit zufrieden, dass der Präsident nun auf ihrer Seite stand. Allerdings versammeln sich jeden Donnerstagnachmittag noch immer Angehörige beider Gruppen zum stillen Gedenken an die Opfer der Junta – und aus Protest gegen andere soziale Ungerechtigkeiten.
Weitere Informationen siehe auch unter www.madres.org.ar und www.abuelas.org.ar
Juan Domingo Perón, ein gewiefter und gerissener Offizier, war der erste, der versuchte, die wirtschaftlichen Probleme in den Griff zu bekommen.
Juan Perón
Juan Perón wurde in den 1940er-Jahren zum meistverehrten, aber auch verhasstesten Politiker Argentiniens. Bekannt wurde er als Arbeitsminister, nachdem ein Militärputsch die Regierung 1943 entmachtete. Mit der Unterstützung von Eva Duarte („Evita“), seiner zweiten Ehefrau (s. Klicken Sie hier), gewann er die Präsidentschaftswahlen von 1946.
Bei seinen Reisen durch das faschistische Italien und Deutschland hatte Perón gelernt, wie wichtig Großauftritte im öffentlichen Leben waren, und so entwickelte er seinen eigenen Faschismus-Stil in sehr lockerer Anlehnung an Mussolini. Vom Balkon der Casa Rosada herab nahm er riesige Truppenparaden ab, die gleichermaßen charismatische Evita stets an seiner Seite.
Obwohl sie überwiegend nur mittels Erlassen regierten und keinen politischen Konsens suchten, legalisierten die Peróns die Gewerkschaftsbewegung, stärkten die politischen Rechte der Arbeiter, sicherten den Frauen das Wahlrecht und öffneten geeigneten Bewerbern aus allen Schichten der Bevölkerung den Zugang zu einem Universitätsstudium. Natürlich machte er sich mit dieser praktizierten Sozialpolitik unter den Konservativen und den Angehörigen der wohlhabenden Schichten im Lande nicht unbedingt Freunde.
Wirtschaftliche Nöte und die Inflation überschatteten 1952 Peróns Start in seine zweite Amtszeit. Evitas Tod im selben Jahr war ein schwerer Schlag für das ganze Land – wie auch für die Beliebtheit des Präsidenten. Nach einem Militärputsch schickte man ihn 1955 ins spanische Exil. Es folgten fast drei Jahrzehnte einer schlimmen Militärherrschaft.
Im Exil schmiedete Perón Pläne für seine Rückkehr nach Argentinien. In den späten 1960er-Jahren kam es zu einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation, zu Streiks, politisch motivierten Entführungen und Guerrillakriegen. Während dieser Ereignisse kehrte Perón nach Argentinien zurück, 1973 wurde er erneut zum Präsidenten gewählt. Allerdings blieb seine Amtszeit, nach 18-jährigem Exil, blass und erfolglos. Chronisch krank, starb Perón Mitte 1974 und hinterließ ein in sich zerrissenes Land und seine unqualifizierte dritte Ehefrau, Isabel.
Der Schmutzige Krieg & die Verschwundenen
In den späten 1960er- und frühen 1970er-Jahren war die regierungsfeindliche Stimmung auf ihrem Höhepunkt angekommen. Aus Straßenkämpfen und gewaltsamen Demonstrationen wurden schwere Unruhen im Land. Bewaffnete Guerillagruppen bekämpften das Militär, die politische Elite und den US-Einfluss in Lateinamerika. Hinzu kam die hohe Korruption und Isabels Inkompetenz – Argentinien taumelte am Abgrund.
Am 24. März 1976 kommandierte Armeegeneral Jorge Rafael Videla einen Militärputsch und übernahm die Staatskontrolle. Damit läutete er eine Epoche des Terrors und der Gewalt ein. Videlas erklärtes Ziel war die Vernichtung der Guerrillabewegungen und die Herstellung der gesellschaftlichen Ordnung. Während dieser Zeit fand der vom Regime euphemistisch so bezeichnete „Prozess der Nationalen Reorganisation“ statt. Gemeint waren über das Land ziehende Militäreinheiten, die jeden sofort einsperrten, folterten und töteten, der auf ihrer Liste verdächtiger Linker verzeichnet war.
Zwischen 1976 und 1983, in einer Zeit, die heute Guerra Sucia, „Schmutziger Krieg“ genannt wird, „verschwanden“ laut Schätzungen zwischen 10 000 und 30000 Menschen.
Der Schmutzige Krieg endete erst, als das argentinische Militär einen echten Krieg führte: den Versuch, die britischen Falklandinseln (Islas Malvinas) zu annektieren.
Der Krieg um die Falklandinseln (Islas Malvinas)
Mit Argentiniens Wirtschaft ging es unter der Militärherrschaft weiter bergab, schließlich bis zum völligen Zusammenbruch. Zu einer wirksamen „Nationalen Reorganisation“ kam es nicht. Ende 1981 wurde General Leopoldo Galtieri neuer Präsident. Um sich trotz der Wirtschaftskrise und der sozialen Unruhen an der Macht zu halten, spielte Galtieri die nationalistische Karte aus und startete im April 1982 eine Invasion der Falklandinseln, um die Briten endgültig von einem Terrain zu vertreiben, das Argentinien schon seit 150 Jahren als Islas Malvinas für sich allein beanspruchte.
Galtieri hatte allerdings die britische Premierministerin Margaret Thatcher unterschätzt; nach nur 74 Tagen mussten die kaum ausgebildeten, schlecht motivierten und hauptsächlich aus Teenagern bestehenden Truppen kläglich aufgeben. Das Militärregime brach nach der Niederlage in sich zusammen, und im Jahr 1983 wurde Raúl Alfonsín zum Präsidenten gewählt.
Folgen des Schmutzigen Krieges
Die von Präsident Alfonsín 1983 in Auftrag gegebene Untersuchung über die Menschenrechtsverletzungen des Militärs während des Schmutzigen Kriegs war sehr erfolgreich. Sie überführte zahlreiche hochrangige Offiziere und dokumentierte die Gräueltaten der Junta: Entführungen, Folter und Mord. Die Einführung von Militärreformen mündete in einen Staatsstreichversuch durch das Militär. Daraufhin erließ die Regierung Amnestiegsetze für die Verbrechen des Militärs. In dem Ley de la Obediencia Debida (Gesetz über die Gehorsamspflicht) wurden ehemalige Mitglieder des Militärregimes bis zum Rang eines Brigadegenerals von der Strafverfolgung ausgenommen. Durch das Ley de Punto Final (Schlussstrichgesetz) wurde eine Frist für die Eröffnung neuer Verfahren gegen die ehemaligen Mitglieder der Militärregierung festgelegt. Jahre später, 2003, wurden diese umstrittenen Gesetze annulliert. Die Verbrechen während des Schmutzigen Kriegs wurden danach wieder verfolgt. Mehrere Offiziere sind in den Folgejahren angeklagt und verurteilt worden. Ungeachtet dessen blieben aber auch viele führende Militärs aus jener Zeit auf freiem Fuß.
Die Jahre unter Carlos Menem
Carlos Menem wurde 1989 ins Präsidentenamt von Argentinien gewählt. Rasch setzte Menem eine Politik der radikalen Deregulierung von Märkten ins Werk. Indem er den Wechselkurs des Peso an den US-Dollar band, erzeugte er eine ökonomische Scheinstabilität; diese Entwicklung kam damals der Mittelschicht zugute, die von einem ungeahnten Aufschwung profitierte. Diese Jahre gelten aber mittlerweile als eine der Ursachen für den Zusammenbruch der argentinischen Wirtschaft im Jahr 2002; damals musste der Peso drastisch abgewertet werden.
Menems Amtszeit als Präsident war geprägt von der Privatisierung staatseigener Betriebe – und einigen Skandalen. 2001 stand er unter Verdacht des Waffenhandels mit Kroatien und Ecuador. Er wurde verhaftet und stand unter Hausarrest. Schließlich wurden alle Anklagepunkte fallengelassen. Daraufhin kündigte er an, sich 2003 erneut der Wahl zum Präsidenten zu stellen. Es gelang ihm dabei aber nicht, die absolute Mehrheit zu erreichen. Zur Stichwahl trat er jedoch nicht mehr an, da er laut Umfragen chancenlos war. 2005 kandidierte Menem bei den Senatswahlen für seine Heimatprovinz La Rioja, danach bekleidete er als Zweitplatzierter das Amt eines Senators.
„La Crisis“
1999 stand Argentinien vor einer drohenden Wirtschaftskrise. Sein Amtsnachfolger Fernando de la Rua übernahm ein schweres Erbe: eine extrem instabile Wirtschaftslage und 114 Mrd. US$ Auslandsschulden. Da der Peso ja fest an den Dollarkurs gebunden war, konnten argentinische Unternehmen sich international nicht mehr behaupten, der Export ging drastisch zurück. Gleichzeitig fielen die Preise für Agrarprodukte auf dem Weltmarkt – ein schwerer Schlag für ein Land, das stark von Agrarexporten abhängig war.
2001 stand die argentinische Wirtschaft vor dem Kollaps. Die Regierung, insbesondere Wirtschaftsminister Domingo Cavallo, versuchte der Defizitfinanzierung und der hohen Staatsausgaben Herr zu werden. Doch dies misslang. Daraufhin begannen die Argntinier, speziell die Mittelschicht, ihre Konten zu plündern. Um die Kapitalflucht zu vehindern, führte Cavallo das System zur Beschränkung des Bargeldumlaufs ein, d.h. es durften höchstens 250 Pesos Bargeld pro Woche abgehoben werden – dies war der Anfang vom Ende.
Mitte Dezember war die Arbeitslosenquote auf 18,3 % gestiegen, die Gewerkschaften riefen zu landesweiten Streiks auf. Schließlich erreichten die Proteste und Demonstrationen am 20. Dezember ihren Höhepunkt, als die Mittelschicht lautstark gegen de la Ruas Wirtschaftspolitik protestierte. Unruhen griffen auf das ganze Land über und Präsident de la Rua trat zurück.
In der Folgezeit drückten sich drei Interimspräsidenten gegenseitig die Klinke in die Hand, bevor Eduardo Duhalde im Januar 2002 die Amtsgeschäfte aufnahm – als fünfter Präsident innerhalb von nur zwei Wochen! Duhalde ordnete die Abwertung des argentinischen Peso an und ließ verlauten, dass sich die Auslandschulden Argentiniens auf 140 Mrd. US-Dollar beliefen.
Néstor Kirchner
Die Abwertung des Peso wirkte sich letztendlich positiv aus, die konkurrenzfähigeren Preise auf dem Weltmarkt ermöglichten einen Exportboom für argentinische Produkte. Dafür explodierten in Argentinien die Preise und stürzten Teile der leidgeprüften Mittelschicht in die Armut.
Bei den Präsidentschaftswahlen im April 2003 besiegte Néstor Kirchner, der Gouverneur von Santa Cruz, den Gegenkandidaten Carlos Menem, den Ex-Präsidenten.
Gegen Ende seiner Amtszeit im Jahr 2007 war Kirchner einer der beliebtesten Präsidenten des Landes. Er hob die Amnestiegesetze gegen die Mitglieder der Militärregierung (1976–1983) auf und ließ die während des Schmutzigen Kriegs begangenen Verbrechen wieder verfolgen. Er bekämpfte zudem die staatliche Korruption und löste die strikte Ausrichtung an der US-Wirtschaft (er orientierte sich lieber an den Nachbarstaaten Argentiniens). Schließlich beglich er 2005 die argentinischen Schulden beim IWF. Gegen Ende seiner Amtszeit lag die Arbeitslosigkeit bei unter 9 % – 2002 waren es noch knapp 25 % gewesen.
Nachdem sich die Argentiner mit Kirchners Politik sehr zufrieden zeigten, er aber erklärte, keine zweite Amtszeit als Präsident anzutreten, wurde die Kandidatur seiner Ehefrau, der Senatorin Cristina Fernández de Kirchner, für die Wahlen 2007 allgemein begrüßt. Cristina gewann schließlich die Wahlen mit einem Vorsprung von 22 % vor dem nächsten Kandidaten und wurde die erste frei gewählte Präsidentin des Landes.
„La Presidenta“
Als Cristina ihre Amtszeit antrat, sah sie sich zwei großen Herausforderungen gegenüber: der Bekämpfung der Armut und der Drosselung der Inflation. Im Gegensatz zur erfolgreichen Amtszeit ihres Ehemanns Néstor war ihre Präsidentschaft von Inflation, Steuererhöhungen und auch Skandalen begleitet.
Während ihrer ersten Amtszeit wollte ein aus Venezuela einreisender venezolanisch-amerikanischer Unternehmer 800 000 US-Dollar in einem Koffer illegal einführen. Das Time Magazine berichtete, dass dieses Geld von Hugo Chavez stammte, der damit Kirchners Wahlkampagne unterstützen wollte. Diese Behauptung wurde vom venezolanischen Präsidenten als Unterstellung zurückgewiesen.
Im März 2008 wurde die Erhöhung der Exportsteuer für Sojabohnen angekündigt. Daraufhin reagierten die wütenden Bauern mit Streiks und Protestmaßnahmen; die Regierung machte die Steuererhöhung rückgängig. Bei den Parlamentswahlen 2009 verlor die Partei Kirchners die Mehrheit im Abgeordnetenhaus.
Als im Oktober 2010 Cristinas Ehemann Néstor an Herzversagen starb, stieg ihr Beliebtheitsgrad wieder stark an. Diese neue Popularität verhalf ihr zu einem leichten Sieg bei ihrer Wiederwahl zur Präsidentin im Oktober 2011.
Weitere Informationen über Cristina und Argentinien siehe Klicken Sie hier.
ZEITACHSE
10 000 v. Chr.
Nachfahren der Menschen, die rund 20 000 Jahre zuvor die Beringstraße überquert hatten, erreichen das heutige Argentinien. Damit endet eine der größten Wanderungen der Geschichte.
7370 v. Chr.
In der Cueva de las Manos hinterlassen Angehörige der Toldense-Kultur ihre Bilder von menschlichen Händen. Anhand dieser Bilder lässt sich die Besiedlung der Region datieren.
4000 v. Chr.
Die Yaghan, auch bekannt als Feuerland-Indianer, lassen sich auf den südlichsten Inseln nieder. Damit war die Wanderung Richtung Süden abgeschlossen; weiter konnte man nicht vordringen.
1480 n. Chr.
Das Reich der Inka erstreckt sich bis in die Anden im Nordwesten des heutigen Argentiniens. Damals blühten hier die am weitesten entwickelten indigenen Kulturen des Landes.
1536
Pedro de Mendoza gründet Puerto Nuestra Señora Santa María del Buen Aire am Ufer des Río de la Plata. Allerdings verderben es sich die Spanier mit den Ureinwohnern, die die Siedler schnell wieder verjagen.
1553
Francisco de Aguirre gründet Santiago del Estero und betreibt die spanische Kolonisierung Argentiniens von Alto Perú aus. Der Ort gilt heute als älteste durchgehend bewohnte Stadt im ganzen Land.
1561
Spanier gründen Mendoza. Sie suchen nach einem Zugang zum Río de la Plata, der eine Versorgung mit Nachschub und Truppen gewährleisten soll.
1565
Diego de Villarroel gründet die Stadt San Miguel de Tucumán (heute oft nur noch Tucumán genannt), die drittälteste Stadt Argentinienp. 120 Jahre später wird Villarroel weiter nach Osten verlagert.
1573
Der Gouverneur von Tucumán, Jerónimo Luis de Cabrera, gründet die Stadt Córdoba. Der Ort wird zum wichtigen Knotenpunkt der Handelsstraßen zwischen Chile und Alto Perú.
1580
Spanische Truppen gründen die Siedlung Buenos Aires ein zweites Mal. Im Vergleich zu den Festungen Mendoza, Tucumán und Santiago del Estero bleibt die spätere Hauptstadt aber noch relativ unbedeutend.
1609
Die Jesuiten beginnen im Nordosten des Landes mit dem Bau von Missionsstationen, darunter San Ignacio Miní (1610), Loreto (1632) und Santa Ana (1633). Die Guaraní werden inreducciones angesiedelt.
1767
Die spanische Krone vertreibt die Jesuiten aus ihren südamerikanischen Besitzungen; die Missionsgemeinden verfallen in der Folgezeit recht schnell.
1776
Spanien ernennt Buenos Aires zur Hauptstadt des neuen Vizekönigreichs Río de la Plata. Das Staatsgebiet umfasst Teile der heutigen Länder Paraguay und Uruguay und die Bergwerke von Potosí in Bolivien.
1806/1807
Zur Zeit der Koalitionskriege versucht Großbritannien, sich die spanischen Besitzungen in Südamerika einzuverleiben. 1806 und 1807 greifen britische Truppen Buenos Aires an, sie werden zurückgeschlagen.
25. Mai 1810
Am 25. Mai erklärt Buenos Aires seine Unabhängigkeit von Spanien, auch wenn es noch ein paar Jahre dauern wird, bis die Unabhängigkeit wirklich auf allen Ebenen umgesetzt ist.
9. Juli 1816
Nachdem die Unabhängigkeitsbestrebungen überall in Südamerika erfolgreich waren, lösen sich auch die Vereinigten Provinzen von Río de la Plata in Tucumán formell vom Königreich Spanien.

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» Kongress von Tucumán
1829
Caudillo Juan Manuel de Rosas wird Gouverneur der Provinz Buenos Aires und damit faktisch Regent der argentinischen Konföderation. 20 Jahre lang führt er ein strenges Regiment.
1852
Rosas‘ ehemaliger Verbündeter Justo José de Urquiza besiegt den Gouverneur in der Schlacht von Caserop. 1853 erhält Argentinien seine erste Verfassung, die z. T. noch heute gültig ist.
1862
Bartolomé Mitre wird zum Präsidenten der neuen Republik Argentinien gewählt. Er lässt ein Schienennetz anlegen, sorgt für die Einrichtung einer Post und gründet eine Armee.
1865
Mehr als 150 Immigranten aus Wales erreichen an Bord der Mimosa die Küste Patagoniens; in der Provinz Chu-but entsteht die erste walisische Kolonie auf argentinischem Boden.
1865–1970
Es kommt zum Tripel-Allianz-Krieg zwischen Paraguay auf der einen und Argentinien, Brasilien und Uruguay auf der anderen Seite. Der Krieg endet mit einer Niederlage Paraguays.
1868
Domingo Faustino Sarmiento aus San Juan wird zum Präsidenten gewählt. Er wirbt international um Zuwanderer, reformiert das Bildungswesen und bemüht sich um, den europäischen Charakter des Landes.
1869–1895
Die argentinische Wirtschaft boomt, und der Zustrom von Einwanderern aus Italien und Spanien schwillt an. Die Einwohnerzahl von Buenos Aires wächst von 90 000 auf 670 000. In der Hauptstadt kommt der Tango in Mode. Mit der Unterwerfung und Besiedlung Patagoniens ist die Entwicklung zum Einheitsstaat a um 1880 abge-schlossen.
1872–1979
José Hernández veröffentlicht sein Epos El Gaucho Martín Fierro in zwei Teilen (El Gaucho Martín Fierro, La Vuelta de Martín Fierro).
1926
Ricardo Güiraldes veröffentlicht Don Segundo Sombra, ein Klassiker der Gaucho-Literatur. Das Buch verdeutlicht die Bedeutung des Gauchos für die argentinische Gesellschaft
1946
Juan Perón gewinnt die Präsidentschaftswahl; er setzt rasch einschneidende Reformen der politischen Strukturen durch. Evita engagiert sich für Frauen und Kinder der Armen.
1952
Eva Perón stirbt am 26. Juli im Alter von 33 Jahren an Krebs, nur ein Jahr nach Beginn der zweiten Amtszeit ihres Ehemannes. Der Tod seiner populären Frau schwächt Juan Perón auch in politischer Hinsicht.
1955
Als die Wirtschaft in eine Rezession gerät, verliert Präsident Perón an Rückhalt; nach einem Militärputsch wird er seines Amtes enthoben und ins spanische Exil verabschiedet .
1976–1983
Unter General Jorge Videla übernimmt eine Militärjunta die Regierungsgewalt und entfacht den sogenannten Schmutzigen Krieg. Innerhalb von acht Jahren „verschwinden“ 30 000 Menschen
1982
Als die Wirtschaft wieder vor dem Zusammebruch steht, besetzt General Leopoldo Galtieri die britischen Falklandinseln. Im Überschwang nationaler Begeisterung vergessen viele die Misere des Landes.

CARLOS CARRION/SYGMA/CORBIS ©
» Raúl Alfonsín
1983
Nach dem Scheitern des Falklandkrieges und angesichts einer kollabierenden Wirtschaft übernimmt Raúl Alfonsín das Präsidentenamt – als erster Zivilist seit 1976.
1999–2000
Fernando de la Rua ist als Menems Amtsnachfolger mit einer angeschlagenen Volkswirtschaft konfrontiert. Die Agrarexporte gehen zurück. Der IWF gewährt Argentinien einen Kredit von 40 Mio. US$.
2002
Präsident Eduardo Duhalde wertet den Peso ab und stellt die Tilgung der internationalen Verbindlichkeiten in Höhe von 140 Mrd. US$ ein. Es handelt sich um eine der größten Insolvenz der Weltgeschichte.
2003
Nachdem Carlos Menem sich nach anfänglichen Erfolgen aus dem Rennen um eine erneute Präsidentschaft zurückgezogen hat, wird Néstor Carlos Kirchner zum Präsidenten des Landes gewählt.
2007
Cristina Fernandez de Kirchner, die Frau von Néstor Kirchner und Senatorin der Provinz Buenos Aires, gewinnt die Präsidentschaftswahl. Sie ist die erste gewählte Präsidentin des Landes.
Bei der gleichzeitig stattfindenden Parlamentsteilwahl kann ihre Fraktion ebenfalls einen Erfolg verbuchen und erringt 153 der 257 Mandate.
2008/2009
Bauern und Bauernverbände protestieren mit Streiks und Blockaden gegen die Agrarpolitik der Regierung und lösen so einen „Agrarnotstand” aus..
2009
Unter großer Anteilnahme der Bevölkerung stirbt Ex-Präsident Raúl Alfonsin Foulkes am 21. März 2009. Er war der erste Präsident des Landes nach der Militärdiktatur.
2010
Néstor Kirchners plötzlicher Tod ist ein schwerer Schlag für die Familie, denn man hatte allgemein mit einer erneuten Kandidatur des einstigen Präsidenten gerechnet.
2011
Cristina Kirchner wird als Präsidentin wiedergewählt; wenige Monate später unterzieht sie sich erfolgreich einer Schilddrüsenoperation.
MEHR HISTORISCHE LITERATUR
Argentina 1516–1987: From Spanish Colonization to Alfonsín (1987) von David Rock ist eines der umfassendsten Werke zur Geschichte Argentiniens.
Gigantisch in Umfang und Größe ist The Argentina Reader (2002), das von Gabriella Nouzeilles und Graciela Montaldo herausgegeben wurde; die sorgfältig zusammengestellte Sammlung umfasst einige der wichtigsten Abhandlungen, Auszüge und Erzählungen aus der Geschichte und Kultur Argentiniens.
Die Rolle und Bedeutung der Gauchos in der argentinischen Geschichte beschreibt Richard W. Slatta in Gauchos and the Vanishing Frontier (1983).
Einen etwas persönlicheren Einblick in die Vergangenheit des Landes gewährt Monica Szurmuks Women in Argentina (2001), eine Sammlung von Reiseerzählungen, die zwischen 1850 und 1930 von Frauen, sowohl aus Argentinien als auch aus dem Ausland, niedergeschrieben wurden.
Das Buch des Journalisten Horacio Verbitsky, The Flight: Confessions of an Argentine Dirty Warrior (1996), basiert auf Interviews mit Adolfo Scilingo, ehemaliger Kapitän zur See, der von den Todesflügen des argentinischen Militärs zu berichten wusste. Dabei wurden politische Gefangene lebend aus Flugzeugen in den Atlantik geworfen. 2005 wurde Scilingo für Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu einer lebenslangen Gefängnisstrafe verurteilt.
Das Werk des argentinischen Schriftsteller Uki Goñi, The Real Odessa (2002), zählt zu den am besten recherchierten Büchern über die argentinische Fluchthilfe für NS-Kriegsverbrecher in der Perón-Zeit.
Der argentinische Herausgeber und Journalist Jacobo Timerman, der die Menschenrechtsverstöße während der Militärdiktatur 1976–1983 anprangerte, wurde dafür inhaftiert und gefoltert. Seine Erlebnisse schildert er eindrucksvoll in Prisoner Without a Name, Cell Without a Number (1981).