Der Sonnenlauf

Die Priester-Magier waren sich bewusst, dass sie beide Bereiche: Himmel und Erde, Kraft und Gegenkraft; in sich trugen. Ihr Geist (BA oder BA-Seele) gehörte zur Himmelsmacht und in ihrem Körper wirkte die Erdkraft (KA oder KA-Seele). Entsprechend trennten sich im Tod 'BA' und 'KA'. 'BA' ging zur Sonne, wo es ursprünglich herkam und 'KA' kehrte zur Erde zurück. Aber hier, vereinigt mit ihrem Ursprung, regenerierten sich die Kräfte. "Die unbegrenzte Fähigkeit zur Wandlung und Regeneration ist der Felsen, auf den der ägyptische Jenseitsglaube gebaut ist...".7 Als Basis dieses Glaubens diente der Sonnenlauf: "Der Sonnenlauf führt dem Ägypter sichtbar vor Augen, daß eine Regeneration des Lichtes in der Finsternis und damit auch eine Regeneration des Lebens durch den Tod möglich sind."8 "»Wer auf die Sonne schaut, dem erschließt sich das Wesen der Finsternis«, heißt es in Spruch 115 des Totenbuches ...".9 "Wenn das Tor des Horizonts sich öffnet, fällt der Blick in die Tiefe der Welt. Dort brennt das Feuer, das vernichtet und zugleich erneuert, das die Sonne zu neuer Leuchtkraft entzündet. Die regenerierenden Kräfte dieser Tiefe sind unverzichtbar. Wer sich ihnen anvertraut, findet helfende Arme; er kann nicht zugrunde gehen, denn die Finsternis trägt ihn."10 In der Sonnensymbolik zieht der Sonnengott (RA) jede Nacht durch die Unterwelt, erleuchtet die Toten mit seinem Licht, regeneriert sich dort selbst und erscheint immer wieder verjüngt zu einem neuen Tageslauf.
Das Verhältnis von Körper und Geist, wie es die Pharaonen sahen, in eine moderne Begriffswelt übersetzt, bedeutet: Der Trieb (die Sexualität), als das Feuer in der Tiefe des Leibes, ist es, welcher das Herz vernichten kann oder es erneuern kann, je nachdem, ob der Trieb in Bewusstsein transformiert und mit dem Geist harmonisiert werden kann. Die Wärme des Herzens, die Liebe, kommt von dem Geist, dem Licht, das es erleuchtet ebenso wie die Erneuerung des ganzen Körpers durch dieses Licht bewirkt wird.11
"... die Sonne muß auf ihrer Nachtfahrt von Westen nach Osten zurückwandern, und sie verjüngt sich dabei vom "Greis" zum "Kind". In ihrem Licht werden Dinge und Wesen der finsteren Unterwelt sichtbar...".12
Hieran wird die Wichtigkeit der Leib/Seele-Einheit (Gefühlswelt) deutlich. Der Körper als Tempel des eigenen Geistes mit der Seele als Fundament dient dem Geist (Licht) als Instrument zur Energieumwandlung. Geist ist dabei mehr als Bewusstsein, denn das Bewusstsein entsteht erst in der Inkarnation durch das Anwenden des Willens auf die Begierde. (Cayce)
 

Eine andere Variante des Sonnenlaufs findet sich im Jahresrad der Ur-Religion der großen Göttin aus der Zeit der Megalith-Kulturen im Hexen-Glauben wieder, als man die Natur stellvertretend über das Weibliche verehrte:
Göttin, Gott und Schöpfungskraft ruhen gemeinsam  bevor die (Ver)Wandlung beginnt. Dann wird Er geboren und  seine Geburt wird gefeiert (Wintersonnenwende). Er wächst und gedeiht: das wird Anfang Februar festlich begangen. Um den 21. März tanzt Er mit der Göttin in ihrem Jungfrauen-Aspekt. Anfang Mai wird die Hochzeit von Göttin und Gott gefeiert, und zur Sommersonnenwende findet die Vereinigung ein letztes Mal statt vor der erneuten (Ver)Wandlung, denn diese Vereinigung beinhaltet Abschied,  Trennung, Tod. Betrauert wird Er Anfang August. Jedoch ist Er in den Schoß der Göttin zurückgekehrt und regeneriert sich dort selbst. (Herbst Tag- u. Nachtgleiche). Anfang November befindet Er sich in der Unterwelt und begegnet den Seelen der Verstorbenen, die hier wieder jung werden und auf die Wiedergeburt warten. Er öffnet die Tore zur Wiedergeburt und herrscht über die Traumwelt, während auch Er sich erneut verwandelt und wieder geboren wird (Wintersonnenwende). Dann beginnt der Kreislauf von neuem.
Im Mysterium der Naturkräfte wird in einem ewigen Wechsel und Wandel das Licht immer wieder durch die Finsternis geboren und umgekehrt.  So ist der Gott auch als der Herr des Tanzes, der Bewegung, des Wechsels und Wandels, der Schwingung bekannt. Leben und Sterben erscheinen dann als verschiedene Schwingungsbereiche. Der Tageslauf der Sonne kann mit einer hohen schnellen Schwingung verglichen werden und die Nacht mit einer niedrigeren langsamen Schwingung.
Gefühlszustände von Leben, Liebe, Freude, Begeisterung, Leid, Trauer, Schmerz, Wut etc. entsprechen dann ebenfalls   Schwingungen unterschiedlicher Frequenzen.
So sind auch Diesseits und Jenseits zu Parallelwelten unterschiedlichen Schwingungsbereiches aber ohne strikte Grenze geworden.
Den inkarnierten Geist charakterisieren deshalb unterschiedliche Grade von Schwingung als Zustände unterschiedlicher Grade von Wachheit. Je wacher ein inkarnierter Geist, desto höher die Schwingung, desto größer die Ich-Transzendenz.
Das Ziel ist: so wach zu werden wie nur möglich, möglichst bis man den eigenen Geist (Lichtwesen) selbst sieht.

Das geht nur durch wahrnehmen und annehmen dessen was ist, und es im annehmen bereits überschreiten, dadurch umwandeln bzw. transzendieren dessen was ist.
Zur Wahrnehmung braucht der Geist den Körper, die Leib / Seele-Einheit bzw. die Gefühlswelt, als Instrument der Wahrnehmung. Man kann daher die Kraft des eigenen Geistes auch stärken, indem man gut für den Körper als Tempel des eigenen Geistes sorgt, indem man den Körper gesund erhält.
Magier ändern den Schwingungszustand ihrer  Leib-/ Seele-Einheit (Gefühlszustand) selbst und dadurch ändern sie ihre Welt, denn nur wer sich selbst bezwingt, bezwingt die Welt. Es reicht deshalb nicht aus, einfach nur dem Lustprinzip zu folgen, um den 'Weg des Herzens' zu gehen. Das Hexen-Credo aus der Wiccan Rede13 : „Und schadet es niemand, tue was du willst.“ greift zu kurz, wenn es um das Mitschöpfen mit dem Göttlichen geht, denn MA'AT und HERZ werden am Ende miteinander gleichgesetzt. Es gilt in jedem Fall den Weg zu gehen, der einen entspannt, der einem ein gutes Gefühl gibt. Das gute Gefühl erlangt man immer dann, wenn man im Einklang mit einer 'verborgenen übergeordneten Kraft' (AMUN) wirkt. Das kann für den Augenblick schon einmal bedeuten, etwas tun zu müssen, zu dem man gerade keine Lust hat. Deshalb ändern Magier die Schwingung ihres Gefühlszustandes durch ihren Geist, indem sie in sich die Herrschaft des Geistes über die Materie errichten. Hierbei helfen ihnen unter anderem das Licht des RA und die Lichtwesen (Kräfte / Geister) des TAROT.