Kapitel 1

Nora strampelte im Halbschlaf das Laken von ihrem Leib. Ohne die Augen zu öffnen, wusste sie, dass die Sonne auf ihre Beine schien. Sie badete in der Wärme, drehte sich auf die Seite und strich sich das verwuschelte Haar aus der Stirn. Sie war mitten in einem Traum aufgewacht und wollte ihn nun festhalten. Jemand hatte nach ihr gerufen. Sie erinnerte sich an einen Mann, an blasse Haut und ausgestreckte Hände; er hatte einen schwarzen Anzug getragen, die Hosen eng, das Hemd am Hals offen, und das hatte ihn ungeheuer aufregend aussehen lassen. Sie hatte versucht, zu ihm zu gelangen, aber wie in Träumen üblich, war er verschwunden, bevor sie sich berühren konnten. Bestimmt küsste er besser als Leonardo di Caprio in »Titanic« oder Humphrey Bogart in »Casablanca«. Doch seine Leidenschaft für sie brannte heiß wie Feuer über Raum und Zeit hinweg. Einzig der Tod könnte sie trennen, sie hatten eine Verbindung von Blut und Seele.

Sie glühte jetzt noch, wenn sie an die Blicke dachte, die er ihr zugeworfen, mit denen er sie ausgezogen hatte. Fest kniff sie die Augen zusammen, um wieder einzuschlafen und den Mann zurückzuholen. Und wirklich hatte sie den Eindruck, als glitte sie wieder tiefer in ihren Traum. Nebel wallte auf, und in ihm erschien der Fremde, kalt und blass und gleichzeitig Verführung pur. Ein Windstoß hatte sein schwarzes Haar durcheinandergewirbelt, und er wartete — auf sie. Die einzige Frau seit Äonen, die das Feuer seiner Leidenschaft zu stillen vermochte.

Sie wollte auf ihn zulaufen, doch sie konnte ihm nicht näherkommen; stattdessen zerfaserte seine Gestalt im Nebel, bis sie sie nicht einmal mehr erahnen konnte. Das Surren einer Mücke riss sie aus ihrem Traum. Das Insekt schien über ihr zu kreisen und kam immer näher. Nola brummte unwillig. Sirr, sirr. Ekliges Geräusch. Sie schlug nach dem Vieh, erwischte es jedoch nicht. Dafür war sie vollends wach und verlor den Traum endgültig.

Nola reckte sich und blinzelte ins Sonnenlicht. Im Schlafzimmer war es bereits sehr warm, es würde wieder ein heißer Tag mit stehender Luft in den Straßen Londons werden.

Verrückter Traum. Sie spürte noch den kühlen Nebel auf ihrer Haut, die Blicke des Mannes, die alles versprachen und alles hielten. Sie lachte über sich selbst — normalerweise träumte sie nicht von aufregenden Männern. Ihre beste Freundin Violet hätte dazu etwas zu sagen wie: Hättest du einen sexy Mann an deiner Seite, bräuchtest du nicht zu träumen.

Nola stand auf. Das Lachen blieb ihr im Hals stecken, als sie an sich herunterblickte. An ihren Oberschenkeln befanden sich lange Kratzer, die aussahen wie von Tierklauen. An ihren Brüsten und Armen waren ebenfalls welche. Entgeistert betrachtete sie sich im Spiegel an der Schlafzimmerschranktür und berührte vorsichtig eine Stelle auf ihrer linken Brust. Der Kratzer war echt und frisch.

»Verdammt! Wo kommt das her?«, sagte sie laut zu sich selbst.

Sie schüttelte Kopfkissen und Bettdecke aus und tastete über das Laken. Nichts Hartes und Spitzes. Wieder glitt ihr Blick an ihrem nackten Körper entlang. Gott, sie sah aus wie ein Folteropfer.

Die Kratzer waren nicht gefährlich — bestimmt waren sie das nicht, und der Schmerz war auszuhalten, aber sie ängstigte sich. Etwas Dunkles und Geheimnisvolles war in ihr Leben eingebrochen. Erst der intensive Traum und dann …

Sie ging ins Bad, wusch sich vorsichtig. Zum Glück hatte sie keine Verletzungen im Gesicht!

Zwei Stunden später saß Nola im Behandlungszimmer ihrer Ärztin Deborah Frazer, mit der sie seit Jahren befreundet war. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, als Deb die Stellen auf ihren Armen und der Brust untersuchte. Sie fühlte sich, als warte sie auf eine Diagnose namens Pest oder Lepra.

»Das sind harmlose Kratzer, sie werden von allein heilen. Aber ich kann dir eine antiseptische Lösung auftupfen, um ganz sicher zu sein, dass sich nichts entzündet.« Deb runzelte die Stirn. »Und du weißt wirklich nicht, woher sie stammen?«

»Nein.« Sie hatte ihrer Freundin geschildert, wie sie die Kratzer entdeckt hatte. Den Traum hatte sie verschwiegen.

»Das ist wirklich …«

»Warum habe ich nicht bemerkt, wie sie mir zugefügt wurden?«

»Das wiederum ist leicht zu erklären. Sie sind nur oberflächlich und gehen kaum durch die Epidermis, und solange du dich nicht darauf konzentrierst, spürst du nichts. Jetzt tun sie weh, weil sie dich nervös machen.« Deborah stand auf, rückte ihre Brille zurecht und holte eine Flasche mit einer klaren Flüssigkeit aus einem Wandschrank. Sie gab etwas davon auf einen Wattebausch und tupfte die Lösung auf die Wunden. Es brannte ein wenig, dennoch beruhigte sich Nolas rasender Herzschlag unter der Behandlung und dem Gefühl, mit ihren Sorgen nicht mehr allein zu sein.

»Du bist dir sicher, dass du es nicht selbst warst?«, vergewisserte sich Deb noch einmal.

»Absolut«, antwortete Nola. »Das kann ich mir doch nicht selbst zufügen, ohne es zu merken. Außerdem hätte ich dann Blut-und Hautfetzen unter meinen Fingernägeln haben müssen.« Sie las gerne Krimis, aber von ihrem Blut und ihrer Haut auf diese Weise zu sprechen, bereitete ihr Mühe.

»Das hätte so sein müssen.«

»Da war nichts.«

»Und du hast nicht vielleicht einen jungen Mann mit speziellen Vorlieben kennengelernt und mit ihm die Nacht verbracht?« Deborah tupfte die antiseptische Lösung auf Nolas Oberschenkel, und weil sie die Stimme bei ihrer Frage gesenkt hatte, musste Nola sich vorbeugen, um die Ärztin zu verstehen. »Bei besonderen Praktiken kann so etwas vorkommen.«

Nola brauchte einen Augenblick, um zu verstehen, was ihre Freundin meinte, aber dann fühlte sie Blut in ihr Gesicht schießen. »Nein!«

Deborah sah auf, rückte die Brille zurecht. »Mädchen, es ist nichts Schlimmes dabei, wenn es beiden Partnern gefällt. Wenn die Leidenschaft am größten ist, registriert der Körper den Schmerz nicht als Schmerz, sondern als Lust, und Blut ist eine willkommene Begleiterscheinung, um die Bindung zwischen den Partnern vollkommen zu machen.«

»Du meinst, man leckt es weg?« Nola sah die Ärztin, die die Behandlung beendet hatte und ihr wieder aufrecht gegenübersaß, entsetzt an.

Deborah nickte.

Allein die Vorstellung, dass jemand Blut von ihrer Haut leckte, ließ Nola würgen.

»Es kann ein Symbol dafür sein, sich mit dem anderen ganz und gar zu vereinen, wenn man ihm einen Teil von sich gibt«, erklärte Deborah.

»Auf so ein Symbol kann ich verzichten. Wirklich, Deb!«

Deborah zuckte mit den Schultern und zeigte dabei ein alles verstehendes und alles verzeihendes Arztlächeln. »Wie du meinst. Die Kratzer sind jedenfalls nicht gefährlich und dürften schnell abheilen.«

Nola starrte aus dem Fenster der U-Bahn, doch da gab es nichts zu sehen außer Schwärze. Also betrachtete sie die anderen Fahrgäste im Wagen und dachte darüber nach, dass laut Statistik einer oder zwei von ihnen beim Sex ungewöhnliche Praktiken bevorzugte. Angeblich war das nichts Besonderes, aber Nola fand, das war ein Widerspruch in sich. Sie sollte aufhören, deswegen zu grübeln. Stattdessen musterte sie weiter die Leute und fragte sich, zu wem von ihnen das passen würde. Vielleicht zu dem jungen Farbigen mit den langen Beinen, der ein paar Bänke vor ihr entfernt saß und mit den Füßen im Takt zur Musik aus seinem MP3-Player wippte? Oder zu der molligen Frau, deren Bluse unter den Armen Schweißflecken hatte? Oder zum älteren Inder gegenüber … oder … oder? Es konnte jeder sein.

An der Haltestelle »Charing Cross« stieg sie aus und fuhr auf der Rolltreppe nach oben. Im Sonnenlicht angekommen, schüttelte sie die düsteren Gedanken ab.

Im Kamin brannte ein Feuer. Nicht, dass er eines gebraucht hätte — schließlich war Sommer und seinesgleichen waren gegen Unbilden wie Kälte gefeit. Er spürte höchstens ein Unbehagen, wenn Eis seine Füße überzog. Nein, ihm gefiel einfach das Geräusch des prasselnden Feuers. Maksym Derenski saß mit hochgelegten Beinen in einem Ohrensessel in seinem Haus in der Krakauer Altstadt. Von außen sah es heruntergekommen aus, innen hatte es die Gemütlichkeit einer Stadtvilla aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Neben Maksym stand ein Tisch, auf dem ein Stapel polnischer, deutscher, englischer und französischer Zeitungen lag. Um den Ohrensessel auf dem Boden waren weitere Exemplare verstreut, als hätte sie ein Windstoß dorthin gefegt. Tatsächlich war Derenski für die Unordnung verantwortlich — er ließ die Zeitungen fallen, nachdem er sie gelesen hatte. Sein Butler Rupert würde sie später wegräumen. Gerade nahm die deutsche »Bild« den Weg zum Boden, und er griff sich »Le Monde« vom Stapel.

»Maksym, mein Lieber, hier bist du«, ertönte die dunkle Stimme einer Frau.

»Ich bin beinahe jeden Abend hier, und zwar seit zweihundert Jahren.« Derenski antwortete, ohne von seiner Zeitung aufzusehen, und blätterte geräuschvoll um.

»Bist du am Ende solide geworden?« Die Frau kam näher. Sie trug ein langes Nachthemd aus schwarzer, hauchzarter Spitze und darüber einen nicht minder zarten Morgenmantel in der gleichen Farbe. Das schwarze Haar fiel ihr in üppigen Wellen beinahe bis zur Hüfte. Ihre ohnehin blasse Haut wirkte dadurch noch blasser und verlieh ihr das Aussehen einer Porzellanfigur, gleichzeitig bewegte sie sich mit der Geschmeidigkeit eines Raubtiers. In einer Hand hielt sie eine Zigarettenspitze aus Elfenbein. Mit einer zierlichen Bewegung zog sie daran, und das Ende der Zigarette glühte kurz auf. Die Frau hieß Antonia Derenska.

»Warum musst du rauchen, Tonia?«

»Es gefällt mir.«

»Es stinkt.«

»Na, na, es riecht höchstens.« Sie trat hinter Derenski und strich ihm mit der freien Hand über den Nacken. Ihre Nägel waren sorgfältig manikürt und dunkelrot lackiert. »Und du warst mit Sicherheit schon an Orten, an denen es schlimmer gerochen hat.«

Derenski räusperte sich, und Antonia quittierte das mit einem amüsierten Auflachen. Dunkel, lockend hing es im Raum. »Oh, mein Lieber, du brauchst nicht so zu tun, als könnte der Rauch dir etwas anhaben.«

Sie beugte sich vor und küsste ihn. Derenski sah endlich zu ihr auf. Seine Lippen suchten ihre, und er zog sie an sich. Sie rutschte auf seinen Schoß und zerdrückte dabei »Le Monde«, doch das störte sie nicht. Antonia erwiderte seinen Kuss leidenschaftlich, dann bog sie den Kopf zurück und ließ zu, dass seine Zunge ihren Hals liebkoste und schließlich an ihrer Kehle verharrte.

»Solche schlimmen Sachen tust du mit deiner Schwester?«, gurrte sie und lächelte dabei.

Derenski knabberte an der Haut ihrer Kehle. Er war dicht davor, sie zu verletzen: Beim Geschmack ihres Blutes würde er die Kontrolle über sich verlieren und sich in einen reißenden Wolf verwandeln. Doch genau das machte für sie beide den Reiz dieses Spiels aus — zu schauen, wie weit sie gehen konnten.

»Halbschwester«, korrigierte er, fügte aber sogleich hinzu: »Als ob diese bürgerlichen Moralvorstellungen für uns gelten. Uns, die wir seit Zeitaltern frei durch diese Welt streifen.«

»Recht hast du.« Antonia genoss mit zurückgeworfenem Kopf seine Küsse. Sie zog an ihrer Zigarette und drückte mit der freien Hand Derenskis Kopf ein wenig fester gegen ihren Hals.

Er befreite sich aus ihrem Griff und sah auf. Seine scharfen Zähne glänzten im Schein des Feuers.

»Gierige Katze! Nie kannst du genug bekommen.« Er gab ihr einen Klaps aufs Hinterteil.

Ihre Hand flog zu ihrer Kehle. Die Haut war gerötet von seinen Bissen. »Hast du es getan?«, fragte sie atemlos und tastete hoffnungsvoll nach Blut aus einer Wunde.

»Wo denkst du hin!« »Ich denke, du könntest mir einen Gefallen tun.« Antonia zog ein letztes Mal an der Zigarette und drückte sie in einem Aschenbecher aus, der auf dem Tischchen mit den Zeitungen stand.

»Gefallen nennt sie es«, sagte Derenski amüsiert. »Andere bezahlen es mit dem Leben, und du nennst es Gefallen.«

»Du hast mein Leben verändert vor vierhundert Jahren. Was willst du noch?« Antonia ließ wieder ihr dunkles, sinnliches Lachen hören und lehnte sich an Derenski.

»Dass du von meiner Zeitung runtergehst, das will ich. Du verknickst sie.« Er schob seine Halbschwester von sich. »Ich werde dich nie verletzen. Du bist meine Seelenpartnerin für alle Ewigkeit. Wenn du spielen willst, such dir einen Menschen!«

Derenski zeigte ein wölfisches Grinsen, und sie zog einen Schmollmund, stand aber von seinem Schoß auf.

Sie waren Werwölfe. Wenn einer den anderen verletzte, erwachte die Bestie in ihnen, und sie würden sich beide in das Monster verwandeln, das stets dicht unter der Oberfläche lauerte. Nichts und niemand könnte sie dann aufhalten, kein Werwolfjäger und auch nicht die Tatsache, dass ihnen ihr Seelenpartner gegenüberstand, das einzige Wesen in der Unendlichkeit der Zeit, das einen Werwolf lieben und mit ihm leben konnte.

»Ich suche mir ja Menschen, aber die meisten sind langweilig.« Antonia zog einen Sessel neben Derenskis und ließ sich hineinfallen. Sie schleuderte die fellbesetzen Pantoffeln fort und legte ihre Füße neben seine auf den Hocker. Ihre Fußnägel waren ebenso rot lackiert wie ihre Fingernägel. Maksym Derenski glättete »Le Monde« auf seinem Schoß und wandte sich wieder der Lektüre zu.

Eine Weile war nur das Prasseln des Kaminfeuers und das gelegentliche Umblättern der Zeitung zu hören. Dann begann Antonia, mit ihren Füßen seine Pantoffeln abzustreifen. Nachdem es ihr gelungen war, fuhr sie mit den Zehen schlangengleich in sein Hosenbein.

»Warum liest du all diese Zeitungen?«, maulte sie.

»Damit ich weiß, was in der Welt vor sich geht.«

»Schau Fernsehen.«

»Ich mag diese neumodischen Apparate nicht.«

Dieses Gespräch hatten sie schon oft geführt, und so klang es auch. Es langweilte Derenski, weshalb er sich nicht beim Lesen stören ließ.

»Was erwartest du zu finden?«, fing sie wieder an.

»Nichts.«

»Ich weiß, warum du all diese Zeitungen liest.« Jetzt klang Antonia wie ein naseweises Mädchen — was einen reizenden Kontrast zu ihrer sinnlichen Aufmachung bildete. Die meisten Männer wären spätestens jetzt schwach geworden, aber Derenski kannte ihre Art seit Jahrhunderten und griff sich einfach die nächste Zeitung.

Sie nahm sie ihm weg, zerknüllte sie und warf sie in den Kamin. »Das ist alles, wozu sie gut sind.« Dabei zog sie einen Schmollmund, der sie wieder zu einer Mischung zwischen Vamp und unschuldigem Mädchen machte.

Derenski seufzte geziert und bemühte sich absichtlich, streng auszusehen. »Man sollte nicht denken, dass du mehr als dreihundert Jahre auf deinen Schultern hast.«

»Fast vierhundert. Ich habe mich eben gut gehalten.«

»Viel zu gut. Dir gehört der Hintern versohlt.« Er ließ seinen Worten Taten folgen, und sie begannen eine Rangelei auf dem Zebrafell vor dem Kamin.

Antonia schälte sich flugs aus Morgenmantel und Nachthemd. Sie rekelte sich nackt vor Derenskis Blicken, fasste mit einer Hand nach seinem Hosenbund und ertastete dort eine beginnende Schwellung, die ihre Lust noch steigerte. »Machs mir wie die Menschen!«

Er half ihr, seine Hose zu öffnen. »Genauso hastig und wild, nicht wie Seelenpartner und Seelenpartnerin?«

»Hastig und wild.« Sie zerrte an seiner geöffneten Hose, aus der sich ihr sein erigierter Penis entgegenreckte.

Derenski nahm sich kaum die Zeit, die Beinkleider abzustreifen, bevor er sich über sie hermachte. Er presste seine Lippen auf ihre und drang sofort in ihre feuchte Spalte ein. Dann machte er es ihr genauso, wie sie es verlangt hatte.

»Wilder!«, keuchte sie, als er ihren Mund für einen Moment freigab, und er bewegte sich heftiger in ihr. Schließlich drehte er sie um, packte sie an den Hüften und nahm sie von hinten, wie die Wölfe ihre Weibchen. Eine Hand vergrub er dabei in ihrem schwarzen Haar und zerrte ihren Kopf in den Nacken. Er genoss ihr Stöhnen und Keuchen und krallte seine andere Hand in ihre Schulter. Sein Griff wurde noch fester, als er sich dem Höhepunkt näherte. Schließlich ergoss er sich in sie, und ein Laut zwischen Stöhnen und Knurren entfuhr ihm. Antonia hatte gleich darauf einen Orgasmus und wand sich unter ihm, um sein Glied immer tiefer ihn sich hineinzupressen.

»Ah, Sex auf Menschenart ist manchmal genau das, was ich brauche.« Sie rieb sich die Haut ihrer Schulter, auf der seine Nägel Furchen und seine Finger Druckstellen hinterlassen hatten. »Hast du es getan?«

»Nein.« Er nahm eine Strähne ihres Haars und wickelte sie sich um den Finger. »Ich werde mich nie vergessen und dich verletzen, auch dann nicht, wenn du es auf diese Weise versuchst.«

»Du bist zu schlau für mich, Maksym.«

Antonia klingelte nach dem Butler, damit er ihnen eine Stärkung servierte. Rupert brachte eine Platte, auf der kalte Bratenscheiben rosettenförmig angeordnet und mit Weintrauben garniert waren, außerdem Brot. Sie machten sich nicht die Mühe, sich anzukleiden, und der Butler tat so, als bemerke er nicht, in welchem Zustand sich seine Herrschaften befanden. Er bediente sie mit stoischer Miene und zog sich dann mit einer Verbeugung zurück.

Die Werwölfe verschmähten Brot und Trauben und schlangen nur gierig das Fleisch hinunter.

»Ich habe noch etwas für dich, meine Liebe, was dich erfreuen wird.« Derenski leckte sich die fettigen Finger ab.

»Was denn? Die Halskette, die mir neulich in der Stadt so gut gefallen hat?«

»Nicht so was.« Er machte eine Kunstpause. »Wir werden erneut gegen den Schottenclan ziehen, und diesmal werden wir das Rudel vom Angesicht der Erde tilgen. Dieser Eugene Monterey tut so, als wäre er der Rudelführer, und fängt schon wieder an, eine Vereinbarung mit den Menschen zu suchen. Er verstößt gegen die Regeln, dafür muss er bestraft werden.«

»Daran ist seine Partnerin schuld, diese Moira Fraser. Die redet ihm das ein. Du hättest sie damals kaltmachen sollen.«

Mit »damals« meinte sie den 6. Januar 1818, den Tag, an dem die Werwölfe des Krakauer Rudels ihre Erzfeinde, die schottischen Werwölfe, auf deren Stammsitz Shavick Castle überfallen hatten. Sie hatten sie in einer stürmischen Nacht überrascht und den Alpha, Rhodry Monroe, Earl of Shavick, in ihre Gewalt gebracht. Statt ihn zu töten, hatte Derenski ihn in eine Schleife außerhalb der Zeit verbannt, wo er seitdem in einem Zustand zwischen Tod und Leben verharrte. Sein Stellvertreter, Eugene Monterey, hatte nach der Bannung die Führung des Rudels übernommen und irgendwann angefangen, sich als Alphawolf aufzuspielen. Und das, obwohl man nur dann ein Rudel übernehmen konnte, wenn der vorherige Anführer tot war. Rhodry Monroe war aber nicht tot — Derenski hatte ihn genau deshalb nicht umgebracht: Die schottischen Werwölfe sollten in einem nicht endenden Zustand der Unsicherheit und Schwäche gehalten werden, damit sie seinen Plänen nicht mehr im Weg standen.

»Ich gehe davon aus, dass du meinen Plan billigst, Antonia?«

»Natürlich, mein Lieber. Mir gefällt alles, was du gegen diese Schotten unternimmst. Aber sind wir stark genug? Die Neuen …?«

»Die Neuen sind so weit - wenn nicht, wem schadet ihr Tod?« Derenski sprach von den Werwölfen, die er in einer Vollmondnacht vor etwa zwei Jahren erschaffen hatte, und die in einem Ausbildungslager jenseits des Urals zu Kriegerinnen und Kriegern für das Krakauer Rudel ausgebildet worden waren. Normalerweise dauerte es deutlich länger, bis ein junger Werwolf sich an sein neues Dasein gewöhnt und seine volle Stärke erreicht hatte und bis er seine Verwandlung beherrschte. Letzteres lernten einige sogar nie.

»Wer hat sie ausgebildet?«

»Milan.«

Antonia lächelte. »Dann sind sie durch eine harte Schule gegangen und gut auf einen Kampf gegen das Schottlandrudel vorbereitet. Wann geht es los?«

»Du kannst es wieder gar nicht erwarten!«

»Ich will sehen, wie diese Moira Fraser fällt.« Sie richtete sich halb auf und schüttelte ihr langes Haar. »Also wann, Maksym?«

»Bald. Die ersten Krieger sind schon nach England unterwegs. Es muss alles heimlich geschehen, damit die Überraschung umso größer ist.

»Du hast alles ohne mich geplant«, schmollte sie.

»Deine Stärken liegen nicht gerade auf dem Gebiet des Planens.« Er fuhr mit dem Zeigefinger die Linie ihrer Schulter, ihres Busens und ihrer Hüfte nach und gab ihr schließlich einen Klaps auf den Po.

Das stimmte, ihre Stärken lagen auf anderem Gebiet, aber sie gefiel sich in der Rolle der Beleidigten. »Dann sollte ich am besten gar nicht mitkommen.«

»Dann bleib hier.«

»Oh, Maksym! Das würdest du wollen?«

Er grinste. »Niemals.«