Kapitel 5

 

 

Guten Abend, wie kann ich Ihnen helfen?“

Das ist unglaublich. Wie soll ich denn nur diesen absolut süßen Kerl hier alleine zurücklassen? Er hat seinen Flug für mich sausen lassen und ich hole mir jetzt ein warmes Hotelzimmer – ist das fair? Kenne ich ihn denn gut genug, um ihn mit nach oben zu nehmen? Obwohl ich ihn wirklich mag ... ich meine, wirklich, wirklich mag, kann ich das nicht tun. Aber es geht hier noch immer um Lukas.

Ich erkläre kurz, dass meine Eltern für mich hier ein Zimmer gebucht haben (was in Anbetracht der ganzen Situation an Peinlichkeit kaum zu übertreffen ist) und bekomme dann einen Zimmerschlüssel und ein freundliches Lächeln des freundlichen Mann an der Rezeption.

„Das Restaurant hat noch offen, falls Sie also noch Hunger haben. Sie würden bestimmt auch lieber bei ihrer Familie feiern.“

Eigentlich will ich mich wieder mit Lukas in den Schnee legen und ihn küssen. Immer und immer wieder, bis ich nicht mehr vergessen kann, wie sich seine Lippen auf meinen anfühlen. Aber ich nicke nur müde und nehme den Schlüssel.

„Zimmer 345. Ich wünsche Ihnen trotzdem frohe Weihnachten. Soll ich Ihr Gepäck hochbringen lassen?“

Lukas greift schnell nach meiner Tasche und schüttelt lächelnd den Kopf.

„Nicht nötig. Ich bringe sie noch schnell zu ihrem Zimmer.“

Ich könnte wetten, dass der Kerl denkt, wir würden zusammengehören. Ich hoffe es inzwischen auch; aber ich weiß ganz genau, dass er nicht in meinem Zimmer bleiben wird. Wie nennt man so was dann? No-Night-Stand? Wie auch immer ... Ich bin so edel und sage nein. Das heißt: ich werde gar keine Chance haben, um etwas zu verneinen, weil er nicht fragen wird. Soll ich jetzt stolz sein, weil ich einen so netten Typ kennen gelernt habe, der nicht fragt, weil es unverschämt wäre? Oder soll ich traurig sein, weil er mich nicht anziehend genug findet, um mich zu fragen? Bin ich nicht sexy genug? Habe ich zu viel Zeit darauf verschwendet, geistreich wirken zu wollen? Ach verdammt, die klassische Zwickmühle! Im Fahrstuhl reden wir nicht miteinander, aber seine Hand berührt meine, während wir die Tasche halten. Natürlich wäre es leichter, die Taschen abzustellen und dann Händchen zu halten. Vielleicht erscheint uns das aber zu kindisch.

„Ich glaube, es wird noch mal richtig kalt heute Nacht.“

Ich nicke. Über das Wetter will ich nicht sprechen. Ich bin noch immer am überlegen, ob ich ihn nicht doch in mein Hotelzimmer bitten soll. Immerhin entscheidet diese Überlegung vielleicht über mein restliches Leben. Könnte doch sein. Bin ich wieder mal paranoid? Übertreibe ich wieder, so wie jede richtige Frau?

Dann entdecken wir die Zahl 345. Meine Schicksalszahl für heute Nacht.

„Hier sind wir.“

Was Geistreicheres fällt mir einfach nicht ein. Und ihm ganz offensichtlich auch nicht. Wir sehen uns einfach nur an. Sein Blick ruht auf meinen Lippen und vielleicht will er mich ja wieder küssen. Bevor er etwas sagen oder tun kann, küsse ich ihn. Ich frage nicht, ich zähle nicht bis zehn, ich ziehe ihn einfach an mich und küsse ihn. Dabei halte ich ihn ganz fest.

Ich weiß nicht, wie viel Zeit vergangen ist, aber als wir uns wieder voneinander lösen, bin ich etwas atemlos und spiele mit dem Gedanken, ihn ins Innere zu zerren. Aber er kommt mir zuvor.

„Ich warte im Flughafen mit dem Frühstück.“

Das kann eine Lüge sein. Oder ein Versprechen. Die Entscheidung liegt bei mir, ob ich ihm glauben soll, und mich damit wieder auf das Glatteis einer potenziellen Beziehung wage. Als Benny mich damals verlassen und mein Herz in Trümmern auf meiner Türschwelle hinterlassen hatte, brauchte ich knapp einen Monat um zu verstehen, dass er mich für eine andere verlassen hatte. Es dauerte über ein Jahr, bis ich verstanden hatte, dass er wohl nicht mehr zu mir zurückkehren würde. Und es hat bis zu genau diesem Moment mit Lukas gedauert, bis ich verstehe, dass mein Herz noch immer schlägt. Laut, aufmüpfig – und für Lukas. Ich beobachte, wie er über den Flur geht und vom Fahrstuhl verschluckt wird. Ein Lächeln, ein Winken, dann ist er weg. Und ich bin alleine.

Meine Tasche steht inzwischen in einem netten Hotelzimmer, nicht besonders luxuriös, aber es reicht für eine Nacht wie diese. Nach einem Blick ins Badezimmer habe ich jetzt eine stattliche Liste mit Dingen, die später in meiner Tasche verschwinden werden. Ohne Zweifel haben sie hier bestimmt ganz flauschige Bademäntel.

Ich rufe meine Eltern an, bedanke mich für das tolle Hotelzimmer und verspreche, zeitig schlafen zu gehen. Ich spreche nicht über Lukas oder wie schwer es mir fällt, ihn im Flughafen zu wissen. Ich kann die Lichter dort sehen, er ist ganz in meiner Nähe – und doch fühlt es sich an, als wäre er in einer anderen Welt.

Das Bett, auf dem ich liege, ist viel zu groß. Draußen schneit es weiter und so beobachte ich eine kleine Weile das Tänzchen der weißen Flocken, die fröhlich vom Himmel rieseln. Der Flughafen leuchtet wie die trostvolle Imitation eines Weihnachtsbaums. Ich sehe kleine Punkte, die sich unter mir bewegen und ich glaube, einer von ihnen trägt eine braune Kordjacke. Ist das nicht komisch? Vermutlich tragen für mich alle eine Kordjacke.

Mir ist kalt und ich werfe einen zufriedenen Blick ins Bad. Eine Wanne habe ich zwar nicht, aber die Dusche müsste reichen. Der Bademantel hängt an der Tür, ein verpacktes Zahnputz-Set liegt auf dem Waschbecken ... Na, das nenne ich Service. Eine warme Dusche wird helfen für kurze Zeit mal nicht an Lukas denken zu müssen. Liebe auf den ersten Blick. Liebe! So ein großes Wort. Vor allem, wenn der eine in Hamburg und die andere in Freiburg wohnt. Nein, stop! Bevor meine Gedanken mich und meine aktuelle Situation zu Tode diskutieren, muss eine warme Dusche her. Jetzt und sofort. Danach werde ich bestimmt viel mehr in Weihnachtsstimmung sein. Ein kleiner Flat-TV wird mich bestimmt mit dem nötigen Serienkitsch versorgen. Kommt heute nicht sogar Sissi? Weihnachten läuft doch immer Sissi.

Das Shampoo riecht sehr kitschig nach Rosen, aber ich bin zu faul, um meines aus der Tasche zu wühlen. Für gewöhnlich habe ich es ganz unten in meiner Reisetasche, unter den dreckigen Socken und den verschwitzen T-Shirts. Nein, dann lieber billigen Rosenduft. Dass ich nicht lache. Kein Shampoo der Welt riecht noch nach Rosen. Ich habe schon Eis mit Rosenlikör gegessen, welches mehr nach Rosen gerochen hat, als dieses Shampoo. Ach, ist das schön. Man regt sich über Kleinigkeiten auf und vergisst den ganz großen Schmerz. In einem Film würde der Regisseur jetzt mit Überblendungen arbeiten. Zuerst ihr Schicksal, so alleine unter der Dusche, Überblendung auf ihn. Alleine in der Halle, wie er verloren mit dem Hut spielt, die Jacke eng um seinen Körper geschlungen. Überblendung. Ich starre in den Spiegel. Verdammt! Wieso passiert so was mir? Ich bin wirklich nicht gut in solchen Dingen. War ich nie und werde ich nie sein. Situationen, die meine ganz privaten Heldinnen Julia Roberts oder Sandra Bullock erleben, sind nichts für mich. Wünschen Sie sich nie: Ach, so was würde ich auch gerne erleben! Ich bin gerade in einem Julia-Roberts-Film. Und wissen Sie, was passiert? Ich habe keine Ahnung, was ich tun soll. Jetzt, nasse Haare, ein schicker Bademantel, ein warmes Zimmer. Gemütlich will ich Sissi gucken, in meinem neuen Bademantel und mit den Pralinen, die ich aus der Minibar geschnappt habe ... Aber so richtig glücklich fühle ich mich alleine nicht.

Die junge Romy Schneider war eine wirklich hübsche Frau. Sie verliebt sich sofort in den Kaiser von Österreich, er verliebt sich sofort in sie ... Einfach schön. Jetzt reicht es aber! Meine Haare sind trocken, sie duften nicht nach Rosen, Sissi streut Salz in meine Wunde und ich muss etwas unternehmen. Einmal in meinem Leben sollte ich selbst etwas entscheiden. Etwas, worauf alle meine Freunde stolz wären. Etwas, worauf ich stolz wäre.

Benny. Wenn ich an ihn denke, dann zieht sich alles zusammen. Jetzt auch. Zu meiner Überraschung habe ich die letzten Stunden nicht mehr an ihn denken müssen. Und dabei tue ich das sonst ständig. Ich sehe auf mein Handy und hoffe, dass er anruft. Ich checke meine E-Mails und hoffe er meldet sich. Ich checke sein Facebook-Profil, aber da steht noch immer „verlobt“. Verlobt. Aber nicht mit mir. Nicht mit der Frau, die ihm beigebracht hat, wie man eine Waschmaschine bedient und wie man sich selbst Pizza macht. Nicht mit der Frau, die ihm gezeigt hat, wie man mit Stäbchen isst und wozu Wasabi gut ist. Nein. Er ist verlobt mit Theresa. Die Frau, die ihm gezeigt hat, dass man für einen Quickie die Oberbekleidung nicht ausziehen muss und der Kopierer im Besprechungszimmer 100 mal ihren nackten Hintern ablichten kann. Diese Frau heiratet Benny. Seitdem all das passiert ist, habe ich mich selbst eingefroren. Ich dachte so: wenn ich es schaffe, möglichst wenig zu fühlen und so zu bleiben, wie Benny mich geliebt hat, dann kann ich mich wieder auftauen lassen, wenn er merkt, dass Theresa nicht die Richtige für ihn ist.

Nur sind die beiden jetzt nicht einfach nur verlobt – nein, sie ist auch noch schwanger. Schwanger von dem Mann, der mir und meinem Kinderwunsch die rote Karte gezeigt hat, weil er selbst ja noch viel zu unreif sei und überhaupt nicht wüsste, ob er Kinder will. Die korrekte Formulierung wäre: er wüsste überhaupt nicht, ob er Kinder mit mir will.

Lukas blaue Augen holen mich zurück ins Hier und Jetzt und ziehen mich unendlich weit weg von Benny und Theresa. Ich bin versucht, dem endlich nachzugeben. Obwohl Lukas im Moment nicht bei mir ist, kann ich sein Gesicht genau vor meinem inneren Auge sehen.

Dann wähle ich eine neue Nummer. Die Vorwahl gehört zu einer Stadt mit dem Namen Freiburg. Kurz fühlt es sich so an, als ob ich diese Nummer noch nie gewählt hätte. Es klingelt. Ich atme tief durch. Es klingelt weiter. Soll ich auflegen? Ist es zu spät um noch anzurufen?

„Hallo?“

Ich schlucke, als die weibliche Stimme zu meinem Ohr durchdringt. Theresa. Sie klingt gar nicht schwanger. Nicht, dass ich weiß ob und wie Schwangere anders klingen, aber sie klingt eben immer noch so wie damals. Ich muss mir aber nichts vormachen. Als ich sie das letzte Mal gesehen habe, sah sie sehr schwanger aus. Ein Medizinball ist nichts gegen die Kugel, die sie vor sich hergeschoben hat. Obwohl sie ihre Füße schon seit Wochen nicht mehr sehen konnte, steckten sie in teuer aussehenden Schuhen. Aber mit ihr wollte ich eigentlich nicht sprechen. Trotzdem zwinge ich mich dazu, etwas zu sagen.

„Hallo Theresa, hier ist Pippa. Ist Benny da?“

Es entsteht eine Pause und ich weiß genau, dass sie darüber nachdenkt einfach aufzulegen. Ich würde es an ihrer Stelle tun. Aber was hat sie zu verlieren? Sie trägt den Ring und das Kind. Ich hingegen sitze alleine in einem Hotel, während ein wirklich toller Kerl alleine am Flughafen ist – und rufe meinen Ex-Freund an Weihnachten an. Der Verlierer sollte deutlich erkennbar für alle sein.

„Augenblick.“

Dann höre ich nur noch Genuschel, sie hält also ihre Hand auf den Hörer. Jetzt wird sie behaupten, dass er nicht da ist und mir frohe Weihnachten wünschen. Dumme Gans.

„Pippa. Was kann ich für dich tun?“

Dich entschuldigen. Mir sagen, dass es dir zumindest Leid tut, dass du mein Herz rausgerissen und draufgespuckt hast. Soviel Größe könntest du haben und du weißt auch, dass ich das verdient habe!

„Ich wollte mich nur verabschieden und dir frohe Weihnachten wünschen.“

„Verabschieden?“

Benny klingt nicht mehr ganz so gelangweilt. Hat er etwa die Befürchtung, ich würde mir etwas antun? Mich vor einen Zug werfen, weil ich endlich eingesehen habe, dass er mich nicht mehr liebt?

„Ich lasse dich los.“

„Pippa, was soll das?“

„Ich lasse dich los, weil du mich runterziehst und weil ich ...“

Dann ist das Gefühl so klar, dass ich es fast mit der Hand greifen könnte.

„ … ich dich nicht mehr liebe.“

„Pippa ….“

„Und weil du ein Arschloch bist. Weil ich nicht nur Monate, sondern Jahre an dich verschwendet habe. Und weil es auch anders geht. Weil mich jemand einfach so auf dem Gepäckwagen durch die Flughafenhalle schiebt und mir die Colaflasche aufmacht, dabei lächelt und nach Erdbeere schmeckt.“

„Pippa, hast du getrunken?“

„Mach es gut, Benny. Frohe Weihnachten.“

„Leg jetzt ja nicht auf!“

Aber genau das tue ich. Vielleicht war es nicht ganz so spontan, wie Lukas es sich gewünscht hätte; aber ich lächle, während mein Blick durch das Hotelzimmer gleitet. Es ist vollbracht. Benny gehört jetzt zu einem Kapitel in meiner Vergangenheit und ich muss dringend noch etwas erledigen.

Wow, persönliche Bestleistung! So schnell habe ich mein Zeug noch nie eingepackt. Und natürlich einen weißen Bademantel. Niemand wird das je erfahren, ich bin viel zu raffiniert. Pippa Wunsch, Meisterdiebin was Bademäntel in Hotels angeht. Ich werde doch noch zum Outlaw.

 

Der Mann hinter an der Rezeption sieht mich etwas überrascht an.

„Stimmt was mit dem Zimmer nicht?“

„Nein, das Zimmer ist toll. Vor allem das Badezimmer. Wirklich super. Okay, vielleicht sollten Sie mal das Shampoo überdenken.“

„Rosenduft.“

„Hm?!“

„Sie sind nicht die Erste, die sich darüber beschwert. Aber ich kann Ihnen aus dem Geschenkshop ein anderes besorgen lassen, wenn Sie ...“

„Darum geht es nicht ... Ich würde gerne wieder abreisen.“

„Geht ihr Flug doch noch raus?“

„Nein, es ist ehrlich gesagt etwas kitschiger.“

„Lassen Sie mich raten. Es hat nicht zufällig etwas mit dem jungen Mann zu tun, der Sie hergebracht hat?“

Ertappt. Ich versuche ein Lächeln. Ihm fällt das viel leichter. Ich war schon immer der Typ Frau, der man die Gedanken und Gefühle an der Nasenspitze ablesen kann. Dazu muss man noch nicht mal ein Psychologie-Studium beendet haben. Ich bin ein offenes Buch.

„Ich habe langsam aber sicher das Gefühl, ich hätte ihn nicht gehen lassen sollen. Und wenn ich ihn jetzt nicht suchen gehe, werde ich es ganz sicher später mal bereuen.“

Er nickt lächelnd und nimmt den Schlüssel zurück. Eigentlich will ich jetzt schon los und weg, aber er hat seine Hand auf meine gelegt.

„Warten Sie, ich organisiere Ihnen einen Gepäckwagen.“

Männer, die mir Gepäckwagen organisieren, werden ab sofort meine neuen und persönlichen Superhelden. Ich werde ein passendes Superhelden-Outfit entwerfen, sobald ich etwas mehr Zeit habe.

 

„Wären Sie bitte so freundlich und würden sich auch hinten anstellen?“

Ich starre die Frau hinter dem Tresen am Infoschalter nur an. Erinnert sie sich denn nicht mehr an mich? Ich bin doch die Freundin von Lukas. Oder zumindest so was in der Art. Sie hat ihm sein Flugticket gegeben. Wir waren zusammen hier, das ist gar nicht so lange her, nur ein paar Stunden. Sie erwischt mich zwar frisch geduscht, aber dafür schlecht gelaunt.

„Ich habe aber keine Zeit um mich hinten anzustellen! Ich brauche nur eine kurze Information!“

„Für eine Information stehen die Menschen hinter Ihnen auch an.“

Ich werfe einen entschuldigenden Blick über die Schulter und schaue in das genervte Gesicht eines Anzugträgers.

„Das geht ganz schnell. Sie erinnern sich doch bestimmt noch an den netten Kerl, der nach Hamburg wollte! Ich war vorhin mit ihm da. Erinnern Sie sich?“

„Es waren viele nette Kerle hier, ich brauche mehr Informationen.“

„Ich spreche von dem süßen Kerl, den Sie mit Blicken ausgezogen haben! Wissen Sie jetzt, wen ich meine?“

Sie lächelt süffisant und nickt.

„Ja, ich erinnere mich!“

„Ist er hier gewesen? Hat er vielleicht noch mal nach seinem Flug gefragt? Haben Sie ihn vielleicht gesehen?“

„Ich kann mich nicht erinnern. Und jetzt stellen Sie sich hinten an!“

Ich bin genervt. Auf Stutenbissigkeit habe ich im Moment gar keine Lust – aber wenn sie es so haben möchte ...

„Ja, gleich, können Sie ihn vielleicht ausrufen?“

„Hinten anstellen!“

„Blöde Ziege!“

„Ganz hinten anstellen!“

Schönen dank auch. Ist ja nicht so, dass ich viel Unterstützung von ihr erwartet hätte; also gebe ich den Menschen hinter mir eine Chance. Ich kann ihn natürlich auch auf eigene Faust suchen. Wo kann er denn sein? Vielleicht ist er noch bei den Telefonzellen? Da werde ich meine Suche ansetzen, dann einen Blick in die Cafés werfen und die Großfamilie belästigen. Wenn dann immer noch nichts von ihm zu sehen ist, werde ich mich dazu herablassen, wieder bei der blöden Ziege aufzukreuzen, um ihn ausrufen zu lassen. Ich will nicht, dass diese Zicke erfährt, dass ich keinen blassen Schimmer habe, wie sein Nachname lautet. Egal, ich muss Lukas finden, bevor er vielleicht für immer verschwindet. Er ist für mich zurückgekommen. Ich fühle mich ein bisschen wie Kate Winslet als Rose im Film Titanic, nachdem sie wieder auf das sinkende Schiff gesprungen ist und Jack sucht. Natürlich findet sie ihn. Aber wo soll ich meinen Jack nur finden?

Die Telefonzellen sind verlassen. Niemand, der jetzt noch seine Familie anruft. Ich schiebe meinen Wagen langsam weiter. Vielleicht war das alles auch nur eine dumme Idee. Immerhin habe ich jetzt ja nicht mal mehr einen Schlafplatz. Zwar glaube ich, dass der nette Mann im Hotel ein Auge zudrücken würde, aber ich käme mir dämlich vor, wenn ich dort wieder ankriechen würde. Er würde genau wissen, dass ich Lukas nicht gefunden hätte. Das ist ja so peinlich. Außerdem habe ich ihm einen Bademantel geklaut. Kehren Täter immer an den Ort des Verbrechens zurück?

Das Café ist voll, aber niemand sieht auch nur annähernd so aus wie Lukas. Keine Kordjacke. Keine Sporttasche, nichts. Er ist wie vom Erdboden verschluckt. Also doch wieder zurück zur blöden Ziege. Das wird der absolute Tiefpunkt meines Tages. Und dabei hatte er sich doch noch ganz gut entwickelt. Ist er womöglich doch in einen Flieger gesprungen und nach Hamburg verschwunden? Nein! Er ist hier. Irgendwo. Das spüre ich.

Natürlich hat sie dieses triumphierende Lächeln, als ich mich wieder ganz hinten in die Reihe stelle. Ja, sie hat gewonnen. Ich beuge mich ihrer Anweisung und habe noch immer die Hoffnung, dass Lukas auftaucht, mich in die Arme schließt und wir zusammen das restliche Weihnachten verbringen. Aber natürlich könnte ich auch dort stehen und warten – und nichts würde passieren.

Was ist das? Meine Rettung? Ja, ein Traum wird wahr! Zumindest ein kleiner Teil davon! Die Ziege wird abgelöst, ihre Schicht scheint zu Ende. Ich winke ihr grinsend und sie marschiert davon. Allerdings nicht weit genug. Sie nimmt auf einem Stuhl am Computer Platz und ich bin an der Reihe.

„Schönen guten Abend, ich habe ein kleines Problem.“

„Vielleicht kann ich Ihnen ja helfen.“

Der Mann in der schicken Uniform lächelt mich freundlich an. Noch ein Held in meiner Geschichte.

„Ich habe einen Freund verloren und kann ihn nicht finden. Ich würde ihn also gerne ausrufen lassen. Geht das?“

„Sicher, wie heißt er denn?“

Ich will mich a) nicht blamieren, indem ich sage, dass ich seinen Nachnamen nicht kenne, und b) will ich auch nicht, dass diese Ziege (die sich verdächtig weit zu uns rüberbeugt) erfährt, wie er wirklich heißt. Ich muss eine Art Geheimsprache entwickeln, die nur wir zwei verstehen werden.

„Tobias“

„Und weiter?“

„Tobias Hobbit.“

Es ist das erste, was mir einfällt. Er muss verstehen, dass er gemeint ist. Tobias, so hatte ich angenommen, wäre sein Name. Und Hobbit, nun, das liegt ja wohl auf der Hand. Der Flughafenangestellte sieht mich etwas zweifelnd an und so schenke ich ihm ein breites Lächeln.

„Ja, ein verrückter Name, ist ihm auch ein bisschen unangenehm, aber er wird es verstehen.“

Das hoffe ich. Ich hoffe es wirklich, denn eigentlich hat Lukas keine Ahnung, dass er so heißt. Aber er ist ja ein richtig schlaues Kerlchen. Er muss es verstehen.

„Soll ich vielleicht auch sagen, wer ihn sucht?“

„Jolanda Yoda.“

Jetzt hält er mich für durchgeknallt. Ich bin aber weder auf Drogen, noch ist das hier ein dummer Scherz. Das versichere ich hoch und heilig, während ich ihn bittend – ja fast flehend – ansehe.

„Also gut, es ist ja Weihnachten.“

Dann greift er nach dem Mikrofon und schaltet es ein. Ich halte die Luft an. Es muss einfach funktionieren. Lukas muss es hören und verstehen.

„Achtung, eine Durchsage für Herrn Tobias Hobbit. Eine Frau Jolanda Yoda wartet an der Information auf Sie. Herr Tobias Hobbit!“

Hinausposaunt durch den Lautsprecher einer Flughafenhalle klingt das Ganze zugegeben extrem dämlich. Ich zähle es also nicht zu den besten Ideen, die ich bisher hatte. Vermutlich erwarten die Leute jetzt eine Erklärung, aber ich kann und will dieses kleine Geheimnis nicht lüften. Sollte Lukas hier nicht mehr auftauchen, werde ich wenigstens dieses Geheimnis haben. Kaum einer wird das verstehen, aber er muss es einfach verstehen. Man stelle sich vor: Rose springt zurück auf die Titanic und findet Jack nicht mehr – was würde das nur für den Film bedeuten?

„Soll ich es vielleicht noch einmal versuchen?“

„Nein, danke. Wenn er nicht kommt, dann ist er vermutlich nicht mehr hier.“

Gott, das klingt niedergeschmettert. Und das bin ich auch. Er wird nicht auftauchen. Er ist weg. Vielleicht auch nur kurz auf der Toilette, und kann es nicht hören. Obwohl ich ihn nicht darum bitte, ruft der Mann ihn erneut aus. Dann rücke ich zur Seite und er kümmert sich um die anderen Wartenden. Ich habe es zumindest versucht, war spontan und wagemutig. Fast heldenhaft. Aber ich bin selbst schuld. Es war eigentlich alles sehr einfach: wir hätten hier Arm in Arm liegen und die Nacht zusammen verbringen können. Aber so wie immer, verkompliziere ich die Dinge unnötig, einfach weil ich so bin. Einfach geradeaus, das kommt für andere in Frage. Mir dagegen fällt es schwer, einen geraden Weg einfach zu Ende zu gehen. Wieso bin ich so?

Ich schiebe mich und meinen Gepäckwagen ein bisschen weiter und setze mich auf meine Tasche. Tatsächlich hat es sich die Großfamilie hier in der Nähe gemütlich gemacht. Sie liegen verstreut auf den freien Plätzen der Bank herum und schlafen. Zumindest die Kinder. Andere Menschen liegen in Schlafsäcken in verschiedenen Ecken oder rollen sich in Decken ein. Sandwichs und ungemütlich aussehende Decken werden verteilt. Niedergeschlagen betrachte ich die Scherben dieser Nacht. Es hätte so schön werden können. Erinnern Sie sich an das, was ich über Julia-Roberts-Filme gesagt habe? Es ist absoluter Bullshit. Es gibt so etwas nicht – und wenn, dann erlebe ich es ganz bestimmt nicht.

„Sie haben mich ausrufen lassen?“

Mein Herz pocht plötzlich so schnell und fest gegen meine Brust, dass ich Angst haben muss, es würde mir einfach aus dem Körper springen. Langsam drehe ich mich um. Da steht er, einfach so.

„Lukas!“

„Oder soll ich besser Tobias sagen?“

„Du bist ja doch hier.“

„Ich habe doch gesagt, ich warte. Aber du hast mich ausrufen lassen.“

Sobald ich mich wieder bewegen kann, werde ich aufstehen, ganz sicher. Aber im Moment ist das alles nicht möglich. Ich fühle mich ein bisschen gelähmt.

„Wieso bist du aus dem Hotel zurückgekommen?“

„Sie haben mich erwischt, als ich den Bademantel geklaut habe. Also habe ich eine spektakuläre Flucht hinlegen müssen.“

„Aus dem Fenster?“

„Natürlich.“ 

Jetzt spüre ich wenigstens meine Beine wieder und erhebe mich langsam. Lukas stellt seine Tasche auf meinen Gepäckwagen. Ein sicheres Zeichen, dass wir wieder an einem bekannten Punkt sind. Ich greife zögernd nach dem Ärmel seiner Jacke. Den Hut trägt er nicht mehr. Seine Frisur sieht ein bisschen verwuschelt aus.

„Geht es dir gut?“

Sehe ich denn nicht so aus, wie ich mich fühle? Ich könnte die ganze Welt umarmen. Ich könnte ihn umarmen. Ich könnte platzen vor Freude. Also tue ich genau das: ich lege meine Arme um ihn und er drückt mich sehr fest an sich.

„Jetzt geht es mir gut. Weißt du, ich saß da oben mit einem ganz billigen Shampoo und jeder Menge Pralinen. Sissi lief im TV und ich musste dich einfach wiedersehen.“

Sissi? Dazu Pralinen und ein schlechtes Shampoo? Das klingt nach Suizid.“

„Ja. Irgendwie schon. Aber jetzt ist alles gut.“

„Aber Tobias Hobbit und Jolanda Yoda?“

„Mir ist nichts Dümmeres eingefallen. Tut mir Leid.“

Wir stehen noch immer in einer Umarmung und halten uns fest, als hätten wir uns Wochen nicht gesehen.

„Das ist okay. Ich bin sogar ziemlich froh, dass du zurückgekommen bist.“

Ich spüre, wie er sein Gesicht sanft in meine Haare drückt.

„So mies ist das Shampoo nicht.“

Dann sieht er mich an und lächelt sanft. Manchmal wünschte ich mir einen Moment, in dem ich kurz durchatmen und nachdenken könnte. Immerhin will man immer was Schlaues sagen. Aber ich glaube, ihm ist nicht nach reden zumute. Der zweite Kuss muss den ersten immer überbieten. Denn man geht mit der Erwartung des ersten in diese Geschichte. Doch es ist fast unmöglich, den ersten Kuss zu überbieten. Es gibt kein Papaya-Feeling mehr, keinen Erdbeer-Geschmack.

Vergessen Sie alles, was ich gerade gesagt habe! Ich bin mir nicht mal sicher, ob wir nicht so was wie Erregung öffentlichen Ärgernis betreiben. Die Großfamilie starrt uns an, als wir uns wieder voneinander lösen, und ich muss grinsen. Das ist nicht der richtige Ort für solche Küsse, dessen bin ich mir natürlich bewusst. Aber ich sehe trotzdem keinen Grund, diesen Mann hier nicht zu küssen. Immerhin werde ich ab morgen auf ihn verzichten müssen. Für wie lange? Für immer?

Wir nehmen auf dem Gepäckwagen Platz und grinsen wie verliebte Teeanger. Es ist verrückt. Alles hier ist total anders als es in meinem Leben sonst ist. Plötzlich ist mein Leben aufregend und spannend. Es ist so, als könnte man mich beneiden. Ja, man könnte mich sehen und sagen: „Pippa Wunschs Leben – Mensch, das hätte ich auch gerne!“ Und das alles nur wegen Lukas.

Er zieht eine Decke aus seiner Tasche und hält sie stolz vor uns.

„Ich habe vorhin von einer aufmerksamen Frau eine Decke bekommen. Ist das nicht toll?“

Sein Lächeln wird größer und er wirkt stolz, als hätte er einen Büffel erlegt, und jetzt für die Frau in der Höhle eine Decke aus Büffelfell gehäkelt. Aber er hat sie nur geschenkt bekommen. Ich könnte ja wetten, dass er mit diesem Aussehen ständig Dinge von Frauen geschenkt bekommt. Wenn ich etwas übrig hätte, dann würde ich es ihm auch schenken. Aber im Moment fällt mir da nur mein Herz ein.

„Klasse.“

„Ich habe mir auch schon einen Gepäckwagen gesucht. Ich dachte so als Nachtlager, aber eine Frau mit Kind war schneller.“

„Also möchtest du diesmal auf meinem Gepäckwagen nächtigen?“

„Naja, genau genommen ist es ja mein Gepäckwagen. Ich habe ihn dir damals überlassen.“

„Wir brauchen einen Ehevertrag.“

Er nickt, während er die Decke um uns legt.

„Absolut. Du kriegst die Kinder, ich den Gepäckwagen.“

„Wer behält die Hunde?“

„Wir haben Hunde?“

Er sieht mich überrascht an.

„Du magst keine Hunde?“

„Doch, ich liebe Hunde. Aber meine Ex ...“

Oh je. Hier sind wir, planen Hunde, Kinder und er öffnet die Ex-Akte. Bisher habe ich jegliche Bilder von ihm mit einer anderen Frau verdrängt. Jetzt spricht er es offen an und ich muss so tun, als wäre ich total cool.

„ … mochte keine Hunde?“

Er scheint über die Frage ernsthaft nachzudenken. Ich warte und bin unsicher, ob ich die Antwort hören will.

„Sie mochte wohl den Hund meines Nachbarn mehr.“

„Oh.“

Ich kenne das Gefühl zu gut, will nicht fragen, weil es schmerzhaft ist. Immer. Egal wie oft man so tut, als wäre man darüber hinweg, es tut immer ein bisschen weh. Außerdem killt es immer das Gespräch. Ich will gar nicht wissen, wie sehr es wehgetan hat, wie viel Alkohol er gebraucht hat, um den Schmerz zu ertränken. Vor allem wollte ich nicht wissen, wie viele Frauen sich seitdem in seinem Bett befunden haben.

„Wie lange ist das mit dem Hund denn her?“

„Zwei Jahre.“

Ach, das kommt mir sehr bekannt vor. Sicher, er war in der Zeit bestimmt kein Mönch und es wird Zeit, dass ich dieses Kopfkino abstellen kann.

„Und bei dir?“

Ach, das will er nicht wissen. Ich will es nicht mal mehr selber wissen.

„Auch sowas um den Dreh. Zwei Jahre oder so.“

Dabei könnte ich es auf die Stunde genau berechnen. Aber vielleicht ist er nicht der Richtige, um das zu besprechen.

„Die große Liebe?“

Benny war meine große Liebe. Zumindest habe ich das immer gedacht. Sogar nachdem er mich betrogen und verlassen hatte, dachte ich, er wäre wirklich meine große Liebe.

„Nein.“

Ausgesprochen habe ich es noch nie, aber in den letzten Monaten hat sich genau dieses „Nein“ immer mehr bestätigt. Wie kann jemand die große Liebe sein, der einem so sehr wehtut, und dabei noch ein dickes Grinsen im Gesicht trägt? Lukas Blick scheint auf meinem Gesicht zu haften. Ich will nicht, dass er sieht, wie lange ich damit kämpfen musste. Man weiß erst, dass das Herz noch funktioniert, wenn man einen Moment wie diesen im Schnee mit Lukas erleben durfte. Als Teenager verliebt man sich stündlich, bekommt wöchentlich ein gebrochenes Herz zurück und liebt dann wieder mit voller Kraft. Man hat dieses unbeschreibliche Vertrauen, dass das Herz sich immer wieder aus den zerbrochenen Teilen zusammensetzt, dann weiterschlägt und immer wieder liebt. Je älter man wird, desto schwerer wird es. Als Benny gegangen ist, hatte ich ernste Zweifel. Ich sehe wieder zu Lukas, der mich nicht aus den Augen lässt.

„War sie denn deine große Liebe?“

Wenn er jetzt ja sagt, dann weiß ich nicht, ob ich mein Herz noch einmal zusammensetzen möchte. Aber er schüttelt den Kopf.

„Wenn das die große Liebe war, dann ist die große Liebe echt für den Arsch.“

Dann lacht er und irgendwie klingt es befreiend. Ich weiß genau, was er meint. Es tut gut, jemanden zu haben, der all die ätzenden Stunden des Selbstmitleids auch erlebt hat und wieder auf die Beine gekommen ist. Nur deswegen können wir jetzt hier sitzen. Er tastet mit seiner Hand unter der Decke nach meiner und hält sie fest. Das alleine reicht, um Benny und all die anderen Idioten zu vergessen. Eine leise Stimme in meinem Hinterkopf flüstert zwar, dass auch Lukas morgen wieder weg sein wird, aber vielleicht darf ich ja eine Nacht lang glauben, dass das hier der beste Augenblick in meinem Leben ist. Der Augenblick, von dem ich auch im hohen Alter noch sprechen werde.

„Wieso bist zu zurückgekommen?“

Weil ich dich küssen will. Jetzt und immer. Weil ich Angst habe, dich ab morgen nie mehr zu sehen – und weil ich die Zeit nicht anhalten kann.

„Wegen den Geschenken.“

So kann man es natürlich auch ausdrücken. In dem ganzen Tumult vorhin haben wir nämlich vergessen, unsere Geschenke auszutauschen. Weil ich ein ganz kleines bisschen stolz auf mein Geschenk für ihn bin, möchte ich es ihm geben. Unbedingt will ich sein Gesicht sehen.

„Auf zum Weihnachtsbaum!“

 

Als wir angekommen sind, greift er in seine Tasche und zieht ein verpacktes Geschenk heraus. Es ist so groß wie ein normales Taschenbuch, nur viel dünner.

„Frohe Weihnachten Pippa.“

Nach einer kurzen, aber intensiven Suche in meiner Handtasche, ziehe ich endlich auch sein Geschenk heraus. Ich bin noch immer glücklich, es gefunden zu haben. Ich reiche es ihm mit einer feierlichen Geste, die dem Moment angebracht erscheint.

„Fröhliche Weihnachten, Lukas.“

Er sieht wie ein aufgeregter kleiner Junge aus, der sich ernsthaft über das Geschenk freut.

„Ich hoffe, es ist ein Einhorn.“

Dabei zwinkert er mir zu. Sicher, wer will nicht gerne ein Einhorn haben? Bevor ich meines auspacke, beobachte ich ihn. Als Geschenkpapier habe ich schließlich die Frauenzeitschrift benutzt, das imponiert ihm ohne Zweifel. Er reißt es achtlos auf und hält dann inne, als er das kleine schwarze Ledernotizbuch in der Hand hält. Seine Reaktion habe ich mir irgendwie anders erhofft. Kein Jubelschrei, keine Umarmung, nur ein erstaunter Blick. Ich ziehe den Kugelschreiber, den ich als Zusatz dazu gekauft habe, aus meiner Tasche und reiche ihn Lukas.

„Weil du doch schreibst.“

Er sieht mich noch immer an – plötzlich habe ich die Befürchtung, dass meine Idee der klassische Schuss in den Ofen ist. Vielleicht hat er einen guten Grund, wieso er nicht schreibt, und ich streue wie eine Irre Salz in die Wunde. Ich kenne ihn nicht gut genug, das wird mir gerade schlagartig bewusst. Bevor ich mich für meine Dummheit entschuldigen kann, beugt er sich zu mir und küsst mich. Er küsst mich nicht einfach so. Er küsst mich, während seine Hand an meiner Wange liegt. So bin ich das letzte Mal … noch nie geküsst worden.

„Vielen Dank!“

Er flüstert es gegen meine Lippen.

„Mit dem größten Vergnügen.“

Hätte ich geahnt, dass er so reagieren würde, dann hätte ich auch noch ein ganzes Schreibset dazu gekauft. Ich möchte viel mehr Zeit mit ihm verbringen. Wenn nicht heute, dann vielleicht in der Zukunft. Wie realistisch mein Wunsch ist, weiß ich selber nicht. Aber es ist doch Weihnachten, da gehen Wünsche in Erfüllung. Vielleicht also auch dieser.

„Und jetzt du, pack es aus!“

Beim Einpacken hat er sich nicht ganz so viel Mühe gegeben. Das Geschenk ist in eine kleine Papiertüte gestopft, in der sonst Brötchen liegen. Ich klappe die Lasche der Tüte oben auf und lasse ein Heft herausgleiten. Es ist also ein dünnes Buch. Nein ... es ist ... ein Reiseführer und eine Serviette.

„Was ist das denn?“

„Ich hatte ja angenommen, dir als Fachfrau würde sich ein Reiseführer als solcher zu erkennen geben.“

„Spinner. Ich weiß, was es ist. Ich meinte: was ist das?“

Ich verwirre mich und ihn, aber ich weiß einfach nicht, wie ich erklären soll, wie überrascht ich bin.

„Die Serviette erklärt es vielleicht.“

Dort stehen einige Zeilen mit Kuli geschrieben. Er hat es in Eile geschrieben, das kann ich erkennen.

 

Bewerbung als Reisepartner für Pippa: 

Paris – Venedig - New York - Hamburg (!!!) - Los Angeles – Barcelona – Prag – Rom …

Wir sollten langsam damit anfangen.

Alles Liebe, dein Lukas

 

Dann lege ich die Serviette weg und schaue mir den Reiseführer etwas genauer an. Das kann nicht wahr sein. Wieder sehe ich ihn an. Er hat die Hand von meiner Schulter genommen, als wolle er mich daran erinnern, dass es mein Moment ist. Ich kann ihn mit ihm teilen, wenn ich will, aber ich muss nicht. Es geht hier nicht um uns oder diese Nacht am Flughafen. Es geht um mich, um meine Dämonen und den Rest der Welt.

„Paris?“

„Ist doch eine aufregende Stadt und da du alleine nicht auf Streifzug gehen willst, würde ich dir gerne die schönsten Plätze zeigen. Irgendwann müssen wir ja anfangen. Deine Liste ist ziemlich lang.“

„Das ist ... ich meine ...“

Ich lasse die Blätter zwischen meine Finger gleiten und mir wird bewusst, wie nah dran ich bin, mich endgültig in ihn zu verlieben. Mir kommt dieser Reiseführer unglaublich vertraut vor. Ich habe ihn bearbeiten dürfen und kenne die meisten Sätze darin auswendig, aber jetzt fühlt es sich ganz anders als bei der Arbeit an. Seit Benny habe ich nur Männer kennen gelernt, die alle nett und charmant waren; aber kurz, bevor ich mein Herz verliere, machen sie etwas ganz furchtbar Dummes, was mich abschreckt. Ich zögere und dann ist es eigentlich vorbei. Jetzt ist es zu spät. Lukas kann nichts Dummes mehr machen. Ich weiß nicht, was ich sagen soll und so greift er nach dem Reiseführer.

„Ich habe mir mindestens sechs Stück angesehen, aber dieser hier ist der Beste. Hinten stehen die Hotels und Restaurants, die man nicht auslassen darf, die Sehenswürdigkeiten und natürlich die Geheimtipps von Insidern.“

„Ich weiß.“

„Oh nein! Du hast diesen Reiseführer bearbeitet?“

„Ja, aber ich nehme es als Kompliment.“

Ich lege meine Hand auf seine und er hält kurz inne. Er ist unsicher. Vielleicht hat er ja das falsche Geschenk gekauft oder vielleicht hat er mich gekränkt, weil es Städte sind, die ich nicht sehen werde. Aber so ist es nicht. Ich lächele ihn an und erkenne ein kleines Licht in seinen Augen. Wenn Menschen mit den Augen lächeln können, dann ist das so wunderbar. Ich kann mir dann sicher sein, dass dieser Mensch lebt. Er hat eine Seele. Das klingt idiotisch, aber so ist es doch. Ich muss spüren, dass es etwas gibt, was man mit jeder Faser seines Körpers entdecken will. So ein Gefühl habe ich jetzt. Genau in diesem Augenblick.

„So etwas hat noch nie jemand für mich gemacht.“

Er beugt sich etwas näher zu mir rüber und sein Lächeln wird etwas sanfter. Ich spüre ihn ganz nah, wie er durch mein Haar an mein Ohr flüstert.

„Dann hat noch nie jemand so genau hingesehen. Jeder, der an dir vorbeigelaufen ist, muss blind sein. Ich bin froh darüber, weil ich meine Chance nicht verpassen will.“

Ich schließe kurz die Augen. Diese Gänsehaut muss ich genießen. Ich überlege mir kurz, ob Lukas echt ist. Auf jeden Fall werde ich ihn eine kleine Weile für mich behalten, denn wenn ich es ausgesprochen habe, kann ich es nicht mehr zurücknehmen. Dann werden andere einen Teil von meiner Erinnerung an Lukas in Anspruch nehmen. Ich muss meine Gefühle, Gedanken und Erinnerungen mit irgendjemand teilen. Das wäre ja alles nicht so schlimm, aber noch immer bin ich mir nicht sicher, ob ich ihn jemals wiedersehen werde.

„Ich freue mich auf Paris.“

Wir verbringen eine ganze Weile damit, den Reiseführer zu durchblättern. Bei bestimmten Fotos und Berichten halten wir an, um uns Gedanken zu machen, in welcher Reihenfolge wir welche Plätze besuchen wollen. Er erzählt mir auch, dass er ein bisschen Französisch sprechen kann. Es reicht zumindest, um nicht völlig ahnungslos von Museum zu Museum zu stolpern. Paris ist mir plötzlich so unheimlich wichtig, dass ich es auch zu schaffen glaube: ich werde diese Stadt sehen! Dieses Gefühl hatte ich bisher noch nie.

Eine festliche Stimmung scheint sich auf den gesamten Flughafen auszubreiten. Sogar die wenigen, die noch meckernd an den Schaltern standen oder um schnelle Hilfe bettelten, sitzen inzwischen irgendwo in Decken gehüllt; einige telefonieren mit ihren Lieben daheim oder nehmen dankend die warmen Getränke an, die kostenlos verteilt werden. Ich lehne an Lukas' Schulter, genieße seine Nähe und kämpfe gegen die Müdigkeit an. Nicht einschlafen, Pippa. Nicht jetzt. Aber es wird immer später und früher oder später, werde ich den Kampf gegen die Müdigkeit ja doch verlieren.

Lukas zieht ein dickes Buch heraus, welches ich vorhin schon mal gesehen habe. Meine Telefonnummer steht auf dem Umschlag.

„Was wird das? Tobias Hobbit liest ausgewählte Stücke aus J.R.R. Tolkiens Herr der Ringe?“

„Du willst es doch auch.“

Er scheint eine ganz bestimmte Stelle zu suchen. Ich habe Herr der Ringe aufgegeben, weil mir die Texte zu schwer waren. Außerdem fällt es mir schwer, mich in die imaginäre Welt von Mittelerde zu versetzen. Gott lobe eine einfache Galaxie mit verschiedenen Planeten wie Endor, Hoth oder Tatooin. George Lucas, der hat es wirklich drauf.

Trotzdem lehne ich mich zurück, werfe die Decke über meine Beine und höre ihm zu. Zuerst versuche ich mich einfach nur auf seine Stimme zu konzentrieren, aber dann merke ich, dass es die Wörter sind, die mich wirklich berühren. Ich bin ja der festen Überzeugung, dass ich ein leichtes Opfer bin. Für einfach alles. Ich war und bin noch immer ein ganz großer Take That-Fan. Ich bin dazu fähig, in der Tankstelle länger bei den Zeitschriften zu suchen, nur weil „Back for good“ im Radio läuft. Ich tanze in der Disco ganz ekstatisch zu „Relight my fire“. Und wenn Robbie im TV auftaucht, dann vergesse ich alles. Ich bin so leicht zu begeistern und dann werde ich zum Fan. Ich lese alles über die Sänger, die Regisseure oder die Autoren. Mein Fan-Herz muss nur erobert werden und schon bin ich eine treue Seele. Star Wars hat an meinem vierten Geburtstag mein Leben verändert. Alles hat sich von dem Tag an verändert. Ich glaubte nicht mehr an den Weihnachtsmann, aber Jedi-Ritter gab es! Worauf ich hinaus will, fragen Sie sich? Na, Tolkien! Ich habe angefangen, ihn zu mögen. Ich höre mir an, wie ein kleiner Hobbit mit Namen Frodo plötzlich auf einen großen Kerl trifft, der sich Streicher nennt. Ich höre Lukas eine ganze Weile zu. So müsste die Welt für immer sein. Ich hier, an seine Schulter gelehnt – Kord fühlt sich wirklich gut an – er liest mir aus Tolkiens Werk vor und wir streiten über Star Wars. Das wäre der perfekte Sonntag. Und wer weiß, vielleicht wird er eines Tages bei mir auf der Couch in Freiburg liegen, und wir reden über Herr der Ringe und das Leben an sich. Dann legt er das Buch weg und sieht mich an. Ich befürchte, er kann es in meinen Augen sehen. Ja, ich mag Tolkien, ich mag Herr der Ringe – und wenn er aus dem Telefonbuch vorlesen würde, könnte ich mich sogar dafür begeistern.

„Hast du den Film gesehen?“

Natürlich habe ich das nicht. Immerhin hat es mich nicht interessiert. Also bleibt mir nichts anderes übrig, als den Kopf zu schütteln und möglichst schuldbewusst zu wirken.

„Tu mir den Gefallen und lese zuerst das Buch!“

„Hast du denn den Film schon gesehen?“

Energisches Nicken. Klar, er ist ja ein Tolkien-Jünger. Er war vermutlich sogar in der Vorpremiere. Ich habe Episode I auch vor allen anderen gesehen! Zumindest rede ich mir das ein. Fast bin ich davon überzeugt.

„Er ist brillant. Ich will deinen George Lucas nicht angreifen, aber der Film ist so gewaltig, dass du von den Bildern einfach überrollt wirst! Wahnsinn!“

„Verstehe, ich soll zuerst das Buch lesen und mir dann den Film ansehen?“

Er klappt das Buch zu und reicht es mir. Etwas verwirrt nehme ich es an. Er schenkt mir seine Bibel? Er will sie mir geben? Das muss Liebe sein.

„Für mich?“

„Nur eine Leihgabe! Ich werde es mir einfach wiederholen. Wenn du es fertig gelesen hast, den Film gesehen und begeistert bist!“

Ich muss grinsen und sehe ihn zweifelnd an. Aber so, wie er für Mittelerde die Werbetrommel rührt, will ich ihm diese Chance geben.

„Also gut, aber eine Frage habe ich!“

Verdammt. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass mich jemals ein Mann in weniger als einer Stunde zu einem Fan gemacht hat. Weder von einem Buch, noch von sich. Und hier ist Lukas, der aus dem Nichts kam und jetzt alles durcheinander wirbelt.

„Was passiert mit Arwen und Aragorn?“

„Es ist Liebe. Eben die Liebe!“

Er lächelt und ich liebe dieses Lächeln. So sehr, dass es fast schon wehtut. Wehtut deswegen, weil ich genau weiß, dass ich es morgen nicht mehr sehen werde. Aber ich bin trotzdem glücklich. Ich habe etwas bei mir, etwas, das ihm viel bedeutet. Und ich weiß, dass er es sich wiederholt. Er mag vielleicht nur Produktbeschreibungen in Werbeform verfassen, aber er ist verliebt in die Literatur.

„Soll ich noch mal versuchen, ein paar Sandwiches zu ergattern?“

„Würdest du das tun? Du würdest dich auf so eine gefährliche Reise einlassen, nur um mir ein Sandwich zu besorgen?“

„Für dich würde ich auch einen Burger aus Mordor besorgen.“

Mit einem Augenzwinkern steht er auf und zieht mit seiner Mission davon. Ich neige ja bekanntlich dazu, mein Leben mit bestimmten Szenarien aus berühmten Filmen oder Büchern zu vergleichen. Bisher habe ich immer nach einem Han Solo gesucht, der mit mir durch meine kleine, bizarre Galaxie fliegt. Ich habe einen Mann gesucht, mit dem ich jeder Zeit den Hyperraum betreten und in Lichtgeschwindigkeit durch das Universum sausen kann, ohne die Realität zu beachten. Aber Lukas ist gar kein Typ für den Hyperraum. Zu viel Star Wars für Ihren Geschmack? Tut mir Leid, aber jetzt wissen Sie, wieso die meisten mich schrullig nennen. Ich nehme an, sie haben Recht. Aber vielleicht tritt jetzt etwas Neues in mein Leben – und vielleicht ist es Lukas, mein Aragorn.

Das Sandwich schmeckt nicht so, wie ich es mir erhofft habe, aber man nimmt in Situationen wie diesen so ziemlich alles hin. Es ist kalt, es ist spät und so richtig glücklich ist vermutlich niemand hier. Außer mir und Lukas, aber sonst sehe ich keine Gesichter, die darauf schließen lassen, dass sie innerlich so zufrieden sind. Habe ich schon einmal erwähnt, dass es schön ist, wenn es anderen nicht so gut geht und einem selbst schon? Ja, das klingt gemein und billig, aber so meine ich es nicht. Es ist eher so, dass ich zu Beginn dieses Tages davon ausgegangen bin, hier grausam zu verenden. Ich war alleine und hatte nicht mal ein gutes Buch, welches mein Elend hätte mindern können. Jetzt, einige Stunden und eine warme Dusche später, kann ich es noch immer nicht ganz glauben, aber so ist es nun mal. Ich bin hier, an einem wunderbaren Weihnachten, mit Lukas, meinem neuen und privaten Helden. Nicht, weil ich inzwischen in seiner Kordjacke eingewickelt liege und mein Sandwich verputze, sondern weil er hier geblieben ist. Er ist seit langem der erste, den ich treffe, und der sich ehrlich freut, mich zu sehen. Hamburg. Bestimmt eine tolle Stadt, vor allem, wenn da die Familie wartet. Und was macht er? Er sitzt neben mir in einer dünnen Jeansjacke, einen Teil der Decke über den Knien und eine Tasse Kaffee in der Hand. So hat er sich diesen Abend bestimmt nicht vorgestellt – und trotzdem lächelt er.

„Was glaubst du? Was kriegst du dieses Jahr von deinen Eltern? Hast du große Wünsche gehabt?“

Ja, eigentlich hatte ich die, aber sie jetzt laut auszusprechen, kommt mir blöd vor. Er will aber nicht locker lassen und sieht mich von der Seite an. Gott, immer diese peinlichen Situationen.

„Ich wollte meinen Ex-Freund endlich vergessen.“

„Und hat es geklappt?“

Ich nicke. Alle Dinge, die mir die Kehle zugeschnürt haben, sind einfach so weg. Als hätte ich sie in einem anderen Leben erlebt, als wären es nur dunkle Erinnerungen an Tage, die so weit hinter mir liegen. Lukas küsst meine Stirn.

„Ich habe deinen Wunschzettel gelesen.“

Dann esse ich weiter, während er mich ansieht. Ich mag diesen Blick nicht. Also, ich mag ihn schon, aber er macht mich nervös. Ich bin es nicht gewöhnt, so angesehen zu werden. Das ist ein bisschen, wie wenn man auf jemanden wartet. Im Lokal. Blind-Date oder so. Die Tür geht auf, ein süßer Kerl tritt ein und sieht sich um. Dann, plötzlich, sein Blick trifft dich. Du willst schon aufstehen und etwas sagen … dieser Blick ist der Hammer! Er kommt auf dich zu, du kannst dein Glück kaum fassen und – päng! – ist er an dir vorbei und nimmt neben der blondierten Schönheit hinter dir Platz. Aus der Traum. Aber diesmal gibt es die blondierte Schönheit am Nebentisch nicht. Dieser Blick gilt mir alleine und das macht mir Angst. Es fühlt sich toll ab, aber man hat Angst, dass alles nur ein Traum oder eine dumme Wette ist. Vielleicht hat er ja um zehn Euro gewettet, dass er es einen ganzen Abend an der Seite der schrulligsten Schreckschraube vom ganzen Flughafen aushält. Das wäre doch mal nett. Nun, wie auch immer, ich will nicht, dass er mich so ansieht.

„Möchtest du etwas sagen?“

„Ich finde nur, du solltest reisen.“

„Wieso findest du das?“

„Weil die Welt erobert werden will.“

„Vielleicht bin ich keine gute Eroberin?“

„Doch. Doch das bist du.“

„Wenn du willst, dass ich reise, musst du schreiben.“

Er nickt und zieht das kleine Notizbuch hervor. Der Stift tanzt geradezu über das Papier, als würde es ihm keine Mühe bereiten. Ohne Pause und ohne nachzudenken, schreibt er Wort auf Wort nieder. Sein Gesicht ist konzentriert, sein Blick verrät, wie sehr er in einer anderen Welt versunken ist. Da will man nicht stören, ich schon gar nicht. Zusammengerollt und in seine Jacke gekuschelt mache ich es mir gemütlich und beobachte ihn, bis ich meine Augen schließe. Nur für einen kurzen Moment ... Gott, ich bin müde … Es ist schön hier an seiner Schulter zu lehnen. Ich könnte sofort einschlafen. Das Sandwich hat mich müde gemacht und ich finde seine Jacke so kuschelig wie mein eigenes Bett zu Hause in Freiburg. Wie das bei mir immer so ist, schlafe ich in den besten Momenten ein. Wie damals, als ich zusammen mit Freunden diese Video-Abende veranstaltet habe. Den besten Film wollten wir uns bis zum Schluss aufheben. Aber genau den haben wir uns natürlich um drei Uhr angesehen. Ich habe das Ende immer verschlafen. Pech, nicht wahr? Deswegen bin ich mir auch ziemlich sicher, dass alles nur ein schöner Traum gewesen ist, als ich langsam die Augen wieder öffne und mich umsehe. Er ist weg.