Resümee

Am 20. Oktober 2007 bekam ich den mit 5000 englischen Pfund dotierten »Irwin Prize for Secularist of the Year« (Preis als Säkularist des Jahres) verliehen.

Die britische National Secular Society verleiht ihn jährlich an Personen oder Organisationen, die nach Ansicht der Gesellschaft Bemerkenswertes für die Sache des Säkularismus getan haben.

Ich bin sehr glücklich über diesen Preis, denn ich werte ihn nicht nur als Anerkennung meiner persönlichen Arbeit, sondern als Auszeichnung für alle, die den Mut haben, den Islam offen zu kritisieren. Er beweist, dass wir, wenn wir in dieser Auseinandersetzung entschieden Flagge zeigen, wenn wir deutlich und klar zu unseren eigenen Werten stehen, die Errungenschaften von Humanismus und Aufklärung gegenüber jenen verteidigen können, die uns liebend gerne ins Mittelalter zurückschicken würden.

Richard Dawkins, Kirchenkritiker und Autor, beglückwünschte mich mit den Worten: »Ich habe lange empfunden, dass der Schlüssel zur Problemlösung der weltweiten Bedrohung durch den islamischen Terrorismus und seiner Unterdrückung im Erwachen der Frauen liegen könnte, und Mina Ahadi ist eine charismatische Führerin, die auf dieses Ziel hinarbeitet.

Die brutale Unterdrückung der Frauenrechte in vielen Ländern der islamischen Welt ist ein offensichtliches Verbrechen. Zwar weniger offensichtlich, aber ebenso schändlich ist die hilflose Zustimmung von westlichen Liberalen, sich dem zu fügen. Es ist schlimm und nicht hilflos, es ist bevormundend und herablassend zu sagen: ›Das Frauen-Schlagen ist Teil ihrer Kultur. Wer sind wir, dass wir diese Traditionen verurteilen wollten?‹

Mit einer Religion, die so unsicher ist, dass sie den Glaubensabfall mit der Todesstrafe bedroht, sollten wir keine Kontakte pflegen, und Ex-Muslime, die aufstehen und dagegen kämpfen, verdienen unsere höchste Bewunderung und Dankbarkeit für ihren Mut. Eine in der Spitze dieser ehrenhaften Gruppe ist Mina Ahadi. Ich sage ihr meinen Respekt dafür und beglückwünsche sie zu diesem wohlverdienten Preis als ›Säkularistin des Jahres‹.«

Am 1. Dezember 2007 stand ich in Köln mit Günter Wallraff und Ralph Giardono auf einer Veranstaltung für die Menschenrechte auf dem Podium. Der Zentralrat der Ex-Muslime ist Teil einer größeren Bewegung, und das macht mir Mut für die Zukunft. Und für die Zukunft der Frauen, die im Iran und in deutschen Wohnungen unter den Auswirkungen der Scharia leiden müssen.

Nur in einem säkularen Staat, so meine feste Überzeugung, können die allgemein gültigen Menschenrechte Richtschnur der Regeln des Zusammenlebens werden. Toleranz gegenüber Religionen muss da ihre Grenze haben, wo diese inhuman werden – denn nur dann kann Toleranz ein positiver Wert sein. In Sachen Menschenrechte, Selbstbestimmung und Freiheit werde ich immer mit allen Menschen zusammenarbeiten, die diese unverrückbaren Ziele verfolgen, egal welcher Partei sie angehören und welcher Religion. Aber solange wir noch nicht in einer säkularen Welt leben, die eine diesseitige Ethik für alle als Grundlage unseres Zusammenlebens hat, ist es notwendig, sich auch als Atheistin zu bekennen. Heute ganz besonders gegen den Islam. Für die Freiheit.

Als Atheistin muss ich meine moralischen Grundsätze immer wieder selbst überprüfen, an der Realität und den Lebensbedingungen meiner Mitmenschen. Ich muss meinem Leben selbst einen Sinn geben. Freiheit ist nicht einfach. Selbst zu denken, zu entscheiden und zu handeln als soziales Wesen mit Verantwortung ist oft schwerer, als die Verantwortung abzugeben und von anderen diktierten Regeln zu folgen, deren Befolgung auch noch als Belohnung das ewige Paradies verheißt. Meine Belohnungen sind die Befreiung von Nazanin Fatehi, das eigenständige Denken meiner Töchter, der Zuspruch einer Zuhörerin nach einem Vortrag. Dies gibt mir die Kraft, meinen Kampf für die Freiheit jeden Tag neu aufzunehmen.

Meine größte Bitte an die in diesem Land aufgewachsenen Menschen ist, genau zu prüfen, wo sie tolerant sind. Denn Toleranz kann nur auf Gegenseitigkeit beruhen. Lippenbekenntnisse, auf dem Boden des deutschen Grundgesetzes zu stehen, dürfen den islamischen Verbänden nicht einfach abgenommen werden – sie müssen aufgefordert werden, diese zu untermauern, und ich sehe dafür ein einfaches Zeichen: Die Frauen werden ihr Kopftuch ablegen und ihr Haar unverhüllt wehen lassen. Sie werden sich weigern, als Verkörperung der satanischen Verführung zu gelten, die der Mann nur bändigen kann, indem er die Frau und ihren Körper kontrolliert und als Ehefrau und Tochter besitzt. Sie werden selbst entscheiden, ob sie heiraten, und wenn ja, wen. Sie werden nicht mehr arabische Verse nachbeten, sondern sich eine eigene Meinung bilden zu ihrem Leben und der Gesellschaft, in der sie leben wollen. Sie werden den Begriff »Ehre« ablehnen und selbstbestimmt ihre eigenen Werte formulieren, ihr eigenes Leben leben, mit Respekt vor sich selbst und allen Menschen. Wie immer sie das tun werden – sie werden für sich selbst sprechen, jede Einzelne. Wir sollten diesen Frauen alle Gelegenheit bieten, ihren Käfig zu erkennen, die Tür zu öffnen, und sie ermutigen, diesen Käfig zu verlassen.