Vier

 

Die folgenden Tage erlebte Yanil wie in Trance. Er konnte sich nicht einmal mehr daran erinnern, wie er von dem Baum herunter gestiegen war oder was er bis zum Abend getan hatte. Er irrte ziellos durch den Wald, hing seinen Gedanken nach, lenkte sich ab, indem er Nahrung und Holz sammelte. Er wusste nichts mit sich anzufangen, obwohl ihm, objektiv betrachtet, nur zwei Möglichkeiten offen standen: Entweder er ging nach Norden, um dem Ruf des Königs zu folgen, oder zurück nach Süden, um in seine Heimatstadt zurückzukehren. Aber konnte er sich dort überhaupt noch sehen lassen? Er war als Anführer einer kleinen Truppe losgezogen, hatte von großen Taten gesprochen, von Sieg und Ehre – welche Blamage wäre es, unverrichteter Dinge zurückzukehren? Natürlich, er hätte die Wahrheit sagen können. Dass er sich geirrt hatte. Dass der Krieg wenig mit Ruhm und Ehre gemein hatte. Aber damit hätte er seine eigene Glaubwürdigkeit für immer untergraben und womöglich seinen Rang eingebüßt.

Unschlüssig, was er tun sollte, hatte Yanil sogar damit begonnen, sich in einer ausgehöhlten alten Eiche ein festes Versteck zu bauen, mit Vordach und Feuerstelle, doch ein Gewitter mit heftigem Sturm hatte es zerstört, ehe es ganz fertig war. Verzweiflung nagte an ihm. Tobte der Kampf um Burg Fjondryk bereits? War der Krieg vielleicht schon vorüber? Yanil hatte aufgehört, die Tage zu zählen. Sein Arm war fast verheilt, nur eine wulstige Narbe, ein unschöner Knoten am Unterarm, war geblieben. Immerhin.

Jeden Abend, ehe er einschlief, rang er mit den Tränen. Er hatte sich immer für einen mutigen Krieger gehalten, furchtlos und seinem König ergeben. Jetzt traute er sich nicht einmal, sich selbst zu töten. Er hätte hinreichend giftige Pflanzen in den Wäldern Azkatars gefunden, die sein Leben binnen Minuten beendet hätten, aber er schaffte es einfach nicht. Er war ein Feigling.

Nach ungezählten Tagen traf er endlich eine Entscheidung: Er würde nach Norden gehen. Wenn er bei dem Versuch, nach Fjondryk zu gelangen, sterben würde, hätte das Elend wenigstens ein Ende. Zudem bestand durchaus die – wenngleich unrealistische – Möglichkeit, lebend dort anzukommen.

Yanil wunderte sich, wie rasch der dichte Baumbestand lichter wurde, je weiter er ging. Hatte er die ganze Zeit über so nahe am Waldrand campiert? Bereits nach einer Stunde erreichte er eine Straße, und in der Ferne sah er Rauch emporsteigen, der sich in den Himmel schraubte. Ein Dorf? Es war ein befremdliches Gefühl, nach so langer Zeit wieder auf die Spuren von Zivilisation zu treffen, und Yanil wäre am liebsten zurück in den Wald gelaufen. Es war menschenleer auf der Straße, aber frische Spuren zeugten von häufiger Benutzung.

Er schluckte seine Bedenken hinunter und ging weiter. Bedrohlich ragte das nördliche Gebirge über ihm auf, üppiger Wald wich steiniger Ödlandschaft. Dichte Wolkenberge türmten sich über ihm, in der Ferne grollte Donner.

Gegen Abend entschied er sich, die Straße zu verlassen, um ein wenig abseits, versteckt hinter dornigem Gebüsch, sein Nachtlager aufzuschlagen. Er ging etwa eine halbe Meile weit ins Gelände, in der Hoffnung, irgendwo zwischen den Steinen einen Unterschlupf zu finden. Doch anstatt tiefer in die raue Wildnis einzudringen, fand er sich unversehens in einem winzigen Dorf wieder, wenn man die Ansammlung aus fünf heruntergekommenen Holzhäusern so nennen wollte. Er war gerade in Begriff sich abzuwenden, um sich einen anderen Weg zu suchen, als ein Mann aus einer Tür stürmte. Er blieb in einiger Entfernung stehen und reckte die Fäuste in die Luft. Yanil warf ihm nur einen kurzen Blick über die Schulter zu, ehe er sich schnellen Schrittes davonstahl. Der Mann hatte eine Halbglatze, ein wettergegerbtes Gesicht und einen untersetzten Körperbau. Ein Khaari. Ein alternder Sterblicher. Yanil schockierte sein Anblick. Zwar hatte er in Zakuma viel über die kurzlebigen einfachen Menschen gehört, aber in seiner Vorstellung waren sie weniger hässlich. Ihm lief ein Schauder über den Rücken.

Der Mann rief ihm wüste Beschimpfungen hinterher, die Yanil nicht alle verstand. Er glaubte jedoch, die Worte »nicht unser Krieg« und »ihr seid alle Tyrannen« aufgeschnappt zu haben.

Trotz der unerfreulichen Begegnung entschied Yanil sich, abseits der großen Straße zu gehen. Er glaubte, in der Ferne Hufgetrappel, Schreie und das Rumpeln von Wagenrädern zu hören. Wie weit würde er noch kommen? Wann würde man ihn entdecken, und was noch wichtiger war: Wer würde ihn entdecken? Seine eigenen Leute? Feinde? Tatsache war, dass er nicht ewig würde im Wald bleiben können.

Er rastete schließlich in einer Mulde zwischen zwei Felsbrocken, eine der unbequemsten Nächte, die er je erlebt hatte. Stundenlang wälzte er sich von einer Seite auf die andere. Er fror. Im Norden waren die Sommer kühler als in Zakuma, der Wind trocknete seine Haut aus, ließ seine Lippen aufspringen. Um sich abzulenken, sandte Yanil einen verzweifelten Gedanken in die Welt.

Ist dort draußen jemand, der mich hört? Seit langem hatte er nicht mehr von seiner Magie Gebrauch gemacht, und er fühlte sich einsam.

Wer ist da? Eine schnurrende, tiefe Stimme.

Yanil erschrak so heftig, dass ihm einen Augenblick lang schwarz vor Augen wurde. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Hatte ihm jemand geantwortet, oder war es ein Produkt seiner Fantasie gewesen?

Hallo? Zaghaft wagte er einen weiteren Versuch. Das Blut rauschte derart laut in seinen Ohren, dass er befürchtete, seine eigenen Gedanken nicht mehr verstehen zu können.

Komm nach Fjondryk, Fremder.

Wer bist du?

Yanil stellte ihm die Frage mehrmals, aber er erhielt keine Antwort mehr. Konnte es sein, dass es auf Fjondryk noch jemanden gab, der seine Magie beherrschte? Die Gabe war selten, und lange Zeit hatte er geglaubt, alle Mazari zu kennen, die ihrer mächtig waren.

Er glitt in einen unruhigen Schlaf, Albträume umschwirrten sein Nachlager wie geflügelte Dämonen.

Am nächsten Morgen plagten ihn Kopfschmerzen. Sein ehemals edles, glänzend grünes Wams war fleckig, zerrissen und unansehnlich. Er sehnte sich nach einer Waschmöglichkeit. Das letzte Mal, als er sich und seine Kleidung hatte Waschen können, lag nun schon fast drei Tage zurück. Seit er die bewaldeten Gebiete Azkatars endgültig hinter sich gelassen hatte, war er weder an einen Bach noch an einen Tümpel oder See gelangt. Seine Wasservorräte hatte er an den aus dem Stein des Gebirges hervortretenden Rinnsalen aufgefüllt, aber das waren kaum mehr als ein paar Tropfen gewesen, zum Waschen hätte es nicht gereicht. Zudem plagte ihn Hunger. Seine Zunge fühlte sich pelzig an, ein widerlicher Geschmack hatte sich darauf ausgebreitet.

Yanil streckte sich. Sein Rücken schmerzte. Der harte felsige Untergrund, auf dem er die Nacht verbracht hatte, bot weitaus weniger Komfort als das weiche, mit Laub bedeckte Moos im Wald. Ob es Brilys besser erging? Jeder Gedanke an ihn schmerzte. Weshalb hatten sie sich nicht besser versteckt, anstatt Anschluss an andere zu suchen? Yanil tadelte sich für den kindischen Wunsch, mehr Zeit mit einem Feind verbracht haben zu wollen, denn etwas anderes hätte Brilys für ihn nie sein dürfen. Es hatte so kommen müssen, unausweichlich. Es war besser so. Aber wenigstens hätten sie sich anständig voneinander verabschieden können.

Er legte den Kopf in den Nacken. Ein grauer Tag, an dem es nicht richtig hell werden wollte. Yanil konnte nicht einmal ansatzweise den Stand der Sonne ausmachen. Es roch nach Regen. Er kletterte über Steine hinweg, erklomm einen kleinen Kamm, schlitterte über Geröll, fiel hin, schürfte sich den Ellbogen auf. Er kam quälend langsam voran. Sollte er tatsächlich noch weiter nach Norden gehen und sich dem sinnlosen Unterfangen hingeben, je die Königsburg erreichen zu wollen? Der Weg dorthin war beschwerlich, solange er abseits der Straße ging, die sich durch das Gebirge schnitt. Andererseits trieb ihn die Aussicht auf ein Bad, etwas Essbares und den Schutz durch Festungsmauern weiter an.

Unter größter Anstrengung mühte sich Yanil eine Steigung hinauf. Loses Gestein polterte ihm entgegen, er fand nur schwer Halt. Am Ende des Hanges befand sich ein Plateau, kaum breiter als zwei Manneslängen. Aus den schmalen Rissen im Gestein zwängte sich der Schößling einer jungen verkrüppelten Erle hindurch.

Yanil bot sich ein Blick über das Tal, durch das sich die breite graue Straße wie ein Aal hindurchwand. In der Ferne ragte ein mächtiges Gebirgsmassiv in den Himmel, dessen Gipfel sich in den dunkelgrauen Wolken des trüben Tages verloren. Nebel waberte über hässliche graubraune Wiesen, größere Wälder suchte man in dieser Gegend vergebens. Ein lebensfeindlicher, trostloser Ort. Weshalb hatte es den ersten König der Mazari vor fast dreihundert Jahren ausgerechnet hierher verschlagen? Natürlich, wegen der strategisch vorteilhaften Lage, eingekesselt zwischen mehreren Gebirgen, durch die nur eine einzige Straße hindurchführte. Dennoch lief Yanil ein Schauder über den Rücken. Wie schön war es doch in Zakuma! Ein Stich der Sehnsucht fuhr ihm in die Brust.

Er sah hinunter zur Straße, und ihr Anblick versetzte ihm sogleich den zweiten Schock. Hunderte, wenn nicht Tausende Menschen tummelten sich darauf, klein wie Ameisen. Einige marschierten nach Süden, andere nach Norden, das war in dem Durcheinander schwer auszumachen. Die Straße war zu weit entfernt, um von dort Geräusche oder gar Gespräche aufzufangen. Wer waren all diese Menschen und wohin wollten sie? Flohen sie nach Süden? Vielleicht täte Yanil besser daran, es ihnen gleichzutun und den Rückweg anzutreten. Über allem lag die stinkende Pestwolke des Krieges, die Anspannung war beinahe greifbar. In der Ferne zuckten Blitze, als kündeten sie von drohendem Unheil. Yanil dachte erneut an Brilys. Ob er irgendwo dort unten war? Hatte er sich seinem Heer wieder angeschlossen? Marschierten sie in diesen Minuten bereits gegen Fjondryk? Yanils Kehle schnürte sich zusammen. Dieses hässliche finstere Land war kein Ort für einen Mazari des Waldes. Er war des Kämpfens müde. Mit einem Mal erschien ihm seine Idee, je zur Burg gelangen zu wollen, lächerlich. Ja, man hätte ihn dort versorgt, ihm zu essen und zu trinken gegeben. Aber man würde ihn auch in den Krieg zwingen. Sein König hatte ihn zu sich gerufen, aber bei allen Göttern – war es das wert? Ja, er würde sich mit Schande besudeln, wenn er wie ein räudiger Hund zurück nach Zakuma ging, aber zumindest würde er sein Leben nicht für einen sinnlosen Krieg gegeben haben. Ein Krieg, aus dem die Mazari niemals als Sieger hervorgehen konnten. Der Feind war übermächtig. Was war dagegen ein verlorener Rang oder ein paar Kameraden, die ihn auslachten oder anspuckten?

Yanil fasste einen neuen Entschluss, wie so häufig in den letzten Tagen. Seine eigene Flatterhaftigkeit ging ihm auf die Nerven. Bei allen Göttern, weshalb konnte er nicht ein einziges Mal an einem Vorhaben festhalten? War er tatsächlich so feige? Wenn das so weiterging, würde er verhungern, ohne überhaupt je irgendwo anzukommen.

Sein neuer Entschluss sah vor, so lange im Wald von Azkatar zu bleiben, bis der Krieg entweder vorüber war oder er sich von seinen Verletzungen so weit erholt hatte, dass er den weiten Rückweg in seine Heimat antreten konnte. Eine feige Entscheidung, aber die einzig logische. Allerdings hatte er das bei seinen anderen Absichten auch jedes Mal geglaubt ...

Er wandte sich ab und verharrte in der Bewegung. Ein Schreck fuhr im derart heftig in die Glieder, dass seine Knie für die Dauer eines Herzschlags unter ihm nachgaben. Er taumelte einen Schritt zur Seite.

Keinen Steinwurf entfernt starrte ihn ein Monster aus gelben Augen an. Es stand auf einem aus dem Gebirgsgestein herausragenden Vorsprung etwas oberhalb von Yanils Standort, struppiges graues Fell bedeckte seinen gesamten Körper. Geifer tropfte von handlangen spitzen Reißzähnen. Yanil schätze, dass das Vieh drei Mal mehr wog als er. Ein Wort schoss ihm in den Kopf.

Wark.

Er hatte von den Bestien des Nordens gehört, jenen Riesenwölfen, die in den Steppen Fjondryks ihr Unwesen trieben. Er hatte nicht damit gerechnet, den scheuen Jägern jemals zu begegnen. Alles, was er über sie wusste, kannte er aus Märchen und Sagen. Es gab auch im Süden wilde Wölfe und Hunde, doch sie waren weniger als halb so groß wie dieses Ungetüm!

Yanil sandte ein Stoßgebet zu den Göttern. Er würde sterben. Jetzt. Er trug keine Waffe bei sich, war zu schwach, um wegzulaufen. Das Biest betrachtete ihn aus seltsam wissenden Augen, eine gewisse Intelligenz war ihm nicht abzusprechen. Es knurrte und baute sich bedrohlich auf, als genieße es, sein Opfer zu ängstigen.

Es sprang von dem Vorsprung herunter, trotz seines massigen Köperbaus leichtfüßig und anmutig, den Schößling der Erle wischte er mit einem Hieb seiner Pranke beiseite, als handelte es sich um einen Grashalm.

Der Wark riss sein Maul auf, eine Reihe schneeweißer spitzer Zähne blitzte Yanil entgegen. Der Mazari ging einen Schritt rückwärts, stolperte und fiel auf sein Hinterteil. Er betete, einen schmerzlosen Tod zu sterben, bettelte förmlich um eine erlösende Ohnmacht.

Verdammt, weshalb beherrsche ich nur eine nutzlose Form von Magie? Mit Gedanken kann ich nicht töten!

Yanil hasste sich in diesem Moment dafür. Er wollte die Augen schließen, wollte nicht sehen, wie ihm der Wark an die Kehle sprang, doch er konnte einfach nicht wegsehen. Sein Blick klebte an dem bulligen Kopf des Tieres, an seinen Zähnen, den gelben Augen. Yanil öffnete den Mund, um einen verzweifelten Schrei auszustoßen, aber nur ein heiseres Krächzen entwich seiner Kehle.

Der Wark beschleunigte sein Tempo, fiel in Trab und stieß ein markerschütterndes Brüllen aus, das im Gebirge einen mehrfachen Widerhall fand. Yanil riss die Hand nach oben, hielt sich den Unterarm vor die Augen, wartete auf den Schmerz.

Doch er kam nicht.

Alles, was er hörte, war ein gurgelndes Heulen, jenseitig und unmenschlich, gefolgt von einem dumpfen Aufprall.

Yanil nahm den Arm herunter, er zitterte am ganzen Körper. Der Wark lag auf Armeslänge von ihm entfernt im Geröll, die Augen geschlossen, die riesige violette Zunge hing aus seinem Maul heraus. Er verströmte einen widerlichen Geruch.

Yanils Blick fiel auf einen hölzernen Bolzen, der dem Wark seitlich aus der Brust ragte. Sein Verstand war nicht in der Lage, die Ereignisse in einen logischen Zusammenhang zu bringen. Noch immer zitterte er am ganzen Körper. Er war sich sicher, der Wark würde sogleich aufspringen und ihn erneut attackieren. Yanils Atmung stockte, sein Brustkorb fühlte sich zu klein an für seine Lungen. Er japste, rang nach Luft. Weshalb konnte es nicht einfach nur schnell vorüber sein? Er hatte sich immer für tapfer gehalten, aber im Angesicht des Todes schienen andere Regeln zu gelten.

Gelächter drang an seine Ohren, ganz in der Nähe. Nur einen Lidschlag später tauchte jemand hinter dem massigen Körper des Warks auf, er wirkte lächerlich klein neben dem Tier. Ein Mann, gekleidet in seidig glänzende Hosen, auf dem dunkelblauen Wams prangte ein aus grünem Garn gestickter Edelstein. Das Zeichen des Königs.

Der Mann war groß, schlank, seine Haare hatte er zu einem ordentlichen Pferdeschwanz gebunden. Er sah nicht aus, als hätte er eine wochenlange, beschwerliche Reise aus dem südlichen Provinzen von Gûraz hinter sich.

»Yubor, Nystar! Kommt hierher!«, rief er und winkte mit seiner linken Hand. In seiner rechten hielt er eine Armbrust, locker neben dem Körper baumelnd. Er drehte Yanil den Rücken zu, sodass er sein Gesicht nicht erkennen konnte.

»Das Biest ist mausetot, der Schuss ging mitten ins Herz«, fügte er an. Zwei weitere Männer tauchten auf, beide in dieselbe edle Kleidung gehüllt. Einer von ihnen ließ flüchtig den Blick über Yanil schweifen, wandte sich zunächst ab, um dann einen Herzschlag später ruckartig herumzufahren und ihn erneut zu fixieren.

»Da ist jemand«, sagte er. Gleichzeitig wandten sich alle Köpfe. Yanil fühlte sich wie ein Vieh auf dem Markt, das es zu begutachten galt. Sie musterten ihn teils mit neugierigen, teils mit mitleidigen oder angewiderten Blicken. Yanil wurde bewusst, was für einen armseligen Anblick er bot. Er war dreckig, verschwitzt, hockte auf seinem Hinterteil und riss die Augen auf wie ein verschrecktes Reh. Er rang mit sich, sich nicht zu übergeben. Einen Rest von Würde wollte er sich bewahren.

»Wie ist Euer Name?«, fragte der Mann mit der Armbrust. »Ich bin Saslyn, Kundschafter des Königs. Ihr seid ein Mazari?« Ein abschätziger Blick, nur flüchtig, aber er genügte, dass Yanil sich in Grund und Boden schämte. Er war einst ein angesehener Krieger gewesen, sogar Anführer einer Truppe. Jetzt gab er das Bild eines verwahrlosten Landstreichers ab.

»Ich bin Yanil«, sagte er. Seine Stimme klang zittrig und ungewohnt hoch. Er ärgerte sich darüber. »Und ja, ich bin Mazari.« Sah man das etwa nicht? Am liebsten wäre er aufgestanden und hätte Haltung angenommen, Krieger durch und durch. Aber er fürchtete, dass seine Knie sein Gewicht nicht tragen würden. Der Schock steckte ihm noch immer tief in den Gliedern. Er räusperte sich und gab sich Mühe, mehr Druck in seine Stimme zu legen. »Ich war unterwegs von Zakuma nach Fjondryk, als meine Truppe von einer Horde Khaleri überfallen wurde. Wochenlang bin ich im Wald herumgeirrt. Ich schätze, ihr habt mir gerade das Leben gerettet, ansonsten hätte das Untier mich zerfleischt.« Er wollte es beiläufig klingen lassen, dabei war er nur Augenblicke zuvor von Todesangst zerfressen gewesen. Sein Blick irrte kurz zum Kadaver des Riesenwolfs, doch der eiskalte Schauder, der Yanil daraufhin über den Rücken lief, veranlasste ihn dazu, den Kopf abzuwenden.

Einer der Mazari reichte Yanil die Hand und half ihm auf die Beine. Er betete, nicht gleich wieder umzufallen, doch sein Stand war erstaunlich fest.

»Ich bin Yubor«, sagte der Mann, der ihm aufgeholfen hatte. Er trug die Haare offen und schulterlang. Sein Rücken war breiter als die seiner Kameraden. »Das ist Nystar.« Er deutete auf den Mazari neben ihm. Dieser nickte nur kurz. Er hatte eine spitze Nase. Sein Gesicht erinnerte Yanil an eine Maus.

»Dann sind wir wohl zur rechten Zeit gekommen.« Sasyln grinste und offenbarte eine Reihe makelloser Zähne. Yanil hielt ihn für den Anführer der Gruppe. Er war freundlich, strahlte jedoch eine natürliche Autorität aus. Er ging aufrecht, sprach mit fester Stimme und ließ sich von Yanils verlottertem Äußeren nicht dazu verleiten, Höflichkeiten außer Acht zu lassen.

»Aus Zakuma stammt Ihr?« Er lächelte mild. »Ihr habt wahrlich einen weiten Weg hinter Euch, und beinahe wäret Ihr zu spät gekommen. Der Krieg ist im vollen Gange, wir erwarten einen Angriff auf Fjondryk innerhalb der nächsten beiden Wochen.« Seine Miene verdüsterte sich und er senkte die Stimme. »Wir sind die letzten Krieger, die sich noch hier draußen aufhalten. Wir beobachten das Heer der Khaleri, das nach Norden zieht.« Er deutete mit dem Kinn in Richtung der Straße. »Die Burg ist bereits verriegelt und verrammelt, wir fürchten das Schlimmste.« Einen Augenblick lang huschte echte Angst über sein Gesicht, ehe er sich wieder an seinen Stand und seine Aufgabe zu erinnern schien. Er straffte die Schultern. »Wir haben Tausende gezählt. Ich fürchte, wir werden mit schlechten Neuigkeiten zurückkehren.« Er seufzte. »Vielleicht war es gar kein so großes Glück, dass der Wark Euch nicht erwischt hat. Wer weiß, was uns stattdessen noch bevorsteht.« Er rang sich ein Lächeln ab. Vermutlich versuchte er zu scherzen, aber Yanils Eingeweide zogen sich zusammen. Ihm stand nicht der Sinn nach Galgenhumor.

Nachdem sie sich vergewissert hatten, dass Yanil nicht ernsthaft verletzt und reisefähig war, machten sie sich auf den Rückweg nach Fjondryk. Saslyn trieb zur Eile an. Nun war Yanils jüngster Entschluss, doch in den Wald zurückzukehren, hinfällig. Es war vielleicht auch besser so, dass jemand anderes ihm die Entscheidung abgenommen hatte.

Yanil wunderte sich darüber, wie geschickt Saslyn einen Weg hinunter in die Ebene von Fjondryk fand, sich durch schmale Felsspalten zwängte und über rutschige Kanten kletterte. Yanil wurde bewusst, dass er den Weg niemals allein gefunden hätte. Ohne Fremdenführer wäre er ohnehin dazu verdammt gewesen, umzukehren oder in der tristen Einöde des Nordens zu sterben. Er hatte nicht einmal bemerkt, wie weit er sich tatsächlich von der Straße entfernt und ins umliegende Gebirge hinauf gewagt hatte.

Auf der anderen Seite des schmalen Durchlasses durch das Gebirge, das Azkatar von Fjondryk trennte, fanden sie sich in einer windigen Graslandschaft wieder. Sie marschierten fast einen ganzen Tag lang. Die drei Kundschafter hatten bereitwillig ihre Vorräte mit Yanil geteilt und ihn aus ihren Wasserschläuchen trinken lassen. Er war ihnen sehr dankbar dafür, dennoch fühlte er sich schwach. Einzig die Angst vor dem feindlichen Heer, das ihnen auf den Fersen war, trieb ihn an. Während ihres Weges durch die triste Landschaft erzählte Saslyn, in der Stadt vor Burg Fjondryk herrsche seit Wochen Ausnahmezustand. Schnell habe sich die Neuigkeit verbreitet, dass ein Heer aus Khaleri auf dem Weg nach Norden sei. Die Mazari seien kein Volk, das je Krieg geführt habe, so Saslyn. Die Bewohner der Provinz rund um die Burg zögen schon seit Wochen aufs Land hinaus, nur wenige seien geblieben, um ihr Hab und Gut vor Plünderern zu schützen. Ein nicht unerheblicher Teil der verängstigten Bevölkerung fordere Einlass in die Festungsanlage, schlimmer als jede Belagerung sei das, sagte er. Man könne die Tore schon lange nicht mehr öffnen, verschanze sich hinter den dicken Mauern, um sich vor den panischen Khaari und Mazari aus der Stadt zu retten. Yanil fragte sich, wie Saslyn je hinein gelangen wollte, wenn sich die Tore nicht öffnen ließen, verkniff sich jedoch einen Kommentar.

Weiterhin berichtete der Kundschafter, dass die Menschen ein Gerücht erschreckt hätte, nach dem ein brennender Riese die Armee der Feinde anführe. Gerne hätte Saslyn dies für das Geschwätz der Waschweiber gehalten, doch man wisse auf Fjondryk sehr genau, wer die Khaleri begleite und welche Macht ihn umgab. Man arbeite schon seit Wochen an einer Zauberformel, um Vyruk zu töten. Er solle nur kommen, man sei vorbereitet.

Bei der Erwähnung seines Namens zuckte Yanil unwillkürlich zusammen. Ob die Burgbewohner tatsächlich wussten, dass sie sich mit einem Gott anzulegen gedachten? Auch diesmal blieb Yanil stumm, er nickte nur. Er wollte nicht darüber nachdenken.

»Weshalb seid Ihr überhaupt dem Ruf des Königs nach Norden gefolgt?«, fragte Nystar, das Mausgesicht. Die anderen beiden Kundschafter hatten sich den ganzen Weg über zurückgehalten und nur gesprochen, wenn Saslyn sie angesprochen hatte. »Bei euch in Zakuma ist es sicher, zumindest wenn man dem glauben kann, was die Botenvögel zuletzt berichteten. Es kommen schon seit Wochen keine mehr an. Soweit ich weiß, ist die Waldstadt die einzige, die überhaupt noch gehalten werden konnte, abgesehen von Fjondryk natürlich. Die meisten anderen größeren Städte sind längst fest in Khalerihand.«

Yanil schoss heißes Blut in den Kopf, weil er keine Antwort auf seine Frage wusste. Weshalb war er aufgebrochen? Wegen des Ehrgefühls eines Königs gegenüber, den er in seinem Leben nie gesehen hatte? Weil er die Gefahr unterschätzt hatte, ein Abenteuer erleben wollte?

»Ich habe geglaubt, mich mit Ruhm und Ehre zu überhäufen, wenn ich ehrlich bin. Ich wollte meinem tristen Alltag entfliehen und woanders neu anfangen.« Die Worte waren heraus, ehe er darüber nachgedacht hatte, doch sie entsprachen der Wahrheit. Sollte er sich dafür schämen? Die anderen drei Mazari nickten nur, als könnten sie seine Beweggründe durchaus nachvollziehen.

»Was wisst ihr in Zakuma schon von der Welt«, sagte Sasyln. »Euch kann man nicht vorwerfen, dass ihr den beschwerlichen Weg durch Feindesland angetreten seid. Einzig dem König hätte klar sein müssen, dass ihr ohnehin nie in Fjondryk angekommen wäret. Raslyr muss ziemlich verzweifelt gewesen sein.«

Für einen langen Zeitraum sagte niemand mehr ein Wort, und Yanil verfluchte die Stille und die eintönige Landschaft, weil sie seine zermürbenden Grübeleien ankurbelten.

Als es Abend wurde und die Nacht über das Land kroch, rasteten sie unter einem Felsvorsprung mitten in der Landschaft, weit weg von der Straße, auf der Saslyns Schilderungen zufolge Chaos herrschte. Platt getretenes derbes Gras und einige Abfälle wie Knochen, Stoffreste, Papier und sogar ein zerschlissener Schuh ließen darauf schließen, dass der Ort des Öfteren als Lagerplatz genutzt wurde. Yanil schlief in dieser Nacht erstaunlich gut, er träumte nicht und erwachte erst, als die anderen bereits ihre Rucksäcke für die Weiterreise schulterten. Nicht dass sein Bett auf kaltem Stein sonderlich bequem gewesen wäre, aber die Strapazen der letzten Tage und Wochen forderten ihren Tribut. Zudem fühlte er sich zum ersten Mal, seit er den Wald verlassen hatte, wieder einigermaßen sicher. Fragte sich bloß, wie lange noch. Eine böse Vorahnung beschlich ihn. Während Yanil sich notdürftig mit ein paar Tropfen Wasser aus einem nahegelegenen Tümpel wusch, glitten seine Gedanken zu Brilys hinüber. Er wollte ihn vergessen, konnte es aber nicht. Er war ein Mensch gewesen wie er, kein Monster. Er war nur ein Opfer in diesem Spiel um Macht und Triumph. Yanil war sich sehr sicher, dass kaum ein Khaleri aus Überzeugung für Vyruk und seinen wahnwitzigen Plan, die Welt zu unterwerfen, kämpfte.

Als sie sich auf den Weg machten, begann es wieder leicht zu regnen. Yanil fröstelte. Der Sommer im Norden war kühler als erwartet, er trug nur ein zerschlissenes Wams, das sich binnen weniger Minuten mit Wasser vollgesogen hatte. Zumindest schmerzte sein Arm kaum noch, er konnte die Finger wieder bewegen, und vielleicht würde er sich sogar zutrauen, einen Bogen zu halten und zu spannen. Ein kleiner Trost wenn man bedachte, dass seine Überlebenschancen in diesem Krieg eher gering waren. Saslyn hatte von einer Zauberformel gesprochen, die Vyruk vernichten sollte, aber konnte es so etwas tatsächlich geben? War es nicht vielleicht nur ein Gerücht, das der König verbreitet hatte, um die Moral seiner Krieger zu stärken?

So sehr Yanil sich auch bemühte, es gelang ihm nicht, seine sich im Kreis drehenden Grübeleien zu unterdrücken. Die Landschaft bot indes wenig Neues. Vom Wind verkrüppelte Bäume zwängten sich zwischen Spalten im harten, steinigen Boden hindurch. Gelegentlich passierten sie eine Heidelandschaft, die zwar mit einigen Blüten aufwartete, Yanils Stimmung jedoch nicht aufzuhellen vermochte. Er sehnte sich zurück in seinen Wald, wollte die Blätter rauschen hören, den erdigen Duft des Bodens einsaugen. Wie konnte sich ein Mazari hier bloß wohlfühlen? Wer lebte freiwillig in einer solch menschenfeindlichen Umgebung?

Am Nachmittag des dritten Tages erspähte Yanil in der Ferne die Silhouette der Burg, die sich schwarz vor einem hellgrauen Himmel absetzte. Sie lag auf einer Anhöhe, zu ihren Füßen eine Stadt. Oder zumindest das, was davon übrig war. Saslyn schlug einen weiten Bogen um das besiedelte Gebiet ein, aber auch von weitem war das Ausmaß von Zerstörung und Chaos unverkennbar. Die Stadt hüllte sich in Angst, wie eine Pestwolke lag sie über dem Tal. Im Hintergrund ragten die schneebedeckten Gipfel des nördlichen Gebirges in einen dunkelgrauen Himmel auf. Blitze zuckten, in der Ferne grollte Donner. Obwohl Bedrohung in der Luft hing wie ein schlechter Geruch, streifte Yanil ein Hauch von Ehrfurcht. Fjondryk thronte imposant auf einem riesigen Felsmassiv, ein Bollwerk aus Stein. Ein Weg schlängelte sich hinauf bis zum Tor. Yanil hatte so etwas nie zuvor gesehen. Er kannte bislang nur die Baumhäuser aus Zakuma oder die einfachen Holzhütten der kurzlebigen Khaari. Er hatte sich in seinen Träumen ausgemalt, wie die Königsburg aussehen mochte, doch nichts in seiner Fantasie hatte an die Realität herangereicht. Aus der Distanz konnte Yanil ihre Ausmaße nur erahnen. Eine gewaltige, mehrere Manneslängen hohe Mauer umgab das eigentliche Gebäude, mehrere Türme und Zinnen ragten darüber hinweg. Konnte eine Armee einen Giganten aus Stein einnehmen? Schwer vorstellbar! Aber was wusste Yanil schon vom Krieg? Er riss seinen Blick los und senkte den Kopf.

Du hast keine Vorstellung davon, wozu Magie fähig sein kann.

Wieder diese fremde, schnurrende Stimme in seinem Kopf. Yanil riss die Augen auf, blickte sich panisch um. Außer Saslyn, Yubor und Nystar sah er niemanden – natürlich nicht. Und diese drei machten nicht den Eindruck, mit ihm gesprochen zu haben. Sie gingen unbeirrt ihres Weges und bemerkten nicht einmal, dass Yanil zusammengezuckt war.

Wer bist du? Yanil sandte dem Fremden einen Gedanken und hoffte, dass er ihn hören konnte. Hatte er etwa mitbekommen, worüber er nachgedacht hatte?

Unwichtig. Vielleicht lernen wir uns bald kennen.

Obwohl Yanil sein Gesicht natürlich nicht sehen konnte, glaubte er, dass er grinste. Sein Tonfall hatte eine hämische Färbung.

Lebst du auf Fjondryk?

Keine Antwort. Yanil wusste instinktiv, dass er von dem Fremden nichts mehr empfangen würde, deshalb gab er auf. Er verspürte gleichermaßen Erleichterung und Verunsicherung, weil es noch mindestens einen weiteren Mazari gab, der seine Magie teilte. Ob er ihm wirklich je begegnen würde? Er schüttelte seine Gedanken ab. Stattdessen schoss ihm etwas anderes durch den Kopf.

»Wie wollt Ihr in die Burg gelangen? Ihr sagtet, die Tore seien verschlossen«, rief er Saslyn zu, der vor ihm ging. Dieser drehte sich über die Schulter hinweg um.

»Zum Glück kenne ich eine andere Möglichkeit. Es ist nicht mehr weit.« Er lächelte, aber es wirkte gequält.

Yanil ärgerte sich über die unzureichende Antwort, schluckte seinen Unmut jedoch hinunter. Er folgte den anderen in einen kleinen Kiefernwald hinein, der sich an den Berg schmiegte. Es ging steil bergauf. Ein ausgetretener Pfad zeugte von regelmäßiger Benutzung. Wohin führten die Kundschafter ihn? Die Burg lag in der anderen Richtung.

Jäh blieb Saslyn stehen, Yanil wäre beinahe mit ihm zusammengeprallt.

»Dort drüben ist es.« Saslyn zeigte mit dem Finger auf einen Erdhügel, an dessen Basis ein kaum zwei Ellen breites schwarzes Loch klaffte. Yanil hätte es für einen Fuchsbau gehalten.

»Wir sollten uns beeilen«, sagte Nystar. »In dieser Gegend gibt es viele Warks.«

Anscheinend stand Yanil seine Frage ins Gesicht geschrieben, denn Saslyn klopfte ihm auf die Schulter und lächelte. »Einer von mehreren Geheimgängen in die Burg. Raslyrs Vater, der erste König von Gûraz, hat sie anlegen lassen. Den Göttern sei Dank! Obwohl unser Volk bislang nie in Kriege verwickelt war, hatte Rynor scheinbar panische Angst vor Angriffen durch Khaari. Lächerlich, wenn du mich fragst. Das sterbliche Volk hat nie einen Versuch gestartet, unsere Rasse vom Thron zu stoßen. Aber jetzt bin ich froh darum, hinter dicken Mauern Schutz suchen zu können. Und wer weiß, vielleicht hatte Rynor eine Vision von diesem Krieg, immerhin soll Hellseherei auch eine Form von Magie sein. Allerdings ist mir bislang noch niemand begegnet, der das konnte. Nun, dem alten König hat es auch nichts genutzt, er ist von einem Wark getötet worden. Und jetzt komm.« Saslyn wandte sich ab und wies die anderen mit einer Geste an, ihm zu folgen. Yanil schwirrte der Kopf. Geheimgänge? Diese Welt bot wahrlich noch einige Überraschungen.

Er zögerte, auf die Knie zu gehen und sich durch das Loch zu quetschen, wollte aber auch nicht allein zurückbleiben. Die anderen drei waren bereits vorausgegangen, nur er hockte noch auf dem Boden und rang mit seiner Angst vor engen Räumen. Als irgendwo hinter ihm in der Ferne ein Wolf heulte, gab er sich einen Ruck und zwängte sich mit dem Kopf voran durch das Loch im Boden. Es ging steil bergab, er schlitterte bäuchlings nach unten. Es roch nach Erde und Feuchtigkeit, irgendwo hörte er Wasser tropfen. Am Ende der Schräge erweiterte sich der Gang jäh, sodass ein erwachsener Mann aufrecht stehen konnte. Es war nicht so dunkel, wie Yanil befürchtet hatte. Über der Handfläche von Yubor schwebte eine magische Lichtkugel. Eine nützliche Fähigkeit, derer sich Yanil leider nicht rühmte. Er stand auf und klopfte sein ohnehin total verdrecktes Wams ab.

»Lasst uns gehen.« Saslyns Stimme hallte von den steinernen Wänden wider.

Mit klopfendem Herzen und zittrigen Knien folgte Yanil den anderen als Letzter.