Kapitel 7

 

Freiburg hat sich nicht verändert. Ich finde alles genauso vor, wie ich es verlassen habe. Niemand hat in meiner Abwesenheit meine Bude ausgeräumt, das ist gut. Leider hat auch niemand die Zeit genutzt, um mal richtig aufzuräumen. Mein Bett, meine Couch, meine Küche und mein Schreibtisch: alles sieht aus wie immer. Es hat etwas Beruhigendes zu wissen, dass sich manche Dinge nicht ändern. Wie tief ich auch fallen mag, meine Wohnung ist immer da um mich wieder aufzubauen. Tröstlich zu sehen, dass man auch mit einem durch emotionale Bruchlandung gebrochenen Herzen weitermachen kann.

Auf meinem AB habe ich Nachrichten von ein paar Freunden, die alle fragen, was ich an Silvester mache, oder ob ich nicht Lust hätte, mit ihnen zu feiern. Aber mir ist nicht nach einer großen Party. Ganz im Gegenteil, ich würde mich gerne einmauern, die Rollos zuziehen und am besten nie wieder öffnen müssen. Aber das wird mir vermutlich nicht gelingen. Alle fragen und wollen wissen, was ich mache, wie Weihnachten war und wieso ich mich nicht gemeldet habe. Aber ich habe keine Antwort. Ich könnte ihnen von Lukas erzählen oder aber ich behalte diese kleine Anekdote für mich. Dann kann ich mich einfach an sie erinnern, wenn es mir schlecht geht. Sie wie eine schöne Decke über meinen Kopf ziehen und es mir dann gut gehen lassen. Wenn ich ihnen von Lukas erzähle, dann wissen alle wie es war, als mir durch meine eigene Dummheit das Herz gebrochen wurde. Nein, diesen Triumph werde ich ihnen nicht geben, denn ich selber verfluche mich schon genug für diesen Umstand. Das Leben ist in den paar Tagen nach meinem Treffen mit Lukas nicht besser geworden. Es ist auch nicht schlechter geworden, es ist nur irgendwie farblos. Das reicht auch, um jemanden langsam aber sicher in den Wahnsinn zu treiben. Vielleicht nehme ich das alles auch zu schwer, aber er fehlt mir. Ich kannte ihn kaum einen Tag und doch hat er einen großen Raum in meinem Herzen eingenommen. Ich habe zugelassen, dass ich mich wieder verliebe und mich dabei wohl fühle. Und jetzt ist er weg und hat das Gefühl, dass ich ihn vermisse, bei mir gelassen. Ob er sich noch an mich erinnert? Ob er noch an mich denkt? Ich könnte Ihnen zweihundert weitere Versionen von „Ob er …“ anbieten, aber ich erspare es Ihnen. Es gibt keinen Grund, noch mehr Salz in meine ohnehin sehr langsam heilende Wunde zu streuen. Da leben wir in einer Welt voller Sendungen wie Bauer sucht Frau oder Schwiegertochter gesucht, aber ich bin nicht in der Lage, Lukas Nachnamen und seine Adresse ausfindig zu machen. Als Sherlock Holmes bin ich wirklich ein Reinfall und ohne Dr. Watson extrem aufgeschmissen.

Deswegen tue ich das, was ich besonders gut kann. Ich höre Take That, Robbie Williams, Philipp Poisel – und bemitleide mich selbst. Dazu gibt es Pizza und Pasta. Weil ich mich besonders schlecht fühle auch noch etwas Sushi, damit ich ein bisschen Abwechslung in meinen Speiseplan bringe. Aber so lange ich die Wohnung nicht verlassen muss, bin ich soweit zufrieden. Nicht glücklich, aber zufrieden.

Ich will nicht sehen, wie das wunderschöne Freiburg im Schnee aussieht, will nicht irgendwelche Geschenke umtauschen und keine verliebten Paare sehen, nur um zu wissen, dass ich alleine bin. Es ist schon schwer genug auszuhalten, wenn man von Hause aus alleine ist. Wenn man aber zu dämlich ist, um die Telefonnummer des potenziellen neuen Freundes zu erfragen, dann gehört dazu schon eine echte Portion Blödheit und die scheine ich (zusammen mit dem Talent Schlüssel grundsätzlich zu verlieren), im Überschuss bekommen zu haben. Ich könnte mich ohrfeigen! Nein, ich habe mich bereits geohrfeigt. Aber nur zweimal, dann hat es wehgetan, und ich wollte nicht schon wieder weinen. Ich bin keine von diesen weinenden Schönheiten. Sie kennen das: eine Schauspielerin weint in einer besonders emotionalen Szene und sieht dabei noch immer so wunderschön aus. Wenn ich weine, sehe ich aus wie ein explodierter Kürbis. Deswegen versuche ich es zu vermeiden, in der Öffentlichkeit zu heulen. Ebenso wie ich es vermeide, bei Regen ohne Schirm laufen zu müssen, denn meine Haare sehen danach aus, als hätte man André Rieus Frisur zusätzlich mit einem Lockenstab bearbeitet. Kein Regen, kein Weinen. Meine Freunde sind sich nicht sicher, ob es mir wirklich gut geht. Ich kann auch nicht über Liebeskummer sprechen, denn das habe ich die letzten Monate schon zur Genüge getan. Da ging es nur um Benny und Theresa, um mein gebrochenes Herz; selbst dann, als sie schon alle Geschichten zum wiederholten Male gehört hatten, haben sie mich noch immer getröstet. Aber wie um alles in der Welt, soll ich ihnen von Lukas erzählen? Vielleicht sollte ich wie die alte Rose in Titanic sagen: „Er existiert nur noch in meiner Erinnerung.“ Es gibt keine Fotos, keine Beweise. Er ist wie ein schöner Traum. Genug davon. Pizza – das muss her!

Keine Ahnung zum wievielten Male in diesen Tagen ich die Pizza mit Schinken und Salami bestelle – aber ich weiß, dass Gino, der Besitzer der Pizzeria, mir wohl gesonnen ist. Ich könnte die Pizzaschachteln in meiner Wohnung zählen, aber das würde mich nur noch mehr deprimieren. Gino ist ein Engel, wenn es mir schlecht geht. Für gewöhnlich legt er extra viel Käse auf meine Pizza und dann bringt er mir noch eine kleine Packung frisches Pizzabrot als Zugabe mit. Vermutlich weiß er, dass ich leide. Immerhin gelten Italiener ja als besonders emotional. Wie viel Zeit ich in meiner Gedankenblase verbringen kann, überrascht mich immer wieder. Hatte Gino am Telefon noch von gut einer Stunde gesprochen, bis das Essen bei mir wäre, sehe ich jetzt erschrocken auf die Uhr und stelle fest: eine Stunde habe ich mal wieder mit Gedanken an Lukas verbracht. So wie neulich im dm Markt, als ich bei den Lippenpflegestiften stehen geblieben war, um an verschiedenen Sorten zu schnuppern, bis ich seine Sorte gefunden hatte. Jetzt liegen in meiner ganzen Wohnung verteilt unzählige Lippenbalsame, die ich wie ein Junkie immer mal wieder brauche. Wenn ich ihn schon nie wieder sehen darf, dann will ich zumindest immer mal wieder an ihm schnuppern. Am liebsten wenn ich im Bett liege und mein Kissen nach Lenor riecht.

Als ich die Tür öffne, sehe ich in das freundliche Gesicht von Franco, Ginos jüngerem Bruder, der bei jedem Wetter mit seiner Vespa über die spiegelglatten Straßen saust, um Menschen wie mir die frische Steinofenpizza in Bestzeit zu bringen. Wenn das mal keinen Intregrations-Bambi wert ist.

„Ciao Bella.“

Er lügt, denn wie eine Bella sehe ich schon seit Tagen nicht mehr aus, aber ich bin in einem kritischen Zustand: ich nehme Komplimente an, ohne weiter darüber nachzudenken. Außerdem bringt er mir Essen, da nehme ich sowieso jedes Kompliment an.

„Ciao.“

Mein Italienisch ist nicht besonders gut. Es klingt immer, als würde eine Deutsche Italienisch sprechen. Was hauptsächlich daran liegt, dass ich eine Deutsche bin, die Italienisch spricht. Manche Tatsachen lassen sich einfach nicht leugnen. Wie zum Beispiel meine neue Hosengröße 38, die vor den Festtagen und meiner Depri-Fress-Attacke noch Größe 36 war.

Ich kenne das folgende Geplänkel. Er wünscht mir einen guten Appetit und ich gebe ihm extra Trinkgeld; er sagt irgendwas Nettes in seiner Landessprache, ich kichere verlegen und kann endlich die warme Pizza in meine Wohnung bringen. Aber statt mir den Karton zu reichen, drückt er mir ein Flugblatt in die Hand. Dabei kenne ich die Speisekarte inklusive Mittagstisch auswendig, wie er wissen sollte.

„Da sucht jemand eine Donna.“

Francos italienischer Akzent versetzt mich jedes Mal in den Süden Europas. Nicht dass ich schon mal dort gewesen bin, aber wenn man im Sommer sein Eis im Eiscafé Venezia verputzt – so wie ich – dann hat man doch eine vage Vermutung, wie Italien schmecken muss. Nur ein Italiener kann diesen Satz mit so viel Leidenschaft sagen, ohne dass es peinlich klingt. Ich will Franco sagen, dass im TV Landwirte Frauen suchen, auf den tausenden von Datingportalen ebenfalls unzählige Männer mit Photoshop bearbeitete Fotos hochladen und hoffen, eine Frau damit beeindrucken zu können. Tja, auch ich suche einen Mann, aber eben nicht irgendeinen.

„Irgendwie aussieht wie du.“

Er nickt auf den Flyer in meiner Hand, den ich jetzt zum ersten Mal etwas genauer ansehe und feststelle, dass es keine Speisekarte von meinem Lieblingsitaliener ist. Es ist eher eine Vermisstenanzeige. Ich drehe den Zettel so, dass ich ihn besser lesen kann. Eine Art Comic-Phantombild einer Frau, die tatsächlich ausgesprochene Ähnlichkeit mit mir hat, nimmt fast die Hälfte des Blattes ein.

 

Freiburger, helft mir meine Jolanda Yoda wieder zu finden! Gefunden habe ich sie an Weihnachten am Flughafen. Versehentlich habe ich mich in sie verliebt bei den Gepäckwagen. Verloren habe ich sie irgendwo über den Wolken! Sie heißt Pippa und wohnt in Freiburg. Wäre sie eine Comicfigur, würde sie ungefähr so aussehen. Mehr Infos gibt es auf:

 http://versehentlichverliebt.wordpress.com

Danke an alle Freiburger!

Tobias Hobbit

 

Das kann doch nicht wahr sein! Aber ein Blick zu Franco reicht aus, um zu sehen, dass diese Szene real ist. Er steht vor mir, nickt und deutet auf die verschneite Straße hinter sich.

„Überall. Sie kleben überall.“

Ich trage Hausschuhe. Nicht irgendwelche Hausschuhe. Es sind Gremlins-Hausschuhe. Die großen Ohren der niedlichen Hauptfigur Gizmo schmücken meine dicken Hausschuhe. Ohne weiter nachzudenken, marschiere ich in eben diesen Schuhen, einer pinkfarbenen Jogginghose und einer Strickjacke in den Schnee, und lasse Franco mit der Pizza an meiner Haustüre stehen. Sofort weicht der Schnee die Sohlen auf und ich spüre nasse Socken, aber das stört mich nicht im Geringsten. Ich laufe von Laternenmast zu Laternenmast, von Ampel zu Ampel, immer weiter wie eine verwirrte Frau, die sich verlaufen hat. Aber ich kann es einfach nicht glauben. Auf buntem Papier hat Lukas diesen Flyer immer und immer wieder in der ganzen Stadt verteilt. Wo ich auch hinsehe, überall klebt ein Exemplar des Zettels. Ich bin gerührt, verwirrt und möchte lachen, während ich weine. Einige Menschen drehen sich verwundert nach mir um, andere scheinen zu verstehen, dass ich die Frau bin, die Freiburg in Form einer Flyer-Comicfigur überflutet. Zwar weiß ich nicht, wie Lukas das angestellt hat, aber irgendwie ist es ihm gelungen, mich zu finden.

Franco holt mich schließlich ein und überzeugt mich davon, dass es besser wäre, wenn ich nach Hause gehen, etwas essen und dann mal die oben erwähnte Website aufrufen würde. Er muss wohl etwas lauter sprechen, aber dann kommt es auch bei mir in meiner großen rosa Wolke an. Das Trinkgeld fällt enorm aus, aber ich bin nicht mehr in der Lage, mathematische Gleichungen zu errechnen. Franco soll den Rest behalten, ich bin sowieso nicht mehr zurechnungsfähig.

Mein Herz pocht wie wild, als ich die Internetadresse in meinen Browser eingebe. Langsam baut sich die Seite auf. Zuerst sehe ich einen Countdown, der bis zum Jahresende runterzählt. Nur noch wenige Tage – und wir begrüßen ein neues Jahr, wie immer mit viel Feuerwerk und noch mehr Alkohol.

Ich scrolle langsam runter. Wie eine Art Online-Tagebuch schreibt Lukas über uns. Wie wir uns kennen gelernt haben, über meine Tolpatschigkeit und wie er mich beobachtet hat. Wie er nicht wusste, was er sagen soll, um mich anzusprechen. Kleine Fotos zeigen ihn mit dem Notizbuch irgendwo in Hamburg. Dann erzählt er von der Idee, mich zu suchen, weil wir unsere Nummern nicht ausgetauscht haben und sich seine Ausgabe von Herr der Ringe noch immer in meinem Besitz befindet. Ohne meinen Nachnamen und weitere Anhaltspunkte, ist ihm schließlich die Sache mit den Flyern eingefallen. Ein Kumpel hat das Bild von mir nach Lukas' Beschreibung gemalt, und seine Freunde und die Freunde der Freunde haben dann wiederum ihre Freunde gebeten, Leute im Süden anzusprechen. Eine halbe Busladung Menschen, die sich über Facebook gefunden haben, sind dann in meine Stadt gekommen und haben die Flyer verteilt. Ich bin so gerührt, als sich das Ausmaß seiner Bemühungen offenbart, die er angestellt hat, um mich zu finden. Kein Mann auf der ganzen Welt macht sich so viel Gedanken, um eine Frau zu finden. Das ist so unglaublich und ich spüre, wie mein Herz schneller schlägt.

Dann kommt der Abschnitt über Silvester:

Liebe Pippa, wenn du das hier liest, möchte ich dir sagen, dass ich an dem Buch für dich arbeite. Ich schreibe fast Tag und Nacht und möchte es dir endlich vorlesen. Ich werde an Silvester in Paris sein und auf dich warten. Ich habe meinen Teil des Deals so gut wie erfüllt, jetzt bist du dran: pack den Reiseführer ein und triff mich um Mitternacht am Eiffelturm. Ich werde da sein.

Dein Lukas.

 

Ich starre auf meinen Bildschirm, unfähig mich zu bewegen. Paris. Lukas. Das Buch. Ich habe in den vergangenen Tagen den Reiseführer fast auswendig gelernt. Ich kenne jede Metro-Station und weiß, wie oft ich umsteigen muss, um von einem Ende der Stadt ans andere zu gelangen. Alle Bistros und Cafés, die günstig gutes Essen anbieten, sind mir bekannt und die Namen werde ich nie wieder vergessen. Welche Hotels guten Service, aber grässliche Zimmereinrichtungen bieten und welche Attraktion die lange Warteschlange wirklich lohnt. Man könnte meinen, ich habe die Stadt schon oft besucht und würde mich darin auskennen wie in meiner Westentasche. Immer und immer wieder habe ich Lukas' Widmung gelesen und mich jedes Mal ein bisschen mehr in ihn verliebt.

Mein Telefon klingelt und fast bin ich dankbar, denn ich komme nur schwer wieder in die Realität zurück. Lukas will mich in Paris treffen.

Geistesabwesend greife ich zum Hörer.

„Hallo?“

„Pippa? Ich bin es, Benny.“

Mein Herz bleibt stehen. Die Zeit übrigens auch.

„Hallo? Pippa bist du dran?“

Ich nicke.

„Ja?“

Benny atmet am anderen Ende der Leitung hörbar aus.

„Ich wollte nur fragen, wie es dir so geht?“

Moment. Benny ruft mich an, um zu fragen, wie es mir so geht? Das muss doch ein schlechter Scherz sein. Er hat nicht auf meine SMS-Nachrichten und Mails reagiert, als ich ganze Nächte wach neben meinen Handy gelegen bin, in der Hoffnung, dass er sich vielleicht doch melden würde. Ich habe Ärger bei der Arbeit bekommen, weil ich ständig bei Facebook auf eine Antwort oder einen Kommentar von ihm gewartet habe. Und jetzt – ausgerechnet jetzt – will er wissen wie es mir geht?

„Sehr gut. Und dir?“

Die Kühle in meiner Stimme überrascht mich selbst. Eigentlich bin ich überrascht, dass ich überhaupt sprechen kann, denn mein Blick liegt wie fest getackert auf dem Bildschirm vor mir, wo ich Lukas kleines Bild betrachte. Die Brille und der Hut stehen ihm ausgezeichnet. Was ich am Anfang irgendwie albern fand, gefällt mir jetzt so gut. Es ist keine Kostümierung, Lukas ist so. Ein bisschen Nerd, ein bisschen Hipster, ein bisschen verrückt.

„Nicht so gut. Ich habe gerade viel Stress und so.”

Warte nur mal ab, wie das wird, wenn ein schreiendes Baby im Haus ist, mein Lieber.

„Theresa ist ziemlich mies drauf. Naja, die Schwangerschaft eben. In letzter Zeit wird es nur immer schlimmer.“

„Ärgerlich.“

„Ich musste oft an dich denken.“

„Aha.“

Ich drehe mich auf meinem Bürostuhl vom Bildschirm weg. Jetzt wird es spannend.

„Dein Anruf an Weihnachten. Das war … Du fehlst mir, Pippa.“

„Aha.“

Er soll weitersprechen. Ich will das alles hören. Zu lange habe ich auf das alles gewartet. Es zu hören tut mir gut.

„Irgendwie habe ich doch nie aufgehört, dich zu lieben.“

Gut, vielleicht will ich es auch nicht hören.

„Benny …“

„Nein, bitte, lass mich ausreden. Ich war ein Idiot, als ich dich habe gehen lassen. Weil du so wunderbar bist.“

„Wenn du mir diesen ganzen Mist sagen willst, dann bau eine Zeitmaschine, reise zwei Jahre in die Vergangenheit – bevor du Theresa gevögelt und mich betrogen hast – und versuch es dann noch einmal!“

Wütend laufe ich durch meine Wohnung.

„Aber es heißt doch: besser spät als nie.”

Ich wünschte mir, er wäre jetzt hier, dann könnte ich ihm links und rechts eine Ohrfeige verpassen. Ich mag Theresa nicht, aber keine Frau hat es verdient, das durchmachen zu müssen. Da spreche ich aus Erfahrung.

„Du bist verlobt und Theresa erwartet dein Kind!“

„Aber du gehst doch nicht wirklich zu diesem Knilch nach Paris, oder?“

Mir bleibt fast die Luft weg. Er weiß von Lukas?

„Ich habe den Flyer bekommen und ich denke … Ich weiß nicht, aber der Typ … Du kannst doch nicht ...“

So langsam verstehe ich die Spielregeln für das Leben. Wenn man unsterblich in jemanden verliebt ist und hofft, das diese Person die Liebe erwidert, dann vögelt er eine Kollegin auf dem Kopierer. Aber wenn man einen Mann trifft, der sich so viel Mühe gibt und einen bis nach Paris holen will, dann merkt der Ex wie sehr er seine Verflossene eigentlich doch liebt?

„Geh zu deiner Verlobten und sei zu ihr nicht so ein Idiot, wie du es bei mir warst.“

„Pippa, wir beide wissen, wie sehr du Reisen hasst. Paris, das ist doch Quatsch.“

„Du irrst dich. Ich liebe es zu reisen. Ich habe nur nie den richtigen Reisepartner gehabt.“

„Aber der Typ ist nicht der Richtige.“

„Mach's gut, Benny.“

Es wird Zeit, alles zu packen. Ich muss in ein paar Tagen in Paris sein. Egal wie viel Angst ich vor der Zugfahrt und der großen fremden Stadt habe, es wird Zeit, endlich einen Schritt raus zu wagen. Ein neues Kapitel muss her und wenn ich diesmal kneife, dann werde ich immer zurückschauen und nie nach vorne. Ich habe nicht nur einen Reisepartner, ich habe auch jemanden, der gewillt ist, mir zu meinem neuen Lebenskapitel auch noch ein ganzes Buch zu schreiben.