Fakten

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Democracy at its best: An Speakers’ Corner kann jeder seine Meinung kundtun. Zuhörende Massen sind aber nicht garantiert.

Bevölkerung · Politik · Wirtschaft

London ist ein buntes Völkergemisch und Zentrum der Weltfinanzwirtschaft. Die Jobs dazu gibt es in der City und in den Docklands. Wer einmal unzufrieden ist oder sonstige Forderungen an die Welt stellt, hat es von dort nicht weit zu Speakers’ Corner im Hyde Park.

Ein buntes Völkergemisch

Die Bedeutung als Industrie- und Handelsplatz machte London seit dem 17. Jh., als es bereits 500 000 Einwohner zählte, zum Ziel für Einwanderer aus aller Welt. Den Hugenotten im 17. Jh. folgten im 18. und 19. Jh. die Iren; Afrikaner und Chinesen ließen sich im frühen 19. Jh. im Hafengebiet nieder, während nach 1880 vor allem Juden aus Osteuropa ins East End einzogen. Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen Einwanderer von den Westindischen Inseln, aus Afrika, Zypern, Indien und Pakistan, und in den 1980er-Jahren waren es in erster Linie Araber. In vielen Londoner Bezirken herrschen bestimmte Bevölkerungsgruppen vor: in Brixton die Jamaikaner, in Notting Hill Trinidader, im East End Bangladeshi, in Southall die Inder, im West End, vor allem in Soho die Chinesen, und reiche Araber zieht es nach Kensington. Herausgekommen ist ein buntes Völkergemisch, das zu einer einmaligen kulturellen Vielfalt geführt hat, die sich in Gastronomie, Läden, Festen und Traditionen manifestiert (imageBaedeker Wissen siehe >>).

London wächst

Zwar verlor die City seit Mitte des 19. Jh.s ständig Einwohner (1851: 130 000, heute: rund 11 700), dafür wuchs Groß-London von 2,2 Mio. (1841) auf heute ca. 7,9 Mio. an. Wegen einer hohen Geburtenrate und steigender Zuwanderung rechnet man für 2030 mit 9 Mio. Londonern.

Armut in der teuersten Stadt Europas

Diese Zusammenballung schafft aber auch Konflikte, die über die Frage der Selbstverwaltung, über Bildungs- und Kultureinrichtungen bis hin zur Gleichberechtigung am Arbeitsplatz – in Spitzenpositionen von Wirtschaft und Politik findet man kaum einen Farbigen – und über die Religionsausübung entbrennen. Hinzu kommen soziale Probleme, die durch Kürzungen vieler Sozialleistungen nach der Weltfinanzkrise verschärft wurden und sich im Sommer 2011 unvermittelt in Krawallen mit Brandstiftung und Plünderungen von Geschäften entluden. Londons Arbeitslosigkeit, wovon besonders Jugendliche betroffen sind, liegt über dem Landesdurchschnitt.

BAEDEKER WISSEN !

London auf einen Blick

London • Boroughs

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INNER UND OUTER LONDON

Die inneren 12 der 33 Londoner Bezirke (Boroughs) bilden »Inner London«, die übrigen werden als »Outer London» bezeichnet. Die Verwaltungsstruktur der Metropole war seit der Auflösung des Greater London Council (G.L.C.) im Jahr 1986 durch die Regierung Thatcher – der Stadtrat war ihr zu links – ein unpraktikables, chaotisches Zuständigkeitsgemisch aus Bezirksbehörden und Regierungsstellen. Unter der Regierung Blair wählten die Londoner im Mai 2000 erstmals einen Oberbürgermeister – ausgerechnet den linken Blair-Kritiker Ken Livingstone, der 2004 erneut gewann, doch 2008 vom Konservativen Boris Johnson abgelöst wurde – und wieder einen 25-köpfigen Stadtrat für Groß-London (»Greater London Assembly«). Aus dem Mittelalter tradiert ist das Regiment in der City of London (imageBaedeker Wissen).

DAS FINANZIELLE HERZ DER WELT …

…hat Rhythmus-störungen

Zwei Daten markieren die Eckpunkte von Londons jüngerer Wirtschaftsgeschichte: Am Anfang steht der 27. Oktober 1986, der Big Bang, als die Londoner Börse eine Vielzahl strenger Regelungen aufhob und dadurch ein kaum mehr regulierter, offener Handelsplatz für Wertpapiere aller Art, vor allem noch zu erfindender, entstand. In der Folge stieg die City zum wichtigsten Finanzplatz der Erde auf, an dem – immer noch – die meisten Banktransaktionen in der Welt getätigt werden, zu besten Zeiten täglich über 450 Mrd. € (imageBaedeker Wissen siehe >>). An der London Stock Exchange sind bis heute weltweit die meisten Aktien notiert; die London Metal Exchange ist einer der bedeutendsten Handelsplätze für Rohstoffe und Edelmetalle. Mit Lloyd’s ist der größte und älteste Versicherungsmarkt der Erde an der Themse zu Hause und mit der Baltic Exchange einer der weltweit größten Märkte für Containerschiffsfracht mit über der Hälfte des Weltaufkommens. In London unterhalten mehr US-Banken eine Niederlassung als in New York. So waren zu den Glanzzeiten in der »Square Mile« 360 000 Menschen in der Finanzwelt beschäftigt, vom Spitzenverdiener als smarter Derivatehändler bis zum Pförtner der Büropaläste.

Nach dem 15. September 2008 aber wurden es immer weniger: An diesem Tag brach die New Yorker Investmentbank Lehman Bros. zusammen und die Finanzkrise packte besonders auch London. Es rächte sich, dass die City sich fast völlig auf reine Finanzgeschäfte konzentrierte, immer neue Anlageprodukte generierte und darüber die reale Wirtschaft vergaß. Zehntausende Banker verloren ihren Job und nicht nur sie: Auch die von ihnen in goldenen Zeiten üppig bedachten und engagierten Weinhändler, Schneider, Juweliere, Kindermädchen, Chauffeure, Friseure und Schönheitssalons oder Wohnungsmakler sind die Leidtragenden. Selbst die Auktionshäuser Sotheby’s und Christie’s merkten und merken die Krise, auch wenn die Stellung Londons als Weltzentrum des Kunsthandels nicht gefährdet sein dürfte.

Zentrum der britischen Wirtschaft

Trotz Krise aber: In und um London haben 70 % der größten britischen Unternehmen ihren Sitz, so Shell, BP und BAT. Doch in dem Maße, wie die Bedeutung der Stadt als Handels- und Dienstleistungszentrum zugenommen hat und mit bald 97 % aller Beschäftigten kaum mehr ausbaufähig ist (wozu natürlich auch Billigjobs zählen), ist die Industrieproduktion zurückgegangen. Neue Betriebe, namentlich Hightech, entstanden überwiegend in der Region Southeast, die wiederum von Londons Märkten und seiner Infrastruktur profitiert. Ein weiterer schwergewichtiger Wirtschaftsfaktor ist der Tourismus: Mit jährlich bald 15 Mio. Besuchern ist London die Nr. 1 unter den europäischen Stadtreisezielen.

Willkommen im Alltag

London einmal etwas abseits der Touristenströme erleben und »ganz normale« Leute treffen – einige Tipps:

ENGLISCH LERNEN

Es gibt zahlreiche Sprachschulen in London. Zwar sind die anderen Sprachschüler natürlich keine Briten, aber die Schulen bieten Familienunterkunft für die Dauer eines Kurses. Der British Council führt eine Liste akkreditierter Schulen.

www.britishcouncil.de

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NATURSCHUTZ IN DER STADT

Die Organisation TCV (»The Conservation Volunteers«) bringt Freiwillige für praktische Naturschutzprojekte zusammen – auch für grüne Oasen in London. TCV ist für alle Altersgruppen offen.

www.tcv.org.uk
ww2.tcv.org.uk/display/btcv_london

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BED & BREAKFAST

In manchen, aber nicht allen B & Bs hat man einen guten Kontakt zu den Gastgebern und kann miterleben, wie es bei Londonern zu Hause zugeht. Man sollte persönlich telefonisch anfragen, um einen Eindruck zu gewinnen – und lieber eine Adresse in einem Vorort nehmen als in einer touristischen Innenstadtgegend.

www.londonbb.com
www.visitlondon.com

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AUSGEHEN, FREUNDE FINDEN

Das Netzwerk City Socialising bringt Menschen mit Gemeinsamkeiten zusammen, z.B. kulturelle, gastronomische und sportliche Interessen oder einfach nur die Wohngegend. Wer sich ein bißchen länger in London aufhalten will, kann sich anmelden:

http://london.citysocialising.com/home.html

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WANDERN ODER RADELN MIT EINER GRUPPE

Die London Strollers organisieren Gruppenwanderungen in der Innenstadt und in Außenbezirken: Wer auf der Internetseite »Kontakt« anklickt, erhält Links zu ähnlichen Gruppen. Die Bürgerinitiative London Cycling Campaign setzt sich für bessere Bedingungen für Radfahrer in der Großstadt ein und veranstaltet Radwanderungen:

www.londonstrollers.org.uk
http://lcc.org.uk/events

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Rushhour auf der London Brigde: Täglich strömen Zehntausende von der London Bridge Station hinüber in die City zur Arbeit.

Verkehr

Natürlich ist London auch die Verkehrsdrehscheibe des Inselreichs. Wer mit Auto oder Bus aus den übrigen Landesteilen in die Hauptstadt will, landet auf dem zu Stoßzeiten chronisch überlasteten, 188 km langen Autobahnring M 25 (»London Orbital«). Für die Weiterfahrt in die City muss man bezahlen: Mit der »Congestion Charge« will man der Überlastung der Innenstadt Herr werden.

Der Flugverkehr wird über fünf Flughäfen abgewickelt. Der internationale Linienverkehr läuft v. a. über Heathrow, den drittgrößten Flughafen der Welt. Gatwick gehört zu den größten Charterflughäfen Europas, während Stansted und in weit geringerem Maße Luton überwiegend von Billigfliegern angesteuert werden. Der kleine City Airport ist für Geschäftsreisende wichtig.

London besitzt 14 Bahnhöfe, wovon St. Pancras für den internationalen Verkehr der wichtigste ist: Hier kommen die Eurostar-Züge an, die den Kanal unterqueren.

Londons Seehafen ist immer noch ein wichtiger Umschlagplatz. Allerdings hat sich das Geschehen verlagert: Liefen bis in die 1960er-Jahre hinein die Hochseeschiffe die aus dem 19. Jh. stammenden Docks im Osten Londons an, erstreckt sich der Containerhafen heute rund 25 km themseabwärts von Tower Bridge bei Tilbury; noch weiter flussabwärts liegen die Ölhäfen Shellhaven, Thameshaven, Canvey Island und Coryton.

Den innerstädtischen öffentlichen Verkehr bestreiten die berühmte Underground, die älteste U-Bahn der Welt mit heute 12 Linien und einem Streckenetz von 405 km (imageBaedeker Wissen siehe >>), sowie eine Unzahl von Bussen auf über 700 Linien – die nostalgischen Routemaster-Doppeldecker sind allerdings nur noch auf den Linien 9 (Kensington – Aldwych) und 11 (Trafalgar Square – Tower) unterwegs. 2011 wurde ein ganz neues, vom Routemaster inspiriertes Modell vorgestellt. Dieser besonders für London entwickelte Doppeldecker ist mit drei Türen größer als alle Vorgänger, jedoch dank einer Leichtbauweise umweltschonender und wird schrittweise seit 2012 eingeführt.