Schifahren und Surfen.
Im Winter Surfen,
im Sommer Schifahren.
Frühjahr und Herbst:
Schisurfen,
später dann
Schurfen und Sifahren
Sifahren und Schurfen.
Im Winter Schurfen,
im Sommer Sifahren.
Im Herbst Schischurfen.
Abends hat man sich viel zu sagen:
Schurfen Schie auch, Fräulein?
Nein, ich schare nur Schi.
Schade.
Als wir beim Falkner waren
stand mein Vater neben mir
vielleicht dichter als jemals zuvor.
Wäre er nicht mein Vater,
hätte ich mich geärgert über jemanden,
der noch so unbefangen staunen kann.
was zurechtgelegt gegen ihn.
Alles erfüllte meinen Vater mit Freude
und für nichts war er zu weise.
Während ich einen Gaukleradler streichelte,
stand mein Vater etwas verloren
zwischen all diesen Vögeln
mit den großen Krallen und den kantigen Schnäbeln
und ich hatte ihn unsagbar lieb.
Nie zusammen im Puff gewesen,
keine einzige Sauftour miteinander,
achtunddreißig Jahre nur im Geist verbunden,
aber jetzt,
als wir beim Falkner waren,
schlossen sich unsere Herzen,
als wäre eine Irrfahrt
zu Ende.
Immer wenn ich,
berauscht vom Heldentum,
nach einem Actionfilm
die Straße breitbeinig in Beschlag nehme,
beschließe ich,
mich tags darauf
in einem Karatekurs einzuschreiben.
Es ist vielleicht eine etwas derbe,
es ist auch eine Art von Poesie,
dem anderen leidenschaftslos und ausdrucksstark
die Fußkante unters Kinn zu pfeffern.
(Man wünscht sich manchmal,
mit dieser Art Gedicht
einigen Kritikern zu antworten.)
Jetzt werden Sie sich sagen,
na, bei dem ist ja selbst das Scheißen poetisch.
Ja, natürlich, kann durchaus sein.
Sie müssen das so sehen:
Poesie ist nicht eine Sache der Bilderfluten,
sondern zuallererst ein rhythmisches Phänomen,
keine Angelegenheit von links oder rechts,
altväterlich oder avantgardistisch,
sie hat eher etwas mit Atmen zu tun,
Legato und Stakkato,
Story oder Reim sind austauschbar,
aber das Luftholen im richtigen Moment
ist unwiederholbar
und verdichtet einen Augenblick
zur Ewigkeit.
Jetzt eine Insel finden
Jetzt eine Insel finden und in seentiefem Blau,
von Opiaten überwölkt nach innen sinken.
Nur nichts von außen. An der eignen Wesensschau
den Lebensrest verzaubernd sich betrinken.
Und doch: Selbst mit verschlossnen Ohren
kann ich den anderen Wirklichkeiten nicht entfliehn.
Denn leider kann sich keiner ungeschoren
auf Dauer in die eigne Welt verziehn.
Mach ruhig die Augen zu: Du kannst das Blut nicht übersehen.
Schlag dir die Nase ab: Es stinkt nach Untergang.
Und einmal werden die Geschundnen vor dir stehen
und werden fragen: Was hast du getan?
Ich scheuchte gern diese Gedanken von mir weg
und würd sie lieber gar nicht schreiben oder singen.
Ich stellte oft die Freude schützend vor den Dreck,
mit dem sich Menschen immer in die Knie zwingen.
Doch manchmal seh ich sie vor mir mit leeren Augen,
zerschundnen Händen, aufgeblähtem Bauch,
ich möchte schlafen und dem bösen Traum nicht glauben
und seh mich plötzlich zwischen alldem auch.
Seh mich gejagt als Nigger in dem Schmutz
einer zurückgebliebnen weißen Fettwanstwelt,
seh mich als Jäger, der sich in dem Schutz
einer entmenschlichten Moral gefällt.
Und spüre Schmerz, der nie der meine war.
Und heul mit einem Waisenkind.
Und bringe in der Wüste Opfer dar,
auf dass der Regen komme mit dem Wind.
Dass so viel Blut die Erde fassen kann!
Ich werde bald ertrinken in dem Rot.
Und weiß – das fängt erst alles an.
Wenn wir nicht schnell erwachen, sind wir tot.
Auf einmal seh ich plastisch all die Lügen,
die unsrer Erde ihren Atem rauben,
und all die toten Seelen, die sich fügen,
weil ihre Körper sich am Leben glauben.
Die Straßen sind gefüllt mit Geisterwesen,
die man schon lange aus der Welt verbannte.
Ich hab als Kind erstaunt davon gelesen,
und jetzt erschreckt mich all das Unbekannte.
Ich sehe Priester, die das Kreuz der Liebe
wie ein Gewehr auf ihre Schäfchen richten,
und wie die großen Gauner kleine Diebe
uns zur Erbauung gnadenlos vernichten.
Ich seh auf einmal diese feinen Stoffe,
aus denen Menschen eigentlich bestehen.
Und habe Angst und bete, und ich hoffe,
mich jetzt noch nicht so eigentlich zu sehen.
Als könnte jemals jemand ganz allein
in seiner Höhle mit sich vegetieren.
Wir sind vermummt, wir hörn sie nicht mehr schreien,
die ständig in und um uns existieren.
Es ist ein langer Marsch durch die Geschichte,
der sich vor mir in diesem Augenblick vereint,
und ich verwünsche schaudernd die Gesichte,
wo mir so vieles plötzlich körperlich erscheint,
was nur abstrakt in unserer Psyche
befreit von Mythen, heißt es, existiert.
Doch das Abstrakte hat Gerüche
und nimmt Gestalt an, zeugt, gebiert.
Jetzt zieht ein Heer von Tieren durch die Nacht,
ein Trauermarsch zertretner Kreatur.
Die fragen stumm: Was habt ihr nur gemacht,
erkennt ihr nie mehr diese unsichtbare Schnur,
die alle mit dem anderen verbindet,
die euch allein, doch nie vereinzelt lässt –
die hält euch, bis der Letzte Frieden findet,
im Strudel eurer Grausamkeiten fest.
Noch wird es Tag, die Sonne streichelt wieder,
als wüsste sie von nichts, die ganze Welt.
Ich komm mir wichtig vor und bette mich in Lieder,
obwohl doch alles bald zusammenfällt.
Da unten wird grad einer abgestochen.
Ich prüf die Härte meines Frühstückseis.
Wo hat sich meine Seele wieder hin verkrochen?
Ich will davon und wart am falschen Gleis.
Und während ich hier wieder einmal klage,
springt einer irgendeinem ins Gesicht.
Natürlich weil er recht hat, nur die Frage
erübrigt sich schon lang: Wer hat das nicht?
Jetzt eine Insel finden und in seentiefem Blau,
von Opiaten überwölkt nach innen sinken.
Nur nichts von außen. An der eignen Wesensschau
den Lebensrest verzaubernd sich betrinken.
Und doch: Selbst mit verschlossnen Ohren
kann ich den anderen Wirklichkeiten nicht entfliehn.
Denn leider kann sich keiner ungeschoren
auf Dauer in die eigne Welt verziehn.
Liebesdank
Jetzt möchte ich dir endlich einmal danken,
dass du mich schon so lang ertragen hast,
meine Zerrissenheiten und mein Schwanken
und all den ungebändigten Ballast,
den ich so einfach auf dich wälzte, um befreit
mein Menschsein männlich zu vollenden.
Wie oft lag diese Heldenhaftigkeit
in deinen lieben Händen!
Oft fände ich mich in dir gerne wieder,
doch immer wieder finde ich nur dich,
so atmest du in jedem meiner Lieder,
so lieb ich dich.
Vielleicht stand es in den berühmten Sternen,
dass ich dich traf. Doch das stand nicht darin:
Ich habe noch so viel von dir zu lernen,
bis ich dir nahe bin.
Du hast geweint, wenn ich mich selbst beweinte,
du warst bei mir, wenn ich mich nicht mehr fand,
du warst es, die das Ungereimte
in mir zu einem Vers verband.
Oft fände ich mich in dir gerne wieder,
doch immer wieder finde ich nur dich,
so atmest du in jedem meiner Lieder,
so lieb ich dich.
Lasst doch den Menschen ihr Leid,
hab ich neulich kurz mal in die Runde geworfen,
und schon hab ich mich in die Nesseln gesetzt.
»Bist du wahnsinnig geworden,
faschistoid,
dir geht’s wohl zu gut?«
Aber bitte, sag ich,
halten Sie sich das doch mal ganz deutlich vor Augen,
was uns die Versicherungsvertreter aller Art verkaufen wollen,
gesund und glücklich und ohne Zwischenfälle,
derselbe Job,
dieselbe Frau,
derselbe Mann,
ab und zu ein paar Fernsehprogramme mehr,
die Auswahl wird größer,
die Programme werden schlechter,
keine Schicksalseinmischungen,
keine Zwischenfälle,
kein Risiko,
ein Leben lang geregelt leben,
Besitz vermehrt,
kein Haus brennt ab,
kein Geld wird entwertet,
die Kinder gehen jeden Tag zur Schule,
wenn’s geht, Sonnengarantie Juli/August,
kein Beinbruch beim Skifahren,
und Sie finden auch wirklich nichts,
worüber Sie sich aufregen könnten,
die Partei, die Sie wählen, gewinnt immer
und hält immer, was sie verspricht …
Wird Ihnen nicht jetzt schon übel –
soll ich weitermachen?
Ihre Frau läuft Ihnen garantiert nie davon,
Ihre Geliebte telefoniert nie mit Ihrer Frau,
wenn Sie keine Lust mehr haben,
packt sie still und ohne zu weinen die Koffer
und verschwindet aus der Stadt,
und der Himmel,
ja, der Himmel ist Ihnen gewiss,
gleich nach dem Sterben schlagen Sie die Augen auf:
Derselbe Job,
dieselbe Frau,
derselbe Mann,
ab und zu ein paar Fernsehprogramme mehr,
keine Schicksalseinmischungen,
keine Zwischenfälle,
kein Risiko,
Ihre Frau läuft Ihnen garantiert nie davon,
Ihre Geliebte telefoniert nie mit Ihrer Frau,
von Ewigkeit zu Ewigkeit
kümmert sich irgendwer um Sie
und wirft Ihnen Prospekte in den Briefkasten,
immer neue Programme
zur Eliminierung der Gefahren,
zur Ausschaltung von Risiken,
zur Einebnung der Leiden,
zur Nivellierung allen Werdens.
Ich hab ein Recht auf mein Leid!,
will ich brüllen,
aber mir fällt das Wort schon nicht mehr ein,
man hat es einfach gestrichen,
die Alpen werden sicherheitshalber abgetragen,
nur keine Erinnerung
an Schluchten und Schründe,
Höhen und Tiefen.
Ich will mein Risiko!,
möchte ich brüllen,
aber milde Glückswächter
stopfen mir den Mund mit Versicherungspolicen,
die Tränendrüsen werden schon bei Geburt entfernt,
die Angst mit Pillen erstickt.
Nur die Tiere und Pflanzen,
wenn sie noch ein Plätzchen zum Verstecken gefunden haben,
sitzen zusammen und schütteln die Köpfe,
lieben, hassen, schimpfen, schreien,
und der liebe Gott
weiß nicht mehr aus noch ein vor Schmerz
und weint bitterlich,
weil’s sonst keiner mehr kann.
Da draußen blühen schon die Anemonen
und hier erdrückt mich Bürokratenmief,
und doch: Hier muss und werde ich auch wohnen,
hier fall ich hoch, hier steig ich wieder tief.
Ich sehn mich auch nach dieser Frühlingsblüte,
die selbst im Winter auf den Äckern liegt,
wo das, worum man sich so lang bemühte,
auf einmal eine sanfte Rundung kriegt,
bis die Verklärung wie ein Hauptgewinn
als süßer Regen auf mich niederfällt,
doch weil ich zweitens ziemlich fleischlich bin,
ist es der Mief, der mich am Leben hält.
So zwischen null und sechs Uhr früh,
wenn wieder alles nicht mehr läuft
und das Gefühl: Sie kommt doch nie,
in Wodka und Blabla ersäuft,
wenn ich mich, also unbeweibt,
aufs Dichter-, Denkertum besinn,
wenn nur die alte Lüge bleibt,
dass ich allein am besten bin,
dann wünsch ich mir den Feuerstrahl,
mit dem sich Götter demaskieren,
dass sie mit mir sich ganz banal
im Unbedeutenden verlieren,
dass sie derselben Fantasie,
die mich gemacht hat, hörig sind
und dass dieselbe Melodie
uns aus denselben Herzen rinnt.
Schon immer hab ich auf das Schreckliche gewartet.
Es lauert hinter jedem Vorsprung. Und so schnell
ist, wer noch eben artig war, entartet
und Orpheus’ Saitenklänge enden im Gebell.
Wohin nur? Einer meint: die Form.
Der andere: Ändere deine Haltung!
Selbst ohne Norm zu leben wird zur Norm
und ungestalt zu sein ist auch Gestaltung.
Noch bleibt der Wahnsinn. Halte dir im Hirn
die Gärten offen. Blühe, wo die Welt
noch keinen Zutritt hat. Wo dein Gestirn
sich noch im Innersten zusammenhält.
Selbst wenn es nichts mehr gäbe,
was mich hält,
dann hielte mich noch,
dass mich nichts mehr hält.
Nur keine Statements mehr,
Parteien und Parolen
(Gehirnverbände, um zu fliehen).
Genüsse holen wir uns meist verstohlen,
nur Kapriolen
werden ab und an verziehen.
Doch Stürme, Brechungen
und Hilfeschreie
verletzen Barrieren und Gesetz,
man hält sich fit mit Weizenkleie
und lebt halt ungern ohne Netz.
Ach-ich-kann-nicht-Meer.
Die Wolken prasseln meine Flügel nass.
Salz in der Nase
und die Lippen schrund.
Mich feuert’s. Lecke Kinn und Mund.
Jetzt, lieber Bruder, teilen wir
die Asche und den letzten Wein.
Dann überm Abgrund kurz verweilen.
Wir stürzen, Bruder. Halt nicht auf.
Vereinsamt sterben wir.
Gemeinsam bleibt der Lauf.
Gut zu fühlen, dass der Wind
mit den Wellen sich vereint,
dass der Finsternis zum Trotz
eine Sonne immer scheint.
Gut zu fühlen, dass der Drang,
seine Seele auszuleeren,
schweigen kann, obwohl man weiß,
er wird immer wiederkehren.
Gut zu fühlen, man kann weiter
untergehn und überschäumen,
währenddessen unverformt
sich die Verse selbst erträumen.
Schnell! schrat da Bub.
Schnell! schrat da Bub.
Braten schon die Ranne.
Muss zuruck.
Muss zuruck.
Kannit auf die Walz.
Rein, Land, odda Pfalz!
Gottar halts!
Gottar halts!
I winsch mer a musikt
di mich mit nix bedrickt,
denn wenn se mich bedrickt,
dann isses ka musikt
Hans Moxter wird sechzig –
herzliche Gratulation!
Ich hab zwar noch nie was von Hans Moxter gehört,
aber er soll Bedeutendes für den Großhandel geleistet haben
oder für den Einzelhandel,
jedenfalls irgendwas mit Port,
Im- oder Ex-,
aber das ist ja auch ganz egal,
ich kenn ihn sowieso nicht.
Kennen Sie Hans Moxter?
Ja, den, der jetzt sechzig geworden ist,
großer Artikel in der FAZ,
Moxter, der Gigant, der Familienvater, der Schifahrer,
Sportsegler, Laiendarsteller.
Es könnte genauso gut in der Zeitung stehen:
Peter Illig wird siebzig,
den kennt auch niemand,
dem will auch keiner was,
aber irgendwas muss ja in der Zeitung stehen,
zum Beispiel: Heinz Habersack wird geboren,
Heinz Habersack,
der für die deutsche Wirtschaft
Bedeutendes leisten wird,
wird geboren,
Heinz Habersack, der Gigant,
Familienvater, Sportsegler und Laiendarsteller,
jetzt in diesem Moment,
wenn Sie genau hinhören,
jetzt können Sie ihn schreien hören,
und wenn er sechzig wird,
wollen wir ihm danken
für sein sauberes Leben,
für seine zwei Kinder Susanne und Rolf
und für den Aufschwung,
den er unserem Land beschert haben wird.
Wir alle lieben Heinz Habersack,
der jetzt gerade geboren wird,
weil er so viel für Deutschland tun wird,
weil er eine liebevolle Ehe führen wird,
weil er einmal sechzig sein wird
und weil er dann Bedeutendes für den Großhandel geleistet haben wird.
Kopf hoch, Hans Moxter,
halt durch, Peter Illig!
Immer, wenn ich in Urlaub fahre,
höre ich irgendjemanden sagen:
»Aber selbstverständlich, Bernd«
oder
»So nicht, Luise«,
und das gibt mir dann das feste Gefühl,
nicht allein zu sein,
alles in deutschem Griff
sozusagen.
Sehen Sie,
ich könnte auch ganz woandershin fahren,
in den brasilianischen Urwald zum Beispiel
oder ans Nordkap,
wo nichts anderes zu hören ist
als das ewige
Oink, Oink
der Seehunde,
aber kann ich mir da ganz sicher sein,
dass das in der eigentlichen Bedeutung des Lautes nicht auch
»Aber selbstverständlich, Bernd« heißt
oder etwas abgewandelt
»Lass mich in Frieden, Luise«?
Vielleicht haben die Gestirne in diesem Punkt
ein völlig anderes System
und das sieht man schon daran,
dass sie in den seltensten Fällen
Bernd oder Luise heißen,
und sie bräuchten schon eine gewaltige Stimme,
um sich über Lichtjahre hinweg
»Aber selbstverständlich, Kleiner Wagen«
oder
»Halt die Fresse, Andromeda«
zuzubrüllen,
und ich würde mir da oben etwas verloren vorkommen.
Also freue ich mich,
wenn ich Bernd und Luise begegne,
lächle ihnen zu,
und es kommt schon mal vor,
dass ich dem oder jenem
mir völlig Unbekannten
»Ist schon in Ordnung, Bernd«
oder »Mach dir nichts draus, Luise«
zurufe.
Es fällt mir jetzt schwer,
hinter dem Ganzen
einen Sinn zu entdecken
oder gar eine
mir genehme
philosophische Grundwahrheit
aber ich glaube, es ist an der Zeit,
Tatsachen wie diesen
ins Auge zu blicken.
Sie haben keine Bedeutung,
nützen weder beim Abwaschen
noch beim Meditieren,
aber schwingen in ihrer eigenen Melodie,
und das ist doch auch schon was, Bernd.
Oder etwa nicht, Luise?
Manchmal hat mir ein schönes Wirtshaus
was Heiligeres als eine Kirche,
und wenn ich auch nicht zum Beten einkehre,
so gereicht mir doch ab und an
ein Schweinsbraten eher zum Gebet
als alles Niederknien und Gegen-die-Brust-Schlagen.
Das kann dem lieben Gott auch gar nicht so unrecht sein,
hat er mich doch reichlich mit Fleisch und Fleischeslust ausgestattet.
Ich könnte das alles jetzt auch noch
in einen bayrischen Vers kleiden,
aber dann würd man es sicher beim nächsten Komödienstadl
als Witz erzählen,
und das will man ja nun als deutscher Dichter
auch nicht auf sich sitzen lassen.
Ach sicher, ein jeder gäbe sich gern
ganz seiner Seele hin,
denn der Mensch ist nicht schlecht,
nur die Umstände sind’s, die ihn schlächten.
Aber wer macht nur die Umständ so schlecht?
Den Göttern könnt man’s schon anlasten,
aber die haben wir selber vertrieben
und da nützt kein Geschrei.
Jetzt, wo wir auf ihren Plätzen sitzen,
spricht uns das eigene Wehklagen schuldig.
Ach sicher, ein jeder gäbe sich gern
ganz seiner Seele hin,
doch jetzt find sie mal wieder!
Vertrieben, verkauft und beim Wiegen zu nichtig
befunden
die Seele, dieses Stück Niemandsland,
find sie mir wieder!
Und ich werd mich schön einhüllen,
im Winter, wenn’s Mäntel braucht,
werd ich mich einhüllen in eine warme Seel.
Nein, der Mensch ist nicht schlecht,
nur die Umstände sind’s, die ihn schlächten.
Aber wer macht denn die Umständ so schlecht?
Und sicher, jeder gäbe sich gern
ganz seiner Seele hin,
nur die Zeit, an der mangelt’s
und das Gelächter, der Spott
wenn man sich aufmacht, sich aufzumachen.
Besser, man zerrt die Umständ vors hohe Gericht.
Dunkelhaft, Einzelhaft, weg mit den Umständen!
Immer finden sich welche, die Umstand heißen.
Kerker, Galeeren und Wasser und Brot,
denn der Mensch ist nicht schlecht,
nur die Umstände sind’s, die ihn schlächten.
Und siehe oben:
Wer macht denn die Umständ so schlecht?
Ach, diese schöne Stunde
und Rausch und Überfluss
und du an meiner Seite –
und Kuss für Kuss
gefallen wir uns besser.
Ist das nicht fies?
Die Welt liegt unterm Messer –
und wir im Paradies.
Hab so eine Sehnsucht, mich aufzuspüren,
mich in den Griff zu kriegen,
und scheitere oft schon am Buchstabieren
und dann bleib ich meistens liegen.
Zwischen Rausch und Askese, halb Heiligenschein,
halb Auswurf der Hölle, ich schwebe
und pendle mich meistens nicht mehr ein –
und doch: ich lebe. Ich lebe!
Die Türen verriegelt. Die Stürme verbannt.
Zu wissend, um noch zu ahnen.
Erst haben wir alles umbenannt,
jetzt scheitern wir an den Namen.
Herrschaft der Gifte: Sie heißen Nacht
und schlaflos und Einsamkeit.
Wer sich, wie wir, um den Tag gebracht,
dem endet die endlose Zeit.
Kein Fenster, kein Duft, ach, wär nur ein Baum,
ein Stückchen Himmel zu sehen.
Zwischen Suchen und Sucht, zu viel und kaum
verlernten wir zu überstehen.
Da war doch mal Sonne und Mittelmeer
da tönten doch Rosen und Licht –
jetzt lasten die Nächte als Narben schwer
auf unsrem verhuschten Gesicht.
Nächtens, wenn die Sonnen schweigen,
wird die Frage laut: Warum?
Wärst so gerne dir zu eigen
und stehst doch nur außen rum.
Nächtens, niemand liegt dir bei,
kaltes Bett und kahle Wände.
Schlaftabletten. Stummer Schrei:
Manche falten noch die Hände.
Nächtens. Zehnter Stock. Terrasse.
Nebenan, Apartment sieben,
starrt ein Nächster auf die Straße
und beschließt, davonzufliegen.
Nächtens, wenn die Sonnen schweigen,
wird die Frage laut: Wozu?
Wärst so gerne dir zu eigen.
Schließ die Augen. Deck dich zu.
Immer ist Ort und Stunde.
Immer bist du gemeint.
Und es ist jede Wunde
einmal zu Ende geweint.
So viele Schritte gegangen,
egal, wohin sie geführt.
Hauptsache angefangen,
ab und zu Leben gespürt.
Immer ist immer und weiter,
Immer – das bist du.
Die Tore öffnen, und heiter
schreitet der Tag auf dich zu.
immer wieder,
diese Seelenauswürfe,
diese Hirnfragmente,
ausgespien von Klein- und Größerkünstlern aller Art,
sozusagen in Sie hineingeschleudert,
jetzt fressen Sie mal,
jetzt erweitern Sie gefälligst Ihr Bewusstsein,
hab Sonne im Herzen
und Heine im Hirn,
und dann auch noch dieser zwielichtige Bayer,
wenn man der Presse glauben darf,
lebt der auch immer ganz anders,
als er schreibt,
oder schreibt er immer anders, als er lebt,
manchmal lebt der nur noch
und schreibt gar nichts,
stellen Sie sich das mal vor,
dem soll ja schon ein paar Monate
gar nichts mehr eingefallen sein,
der hockt nur noch in seiner Wirtschaft rum
und knallt sich die Birne voll.
Fragwürdig, äußerst fragwürdig,
da muss einem doch der Sinn
fürs Eigentliche schwinden,
und ein deutscher Sänger hat fürs Eigentliche zu sorgen,
dem wollen wir doch mal zeigen,
was das eigentlich ist,
das Eigentliche,
immer nur von sich zu sprechen,
wenn’s doch um Deutschland geht.
Fragwürdig,
würdig zu fragen,
würden Sie mal die Frage gestatten,
was das eigentlich soll?
Wir wollen über Kohl schimpfen,
wir wollen uns über Strauß auslassen,
hier wird nicht gesungen,
hier wird diskutiert,
stecken Sie sich Ihre Poesie in den Arsch
und reden Sie Tacheles!
Aber was bitte könnte schon radikaler sein
als ein poetisches Leben?
Endlose Gespräche mit schönen Menschen,
das Zittern in der Magengegend,
wenn man das erste Mal
zusammen ein Hotelzimmer mietet,
in der Sonne liegen,
wenn man arbeiten müsste,
das Absingen obszöner Lieder
in den Gefängniszellen sauberer Länder
und dann natürlich die Wut,
die Trauer,
die Ohnmacht,
immer stirbt etwas an einem,
wenn einem anderen die Zunge rausgerissen wird,
nur weil er zu empfindsam ist.
Schmerz, manchmal Mitleid,
aber nie wirklich mit Massen und Völkern.
Ich bleib ans Einzelne gekettet,
nur so kann ich mich an alle gebunden fühlen,
Einzelschicksale schnüren mir die Kehle ab,
lassen mich hoffen,
die Geschichte tangiert mich nur hirnlich,
da geht mir nichts an die Nieren.
Die Politik war schon immer wölfisch,
wenn’s kälter wird, kommen sie in die Dörfer
und zerfleischen die Schwachen,
aber auch daran leide ich nur peripher,
zu allgemein,
zu gemein zu allen.
Aber wenn mein Freund Sebastian das Handtuch wirft,
nur weil er sich bis zum Schluss
beharrlich geweigert hat,
jeden Morgen nach dem Aufstehen
über Nicaragua zu diskutieren,
jeden Morgen
nüchtern
über Nicaragua,
sondern schon mal ein
»Guten Morgen, heute ist aber ein herrlicher Tag,
wollen wir nicht mal schwimmen gehen?«
in die Runde warf,
mein Freund Sebastian,
der es schon mal fertigbrachte,
ab und zu dieses total vergiftete
feingemahlene
wertstofffreie
durch und durch ungesunde
Graubrot zu essen,
aber dann trotzdem am Echo zerbrach,
an diesem germanischen Zwang seiner Mitmenschen,
immer das vom andern zu fordern,
was man selbst noch nicht verinnerlicht hat,
Sebastian,
und mit hundertzwanzig über die Böschung schießt,
vielleicht um ein letztes Mal noch davonzufliegen,
dann ist das nicht getrennt von der Welt und
der großen Politik
das ist die große Politik,
da ist mir das Herz so voll,
dass ich reden muss.
Was sollte ich da noch über die Geißlers und Genschers bramarbasieren,
lasst uns doch lieber über die Lebendigen reden!
Über uns, zum Beispiel,
wo’s noch Sinn hat,
wo’s noch Hoffnung gibt.
Ich kann’s nicht mehr
mit diesen schmalen Lippen,
all diesen Messiassen,
mit ihrem heiligen Ernst,
teutonische Tragöden
mit schleppenden Schritten
und eingezogenen flachen Ärschen.
Die Welt ist aus einem Gelächter Gottes entstanden,
heißt es,
ein Spaß, meine Damen und Herren,
ein kosmisch komischer Irrtum!
Spielend sollten wir uns zurückerobern,
am Ende setzen sich unsere so heißgeliebten chemischen Reaktionen
in anderen und anderem fort,
und übrig bleibt die Idee,
das heißt,
wenn wir jemals eine gehabt haben.
I
Diesen Verfall zu genießen.
Diese bröckelnden Hotels
mit ihren großschnäuzigen Eingangshallen,
wo man stündlich auf den Ansturm
der Straßenjungen wartet,
um mit einer letzten großartigen Gebärde
lächelnd erschlagen zu werden:
Alles ist Endzeit
immer schon,
immer war jede Zeit Endzeit
und immer schon
musste man sich
– wenn’s geht –
besoffen von Flieder oder Jasmin
ans Weiterleben erinnern.
Schön:
Im Verfall zu versinken und,
wenn auch nur kurz,
mit der Geste der Herren
sein zerfressenes Ich
zu polieren,
von Mitleid verschont
und von allen Gedanken
an Recht und Gerechtes
dümmlich und stolz und erhaben
unterzugehen.
wie unsozial!,
werden Sie brüllen.
Er hat kein Herz –
und wirklich,
es wird auf mir lasten wie Stein,
aber für einen Augenblick
will ich der Grausamkeit
Teil sein.
Dann dürfen Sie mich zerfleischen.
II
Keiner kann mir erzählen,
dass Lava kein Tier sei,
und wie mir der Wirt
zwischen der Pizza und einer Cassata versicherte,
kein »animale di un sogno terrible«,
und dass da im Inneren der Erde nicht wirklich die
Hölle brodelt
(uns allen nur zu gut bekannt:
haben wir doch immer dieselben Bilder
in unseren verschiedenen Träumen).
Alle diese in heißem Schleim verfinsterten
verendenden Wesen,
kann man’s ihnen verdenken,
dass sie ans Licht wollen,
sich über Bäume und Wiesen und selbst Flüsse
und Meere verströmen,
um teilzuhaben am helleren Leben?
Ich würde wohl scheitern an dieser gigantischen Fotze,
die ohne zu ruhen Feuer gebärt,
auf dass der Kreislauf nie ende
und die Hölle nie endlos sei,
auch wenn er mich reizen würde,
wohlgemerkt in sicherer Entfernung
und behütet von zwei erfahrenen Führern,
die mir versichern,
dass der Untergang der Welt
sich noch um ein paar Tage verschiebt,
gegen ein angemessenes Trinkgeld, versteht sich,
aber so nah bin ich den Tiefen der eigenen Seele
noch nie gewesen.
Als ob dieser Feuerteig
nur darauf wartete,
aus mir gespien zu werden,
um sich noch im Erkalten
mit der Welt zu verbünden.
III
Schübe von Duft
und ein gefährliches, nie endendes Blau.
Mädchen schlendern vorbei,
dralle, wiehernde Mädchen
mit Schenkeln aus Erdnussbutter geformt
und himmlischen, pompösen Brustwarzen
und dazu –
überall bist du
zwischen den Brüsten der Gemüsefrauen
strahlt mir dein Gesicht entgegen,
und auf den liebevollen Blicken der schwulen Buben
schwimmst du mir zu.
Hätten sie nur diesem christlichen Gott
das Fleisch gelassen,
hätten sie uns nur einmal erzählt,
wie Jesus gierig in den Schoß der Magdalena getaucht ist,
hätten sie doch die Götter weiterhin vögeln lassen,
ließen sie nur die Liebenden
auf ihren Altären zeugen und gebären –
man muss die Wollust zum Sakrament machen,
anstatt sie aus den Kirchen zu verbannen.
Ach, von einem Gott bestiegen zu werden,
am liebsten im Frühjahr
zwischen Amalfi und Sorrent,
zwischen Pinien und Oliven
vom Wechseltakt ländlicher Melodien
und von diesem Verzücken verschaukelt lebenslang zu zehren –
das wäre mir wahrhaft Gottesdienst genug.
Was flössen da die Psalmen aus meiner Feder,
da könnt ich nicht mehr aufhören
mit Hosianna-Brüllen,
so gläubig, so innig,
dass die Sonne selbst
einen Augenblick lang
schmelzen müsste
und als Lava die Erde verschlänge.
Bin schon wieder wo gelandet,
wo ich gar nicht gerne bin,
von der letzten Nacht gestrandet,
große Sprüche – kleiner Sinn.
Wär jetzt lieber gern bei dir,
doch wir haben’s ja probiert,
und jetzt steh ich hier und frier,
hab mich halbwegs arrangiert.
Es ist schwer, mit dir zu leben,
schwerer, ohne dich zu sein,
und ohne dich kann ich nicht leben,
und mit dir kann ich nicht sein.
Konnten uns halt nicht mehr halten,
doch ich riech noch deine Haut,
wenn wir aufeinanderprallten,
war das meist zu derb und laut.
Wunderschön war das Versöhnen,
nur zu viel Zerrissensein.
Würde dich jetzt gern verwöhnen,
lass es bleiben – bleib allein.
Es ist schwer, mit dir zu leben,
schwerer, ohne dich zu sein,
und ohne dich kann ich nicht leben,
und mit dir kann ich nicht sein.
Niemand kann die Liebe binden,
sie gefällt sich selbst zu gut.
Müssten uns halt nochmals finden,
aber dazu fehlt der Mut.
Würd dich jetzt so gern umfangen,
wär gern ganz tief in dir drin.
Zwischen Wissen und Verlangen
will ich weg – und zu dir hin.
Es ist schwer, mit dir zu leben,
schwerer, ohne dich zu sein,
und ohne dich kann ich nicht leben,
und mit dir kann ich nicht sein.
Zigeuner ohne Sippe
Schon wieder dieses Schwanken,
dieses nichts und alles tun,
schon wieder viel zu müde,
um sich noch auszuruhn.
Du stellst dich auf die Straße
in Richtung Traum,
doch keiner nimmt dich mit,
die Richtung kennt man kaum.
das Bewusstsein zerwühlen,
es geht tausend Stockwerk abwärts
mit den Selbstwertgefühlen.
Da erinnert dich doch was
an weichere Zeiten,
stattdessen nur noch Angst,
schon wieder auszugleiten.
Bist ein Zigeuner ohne Sippe,
ein Indianer ohne Stamm …
So treibst du deine Tage,
deine Nächte vor dir her,
für die andern gut gestylt,
innerlich zum Bersten leer.
Du schnappst dir einen Pflasterstein
und hoffst, dass was zerbricht.
Doch was er auch erreichen mag,
dich selbst erreicht er nicht.
Du tauchst in Fleisch und Gifte ein,
versinken und vergessen,
doch was du dir auch überziehst,
dir ist nichts angemessen.
Du blutest, und das Schlimmste ist,
es tut dir nichts mehr weh,
was früher Geistesblüte war,
ist jetzt schon alter Schnee.
ein Indianer ohne Stamm, …
Dann halten dir Dämonen
deine Masken vors Gesicht,
du weißt, es bleibt dir kaum noch Zeit,
und die ist gegen dich.
Du kramst nach deiner Seele,
doch die ist gut versteckt,
von hartgewordnen Lügen
vereist und zugedeckt.
Du klammerst dich an Freunde,
vielleicht Gesang und Wein,
doch letzten Ends verreckt man
ausschließlich und allein.
Du ahnst erst ganz am Boden,
was dich allein erhebt:
Es richtet sich nur auf,
wer aufrichtig lebt.
Bist ein Zigeuner ohne Sippe,
ein Indianer ohne Stamm …
Ich kenne ihre heimlichen Vorlieben,
ihre nächtlichen Umkreisungen des Eisschranks,
ihre Demütigungen in Modegeschäften,
wenn die windschlüpfrigen Verkäufer der Schweißperlen gewahr werden
und sich davonschwebend erheben,
so wie sich immer einer über den anderen erhebt,
weil er zu rot ist oder zu schwarz
oder zu lutheranisch
oder zu esoterisch.
Kopfsalat oder Schweinerücken?
Ich sehe schon die Armeen aufeinander zurasen.
Kopfsalat oder Schweinerücken:
Weil’s ja immer einen Grund geben muss zum Kämpfen,
und auch hier halt ich’s mit den Dicken.
Sie sind selten vorne dran,
denn sie nagen immer an etwas,
sei’s an ihrem Dickesein
oder an einem Hühnerbein.
Nicht, dass ich die ganze Welt lieber fettleibig hätte,
sie sind eben nur von anderer Art,
so, wie einer katholisch ist
oder Freimaurer
oder Säufer
oder Dauerläufer.
Eine Haltung, die es zu schützen gilt.
Das ist die hohe Zeit der Tropenträume,
ein Flügelschlag nur bis zum Meer.
Und alles, was ich jetzt versäume,
erreicht mich bis ins Grab nicht mehr.
Versoffner Mond und dunkle Weine,
das Leben schlägt die Fantasie!
Ein schwuler Priester schwingt die Beine.
Er ist der Star der Travestie.
Sie tanzt. Und ihr Jahrhunderthintern
verspricht mir mehr als ein Gedicht.
Ich möchte in ihr überwintern,
doch Eis und Winter kennt sie nicht.
Sie tanzt. Es gibt nur diesen einen
äonenalten Liebestanz,
durch den die fremden Welten scheinen
und unbekannter Götter Glanz.
Nur weiter, wo die Schiffe dösen
dem letzten Hafen hinterher.
Dort, wo die Blumen alles Bösen
dem Sumpf entblühen, bunt und schwer.
Jetzt Segel setzen, windwärts fliehn.
Zu Hause wartet das Verderben.
Sie haben mir noch nie verziehn,
dass ich zu stark war, um zu sterben.
Der Tod hat viel zu schwere Flügel
ihn hält es nicht in meinen Höhn.
Er ist das Pferd. Ich halt die Zügel.
Er überdauert. Ich werd überstehn.
Es ist der alte Rausch der Meere,
der meine Fieberträume nährt.
Dahinter öffnet sich die Leere
und eine Stille, die verzehrt.
Ich bin dem Sanften nicht gewogen,
auch langweilt mich der milde Blick,
mich hat das Feuer großgezogen,
zum Feuer will ich auch zurück.
Da wuchern wieder Kindheitsträume,
das Wunderland Calafia,
das ich erst spät durch dunkle Räume
im Drogentaumel wiedersah.
Das brandet an. Das ist das Fieber,
das aller Völker Mutter war.
Aus diesem Stoff ist das Gefieder
der Engel. Weiß und wunderbar.
Das ist die hohe Zeit der Tropenträume,
ein Flügelschlag nur bis zum Meer.
Und alles, was ich jetzt versäume,
erreicht mich bis ins Grab nicht mehr.