Der kälteste Ort der Erde
Auf dem von einem mächtigen Eispanzer bedeckten Kontinent um den Südpol wurde die tiefste, jemals auf der Erde gemessene Temperatur ermittelt. Dazu kommt eine extreme Trockenheit. Gewaltige Eisschichten haben sich im Lauf von Jahrmillionen zu ihrer heutigen Mächtigkeit von bis zu 4000 m aufgetürmt. Der antarktische Kontinent, Antarktika, ist eine riesige Kältewüste. Das kalte, von heftigen Stürmen gepeitschte Südpolarmeer – die südlichen Enden von Atlantischem, Pazifischem und Indischem Ozean – umströmt das Festland. Bis durchschnittlich 500 km reicht das Eis in die umgebenden Meeresteile hinaus. Es besteht nicht nur aus gefrorenem Meerwasser, das dichte Packeis- und lockerere Treibeisflächen bildet, sondern stammt zum großen Teil vom Festland. Das Festlandeis ist nicht statisch. Ständig speisen Auslassgletscher den Saum aus Schelfeis, von dem die für die Antarktis typischen großen Tafeleisberge abbrechen.
Inhalt
Tiere und Pflanzen der Antarktis
Seeleoparden: Jäger am Rand des Packeises
Blickpunkt: Kaiserpinguine: Wanderer im ewigen Eis
Adeliepinguine: Unterwasserflüge im Eismeer
Der Antarktis-Sturmvogel: Fischer im offenen Eismeer
Tiere und Pflanzen der Antarktis
Fragt man nach typischen Tieren der Antarktis, bekommt man mit Sicherheit die Antwort »Pinguine«. Von den insgesamt 17 Pinguinarten kommen zwar in der Antarktis nur sieben vor, dennoch gehören sie für Zoologen zu den wichtigsten »Leitorganismen«. Fachleute schätzen den Gesamtbestand der antarktischen Pinguine auf 175 Mio. Tiere. Dazu darf man noch einmal eine gleich große Zahl von Kormoranen, Sturmvögeln, Albatrossen, Seeschwalben, Möwen, Raubmöwen und anderen Seevögeln addieren, die an den Küsten der Antarktis und der vorgelagerten Inseln brüten. Die größten von Pflanzen besiedelbaren Flächen und die größte Vielfalt an Arten findet man auf der antarktischen Halbinsel, jener sichelförmigen Landzunge, die sich südlich von Feuerland in den Ozean streckt. Hier gibt es auch die größten Bestände der beiden einzigen Blütenpflanzenarten, die die Antarktis ohne menschliche Hilfe besiedeln konnten.
Die Antarktische Halbinsel liegt auf dem Südlichen Polarkreis und damit auf einem Breitengrad, an dem man auf der Nordhalbkugel zusammen mit einer vierstelligen Zahl niederer Pflanzen noch hunderte von Blütenpflanzenarten findet. In der Antarktis dagegen wird die Vegetation von nur 110 Moosen, etwa 250 Flechten und 300 Algen gebildet. Ganze zwei Blütenpflanzen, nämlich die Antarktische Schmiele (Deschampsia antarctica) und das Quito-Mastkraut (Colobanthus quitensis), kommen von Natur aus hier vor. Die Antarktische Schmiele, ein Süßgras, wächst in zusammenhängenden Rasen von mehreren Metern Durchmesser. Beim Quito-Mastkraut, einem unscheinbaren Nelkengewächs, ist der größte Teil des Sprosssystems im Boden verborgen. Nur die kurzen, dicht beblätterten Kurztriebe kommen an die Oberfläche und bilden flache, meist handtellergroße Polster. Die fünfzähligen Blüten sind grün und klein. In normalen Sommern kommen beide Arten zur Blüte und bilden reife Samen. Insektenbesuch brauchen sie dafür nicht. Der Fruchtansatz erfolgt nach Wind- und Selbstbestäubung. Günstige Bedingungen finden die beiden Arten an den »wärmeren« Hängen mit von Schmelzwasser durchfeuchtetem und durch Vogelkot nährstoffreichen Boden. An geschützten Stellen wagen sie sich polwärts bis über den 68. Breitengrad nach Süden vor. Gelegentlich werden von Besuchern der Antarktis weitere Arten eingeschleppt. Von diesen hätten das Einjährige und das Gewöhnliche Rispengras (Poa annua und Poa trivialis) die Fähigkeit zur dauerhaften Ansiedlung, doch Forscher und Naturschützer betrachten dies mit Sorge, denn wenn sich fremde Organismen in den extrem empfindlichen Ökosystemen breitmachen, hat das negative Folgen.
Pflanzen mit Lichtschutzfaktor
Auf Felsen in milden, feuchten Gegenden in Küstennähe mischen sich hier und da noch austrocknungsresistente Moose in die lückigen Rasen von Strauch- und Krustenflechten. Moose solcher Standorte haben dicht gepackte Stämmchen und verlieren so nur wenig Wasser. Die Rasen sind nicht selten auffällig orange bis rotbraun gefärbt – als Schutz vor schädlicher Strahlung.
Je kälter und trockener es wird, desto artenärmer werden die Gesellschaften der niederen Pflanzen, bis schließlich nur unscheinbare Krustenflechten übrig bleiben. Da sie nur in schwach gequollenem Zustand Photosynthese betreiben können, beträgt ihre »aktive Zeit« pro Jahr stellenweise nur wenige Tage. Teilweise wachsen sie so langsam, dass Exemplare von Zentimetergröße manchmal bereits viele hundert Jahre alt sind.
Auch einige Flechten sind in der Lage, sich vor der schädlichen Wirkung von UV-B-Strahlung zu schützen, indem sie höhere Konzentrationen von Usninsäure bilden. Interessanterweise findet man in Flechtenproben aus der Zeit vor dem sog. Ozonloch deutlich geringere Mengen dieses natürlichen Lichtschutzfaktors als in Proben, die in den letzten Jahren gesammelt wurden. Die Flechten produzieren offenbar mehr Usninsäure, seit die schützende Ozonschicht der Atmosphäre Lücken hat.
An Felsen in den Trockentälern des McMurdo-Gebiets fanden Biologen eine Lebensgemeinschaft, die die von Kälte und Trockenheit gesetzten Grenzen nicht zu akzeptieren scheint: Grünalgen, Pilze und Bakterien leben dort in mikroskopisch kleinen Hohlräumen der Felsoberfläche. Unter halbdurchsichtigen Quarzkörnern nutzen sie Licht, Spuren von Feuchtigkeit und Mineralsalze aus Gestein.
Leoparden, Elefanten und Bären
Verglichen mit dem sterilen, allenfalls von mikroskopischen Schneealgen besiedelten Inlandeis herrscht an den antarktischen Küsten eine überraschend hohe biologische Produktivität. Der große Reichtum der Region gründet sich auf das kalte, nährstoffreiche Wasser der südlichen Ozeane. Es begünstigt die Entwicklung von Phytoplankton, das die Nahrungsgrundlage für alle Tiere bildet, auch für jene Krebstiere, die als »Krill« zusammengefasst werden. In unvorstellbaren Mengen steht Krill vielen Fischen, den Bartenwalen und Vögeln zur Verfügung. Sogar eine Robbe, die Krabbenfresserrobbe (Lobodon carcinophagus), ernährt sich fast ausschließlich von den kleinen Garnelen. Angesichts der Dichte ihrer Nahrung wundert es nicht, dass sie die häufigste Robbe auf der ganzen Welt ist. Auf 12 Mio. Exemplare wird ihr Bestand geschätzt. Fünf weitere Robbenarten pflanzen sich an den antarktischen Küsten fort, die Ross- und die Weddell-Robbe (Ommatophoca rossii, Leptonychotes weddellii), der Seeleopard (Hydrurga leptonyx), der Südliche See-Elefant (Mirounga leonina) und der Antarktische Seebär (Arctocephalus gazella). Sie suchen entweder das Packeis oder die eisfreien Strände auf, um ihre Jungen zu gebären.
Pinguine
Mit den Robben haben die Pinguine nicht nur den Lebensraum gemeinsam, sondern auch etliche Anpassungen an das Leben im kalten Wasser: stromlinienförmiger Körper, gut entwickeltes Unterhaut-Fettgewebe und Ausprägung des Blutgefäßsystems in den Füßen als Wärmetauscher. Sieben Pinguinarten pflanzen sich an den antarktischen Küsten und den zugehörigen Inseln fort, darunter die beiden größten Arten, Kaiser- und Königspinguin (Aptenodytes forsteri; Aptenodytes patagonicus). Die mit Abstand häufigste Art ist der Adeliepinguin (Pygoscelis adeliae). Die übrigen vier sind der Kehlstreif- oder Zügelpinguin (Pygoscelis antarctica), der Eselspinguin (Pygoscelis papua), der Felsenpinguin (Eudyptes crestatus) und der Goldschopfpinguin (Eudyptes chrysolophus).
Neben den Pinguinen brüten etwa 30 weitere Vogelarten in der Antarktis. Viele von ihnen gehören zur Ordnung der Röhrennasen (Procellariiformes), beispielsweise der Silber-Sturmvogel (Fulmaras glacialoides), der Kapsturmvogel (Daption capense), der Riesensturmvogel (Macronectes giganteus), der Schneesturmvogel (Pagodroma nivea), der Weißflügelsturmvogel (Thalassoica antarctica) und die Buntfuß-Sturmschwalbe (Oceanites oceanicus). Die ganze Verwandtschaft umfasst hochseetaugliche Meeresvögel, die eine körpereigene »Meerwasserentsalzungsanlage« besitzen. Ein Drüse im Gesichtsschädel mündet als sichtbare Röhre auf dem Oberschnabel. Alle genannten Arten brüten an den eisfreien Küsten und suchen dort oder auf hoher See nach Nahrung. Nur wenige sieht man landeinwärts.
Nahrungsspezialisten
Während die Pinguine, aber auch Vögel wie die Blauaugenscharbe (Phalacrocorax atriceps) unter Wasser Fische jagen, erbeuten die meisten Seevögel ihre Nahrung an der Wasseroberfläche. Die Antipodenseeschwalbe (Sterna vittata) bevorzugt neben kleinen Fischen auch Krill. Diese Vorliebe teilt sie nur mit einigen der oben erwähnten Röhrennasen. Anders als die ihr ähnliche Küstenseeschwalbe (Sterna paradisaea), die die antarktischen Gewässer auf dem Zug besucht, bleibt die Antipodenseeschwalbe ganzjährig in ihrer kalten Heimat.
Vorzugsweise von Muscheln und Napfschnecken ernährt sich die Dominikanermöwe (Larus dominicanus), die auf der Antarktischen Halbinsel nördlich des 65. Breitengrades brütet. Die Vögel verschlucken ihre Nahrung komplett, trennen Weichteile und Schalen im Kropf und würgen die unverdaulichen Teile wieder aus. Zu den Ernährungsspezialisten können wir auch Aasfresser und Beuteparasiten zählen. Beispiele für diese Gilde sind der Weißgesicht-Scheidenschnabel (Chionis alba) und die Skuas oder Raubmöwen.
Die Adler der Antarktis
Kein Tier lebt dichter am Südpol als die Südpolar-Skua (Catharacta maccormicki). Selbst weit landeinwärts vom Ross-Eisschelf, beim 88. Breitengrad, werden die Vögel gesichtet. Die Nistplätze der Südpolar-Skua liegen an der gesamten Küste der Antarktis, inklusive der Antarktischen Halbinsel. Dort überschneidet sich ihr Brutgebiet mit dem der Braunen Skua (Catharacta antarctica lonnbergi). Während des Sommers, etwa zwischen Dezember und März, zeigen die Skuas ihre wahre Natur. Sie brüten unmittelbar neben den Kolonien der Pinguine und anderer Seevögel. Die Zeit ihrer eigenen Jungenaufzucht fällt mit dem Höhepunkt der Pinguin-Fortpflanzungszeit zusammen, so dass sie unbewachte Eier und Jungvögel der Pinguine erbeuten können, um sich und ihre eigenen Jungen zu versorgen. Sie verwerten aber auch Aas.
Dadurch erfüllen die Vögel eine wichtige Funktion zur Gesunderhaltung der Tierpopulationen, denn es gibt in der Antarktis keine Greifvögel oder Geier, die in anderen Regionen der Erde die Aufgabe haben, kranke, schwache und tote Tiere zu beseitigen.
Beide Skuaarten überwintern nicht in der Antarktis. Am Ende des Südsommers, etwa im April, verlassen sie die Region. Die Südpolar-Skua starten zu einer großen Schleife über die Ozeane und kommen dabei nordwärts bis Japan und Alaska, um Ende Oktober zu ihren antarktischen Brutgebieten zurückzukehren. Die Braune Skua dagegen überwintert an den Küsten Südamerikas.
Seeleoparden: Jäger am Rand des Packeises
»Zwischen den Seelöwen und den eigentlichen Seehunden stehen die Seeleoparden (Leptonyx), welche hauptsächlich ihres Gebisses und des Handbaues wegen als besondere Sippe abgetrennt worden sind. (…) Unter dem Namen Seeleoparden verstehen die deutschen Naturforscher ein anderes Thier, als die Engländer.« Zum Glück haben sich die Naturforscher seit Alfred Brehm auf ein gemeinsames Tier geeinigt, das heute den lateinischen Artnamen Hydrurga leptonyx trägt.

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Seeleoparden leben hauptsächlich von Planktonorganismen.
Vorteilhafter Flossenbau
Heute stellt man den Seeleoparden zweifelsfrei in die Familie der Seehunde oder Hundsrobben (Phocidae), obwohl er verlängerte Vorderflossen aufweist. Für ein räuberisch lebendes Meerestier sind diese eine sehr günstige Entwicklung, da sie es wendiger machen und ihm zu höherer Geschwindigkeit sowohl beim Schwimmen als auch bei der Fortbewegung auf dem Eis verhelfen.
Seeleopard Hydrurga leptonyx
Klasse Säugetiere
Ordnung Raubtiere
Familie Hundsrobben
Verbreitung Packeisrand des antarktischen Meeres
Maße Kopf-Rumpf-Länge: Männchen bis 3 m Weibchen bis 4 m
Gewicht Weibchen bis 500 kg
Nahrung Fische, Pinguine, Krebse, Tintenfische, Seevögel und gerne Jungtiere anderer Robben
Geschlechtsreife mit 3–4 Jahren
Tragzeit etwa 8 Monate
Zahl der Jungen 1
Höchstalter gut 25 Jahre
Nahrung im Überfluss
Im antarktischen Meer am Rand des Packeises, wo sich der Seeleopard vorwiegend aufhält, ist der Tisch für ihn reich gedeckt: Das Meer quillt geradezu über von einer Vielzahl Krebstieren, Fischen, Seevögeln und Meeressäugern. Diesen Tierreichtum ermöglicht die sog. Antarktische Divergenz. Darunter versteht man eine starke Aufwärtsströmung im Bereich der antarktischen Küste, die nährstoffreiches Tiefenwasser an die Oberfläche spült. Die in diesem Tiefenwasser enthaltenen Kleinstorganismen sind die Lebensgrundlage für die höheren Tiere.
Die Menge macht’s
Der Krill zu nennen macht einen Großteil der Nahrung des Seeleoparden aus. Dazu hat dieser besondere Zahnstrukturen entwickelt: Die Backen- und Vorbackenzähne gleichen einem Sägeblatt. Schließt der Seeleopard das Maul, bilden die Zahnhöcker von Unter- und Oberkiefer einen Seihapparat. Mit dem Maul nimmt der Seeleopard eine größere Menge Wasser mit darin enthaltenem Plankton auf und presst es anschließend durch die geschlossenen Zähne. Dabei filtert er die Krillkrebse heraus. Zwar deckt der Seeleopard noch annähernd 50 % seines Energiebedarfs durch Krill. Doch durch die Meererwärmung nimmt diese einst unerschöpfliche Nahrungsquelle immer weiter ab.
Delikatessen aus dem Meer
Die ausgeprägten Eck- und dolchartigen Schneidezähne des Seeleoparden sind Zeugen dafür, dass er sich nicht allein mit Planktonorganismen zufrieden gibt, sondern auch größere Beutetiere überwältigt. Der Seeleopard ist ständig auf der Jagd nach Pinguinen. Diese erbeutet er nicht allein durch wilde Jagd im Wasser, sondern er folgt ihnen teilweise sogar bis auf die Eisscholle. Dabei sind ihm wieder seine verhältnismäßig langen Vorderflossen von Nutzen. Auch Krabbenfresser und Weddellrobbe stehen auf dem Speiseplan des Seeleoparden, insbesondere in der Energie zehrenden Fortpflanzungszeit des Räubers zwischen Oktober und Dezember.
Zwar ist die Nahrungsauswahl vielfältig, aber dennoch ist der Seeleopard ein Gourmet: Einen erbeuteten Pinguin schlägt er so lange auf die Wasseroberfläche, bis sich die Haut mit den Federn vom Körper löst und beim Fressen nicht hinderlich ist. Bei den Robben frisst er lediglich die Haut und die darunterliegende nahrhafte dicke Fettschicht, den sog. Blubber.
Gute Isolierung
Dieser Blubber ist wegen der Kälte des antarktischen Meeres überlebensnotwendig und schützt auch den Seeleoparden vor Unterkühlung. Die Isolierung ist so wirksam, dass die Temperatur im Körperinnern bis zu 42 °C höher sein kann als an der Oberfläche der Haut. Das namengebende, an Kopf und Flanken unregelmäßig gefleckte dichte Fell wirkt zusätzlich schützend. Es ist oberseits dunkelgrau und unterseits silbrigweiß gefärbt, was je nach Blickrichtung der Beutetiere eine sehr gute Tarnung darstellt: Unter ihm schwimmende Beute erkennt die helle Unterseite gegen den ebenfalls hellen Himmel nicht und beim Blick vom Land aufs dunkel erscheinende Wasser ist der Räuber ebenfalls schlecht auszumachen. Da die massigen Körper im Vergleich zu Landsäugetieren auch nur verhältnismäßig kleine Extremitäten besitzen, können die Tiere einerseits gut Wärme bewahren und sich andererseits durch ihre Stromlinienform gewandt im Wasser bewegen. Ein zusätzliches Plus an Schnelligkeit bietet dem Seeleoparden der ungewöhnlich abgeflachte Kopf, der ihm zudem ein fast reptilienartiges Aussehen verleiht.
Die mit einer Länge von maximal 4 m größte Robbe des antarktischen Meeres ist derzeit mit geschätzten 400 000 Individuen nicht in ihrem Bestand bedroht.
Kaiserpinguine: Wanderer im ewigen Eis
Der Kaiserpinguin (Aptenodytes forsteri) lebt im Südpolarmeer rund um den antarktischen Kontinent. Als einziger Vogel sucht er zeitlebens niemals festes Land auf, sondern brütet auf dem Meereis, das Antarktika umschließt. Mit über 1 m Körperhöhe und einem Gewicht von 30–40 kg weist er ein im Hinblick auf Wärmeverlust sehr günstiges Verhältnis von Volumen zu Oberfläche auf. Daher können ihm selbst eisige Temperaturen nichts anhaben. Eindrucksvoll sind seine langen Wanderungen über das Eis: Er legt mit seinen Artgenossen hunderte Kilometer zwischen Brutplatz und offenem Meer zurück.

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Kaiserpinguin-Männchen mit Jungem
Jedes Jahr um die gleiche Zeit vollzieht sich in der Antarktis ein verblüffendes Schauspiel: Mit vorgerecktem Hals, angelegten Flügeln und nach hinten gestreckten Füßen schießt einer der massigen Kaiserpinguine aus dem Wasser hervor. In hohem Bogen überwindet er die Bruchkante des Eises, um dann mit einem lauten Klatschen bäuchlings auf dem Eis zu landen. Sein Schwung ist so groß, dass er auf dem Bauch noch ein Stück auf der glatten Fläche weiterrutscht. Nach kurzem Innehalten stellt sich der Pinguin auf und schüttelt sich, dass die Wassertropfen nur so aus seinem Wasser abweisenden Gefieder fliegen.
Hinter ihm wiederholt sich das Ganze: Weitere Artgenossen landen mit ebensolchen Sprüngen auf dem Eis. Es ist März und abermillionen Meeresvögel haben in den vergangenen Sommermonaten ihre Brutgeschäfte erledigt und sind bereits fortgezogen, um dem unwirtlichen Polarwinter auszuweichen. Die Kaiserpinguine hingegen verlassen nun ihr eigentliches Element, das Wasser, um sich auf den Weg zu den Brutgebieten zu machen.
Kaiserpinguin Aptenodytes forsteri
Klasse Vögel
Ordnung Pinguine
Familie Pinguine
Verbreitung Antarktis
Maße Länge: bis 120 cm
Gewicht 30–40 kg
Nahrung Fische, Tintenfische, Krill
Geschlechtsreife mit
3–5 Jahren
Zahl der Jungen 1
Brutdauer 62–65 Tage
Höchstalter etwa 25 Jahre
Der lange Marsch
Zu hunderten oder tausenden schnellen die flugunfähigen Vögel nun an bestimmten Plätzen vor der Küste Antarktikas aus dem Wasser. Jetzt, wo die Temperaturen an den immer kürzer werdenden Tagen kaum noch über 0 °C steigen, sammeln sich die Kaiserpinguine am Rand des Eises.
Wie bei einer Parade setzt ein gewaltiger Fußmarsch in Richtung Süden ein. Einer nach dem anderen, in Zweier- oder Dreierreihen zieht die nicht enden wollende Kolonne über das Eis. Kaiserpinguine sind sehr ausdauernde Wanderer. Ihr Becken ist unbeweglich, weshalb sie bei jedem Schritt ihren gesamten schweren Körper mitdrehen müssen. Aufrecht auf ihren Hinterfüßen erreichen die Vögel eine Geschwindigkeit von 3–4 km/h. Die Tiere pilgern zu ihren angestammten Brutplätzen im Windschatten von Eisbergen oder steilen Felsabbrüchen. Immer wieder legen sie auf ihrer weiten Wanderung größere Strecken auf dem Bauch rutschend zurück. Mit ihren Flossenflügeln und Füßen stoßen sie sich am Boden ab und gleiten dabei mit bis zu 8 km/h über die unebenen Eis- und Schneeflächen. Lediglich bei aufgetürmtem Presseis gerät die Pinguinparade unter heftigem Gezeter ins Stocken.
Paarungspalaver
Am Brutplatz angekommen laufen die Tiere laut schreiend durcheinander. Ziel dieses Palavers ist es, den Brutpartner des letzten Jahres ausfindig zu machen oder gegebenenfalls einen anderen geeigneten Partner zu finden. Die Pinguine erkennen sich individuell an ihren Rufen, die sie mithilfe von zwei Membranen in der Nähe ihrer Lungen erzeugen können. Nach etwa drei Wochen haben sich alle Paare gefunden und es kommt zur Begattung. Etwa Anfang Mai, tief im Süden erst Mitte Juni, legt das Weibchen dann ein einzelnes Ei mit gut 12 cm Länge und einem Gewicht von rd. 500 g. Die Kaiserpinguine nutzen die einzige ihnen zur Verfügung stehende Wärmequelle: ihren Körper. Mit dem Schnabel balanciert das Weibchen das Ei sofort auf seine Fußrücken und deckt seine wärmende Bauchfalte darüber.
Durch die Produktion des Eies nach der langen Wanderung hat das Weibchen den Großteil seiner Energiereserven verbraucht. In den letzten Wochen hat es etwa ein Viertel seines Körpergewichts verloren. Mit dem Präsentieren des Eies durch kurzes Anheben der Bruttasche signalisiert es dem Partner, die männlichen Brutpflichten zu übernehmen. Hoch konzentriert nähern sich die beiden Vögel und im passenden Moment lässt das Weibchen das Ei auf die Füße des Männchens rollen. Dieses dirigiert es mit vorsichtigen Schnabelbewegungen auf die sichere Mitte seiner Fußrücken und deckt sogleich seine Bauchfalte über den kostbaren Nachwuchs. Wenn dieser Akt gelingt, ist das Ei nur für Sekunden der eisigen Kälte ausgesetzt; bei der Übergabe geht aber etwa jedes vierte Ei verloren. Bleibt ein Ei nur eine Minute den eisigen Temperaturen ausgesetzt, stirbt der Embryo durch Auskühlung sofort ab. Das Pinguinweibchen macht sich nun mit Artgenossinnen auf den Rückweg zum offenen Meer.
Angehende Väter in der Männergruppe
Die Väter rücken für die anstehende lange Wartezeit immer enger zusammen. Alle vorausgegangenen kräftezehrenden Rivalitäten sind vergessen. Für die kommenden zwei Wintermonate zählt nun allein das Überleben in der Gruppe. Flügel an Flügel, mit eingezogenen Köpfen spenden sie sich gegenseitig Wärme und Schutz gegen die teils mit 150 km/h über die Antarktis tobenden Schneestürme. Bis zu 6000 Tiere können sich zu einem solchen Schutzpulk zusammendrängen. Durch diese soziale Thermoregulation ist nur etwa ein Sechstel ihrer Körperfläche der klirrenden Kälte ausgesetzt. Zusätzlich drängen die außen Stehenden von Zeit zu Zeit nach innen, so dass sich die Vögel in ihrer Position abwechseln. Das Deckgefieder der Kaiserpinguine ist so dicht, dass weder Wind noch Wasser hindurchdringen können. Das Ei in der Bruttasche wird konstant bei etwa 30 °C gehalten – ein Temperaturausgleich von 50–70 °C zur Umgebung. Ein äußerst effizientes Wärmeaustauschersystem in den Füßen der Pinguine sorgt dafür, dass trotz des eisigen Untergrunds kaum Wärme verloren geht.
Die Männchen zehren während des Brütens ausschließlich von den Fettreserven, die sie sich im Sommer angefressen haben. Ihren Wasserbedarf decken sie über Schnee. Nur wenn sich die Windverhältnisse ändern, rührt sich die Gruppe. Müssen die Vögel einen geschützteren Platz aufsuchen, können sie selbst mit dem Ei auf den Füßen Eisschollen überklettern – mit winzigen Trippelschritten, abgestützt durch die Flügel und mit dem Schnabel als Eispickel.
Geteilte Elternpflichten
Nach 65 Tagen schlüpfen die Kaiserpinguinküken im Schutz der väterlichen Brutfalte. Obwohl der Vater nun um ein Drittel abgemagert ist, füttert er sein Junges mit einem eiweiß- und fettreichen Futterschleim, einer Absonderung aus seinem Kropf. Nach etwa zwei Monaten kommen die wohlgenährten Weibchen zur Ablösung ihrer Partner zurück. Das Küken wird übergeben und für die nächsten drei bis vier Wochen von der Mutter mit rd. sieben Pfund vorverdautem Fisch, Krebsen und Tintenfisch gefüttert. Währenddessen brechen die Männchen nach ihrer bis zu 100 Tagen dauernden Fastenzeit zur Wanderung an die fischreiche offene See auf. Erst wenn sie sich vollgefressen haben, kehren sie nach etwa vier Wochen zum Brutplatz zurück, um wiederum die Weibchen abzulösen. Abwechselnd pendeln in den nächsten Wochen die Mütter und Väter zwischen ihren hungrigen Küken und den Nahrungsgründen im offenen Meer hin und her.
Nun zeigt sich auch, welchen Vorteil es hat, im Winter zu brüten: Jetzt, wo das Küken besonders viel Nahrung benötigt, wird der Weg zum Meer immer kürzer, weil das Eis mit dem beginnenden Sommer zurückgeht. Doch trotz der Strapazen, die die Eltern auf sich nehmen, überlebt nur etwa ein Drittel der Jungvögel eines Jahrgangs – die meisten fallen eisigen Schneestürmen zum Opfer, wenn sie nicht rechtzeitig die Bruttasche erreichen oder für diese zu groß geworden sind. Um größere Küken vor Raubfeinden zu schützen, richten die Kaiserpinguine regelrechte Kinderkrippen unter dem Schutz erwachsener Vögel ein.
Zurück ins nasse Element
Mit Beginn des antarktischen Sommers, etwa im Alter von vier Monaten, werden die Jungen selbstständig und finden im Südpolarmeer reichlich Nahrung. Erst nach fünf Jahren, wenn sie geschlechtsreif geworden sind, werden auch sie den langen Marsch über das Eis antreten.
Nun begeben sich auch die Eltern, die für ihren Nachwuchs etwa acht Monate an das Eis gefesselt waren, wieder in ihr eigentliches Element, das Wasser. Sobald ein Kaiserpinguin ins Wasser eintaucht, wird aus dem an Land so plump wirkenden Vogel ein eleganter Schwimmer und Taucher. Der stromlinienförmige Körper bietet nur minimalen Wasserwiderstand und lässt die Tiere unter geringem Energieverbrauch erstaunliche Geschwindigkeiten erreichen. Die weit hinten ansetzenden Füße und der Schwanz dienen als Ruder, wenn sie mit ihren zu Flossen umgebildeten Flügeln unter Wasser »fliegen«. Im Meer füllen die Pinguine jetzt ihre isolierende Unterhautfettschicht auf, die bei einem wohlgenährten Tier bis zu einem Drittel des Körpergewichts ausmachen kann.
Kolonien im Eis
Der Kaiserpinguin lebt nahezu ausschließlich auf dem Eis und im Polarmeer rund um Antarktika und betritt selbst zum Brüten nicht den Boden des Kontinents. Daher wird der Lebensraum des flugunfähigen Vogels durch den Rückgang des Meereises infolge des Klimawandels bedroht. Etwa 30 Brutkolonien sind heute bekannt, in denen schätzungsweise 250 000 Tiere ihr Brutgeschäft verrichten. Alle Kolonien bis auf diejenigen am Taylor-Gletscher und auf der Insel Dion befinden sich auf dem Meereis. Die größte Kaiserpinguinkolonie mit rd. 100 000 Vögeln liegt auf der Coulman-Insel im Rossmeer.
In einem Lebensraum, in dem die Erzeugung bzw. Aufrechterhaltung der Körpertemperatur, ohne zu viel Energie zu verbrauchen, das Maß aller Dinge ist, geschieht auch die Wahl des Brutplatzes nicht ohne Grund. Das Wasser unter dem Meereis hat eine Temperatur um den Gefrierpunkt, während Felsgestein wesentlich kälter werden kann. Somit ist ein Brutplatz auf dem Eis wärmer als auf dem Festland.
Die erste Brutkolonie der Kaiserpinguine wurde übrigens am Kap Crozier während der ersten Antarktisexpedition 1901–1904 von Robert Scott mit der »Discovery«entdeckt.
Adeliepinguine: Unterwasserflüge im Eismeer
Die Aussage, dass Pinguine nicht fliegen können, stimmt nur bedingt. Zwar können sich die schwarzbefrackten Vögel nicht in die Luft erheben, weil ihre Knochen verkürzt und abgeflacht sind, aber mit ihrer hervorragend ausgebildeten, kräftigen Flugmuskulatur und den zu festen Ruderschaufeln umgebildeten Flügeln sind sie ganz ausgezeichnete Schwimmer. Der Bewegungsablauf entspricht dabei weitgehend dem beim Fliegen. Die weit hinten am Körper ansitzenden Füße dienen ebenfalls dem Antrieb und der dreieckige, stromlinienförmige Schwanz bildet ein ideales Steuerruder.

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Adeliepinguine in der Antarktis
Adeliepinguin Pygoscelis adeliae
Klasse Vögel
Ordnung Pinguine
Familie Pinguine
Verbreitung Küsten der Antarktis und umliegende Inseln
Maße Länge: 45–70 cm
Gewicht 5 kg
Nahrung kleine Fische und Tintenfische, Krill
Zahl der Eier 2
Brutdauer 33–38 Tage
Höchstalter etwa 20 Jahre
Der Adeliepinguin (Pygoscelis adeliae) ist nicht nur der am weitesten verbreitete Pinguin, sondern mit geschätzten 20 Mio. Exemplaren auch der häufigste. Gemeinsam mit dem Kaiserpinguin (Aptenodytes forsteri) lebt er am nächsten am Südpol, am Rand der Packeiszone der Antarktis und auf den südlichsten Inseln. Durch die Meeresströmungen, die nährstoffreiches Tiefenwasser an die Oberfläche bringen und dadurch die Basis für ein reiches Tierleben im Meer schaffen, ist der Tisch auch für den Adeliepinguin immer reich gedeckt. Er ernährt sich hauptsächlich von Krillkrebschen, erbeutet aber auch kleinere Fische. Dabei muss er immer vor seinen Feinden auf der Hut sein. Dies sind der Seeleopard und der Schwertwal, ferner Haie und Pelzrobben. Bei diesen wendigen Jägern haben die Pinguine selbst bei Schwimmgeschwindigkeiten von 20 km/h kaum eine Chance zu entkommen. Mit dem Schwinden der Krillbestände durch die Meererwärmung ist sogar diese häufige Art gefährdet.
Lebensnotwendige Isolierung
Der Nahrungsreichtum der antarktischen Gewässer ist ein Vorteil, geht aber andererseits mit extremen klimatischen Bedingungen einher: An Land herrschen im Winter Temperaturen von bis zu –60 °C und auch im eisigen Wasser beträgt die Differenz zwischen Umgebungs- und Körpertemperatur ca. 40 °C. Eine gute Isolierung ist daher unumgänglich. Diese ist zum einen in Form einer mehrere Zentimeter dicken Fettschicht gegeben, zum anderen durch das dichte Federkleid: Pro Quadratzentimeter verfügt ein Adeliepinguin durchschnittlich über eine stattliche Anzahl von zwölf Federn (bei einer Ente dagegen sind es nur drei). Die Federn weisen an ihrer Basis einen ausgeprägten Daunenteil auf und sind an der Spitze leicht zum Körper hin gekrümmt. Ihre dachziegelartige Anordnung bewirkt, dass zwischen Daunenteil und Deckfederteil eine isolierende Luftschicht festgehalten wird. Wie gut diese Isolierung wirkt, ist schon daran zu erkennen, dass Pinguine regelrecht einschneien können: Die Schneeflocken schmelzen nicht auf dem Körper, weil die Wärmeabgabe so gering ist.
Wärmedämmung hat auch Nachteile
Aber diese gute Anpassung hat auch ihre Nachteile. Das Luftpolster im Federkleid verleiht beim Schwimmen starken Auftrieb. Der mit 45–70 cm relativ kleine und mit 5 kg auch leichte Adeliepinguin kann deshalb nicht so tief tauchen wie der größere und schwerere Kaiserpinguin und jagt daher in geringeren Tiefen. Da kleinere Tiere über ihre Oberfläche mehr Wärme abgeben als größere, müssen kleine Pinguine sich trotz der Isolierung auch schneller bewegen, um dadurch im Körper zusätzlich Wärme zu erzeugen. Zur weiteren Minimierung des Wärmeverlusts sind die Extremitäten zurückgebildet: Die Flügel sind kurz und der Schnabel ist relativ klein und zur Hälfte befiedert. Wenn die Vögel zum Brüten aufs Festland ziehen, kann die Isolierung bei starker Sonneneinstrahlung schnell zu Überhitzung führen. Dann geben sie die überschüssige Wärme über die gut durchbluteten Füße, die Innenseite ihrer Flügel und den zum Hecheln weit geöffneten Schnabel ab.
Schwieriger Nestbau
Das Brutgeschäft ist in diesen Breiten keine einfache Angelegenheit: Die ortstreuen Tiere brüten über Jahre hinweg in riesigen Kolonien im selben Gebiet. Das felsige Gelände bietet jedoch ausschließlich kleine Steinchen als Nistmaterial; diese sind der einzig mögliche Schutz der Eier vor dem gefrorenen Boden. Folglich sind sie sehr begehrt.
Ist das Nest fertig, legt das Weibchen ab Ende Oktober meist zwei Eier und wandert dann zurück zum Meer. Die Eier werden allein vom Männchen in einer speziellen Falte am Bauch ausgebrütet. In dieser Zeit nimmt es keine Nahrung zu sich und büßt dadurch etwa 30 % seines Körpergewichts ein, bevor es vom Weibchen wieder abgelöst wird. Die beim Schlüpfen ca. 100 g schweren Jungen nehmen durch die proteinreiche Kost, mit der sie gefüttert werden, pro Tag etwa 75 g zu.
Der Antarktis-Sturmvogel: Fischer im offenen Eismeer
Wie alle Sturmvögel (Procellariidae) sind Antarktis-Sturmvögel (Thalassoica antarctica) typische Hochseevögel. Ihre Nahrung suchen sie auf dem offenen Eismeer zwischen dem antarktischen Packeisgürtel und der nördlichen Eisberggrenze, am häufigsten im Ross- und Weddellmeer. Sie weisen spezielle Anpassungen an das Fliegen dicht über der Wasseroberfläche und an ausdauerndes Schwimmen und Tauchen auf. Mitte November ziehen die Antarktis-Sturmvögel zu ihren Brutplätzen nach Süden. Das Land suchen sie dann nur zum Brüten auf und auch bei der Jungenaufzucht haben sie Verhaltensweisen entwickelt, die ihnen erstaunliche Bruterfolge sichern.
Antarktis-Sturmvogel Thalassoica antarctica
Klasse Vögel
Ordnung Röhrennasen
Familie Sturmvögel
Verbreitung antarktische Meere, meist Ross- und Weddellmeer, Brutgebiet an der antarktischen Küste
Maße Länge: etwa 45 cm; Spannweite: über 1 m
Gewicht etwa 1,5–2 kg
Nahrung Krill und andere kleine Krebse, kleine Tintenfische und Fische
Zahl der Eier 1
Brutdauer 7 Wochen
Höchstalter über 20 Jahre
Über und unter der Wasseroberfläche
Antarktis-Sturmvögel sind ausgezeichnete, wendige Flieger: Die Spannweite ihrer langen, schmalen Flügel ist mit über 1 m mehr als doppelt so groß wie die Körperlänge (ca. 45 cm). Das verleiht den Vögeln eine hohe Manövrierfähigkeit, wenn sie auf der Suche nach Nahrung knapp über den Schaumkronen durch die Gischt fliegen. Antarktis-Sturmvögel fischen gesellig in dichten Schwärmen; sie ernähren sich von Krill, anderen Kleinkrebsen, Tintenfischen und Fischen. Angepasst ans Schwimmen und Tauchen, haben die Sturmvögel ein pinguinartiges Becken und Füße mit Schwimmhäuten, die besser für die Fortbewegung im Wasser als an Land geeignet sind. Schließlich bleiben sie wochen-, ja monatelang auf See und ernähren sich nicht nur aus dem Meer, sondern schlafen auch auf dem Wasser. Zur Nahrungssuche haben sie verschiedene Techniken entwickelt: Entweder stürzen sie sich aus der Luft auf ihre Beute, wobei sie mehrere Körperlängen tief abtauchen, oder sie tauchen von der Wasseroberfläche aus, bzw. schnappen beim Schwimmen nach Beute. Ein dichtes, wasserundurchlässiges Gefieder und eine isolierende Fettschicht unter der Haut bewahren die Vögel im eiskalten Wasser vor dem Auskühlen.
Die Röhrennase
Wie bei ihren Verwandten sind die äußeren Nasenöffnungen auf dem Schnabel bei Antarktis-Sturmvögeln röhrenförmig verlängert, was der Familie der Sturmvögel auch den Namen Röhrennasen eingetragen hat.
Da die Vögel monatelang auf See bleiben, müssen sie Salzwasser trinken; auch mit ihrer Nahrung nehmen sie ständig Salzwasser auf. Um das überschüssige Salz wieder loszuwerden, besitzen sie große Nasendrüsen, die eine hoch konzentrierte Salzlösung ausscheiden. Die langen Nasenröhren halten die konzentrierte Salzlösung von den Augen fern und verhindern zudem, dass Gischtwasser in die inneren Nasenöffnungen eindringt.
Teamwork für den Bruterfolg
Antarktis-Sturmvögel verbringen den antarktischen Winter auf dem Meer und kehren im Südsommer – ab Mitte November – aufs Festland zurück, um meist an Steilklippen zu brüten. Die Brutkolonien können 200 000 Paare umfassen.
Brutdauer und Nestlingszeit sind bei Sturmvögeln sehr lang und die Aufzucht kann nur gelingen, wenn beide Eltern beim Brüten und Füttern als Team zusammenarbeiten. Das setzt eine enge Abstimmung voraus und Vogelpaare, die bereits erfolgreich zusammen gebrütet haben, haben einen wichtigen Erfahrungsvorteil. Da Antarktis-Sturmvögel über 20 Jahre alt werden können, »lohnt« sich für sie eine lang anhaltende Paarbindung (Monogamie).
In das Nest legt das Weibchen ein einziges Ei, das knapp sieben Wochen von beiden Altvögeln abwechselnd bebrütet wird. Das Küken wiegt beim Schlüpfen etwa 60 g und trägt bereits ein dichtes Daunengefieder gegen die Kälte. Es wird von den Altvögeln gegen Raubmöwen verteidigt und mit einem sehr nahrhaften Brei aus anverdauten Kleinkrebsen, Tintenfischen, Fischen und einem öligen Drüsenmagensekret gefüttert. Dieses sog. Magenöl kann von Alttieren und Jungen bei Gefahr auch ausgewürgt und meterweit verspritzt werden. Bei dieser kalorienreichen Ernährung wächst das Junge rasch heran und ist mit sechs bis sieben Wochen flugfähig.