Zwei Wege
Neben dem bewussten Lebensweg eines Menschen
gibt es ebenso das unbewusste Dasein. Beide Wege werden
im Tarot des Großen Arkanum berücksichtigt und dargestellt. Beide
Wege führen zum gleichen Ziel von Vollkommenheit und Fülle, zum
Schicksal als Fügung (11) bzw. zur Welt der Harmonie (21) – in den
neuen Frühling, nur mit dem Unterschied, dass der eine Weg angenehm
und der andere unangenehm ist. Der Lebensweg des Magiers (1) formt
die bewusst voranschreitende und der des Narren (0) die
unvorteilhaft, unbewusst vor sich hin stolpernde Gangart.
Das bedeutet aber nicht, dass der Magier (1) immer auf der
Sonnenseite bleibt. Auch für ihn gibt es Licht und Schatten. Ehe er
es sich versieht, findet er sich auf dem Weg des Narren wieder und
umgekehrt: auch der Narr (0) hat die Möglichkeit zu lernen und auf
den Weg des Magiers (1) überzuwechseln. Wechsel, Wandel und
Verwandlung entsprechend dem Gesetz der
Hathor, gelten auch hier.
Der Weg des Narren führt über alle Stufen der
Wandlungsphasen ebenso zum Ziel wie der Weg des
Magiers. Nur, dass er diese Wandlungsphasen durchleiden muss,
während der Magier sie gemäß der den Dingen innewohnenden
Gesetzmäßigkeit durchschreiten und in seinem Sinne
beeinflussen kann.
So hat der Priester-Magier Thot alle 20 Seinsformen des Lebensweges
der Menschen in 4 Kartenreihen zu 5 Stufen unterteilt.
Jeweils zwei Reihen gehören zum Lebensweg des Magiers und zwei zum
Lebensweg des Narren.
Dabei weicht die Ordnung des Großen Arkanum deutlich von der
heutzutage allgemein üblichen Reihenfolge der Tarotkarten ab.
Außerdem bilden 2 Karten eine gesonderte Reihe.
Der Weg des Magiers:
Der bewusste Weg des Magiers (1) führt über Wissen (2),
Energie (3) und 'Selbstverwirklichung in der Existenz' (4) zum
Kontakt mit dem 'Höheren Selbst' (5). Er ergreift die Chance, den
'Fingerzeig des Göttlichen' (6). Durch diese richtige Entscheidung
(7) siegt er über das Schwarze, schafft damit den Ausgleich (8) in
seiner Umwelt, wodurch sich ihm als Weisen (9), als gerettete
Seele, als Mitschöpfer mit dem Göttlichen, als Seher, das Schicksal
fügt (11).
MAGIER, UDJAT, UROBOROS, HERZ und BA sowie Erkenntnis der Chance, Sieg über das Schwarze, MA'AT, ACH und Kraft (Macht) formen die 2 Kartenreihen des vorteilhaften Weges.
Hier nochmals die Zahlen der Kartenreihen des bewussten Lebensweges:
1, 2, 3, 4, 5
6, 7, 8, 9, 11
Der Weg des Narren:
Der unbewusste Weg des Narren (0) führt über das Verhängnis bzw.
das unbequeme Dasein (12) durch den Widerstand des Gegners (16)
über Leiden bzw. Abhängigkeiten (15) zur Hingabe, Aufgabe, Ohnmacht
(13), zum Durchgang in die nächste Dimension. Hier führt der
Kontakt mit den Ahnen (17), die ihm den Schlüssel, das
richtige Maß für die 'Neuordnung im Feinstofflichen' (14)
geben, zur Rettung (20), zum Licht (19) und die Auferstehung in
einer neuen Harmonie. Die Wiedergeburt in einer harmonischen
Welt (21) erfolgt.
NARR, das unbequeme Dasein, APOPHIS, KA, Hingabe, ANCH, Neuordnung,
Rettung, RA und Wiedergeburt formen die 2 Kartenreihen des
Narrenweges.
Hier nochmals die Zahlen der Kartenreihen des unbewussten
Weges:
0, 12, 16, 15, 13
17, 14, 20, 19, 21
Die Karte Nr. 10 (AMUN) und die Karte Nr. 18
(NUN) gehören zur 5. Reihe, da beide Karten letztlich
dasselbe sind. Das Unbegrenzte (18) ist es schließlich, indem AMUN,
das verborgene Schicksal (10), wirkt, aus dem uns etwas
geschickt wird.
Den Urgrund der Schöpfung bzw. den Herrschaftsbereich der HATHOR
bilden die Zahlen der 5. Kartenreihe:
10, 18
Zusammenfassung der Wandlungsphasen im Großen Arkanum:
Wenn wir uns die Tabelle anschauen und die letzte rechte Spalte als Ergebnis der jeweiligen Zeile auffassen, fällt auf:
-
Der Magier existiert im Einklang mit dem Höheren Selbst (BA)
-
Der Seher oder Suchende bzw. Weise (ACH) kommt durch den 'göttlichen Fingerzeig' zur Macht bzw. Kraft
-
Der Narr stirbt, es sei denn, die Hingabe wird zum Durchgang und verschafft ihm den
-
Schlüssel (Stern) zum richtigen Maß und führt ihn dadurch hin zu Licht, und Leben, zur neuen Harmonie.
Hierin finden wir das Gesetz der Hathor – die Metamorphose der Gegensätze - verwirklicht. Der Narr kommt zu Leben und Auferstehung indem er sich als Narr verwandelt und selbst zum Magier wird. Das „stirb!“ und „werde!“ wie es in der Natur überall geschieht, ist der geheimnisvolle Inhalt des Tarot. So heißt es denn auch bei Paul Foster Case6 : Rota taro orat tora ator: Das Rad des Tarot verkündet das Gesetz der Hathor – das ist das Gesetz der Metamorphose der Gegensätze in ihr Gegenteil.
Stellen wir die Reihe II hinter die Reihe I und die Reihe IV hinter die Reihe III, so erhalten wir zwei Reihen zu jeweils 10 Karten, die durch die Gegensätze Magier und Narr angeführt werden. Auf diese Weise wird der bewusste Weg mit der Tagesfahrt der Sonne und der unbewusste Weg mit ihrer Nachtfahrt, entsprechend der alt-ägyptischen Religion, vergleichbar. Tag und Nacht, Diesseits und Jenseits werden dort als Paralleluniversen gesehen, die aus dem Urgrund der Schöpfung, dem Herrschaftsbereich der HATHOR (alt-ägyptische Große Göttin), kommen. Die Karte 21 markiert den Sonnenaufgang, den neuen Tageslauf, und die Karte 11 den Sonnenuntergang, die letzte Stufe vor dem Abstieg in die Unterwelt, im Kreislauf einer ewigen Wiederkehr bzw. des ewigen Wandels der Gegensätze im Konglomerat der Kräfte von AMUN und NUN, dem Verborgenen und dem Unbegrenzten im Rad der Zeit.
Dabei wird das Schwarze, die tiefste Nacht, die abnehmende Kraft bzw. das Sterben, als Tür bzw. notwendigen Durchgang in den nächsten Kreislauf des Werdens, ins neue Leben, gesehen. Vom Dasein in der Unterwelt, z. B. nachts im Schlaf, oder im jenseitigen Reich des Todes versprach man sich 'Schauen' und 'Wissen', versprach man sich, von der Sonne erleuchtet zu werden, da man ihr in der tiefsten Unterwelt auf ihrer Nachtfahrt begegnen würde. Das dadurch erlangte Wissen würde helfen, die anstehenden Schwierigkeiten bei der Selbstwerdung zu bewältigen. Ein tiefes Vertrauen in die Wandlungsfähigkeit gegensätzlicher Kräfte in ihr Gegenteil, bildete einst die unerschütterliche Zuversicht, dass es nach göttlichem Willen noch im Diesseits aus dem Leiden wieder herausgeht, wenn man mitschöpft mit dem Göttlichen.