Die Arktis umfasst die Polargebiete der nördlichen Hemisphäre. Die meiste Zeit des Jahres umgeben Eisschollen den Nordpol, der inmitten des Nordpolarmeeres liegt. Am Nordpol herrscht dank der Meeresströmungen ein deutlich milderes und niederschlagsreicheres Seeklima als auf den das Nordpolarmeer umgebenden arktischen Landmassen und den größeren Inseln. Mächtige Gletscher und Eisschilde, Frostschuttwüsten und spärliche Tundrenvegetation beherrschen das Bild auf dem Festland. Auch die Tierwelt ist verhältnismäßig artenarm. Die wichtigsten Lebensräume liegen am und im Meer. Viele Seevögel und Meerestiere bevölkern die Küstenräume. Neben Mikroorganismen und Fischen tummeln sich Robben, Seehunde, Walrosse und auch einige Wale im kalten Wasser. Die größten Landsäugetiere sind Eisbären, Moschusochsen, Polarfüchse und Rentiere. Sie haben sich für die langen, kalten und dunklen Wintermonate ein schützendes Fellkleid und eine isolierende Fettschicht zugelegt oder sie wandern in wärmere Regionen ab. Kleinere Säuger wie Schneehasen und die Berglemminge überleben in Schneehöhlen.
Inhalt
Der Eisbär: großer Wanderer auf Robbenjagd
Sattelrobben: Entwicklung im Turbogang
Klappmützen: Hundsrobben im arktischen Treibeis
Blickpunkt: Schlittenhunde – zum Laufen, Ziehen und Jagen geboren
Die Arktis ist ein unwirtlicher Lebensraum. Kurze Sommer und lange, kalte Winter prägen die Gebiete um das Nordpolarmeer. Im Winter bleibt die Sonne auch tagsüber unter dem Horizont, tiefer Schnee bedeckt das Land und das Meer ist eine endlose Eisfläche. Die Temperaturen fallen teils bis unter –40 °C und Stürme erschweren zusätzlich das Überleben. Erst sehr spät im Jahr steigt die Temperatur über den Gefrierpunkt, doch jederzeit ist mit Frost zu rechnen. Durch die Schrumpfung des mehrjährigen Meereises im Nordpolarmeer von 1979 bis 2005 um 25 % droht dieser extreme Lebensraum zu verschwinden. Entwickelt sich der Klimawandel ungehindert weiter, könnte das Nordpolarmeer sogar in 90 Jahren eisfrei sein.
Um überleben zu können, greifen die größeren Tiere der Arktis auf das Meer zurück. Das geschieht je nach Art in unterschiedlich starkem Ausmaß. Der Eisfuchs wechselt zwischen den Lebensräumen: Im Sommer bieten ihm die Berglemminge, die die Tundra bevölkern, genügend Nahrung. Im Winter hingegen sind die in unterirdischen Bauen lebenden Nagetiere unter einer dicken Schneeschicht unzugänglich. Nun ernährt sich der Eisfuchs vorwiegend von Aas und begibt sich dazu auch aufs Meereis hinaus, wo Eisbären genügend Reste ihrer Jagdbeute hinterlassen. Der Eisbär ist noch stärker vom Meer abhängig. Hauptnahrung dieses Allesfressers sind Robben, denen er ganzjährig nachstellt. So lebt er überwiegend auf dem Eis und ist ein fähiger Schwimmer. Doch im Sommer, wenn sich das Meereis von den Küsten zurückzieht, nutzt er auch Nahrungsquellen auf dem Land und ernährt sich teils von Flechten, Gräsern und Beeren.
Am stärksten ist die Abhängigkeit vom Meer bei den verschiedenen Robbenarten ausgeprägt, die sich ausschließlich von Fischen und Krebsen ernähren. Sie können kaum mehr als Landtiere angesehen werden, verbringen sie doch den größten Teil der Zeit im Meer oder auf dem Eis.
Anpassung an die arktische Umgebung
Der arktische Lebensraum erfordert Anpassungen in dreierlei Hinsicht: an die Abhängigkeit vom Meer und das Leben auf dem Treibeis sowie an das harsche Klima.
Um im Meer leben zu können, sind Eisbären und Robben gute Schwimmer. So haben Eisbären im Vergleich zu anderen Bären einen ganz eigenen Schwimmstil entwickelt: Sie treiben sich mit den Vorderbeinen voran und steuern mit den Hinterbeinen. Auch Robben schwimmen nach demselben Muster, doch bei ihnen ist die Anpassung noch viel weiter gegangen: Die Gliedmaßen sind flossenartig und der Körper ist stromlinienförmig.
Die extreme Kälte erfordert besondere Anpassungen. Auch die Körperform kann Energie sparen: Je kleiner die Körperoberfläche, desto weniger Wärme geht verloren. Ein gedrungener Körper mit kurzen Gliedmaßen ist daher vorteilhaft. Bei den Robben mit ihren runden Körpern ist dieses Prinzip ins Extrem verwirklicht. Auch die Körpergröße selbst ist ein wichtiger Faktor, denn mit der Größe nimmt das Volumen stärker als die Oberfläche zu: Riesen wie Walrosse oder Eisbären können ihre Körpertemperatur daher viel leichter halten.
Das weiße Fell von Eisfuchs, Eisbär und Robbenjungen isoliert ausgezeichnet gegen die Kälte – die weißen Haare sind innen hohl und halten dadurch besser die Wärme. Allerdings hat das wärmende weiße Fell seit langem eine große Faszination auf Jäger ausgeübt. Die arktischen Tiere haben auch eine dicke isolierende Fettschicht in der Unterhaut. Insbesondere bei den überwiegend im Wasser lebenden Robben, für die ein dickes Fell im Wasser nachteilig wäre, macht diese Fettschicht einen großen Teil des Körpergewichts aus.
Der Eisbär: großer Wanderer auf Robbenjagd
Eisbären leben die meiste Zeit auf dem gefrorenen Ozean – auf dem Eis des zirkumpolaren Nördlichen Eismeers. Einige Tiere aus Populationen am Rand des Polarbeckens kommen sogar zeitlebens nicht an Land. Sie bevorzugen die Treibeisgebiete. In dieser sich ständig ändernden Umgebung können die Bären am erfolgreichsten Robben jagen. Doch durch den Temperaturanstieg in der Arktis werden die Eisflächen immer kleiner und bedrohen den natürlichen Lebensraum des »Bären des Meeres« (Ursus maritimus).

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Eisbären sind exzellente Schwimmer.
Klasse Säugetiere
Ordnung Raubtiere
Familie Bären
Verbreitung Arktis, gerne Treibeisgebiete
Maße Kopf-Rumpf-Länge: Männchen 240–250 cm, Weibchen 180–210 cm Standhöhe: bis 160 cm
Gewicht Männchen bis 1000 kg, Weibchen bis 410 kg
Nahrung Robben und andere Meeressäuger, Aas, Abfälle, selten Pflanzen
Geschlechtsreife mit 5–6 Jahren
Tragzeit 8–9 Monate
Zahl der Jungen 1–3, meist 2
Höchstalter etwa 30 Jahre, in Menschenobhut 45 Jahre
Ein Leben zwischen Pack- und Treibeis, bei Temperaturen, die auf klirrende –50 °C fallen können, und häufig tobenden Stürmen, stellt extreme Anforderungen an einen Organismus. Wer hier lebt und sich dazu noch viel im eisigen Wasser aufhält, muss gut angepasst sein, vor allem, was den Verlust von Körperwärme betrifft. Eisbären haben allein schon durch ihre große Körpermasse ein im Hinblick auf Wärmeverlust günstiges Verhältnis von Volumen zu Oberfläche. Zudem tragen sie ein besonders dickes Fell mit sehr dichter Unterwolle. Eine ölige Schicht um jedes Haar macht den Pelz Wasser abweisend. Die gelblich weiße Fellfarbe dient nicht nur der Tarnung des Raubtiers, das Fell produziert sogar aktiv Wärme. Die aufgrund der Lichtbrechung weiß erscheinenden Haare sind eigentlich durchsichtig und leiten durch Hohlräume in ihrem Innern das Sonnenlicht bis zur Haut der Tiere. Diese ist völlig schwarz und kann somit besonders gut Wärme aufnehmen. Unter der Haut liegt außerdem eine gut 10 cm dicke, isolierende Fettschicht. Die Kombination aus Fell und Fett isoliert die Tiere sogar so gut, dass sie Gefahr laufen, einen Hitzeschock zu erleiden, wenn sie sich bei größerer körperlicher Anstrengung durch Muskelarbeit aufheizen. Eisbären haben keine Schweißdrüsen und können überschüssige Körperwärme nur durch Hecheln abgeben.
Kraftpakete mit Ausdauer
Die Füße der Eisbären sind gleichermaßen an das Leben an Land wie an eine Fortbewegung im Wasser angepasst. Sie sind lang und breit und zwischen den Zehen, die mit kurzen, aber dicken und recht geraden Krallen besetzt sind, spannen sich auf halber Länge Schwimmhäute. An Land und auf dünnem Eis dienen diese Pranken als Schneeschuhe, im Wasser werden sie wie Paddel eingesetzt. Tief im Wasser liegend, treiben sich die Bären mit Paddelbewegungen der Vorderbeine und der Tatzen vorwärts. Die Hinterbeine werden nachgezogen und dienen in erster Linie als Ruder. Auf diese Weise sind die Tiere in der Lage, ohne Unterbrechung etwa 300 km zu schwimmen. Manchmal lassen sich Eisbären zur Nahrungssuche auch auf einer Eisscholle aufs Meer hinaustreiben und schwimmen dann wieder zurück.
Ausdauer beweisen die kräftigen Tiere nicht nur im Wasser, sondern auch an Land. In ihrem großflächigen Lebensraum müssen Eisbären häufig enorme Entfernungen zurücklegen, um der Eisschmelze auszuweichen und an Nahrung zu gelangen. Damit sie Kraft und kostbare Energie sparen, heben sie beim Laufen an Land bzw. auf Eis ihre Füße kaum an, sondern schwingen sie bei jedem Schritt in einem Halbkreis nach vorne. Feine Papillen und Hohlräume an den Fußsohlen verhindern das Ausrutschen auf dem Eis. Auf diese Weise können sie auf der Suche nach robbenreichen Gebieten gewaltige Strecken von bis zu 15 000 km im Jahr zurücklegen.
Wenn sich die anderen Bären nördlicher Breiten auf ihren Rückzug vorbereiten, um die Kälte zu verschlafen, wird der Eisbär in den Polarregionen erst richtig aktiv. Das Packeis ist nun mächtig gewachsen und bedeckt mit einer nahezu geschlossenen Eisdecke die Küsten der Nordmeere. Jetzt bricht für den arktischen Räuber die Hauptjagdsaison an. Hauptsächlich stellen die Bären Eismeerringelrobben nach. In einigen Gebieten haben sie auch die Jagd auf Walrosse, Nar- und Weißwale erlernt. Daneben verschmähen sie aber auch Aas wie das Fett toter Meeressäuger nicht.
Ihre energiesparendste und daher am häufigsten angewandte Jagdmethode ist das Auflauern an einem Eisloch. Über den gesamten Winter bis weit ins Frühjahr hinein müssen die Luftsauerstoff atmenden Robben in dem zugefrorenen Meer ihre Atemlöcher offen halten. Dazu kratzen die Meeressäuger mit den Krallen ihrer Vorderflossen das sich immer wieder neu bildende Eis weg. Das ist die Gelegenheit für einen meist über Stunden lauernden Eisbären, eine Robbe mit seinem kräftigen Gebiss zu packen oder sie mit einem mächtigen Prankenhieb auf das Eis zu katapultieren, um sie dort mit einem gezielten Biss schnell zu töten.
Meist bilden sich über solchen Eislöchern Schneewehen. Dort hinein bauen die Robbenweibchen ihre von außen unsichtbaren Wurflager, in denen sie ab März ihre Jungen zur Welt bringen. Ebenso wie das Atemloch ortet ein Eisbär die leichte Beute des Robbennachwuchses im Frühjahr mittels seines feinen Geruchssinns. Manchmal taucht er auch an eine Eisscholle heran, auf der eine Robbe ruht. Mehr als eine Minute kann er unter Wasser bleiben. Wenn er nah genug herangekommen ist, schnellt der Bär explosionsartig aus dem Wasser und packt sein Opfer mit den großen Vorderpranken. Doch die Chancen zu entkommen, stehen für eine Robbe gar nicht schlecht. Nur etwa 2 % der Jagdversuche eines Eisbären sind von Erfolg gekrönt. Wenn ihn der Hunger treibt, versucht er auch einmal, einen im Wasser dümpelnden Seevogel durch Antauchen zu überrumpeln. Bei schnellen Beutetieren wie Schneegänsen oder Karibus kommen Eisbären kaum zu einem Jagderfolg, da ihnen meist vorzeitig wegen Überhitzung die Luft ausgeht. Es wurden aber schon Eisbären beobachtet, die stundenlang nach Braunalgen tauchen.
Der stark auf Fleisch spezialisierte Eisbär ist sehr von seiner Hauptbeute, den Robben, abhängig. Wenn ab Spätsommer das Eis des arktischen Meeres schmilzt, ziehen die Eisbären zwar noch weiter in den Norden, treffen aber dennoch immer seltener auf Robben. So muss ein Eisbär besonders in den Sommermonaten häufig für Wochen oder sogar Monate ganz ohne Nahrung auskommen.
In beutelosen Zeiten kann der Eisbär kurzfristig seinen Stoffwechsel herunterfahren. Sein Energieumsatz läuft dann nur noch auf Sparflamme. Dabei verfällt der Eisbär allerdings nicht wie seine Verwandten in einen tiefen Schlaf. Nicht selten muss er mehrere Monate lang von seinen Fettreserven zehren. Als genügend Nahrung vorhanden war, hat er sich eine dicke Fettschicht angefressen. Vor allem im Frühjahr ist das Meer manchmal angefüllt mit gerade entwöhnten, also noch sehr unerfahrenen Jungrobben. Bei einem solchen »Überangebot« an Beute frisst ein Eisbär nur den sog. Blubber der Robben, die Unterhautfettschicht. Doch je früher das Eis schmilzt und bricht, desto weniger Speicherfett können sie im Winter anfressen.
Besonders wichtig ist die Energiereserve in Form von Körperfett für trächtige Eisbärenweibchen. Sie suchen für die Geburt und die ersten Lebenswochen ihrer Jungen Schutz in einer Eis- oder Schneehöhle. Da sie diese für etwa fünf Monate, an der Hudsonbai sogar für acht Monate nicht verlassen und zusätzlich noch ihre Jungen säugen, sind ausreichende Fettreserven sowohl für sie selbst als auch für ihre Nachkommen überlebenswichtig.
Seltene Begegnung
Nahezu das gesamte Jahr über wandern Eisbären allein durch ihre weite weiße Welt. Nur wenn bei seltenen Gelegenheiten Nahrung im Überfluss vorhanden ist, sind mehrere Bären auf engem Raum anzutreffen, ohne dass es zu Auseinandersetzungen kommt. Es mutet daher fast wie Zufall an, dass sich einmal ein Männchen und ein Weibchen begegnen. Damit dennoch die Jungen alle etwa zum gleichen Zeitpunkt im Schutz der Schneehöhle zur Welt kommen, hat die Natur eine ganz eigene Strategie entwickelt. Hormonell gesteuert, zögert sich die Einnistung der befruchteten Eizelle nach einer Paarung unter Umständen mehrere Monate bis zum Oktober hinaus. Und wenn es dem Weibchen nicht gelingt, sich genügend dicke Fettreserven anzufressen, wird das Ei einfach vom Körper resorbiert (aufgenommen).
Allein erziehende Mütter
Gewöhnlich suchen Eisbärenmütter in regelmäßigen Abständen dieselben Küstenbereiche auf, um in Schneehöhlen ihre Jungen zur Welt zu bringen. Die trächtigen Weibchen legen ihren witterungsisolierten Unterschlupf meist in einer größeren Schneewehe an, um ihre in der Regel zwei Jungen vor der Kälte zu schützen. Der Höhleneingang liegt stets etwas tiefer als die Wurfhöhle selbst, so sammelt sich wärmere Luft, die immer nach oben steigt, in der Höhe an.
Die nur gut 500 g wiegenden Neugeborenen sind zunächst sehr unterentwickelt und völlig hilflos. Erst nach etwa 50 Tagen unternehmen die kleinen Bären ihre ersten Gehversuche. Ohne selbst Nahrung zu sich zu nehmen, säugt die Mutter den Nachwuchs mit ihrer extrem fettreichen Milch, bis er etwa 10 kg schwer geworden ist. Ihr Stoffwechsel ist zwar während dieser Zeit etwas heruntergefahren, aber sie hält keinen eigentlichen Winterschlaf. Die Körperwärme der Tiere hält die Temperatur innerhalb der Schneehöhle normalerweise konstant um den Gefrierpunkt.
Im Frühjahr verlässt die inzwischen stark abgemagerte Mutter mit ihren Jungen die Schneehöhle und begibt sich sogleich auf Robbenjagd. Noch zweieinhalb Jahre lang begleiten die jungen Bären ihre Mutter, beginnen aber bereits mit drei Monaten, auch von der Beute zu fressen. Die Bärenmutter bringt den Jungen in der Folgezeit alles bei, was sie zu ihrem eigenständigen Leben brauchen. Anschließend werden sie von der Mutter regelrecht verstoßen und sind fortan in der weißen Welt aus Eis und Schnee auf sich selbst gestellt.
Sattelrobben: Entwicklung im Turbogang
Die im Nordpolarmeer beheimatete Sattelrobbe (Pagophilus groenlandicus) ist die zweithäufigste Robbenart. Die jährliche Schätzung der Population im Nordwestatlantik ergab im Jahr 2000 einen Bestand von ca. 5,2 Mio. Tieren. Sie kommen von der Küste Russlands und Nordostskandinaviens über die Umgebung der arktischen Inseln, Grönlands und Nordislands bis hin nach Ost- und Nordkanada vor.

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Sattelrobbenbabys entsprechen mit ihren großen Augen dem Kindchenschema.
Natürlicher Wärmetauscher
Sattelrobben verbringen den weitaus größten Teil ihres Lebens im nassen Element. Im Polargebiet ist dies durchaus vorteilhaft, denn während die Außentemperaturen mitunter –40 °C erreichen können, liegt die Wassertemperatur meist bei 0 bis –4 °C, äußerstenfalls bei 1,8 °C. Auf Dauer ist natürlich auch das noch zu kalt und die Tiere müssen geeignete Schutzmechanismen entwickeln, um die Körpertemperatur aufrechtzuerhalten und nicht zu erfrieren. Zum einen ist da ihre kompakte Körperform hilfreich, bei der die Oberfläche im Verhältnis zum Volumen relativ klein ist. Die Stromlinienform ermöglicht zudem eine energetisch günstige Fortbewegung unter Wasser. Zum anderen sollten die Extremitäten möglichst kurz sein, da über sie viel Körperwärme abgegeben wird. Auch dieses Ideal ist bei den Hundsrobben, in deren Verwandtschaft die Sattelrobbe gehört, verwirklicht: Im Vergleich zu den Ohrenrobben sind die Gliedmaßen verkürzt. Die Hundsrobben können sich daher an Land nur auf dem Bauch robbend fortbewegen. Im Wasser macht sie dies jedoch zu noch gewandteren Schwimmern. Darüber hinaus dienen die Flossen auch als natürliche Wärmetauscher. Die Venen in den Extremitäten, die abgekühltes und verbrauchtes Blut zum Herzen zurückleiten, liegen in enger Nachbarschaft zu den Arterien, die warmes und sauerstoffreiches Blut aus dem Herzen erhalten. Dadurch wird das venöse Blut etwas erwärmt, bevor es wieder ins Herz gelangt, und die Kerntemperatur wird auf Kosten der weniger wärmebedürftigen Extremitäten erhalten. Das allein reicht aber bei weitem nicht aus. Deshalb haben Sattelrobben eine bis zu 8 cm dicke Fettschicht, den sog. Blubber, eine sehr effektive Isolierung: Die Temperatur im Körperinnern kann bis zu 42 °C höher liegen als an der Hautoberfläche.
Sattelrobbe Pagophilus groenlandicus
Klasse Säugetiere
Ordnung Raubtiere
Familie Hundsrobben
Verbreitung an den Küsten des Nordpolarmeers, von Nordostskandinavien über Russland, Kanada bis Grönland und Island
Maße Kopf-Rumpf-Länge: 170–180 cm
Gewicht 120–140 kg
Nahrung Fische, auch Krebse und Tintenfische
Geschlechtsreife 4–8 Jahre
Tragzeit gut 11 Monate, mit etwa 20 Wochen Keimruhe
Zahl der Jungen 1
Höchstalter etwa 30 Jahre
Spezialisierte Taucher
Da die Körperwärme aber nicht nur erhalten, sondern auch produziert werden muss, müssen die Tiere große Mengen energiereicher Nahrung zu sich nehmen. Deshalb sind die Sattelrobben sehr aktiv und verbringen den größten Teil des Tages mit der Nahrungssuche. Sie bevorzugen nahe der Oberfläche schwimmende Fische wie Kabeljau und Heringe, verschmähen jedoch auch Tintenfische und Krebstiere nicht und tauchen bis in Tiefen von 300 m, um z. B. Schollen oder Schellfische zu erbeuten. Wenn ein menschlicher Taucher in derartige Tiefen vordringt, muss er sich beim Auftauchen viel Zeit lassen, um die sog. Taucherkrankheit zu vermeiden. Darunter versteht man die Embolien, die bei einem raschen Aufstieg entstehen, wenn der Wasserdruck nachlässt. Dann wird der im Blut gelöste Stickstoff gasförmig und bildet Bläschen, die die Blutgefäße verstopfen. Die Robben umgehen diese Gefahr, indem sie vor dem Untertauchen ausatmen. In einer Tiefe von ca. 30 m kollabiert dann die Lunge, wodurch der Stickstoff in die oberen Atemwege gepresst wird und gar nicht erst ins Blut übergehen kann. Bereits im Blut gelöster Stickstoff wird vom Körpergewebe aufgenommen und erst wieder ins Blut abgegeben, wenn die Robben an die Wasseroberfläche zurückgekehrt sind. Auf diese Weise bilden sich keine Stickstoffbläschen und die Robbe kann ohne jegliche Zeitverzögerung auftauchen.
Gutes Sehvermögen
Neben der richtigen Tauchtechnik sind für den Jagderfolg auch gut ausgebildete Sinnesorgane erforderlich. In erster Linie fallen bei den Sattelrobben die großen Augen auf. Mit ihren flexiblen Pupillen sind sie sehr leistungsfähig: In der Helligkeit an Land, wo zusätzlich der Schnee das Licht reflektiert, verengen sie sich wie bei einer Katze zu einem schmalen Spalt und in den lichtarmen Meerestiefen weiten sie sich zu einer sehr großen, kreisrunden Öffnung. Eine reflektierende Zellschicht hinter der Netzhaut fängt selbst in relativer Dunkelheit das Restlicht optimal ein. Da die Netzhaut hauptsächlich aus den lichtempfindlichen Stäbchenzellen und nur wenigen Zapfen besteht, können die Sattelrobben zwar nur beschränkt Farben wahrnehmen, ihre Beutetiere aber auch bei schlechten Lichtverhältnissen noch gut erkennen.
Sattelrobben besitzen von allen Säugetieren die wohl am weitesten entwickelten Barthaare. Die durchschnittlich 48 Schnurrhaare an der Schnauze und drei über jedem Auge sind, da jeweils mit mehr als 1000 Nervenzellen ausgestattet, hochsensibel, so dass sie bei den schlechten Lichtverhältnissen in großen Tiefen als ideale Tastsinnesorgane das Sehvermögen ersetzen.
Beutetiere werden jedoch nicht nur optisch und taktil (durch den Tastsinn) wahrgenommen, sondern auch über das gut ausgebildete Gehör geortet. Im Gegensatz zum Menschen können die Sattelrobben auch unter Wasser ausgezeichnet hören, obwohl sie die länglich geformte Gehöröffnung vor dem Tauchen mittels eines kräftigen Muskels verschließen, damit kein Wasser eindringt. An Land würde das so von der Luft abgeschlossene Sinnesorgan nicht mehr funktionieren, weil sich der Schall nicht über die Luft durch den Gehörgang zum Hörorgan ausbreiten kann. Im Wasser verhält es sich jedoch anders: Die Schallwellen breiten sich über das Medium Wasser aus und erreichen den verschlossenen Gehörgang von außen. Damit dieser durch den in der Tiefe erheblichen Druckunterschied zwischen der Luft im Ohr und dem Wasser nicht kollabiert, ist er knöchern verstärkt. Wahrscheinlich wird der Schall über diese Knochen und die in ihnen enthaltenen Blutgefäße in ein spezielles, von zahlreichen Hohlräumen durchzogenes Gewebe im Innenohr geleitet und dort durch die Sinneszellen aufgenommen. Auf diese Weise wird die Hörleistung unter Wasser trotz verschlossener Höröffnung nicht gemindert. Das Gehör dient allerdings nicht nur dem Beutefang, sondern auch der Kommunikation der Tiere untereinander und dem rechtzeitigen Erkennen nahender Feinde. An Land ist dies leider in erster Linie der Mensch, teilweise auch der Eisbär. Vor Letzterem schützen sich die Sattelrobben in der Regel dadurch, dass sie das Festland meiden und stattdessen für Eisbären nicht erreichbare Eisschollen vorziehen. Im Meer fallen die Tiere häufig Schwertwalen zum Opfer, junge und noch unerfahrene Sattelrobben werden auch von Walrossen erbeutet.
Eine feine Nase
Wie die anderen Gesichtssinne ist auch der Geruchssinn bei den Sattelrobben gut ausgebildet. Die relativ großen Nasenöffnungen werden vor dem Untertauchen durch einen kräftigen Muskel verschlossen, damit kein Wasser in die oberen Atemwege eindringt. Der Geruchssinn kann folglich unter Wasser beim Beutefang keine Rolle spielen. Auf dem Land dient er aber zusammen mit dem Gehör auf größere Distanz der rechtzeitigen Wahrnehmung von Feinden. Wie bei vielen anderen Säugetieren kann auch bei den Sattelrobben das Männchen am Geruch der potenziellen Partnerin erkennen, ob diese paarungsbereit ist. Von besonderer Wichtigkeit ist der Geruchssinn aber bei den Müttern, die dadurch unter Hunderten von Jungtieren ihr Baby wiedererkennen.
Auf Wanderschaft
Die meiste Zeit des Jahres richtet sich der Aufenthalt der Sattelrobben danach, wo die reichsten Fischgründe zu finden sind. Zur Geburt ihrer Jungen und zum Fellwechsel unternehmen die Tiere jährlich genau festgelegte Wanderungen. Der Gesamtbestand der Sattelrobben lässt sich in drei Gruppen aufteilen. Die westliche Population sucht im Winter weiter südlich gelegene Wurfplätze in Labrador und Neufundland sowie in den Hoheitsgewässern Kanadas auf, die mittlere Population gebärt die Jungen im Grönländischen Meer nahe der Insel Jan Mayen und die östliche Population hat ihre Geburtsplätze im Weißen Meer. Zum Fellwechsel wandern die Robben dann im Frühjahr wieder Richtung Norden. Auf ihrem Zug orientieren sich die Tiere wahrscheinlich an der grünlichen Färbung der Küstengewässer sowie am Temperaturgradienten, der am Rande des Packeises entsteht.
Unterbrochene Tragzeit
Im Alter von vier bis acht Jahren pflanzen sich die jungen Sattelrobben das erste Mal fort. Die Paarung erfolgt immer im Gebiet der Wurfplätze; dort treffen Tausende aufeinander und die Chancen, einen Geschlechtspartner zu finden, sind optimal. Ältere Weibchen werden oft schon wenige Tage nach der Geburt eines Jungtieres in der zweiten Märzhälfte wieder begattet. Die Eizelle macht nur einige wenige Teilungen durch, dann ruht der Keim für drei Monate in der Gebärmutter, bevor er sich weiterentwickelt. Dadurch wird der günstige Paarungszeitpunkt ausgenutzt, dem Muttertier aber dennoch genügend Zeit gegeben, sich für die kräftezehrende Schwangerschaft und Säugezeit neue Fettreserven anzufressen. Wenn die trächtigen Weibchen im Februar an den Wurfplätzen angelangt sind, bringen sie bei günstigen Bedingungen möglichst bald ihre Jungen zur Welt. Ist die Witterung schlecht oder das Eis weniger als 25 cm dick und damit nicht ausreichend tragfähig, kann die Geburt allerdings ohne Schaden für das Junge hinausgezögert werden, bis die Bedingungen besser geworden sind. Dann werfen innerhalb weniger Tage alle Weibchen. Diese Synchronisation ist sehr sinnvoll, da Raubtiere auf keinen Fall alle Jungtiere erbeuten können und sich die gesamte Gruppe auch wieder gemeinsam auf die Wanderung begeben kann, weil alle Jungtiere den gleichen Entwicklungsstand haben.
Nahrhafte Muttermilch
Die Geburt, die meist nachts oder in den frühen Morgenstunden stattfindet, dauert in der Regel nicht einmal eine Minute. Das Junge muss dabei einen gewaltigen Temperatursturz vom warmen Mutterleib in die eisige Polarluft verkraften. Da das Fell noch vom Fruchtwasser nass ist, isoliert es so schlecht, dass das Jungtier in den ersten Lebensstunden durch permanentes Zittern zusätzliche Wärme erzeugen muss. Da ist es lebenswichtig, so bald wie möglich von der sehr nahrhaften Muttermilch zu trinken. Sie enthält ca. 46 % Fett und erreicht, dass das Junge innerhalb der kurzen Säugephase von nur zehn bis zwölf Tagen sein Geburtsgewicht von 10–12 kg ungefähr verdreifacht. Die Mutter geht in dieser Zeit kaum auf Beutefang und zehrt von ihren Fettreserven. Wenn sie nach knapp zwei Wochen ihr Junges verlässt, ist dessen Blubberschicht sogar noch dicker als die der Erwachsenen. Das ist auch dringend erforderlich, denn das Junge ist anfangs noch sehr unbeholfen im Wasser und muss sich die Jagdfertigkeit erst langsam aneignen. Außerdem kann es während des ersten Fellwechsels nach ca. zwei Wochen nicht ins Wasser und muss dann von seinen Fettreserven leben. Das silbrige zweite Fell wird nach etwa einem Jahr durch ein weiteres, geflecktes Jugendfell ersetzt.
Klappmützen: Hundsrobben im arktischen Treibeis
In den Gewässern rund um den Nordpol sind sie zu Hause: die meisten im Nordwestatlantik und in der Grönlandsee. Hier bewohnen sie vor allem die Treibeisregion über tiefem Wasser. Aufs festere Packeis ziehen sich die Klappmützen nur im März/April zurück, wenn die Jungen zur Welt kommen – stets in der Nähe des Wassers. Klappmützen legen weite Wanderungen zu den Wurfplätzen zurück. Hier droht die größte Gefahr für die Robben durch das Abschmelzen des Eises infolge des Klimawandels: Wird das Eis zu dünn, können die schweren Muttertiere nicht zu ihren Jungen zurück. Der Nachwuchs verhungert oder ertrinkt.
Die Bullen und ihre »Mützen«
Ihren ungewöhnlichen Namen verdanken die zu den Hundsrobben zählenden Klappmützen einer Besonderheit im Körperbau der ausgewachsenen Bullen. Im Alter von etwa vier Jahren bildet sich eine von der Stirn bis über das Maul hängende, fleischige, sackartige Wucherung der Nase heraus, die im entspannten Zustand einer nach unten geklappten Mütze ähnelt. Die Bullen sind in der Lage, die Wucherung als Dominanzgebahren zu einem kissenartigen Gebilde aufzublasen, z. B. wenn sie mit anderen Bullen um die Gunst eines paarungsbereiten Weibchens buhlen. Daneben ist sie ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal der Bullen untereinander. Bei dieser »Mütze« handelt es sich somit um ein sekundäres Geschlechtsmerkmal der männlichen Tiere.
Klappmütze Cystophora cristata
Klasse Säugetiere
Ordnung Raubtiere
Familie Hundsrobben
Verbreitung Treibeisgürtel der arktischen Meere nördlich von Kanada und um Grönland, Island und Spitzbergen
Maße Kopf-Rumpf-Länge: Männchen 2,5 m, Weibchen 2 m
Gewicht Männchen 300 kg, Weibchen 200 kg
Nahrung Kopffüßer, Krebse und Fische
Geschlechtsreife mit 3–5 Jahren
Tragzeit 10 Monate
Zahl der Jungen 1, selten 2
Höchstalter 30–40 Jahre
Drei Stämme
Forscher unterteilen die Klappmützenpopulation in drei Stämme – je nachdem, wo die Tiere ihre Jungen zur Welt bringen. Die Jungen des ersten Stamms kommen auf dem Eis vor den Küsten im Osten Kanadas zur Welt, die des zweiten Stamms in der Davis-Straße zwischen Grönland und Kanada und die des dritten auf dem Eis vor der Insel Jan Mayen im Osten Grönlands.
Die kürzeste Säugezeit im Tierreich
Ihr erstes Junges bekommen die Weibchen im Alter von etwa drei bis fünf Jahren. Sie finden sich zur Geburt in kleinen Gruppen auf dem Treibeis ein. Die Jungen verlieren – im Gegensatz zu den meisten anderen Robbenarten – ihr weißes Säuglingsfell im Allgemeinen schon im Mutterleib und kommen mit einem blauschwarzen Rückenfell zur Welt, das sie während des gesamten ersten Lebensjahres behalten. Am Bauch und an den Seiten ist das, früher von Robbenjägern sehr begehrte, Jungtierfell wesentlich heller.
Heute ist es zumindest in Kanada verboten, Klappmützen vor dem Fellwechsel zu jagen, der im Alter von etwa 15 Monaten stattfindet. Die Jungen wiegen bei ihrer Geburt etwa 20 kg und nehmen dank der ausgesprochen fettreichen Muttermilch täglich rund 5 kg zu. Allerdings werden sie bereits im zarten Alter von vier Tagen entwöhnt – kein anderes Säugetier säugt seine Jungen kürzere Zeit als die Klappmütze. Während der Säugezeit warten schon die Klappmützenbullen im Wasser auf die Weibchen, die nach der Entwöhnung der Jungen sofort wieder paarungsbereit sind.
Einzelgänger mit gewissen Treffpunkten
Im Allgemeinen leben Klappmützen einzelgängerisch, nur zur Geburt der Jungen und zur Paarung sowie zum jährlichen Haarwechsel schließen sie sich in Gruppen zusammen. Die Robben aus dem Nordwestatlantik treffen sich zum Haarwechsel auf dem Treibeis in der Dänemarkstraße, die vor Jan Mayen lebenden Tiere sammeln sich insbesondere vor Spitzbergen, den Färöern sowie vor Island. Während des Haarwechsels, der in der Zeit von Juni bis August stattfindet, hungern die Klappmützen und verlieren stark an Gewicht. Anschließend müssen sie umso mehr Nahrung zu sich nehmen, um wieder ihr Ausgangsgewicht zu erreichen. Die ausgewachsenen Tiere ernähren sich von Fischen, u. a. von Heilbutt, aber auch von Tintenfischen und Krebstieren. Im Anschluss an den Haarwechsel begeben sich die Tiere wieder auf Wanderschaft. Wohin sie im Einzelnen wandern und aus welchen Gründen, ist jedoch noch nicht ausreichend erforscht.
Schlittenhunde – zum Laufen, Ziehen und Jagen geboren
Sibirischer Husky, Alaska Malamute, Grönlandhund und Samojede – nur diese vier Rassen lässt der internationale Dachverband der Hundezüchter als registrierte Schlittenhundrassen gelten. Andere nordische Hunderassen wie Elchhund, Norbottenspitz oder Lapinkoira werden unter der Kategorie »Hunde vom Urtyp« geführt.

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Sibirische Huskys werden oft als Schlittenhunde eingesetzt.
Am Old Crow River in Alaska fand man die Reste eines Polarhundes, der vermutlich vor 12 000 Jahren gelebt hatte. Als gesichert gilt, dass die Menschen spätestens vor 10 000 Jahren mit der Domestizierung von Hunden begannen. Besonders unter den harten Lebensbedingungen der Polargebiete wurde der Hund zum unverzichtbaren Helfer: Er wurde zur Jagd eingesetzt und ermöglichte den Transport von erbeutetem Fleisch oder Fisch mit dem Schlitten über weite Entfernungen. So sind bereits auf vorgeschichtlichen Felszeichnungen im schwedischen Bohuslän Jagdmotive mit Menschen, hundeähnlichen Tieren und Schlitten zu sehen. In Notzeiten oder wenn die Tiere zu alt für die Arbeit waren, wurden sie gegessen und das dichte Fell konnte zu Decken und Jacken verarbeitet werden. Dabei war die Haltung der Schlittenhunde keineswegs mit der heutigen Hundehaltung vergleichbar. Die Hunde lebten halb wild und mussten sich im Sommer allein durchschlagen. Erst wenn sie nach Wochen oder Monaten erneut gebraucht wurden, fing man sie wieder zur Arbeit ein – sofern sie überlebt hatten. Tiere, die diesen harten Ausleseprozess überstanden, bildeten den Grundstock für die gezielte Züchtung von Schlittenhunden.
Die Inuit wählten immer die widerstandsfähigsten Exemplare zur Zucht aus. Sie mussten ausdauernd und schnell den Schlitten über weite Strecken ziehen können, mit wenig Futter auskommen und die Kälte durfte ihnen nichts anhaben, denn Hundehütten für Schlittenhunde gibt es in den Polargebieten nach wie vor nicht. Da die Tiere zu mehreren den Schlitten ziehen sollten und auch manchmal die Kinder des Jagdherren mit ihnen spielen wollten, war die Verträglichkeit gegenüber Artgenossen und Menschen ein wichtiger Aspekt für die Auswahl der Zuchttiere. Hunde, die sich gegenüber Menschen oder ihresgleichen als aggressiv erwiesen, wurden in die Eiswüste geschickt – ein Schicksal, das auch die leistungsschwachen teilen mussten.
Das Aussehen spielte im Gegensatz zu heute bei der gezielten Vermehrung der Hunde keine Rolle. Trotzdem entwickelte sich ein gewisser Typus. Alle Polarhunde erreichen etwa 50–60 cm Schulterhöhe, sind kraftvoll-muskulös, ohne zu großes Gewicht, besitzen ein dichtes Fell, spitze Ohren und einen buschigen, oft geringelten Schwanz. Dass in den Polargebieten ein dichtes Fell mit wärmender Unterwolle notwendig ist, leuchtet ein. Dagegen überrascht, dass der wollige Schwanz bei Stürmen ausgerollt den Rücken schützt oder beim Schlafen die Schnauze. Muskelkraft brauchen die Tiere, um die beladenen Schlitten lange ziehen zu können. Da die Hunde nicht so schwer sind, sinken sie im Schnee nicht tief ein und ihre dicht behaarten Pfoten wirken wie kleine Schneeschuhe. In lockerem Schnee allerdings sind die hohen Beine unverzichtbar, damit die Hunde nicht ganz einsinken.