16

Die Morgendämmerung kam mit Nieselregen, der dunkelgraue Himmel färbte sich allmählich zu kaltem weißem Licht. Normalerweise laufe ich nicht bei Regen, aber ich hatte nicht gut geschlafen, und ich mußte diese bohrende Angst loswerden. Ich wußte nicht einmal, weshalb ich mir Sorgen machte. Manchmal wache ich auf und bin mir einer unterschwelligen Angst bewußt, die in meinen Eingeweiden wühlt. Dann ist Laufen die einzige Erleichterung, die ich finden kann, abgesehen von Alkohol und Drogen, und die mag ich um sechs Uhr früh nicht.

Ich zog einen Jogging-Anzug an und lief zum Fahrradweg, joggte anderthalb Meilen bis zum Sportzentrum. Die Palmen, die den Boulevard säumten, hatten trockene Palmwedel abgeworfen, die jetzt wie aufgeweichte Federn im Gras lagen. Der Ozean war silbrig, die Brandung rauschte wie ein Taftrock mit einer weißen Rüsche. Der Strand war dumpf-braun, bevölkert von Seemöwen, die nach Sandflöhen schnappten. Tauben erhoben sich in einer Wolke und schauten zu. Ich muß gestehen, daß ich im Grunde meines Herzens kein Mensch bin, der die freie Natur liebt. Ich bin mir immer bewußt, daß unter dem fröhlichen Gezwitscher der Vögel Knochen brechen und Fleischstreifen abgefetzt werden, alles ein Werk dieser knopfäugigen Kreaturen ohne Gefühl oder Gewissen. Ich suche in der Natur weder Trost noch Freude.

Es herrschte nur wenig Verkehr. Ich traf keine anderen Jogger. Ich kam an den öffentlichen Toiletten vorbei, die in einem fleischfarben gestrichenen Ziegelgebäude untergebracht waren, in dem sich jetzt zwei Penner mit einem Einkaufswagen zusammenkauerten. In einem erkannte ich den, den ich zwei Tage vorher gesehen hatte. Jetzt betrachtete er mich gleichgültig. Sein Freund hatte sich unter einem Pappkarton zusammengerollt, der ihm als Decke diente. Er sah aus wie ein Haufen alter Lumpen. Ich erreichte den Rundweg und rannte die anderthalb Meilen zurück. Als ich heimkam, waren meine Turnschuhe aufgeweicht und meine Hose vom Nieselregen dunkel, und der Nebel perlte in meinem Haar. Ich nahm eine lange, heiße Dusche. Jetzt, wieder sicher daheim, kehrte mein Optimismus zurück.

Nach dem Frühstück räumte ich auf und überprüfte dann meine Kfz-Versicherungs-Police, entschied, daß die Erneuerung meines Fensters nach Abzug von fünfzig Dollar gedeckt sein würde. Um halb neun fing ich an, Kostenvoranschläge von Autoglasereien einzuholen und versuchte, jemanden zu überreden, mich noch am selben Tag vor Mittag einzuschieben. Ich zog wieder mein Allzweck-Kleid an, grub eine anständig aussehende, schwarze Ledertasche aus, die ich bei »offiziellen« Anlässen einsetze, und füllte sie mit dem Notwendigsten, einschließlich des verfluchten Schecks.

Ich ließ den Wagen in einer Werkstatt nicht weit von meinem Büro und legte den Rest des Weges zu Fuß zurück. Selbst mit flachen Pumps taten mir die Füße weh, und meine Strumpfhose gab mir das Gefühl, als würde ich mit einer heißen, feuchten Hand im Schritt herumlaufen.

Ich schloß das Büro auf und brachte meine übliche Morgenroutine hinter mich. Das Telefon klingelte, als ich gerade die Kaffeemaschine einstöpselte.

»Miss Millhone, hier spricht Ramona Westfall.«

»Oh, hallo. Wie geht’s?« Insgeheim schlug mein Magen Purzelbäume und ich fragte mich, ob Tony Gahan ihr erzählt hatte, wie er am Vorabend beim Clockworks ausgerastet war.

»Mir geht’s gut. Aber ich würde gern etwas mit Ihnen besprechen und hatte gehofft, daß Sie vielleicht heute morgen etwas Zeit für mich haben.«

»Ja, mein Terminkalender ist frei, aber ich habe keinen Wagen. Können Sie herkommen?«

»Natürlich. Das wäre mir ohnehin lieber. Paßt Ihnen zehn Uhr? Es ist sehr kurzfristig, das weiß ich.«

Ich warf einen Blick auf meine Armbanduhr. Zwanzig Minuten. »Das paßt mir gut.« Sie gab noch ein paar Laute des Abschieds von sich und legte auf. Ich drückte auf die Gabel und rief dann Barbara Daggett im Haus ihrer Mutter an, um die Zeit des Begräbnisses bestätigen zu lassen. Sie konnte nicht an den Apparat kommen, aber Eugene Nickerson sagte mir, daß der Gottesdienst um zwei Uhr abgehalten werden würde, und ich versprach, dort zu sein.

Ich brauchte ein paar Minuten, um die Post vom Vortag zu öffnen, rief dann meine Versicherungsagentin an und gab ihr einen knappen Bericht über mein Autofenster. Ich hatte kaum den Hörer aufgelegt, als das Telefon schon wieder klingelte.

»Kinsey, hier ist Barbara Daggett. Es hat sich da etwas ereignet. Als ich heute morgen hier ankam, saß eine Frau auf den Stufen zur Veranda; sie erklärte, sie wäre Daddys Frau.«

»O Gott. Lovella.«

»Sie wissen von ihr?«

»Ich habe sie letzte Woche kennengelernt, als ich in L. A. war und versucht habe, eine Spur zu Ihrem Vater zu finden.«

»Und Sie wissen auch Bescheid über ihren Anspruch?«

»Ich habe keine Einzelheiten gehört, aber soviel ich weiß, haben sie in einer Art gesetzlicher Gemeinschaft zusammengelebt.«

»Kinsey, sie hat eine Heiratsurkunde. Ich habe sie selbst gesehen. Warum haben Sie mir nicht erzählt, was da los ist? Ich war sprachlos. Sie stand da auf der Veranda und schrie Zeter und Mordio, bis ich schließlich die Polizei rufen mußte. Ich kann einfach nicht glauben, daß Sie sie nicht wenigstens erwähnt haben.«

»Wann hätte ich das denn tun sollen? Im Leichenschauhaus? Oder im Bestattungsinstitut, als Ihre Mutter einen Kollaps hatte?«

»Sie hätten mich anrufen können, Kinsey. Jederzeit. Sie hätten in mein Büro kommen können, um es zu besprechen.«

»Barbara, ich hätte ein halbes Dutzend Dinge tun können, aber ich habe es nicht getan. Offen gesagt, ich hatte das Gefühl, Ihren Vater schützen zu müssen, und ich hatte gehofft, Sie würden nichts über diese >gefälschte< Ehe herausfinden. Diese Urkunde könnte eine Fälschung sein. Das Ganze könnte eine Fälschung sein, und wenn nicht, dann haben Sie auch so genug Probleme, ohne noch Bigamie zur Fiste seiner persönlichen Vergehen hinzuzufügen.«

»Es ist nicht an Ihnen, das zu entscheiden. Jetzt will Mutter wissen, was der Färm zu bedeuten hatte, und ich habe keine Ahnung, was ich ihr sagen soll.«

»Nun, ich kann verstehen, warum Sie so empört sind, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich ein zweites Mal anders handeln würde.«

»Ich kann einfach nicht glauben, daß Sie diese Haltung einnehmen! Ich mag es nicht, wenn man mich im dunkeln läßt«, erklärte sie. »Ich habe Sie angestellt, um Nachforschungen zu betreiben, und ich erwarte, daß Sie mir alles sagen, was dabei ans Ficht kommt.«

»Ihr Vater hat mich schon lange vor Ihnen beauftragt.«

Das brachte sie für eine Weile zum Schweigen, aber dann fing sie wieder an. »Um was zu tun? Sie haben mir das nie erklärt.«

»Natürlich nicht. Er hat vertraulich mit mir gesprochen. Es war zwar alles Unsinn, aber ich darf es dennoch nicht ausplaudern. Ich könnte nicht im Geschäft bleiben, wenn ich all die Informationen weitergeben würde, die ich erhalte.«

»Ich bin seine Tochter. Ich habe ein Recht, es zu wissen. Vor allem, wenn mein Vater Bigamist ist. Wozu bezahle ich Sie sonst?«

»Sie könnten mich bezahlen, damit ich mir selbst ein Urteil erlaube. Kommen Sie schon, Barbara. Seien Sie vernünftig. Nehmen wir einmal an, ich würde es Ihnen erzählen. Welchen Sinn hätte das? Wenn Ihre Eltern noch legal verheiratet sind, dann hat Lovella keinerlei Ansprüche, und ich würde sagen, das weiß sie ganz genau. Warum sollte ich Ihren Kummer noch vergrößern, wenn sie ebensogut ohne ein Wort in der Versenkung hätte verschwinden können?«

»Woher wußte sie überhaupt, daß er tot ist?«

»Von mir jedenfalls nicht, das kann ich Ihnen versichern. Ich bin kein Idiot. Das war nun das letzte, was ich wollte, daß sie hier auftaucht und sich vor Ihrer Tür häuslich niederläßt. Vielleicht hat sie es in der Zeitung gelesen. Vielleicht hat sie es in den Nachrichten gehört.«

Sie murmelte etwas, vorübergehend besänftigt.

»Was ist passiert, als die Polizisten kamen?« fragte ich.

Wieder entstand eine Pause, in der sie wohl überlegte, ob sie mich weiterhin beschimpfen oder weiter erzählen sollte. Ich spürte, daß sie es genoß, auf Menschen herumzuhacken, und daß es schwer für sie war, diese Gelegenheit auszulassen. Aber von meinem Standpunkt aus betrachtet, zahlte sie einfach nicht genug, als daß ich verpflichtet gewesen wäre, mir das anzuhören. Ein bißchen vielleicht, ja. Wahrscheinlich hätte ich es ihr wirklich sagen sollen.

»Die beiden Beamten haben sie beiseite genommen und führten ein Gespräch mit ihr. Sie ist vor ein paar Minuten gegangen.«

»Nun, wenn sie wieder auftaucht, kümmere ich mich darum«, versprach ich.

»Wieder? Warum sollte sie das tun?«

Da fiel mir ein, daß ich ihr, abgesehen von der scheinbaren Bigamie ihres Vaters, auch nichts von dem unrühmlichen 25 000-Dollar-Scheck erzählt hatte, von dem Billy Polo annahm, daß er Bestandteil von Daggetts »Vermächtnis« war. Vielleicht war Lovella hergekommen, um ihn zu holen. »Ich glaube, wir sollten uns bald einmal unterhalten«, schlug ich vor.

»Warum? Gibt es noch etwas anderes

Ich blickte auf. Ramona Westfall stand in der Tür. »Es gibt immer etwas anderes«, sagte ich. »Deshalb macht das Leben ja solchen Spaß. Ich habe jemanden hier. Ich sehe Sie heute nachmittag.«

Ich legte auf und erhob mich, schüttelte Mrs. Westfall über den Schreibtisch hinweg die Hand. Ich forderte sie auf, Platz zu nehmen, und schenkte uns dann beiden eine Tasse Kaffee ein, wobei ich hoffte, daß das gesellschaftliche Ritual sie entspannen würde.

Sie wirkte abgespannt, die feine Haut unter ihren sanften Augen war vor Müdigkeit gerötet. Sie trug ein braunes Popelinhemd mit Schulterklappen und hatte eine große Leinenhandtasche bei sich, die aussah, als ob sie die Ausrüstung für eine kurze Safaritour enthielte. Ihr helles Haar glänzte wie auf einer Shampoo-Anzeige in einer Zeitschrift. Ich versuchte, sie mir in einem Regenmantel vorzustellen, wie sie durch den Hafen stolperte, mit Daggetts Arm um ihre Schulter. Könnte sie ihn einfach so aus dem Boot gestoßen haben? Ja klar. Warum nicht?

Sie starrte mich verlegen an, streckte automatisch die Hand aus, um ein paar Gegenstände auf meinem Schreibtisch zu ordnen. Sie legte drei Bleistifte mit der Spitze zu mir nebeneinander, so daß sie wie kleine Raketengeschosse wirkten, und dann räusperte sie sich.

»Äh, wir haben überlegt. Tony hat uns nichts erzählt, deshalb dachten wir, wir sollten Sie fragen. Haben Sie Tony von dem Geld erzählt, als Sie gestern abend mit ihm gesprochen haben?«

»Sicher. Nicht, daß es etwas geholfen hätte. Es hat mich nicht weitergebracht. Er war stur. Er wollte nicht einmal darüber reden.«

Sie lief rot an. »Wir denken daran, es zu nehmen«, sagte sie. »Ferrin und ich haben gestern abend darüber gesprochen, als Tony mit Ihnen aus war, und wir glauben, wir sollten das Geld in einen Treuhandfonds für ihn einzahlen... wenigstens, bis er achtzehn ist und wirklich ein Gefühl dafür hat, was er damit machen kann.«

»Wie kam es zu diesem Wechsel?«

»Ach, das hat wohl verschiedene Gründe, denke ich. Wir waren zur Familienberatung, und der Therapeut hofft immer noch, daß wir einen Teil des Zorns und Kummers aufarbeiten können. Er meint, daß Tonys Migräneanfälle ein Zeichen seiner Unwilligkeit sind — oder vielleicht ist Unfähigkeit das bessere Wort — , seinen Verlust zu verarbeiten. Ich habe mich gefragt, wieviel Schuld mich daran trifft. Ich bin mit Abbys Tod nicht sehr gut fertiggeworden, und das hat ihm wohl nicht gerade geholfen.« Sie brach ab, schüttelte dann leicht den Kopf, als wäre sie verlegen. »Ich weiß, das ist ein Umschwung. Ich schätze, wir waren unnötig grob zu Ihnen, und es tut mir leid.«

»Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen. Ich persönlich wäre entzückt, wenn Sie den Scheck annehmen würden. Dann hätte ich doch wenigstens das Gefühl, meine Pflicht getan zu haben. Wenn Sie Ihre Meinung später ändern, können Sie das Geld immer noch einer guten Sache zukommen lassen. Davon gibt es eine Menge.«

»Was ist mit seiner Familie? Daggetts, meine ich. Sie glauben vielleicht, sie hätten Anspruch auf das Geld, meinen Sie nicht? Ich meine, ich möchte es nicht nehmen, wenn das einen Rechtsstreit nach sich ziehen würde.«

»Darüber müßten Sie mit einem Anwalt sprechen«, sagte ich. »Der Scheck ist auf Tony ausgestellt, und Daggett hat mich angeheuert, um ihn ihm zuzustellen. Ich glaube, an seiner Absicht kann kein Zweifel bestehen. Trotzdem können Sie ja erst einmal mit einem Notar sprechen.« Insgeheim wollte ich nur, daß sie den blöden Scheck nahm und damit verschwand.

Sie starrte einen Moment lang auf den Boden. »Tony sagte... er hat gestern abend erwähnt, er würde gern zum Begräbnis gehen. Meinen Sie, daß er das tun sollte? Ich meine, scheint Ihnen das eine gute Idee zu sein?«

»Ich weiß es nicht, Mrs. Westfall. Das gehört nicht in meinen Bereich. Warum fragen Sie nicht seinen Therapeuten?«

»Das habe ich versucht, aber er ist bis morgen außerhalb. Ich möchte nicht, daß Tony sich noch mehr aufregt, als er es ohnehin schon tut.«

»Er wird fühlen müssen, was er fühlt. Das können Sie nicht kontrollieren. Vielleicht ist das etwas, was er durchmachen muß.«

»Das sagt Ferrin auch, aber ich bin mir nicht sicher.«

»Wie ist das mit seiner Migräne? Wie lange hat er die schon?«

»Seit dem Unfall. Auch gestern abend hatte er einen Anfall. Es ist nicht Ihre Schuld«, beruhigte sie mich hastig. »Sein Kopf fing an, ihm weh zu tun, ungefähr eine Stunde nachdem er heimgekommen war. Von Mitternacht bis fast vier Uhr früh hat er sich fast alle zwanzig Minuten übergeben müssen. Schließlich haben wir ihn zur Notauf nähme im St. Terrys gebracht. Sie haben ihm eine Spritze verabreicht, und danach hat er erst mal geschlafen. Aber vor einer Weile ist er wieder aufgewacht, und jetzt redet er nur davon, zur Beerdigung zu gehen. Hat er es Ihnen gegenüber erwähnt?«

»Überhaupt nicht. Ich habe ihm erzählt, daß Daggett tot ist, aber er hat kaum darauf reagiert, hat nur gesagt, daß ihn das freuen würde. Fühlt er sich denn wohl genug, um zu gehen?«

»Ich denke schon. Mit diesen Migräneanfällen ist das seltsam. Einen Moment glaubt man, er wird sich nie mehr davon erholen, und in der nächsten Minute ist er auf den Beinen und hat einen Mordshunger. Letzten Freitag war es dasselbe.«

»Freitag?« Das war die Nacht von Daggetts Tod.

»Diese Episode war nicht ganz so schlimm. Als er nach der Schule heimkam, wußte er, daß er am Rande eines Anfalls stand. Wir haben versucht, ihm etwas Medizin einzuflößen, um es abzubiegen, aber ohne Erfolg. Auf jeden Fall hat er sich nach kurzer Zeit wieder erholt, und es endete damit, daß ich ihm um zwei Uhr früh in der Küche Sandwiches geschmiert habe. Ihm ging es gut. Aber dann hatte er Dienstag wieder einen Anfall, und dann letzte Nacht. Und zwei in der Woche zuvor. Ferrin glaubt, daß es vielleicht symbolische Bedeutung haben könnte, wenn er an der Beerdigung teilnimmt. Sie wissen schon, es könnte einen Schlußpunkt für ihn bedeuten, er wäre dann wieder frei.«

»Das ist immer möglich.«

»Hätte Barbara Daggett wohl etwas dagegen?«

»Ich wüßte nicht, warum sie das haben sollte. Ich vermute, sie hat ein ebenso schlechtes Gewissen wie ihr Vater, und sie hat ihre Hilfe angeboten.«

»Na, dann werde ich mal sehen, wie es ihm geht, wenn ich heimkomme.« Sie warf einen Blick auf ihre Uhr. »Ich gehe dann wohl besser.«

»Lassen Sie mich Ihnen den Scheck geben.« Ich holte meine Handtasche aus der unteren Schublade und nahm den Scheck heraus, den ich ihr über den Schreibtisch hinweg reichte. Wie ihr Mann am Abend zuvor auch, strich sie das Papier glatt, musterte es gründlich, als könnte es sich um eine Fälschung handeln. Dann faltete sie es wieder und schob es in ihre Tasche, als sie aufstand. Sie hatte ihren Kaffee nicht angerührt. Und ich meinen genausowenig.

Ich nannte ihr noch Zeit und Ort des Gottesdienstes und begleitete sie zur Tür. Nachdem sie fort war, setzte ich mich wieder an meinen Schreibtisch und ging in Gedanken noch einmal alles durch, was sie gesagt hatte. Ich hätte Tony Gahan am liebsten beiseite genommen und gefragt, ob er ihre Gegenwart im Haus am Abend von Daggetts Tod bestätigen könnte. Es war schwer, sie als Mörderin zu sehen, aber ich hatte mich auch früher schon geirrt.