Die Sonne fing sich in dem azurblauen Meer und brachte es zum Schimmern. Die grünen Berge der Insel bildeten einen wunderschönen Kontrast dazu – Hawaiis Insel Kamana präsentierte sich Eileen und Jaine im allerbesten Licht.
Nach der Ankunft auf der Hauptinsel Oahu waren beide Frauen von einem Reisebegleiter in Empfang genommen und direkt zum Privatjet von Dreamfair geführt worden. Kamana wurde von Dreamfair exklusiv gepachtet, und so sahen beide Frauen im Landeanflug auch nur dichtes Grün, unberührte Natur und in der Nähe des Strandes die weitläufigen modernen Gebäude des Resorts.
Die niedrigen Häuser und Hütten passten sich vollkommen natürlich an ihre Umgebung an, und Jaine konnte sich lebhaft vorstellen, wie entspannend es sein musste, die nächsten zwei Wochen dort unten zu verbringen. Wenn man davon absah, dass dort unten auch Sex gelehrt wurde. Der Punkt verunsicherte sie noch immer, aber je näher sie ihrem Ziel kamen, umso mehr spürte Jaine ein aufgeregtes Kribbeln in der Magengrube.
»Na, freust du dich?«, fragte Eileen und stieß sie sanft in die Seite. Jaine zwang sich zu lächeln, aber ihre beste Freundin kannte sie zu gut. Eileen legte ihr den Arm um die Schultern und drückte sie an sich. »Keine Sorge – du musst da nichts tun, was du nicht willst. Entspann dich einfach.«
Jaine nickte und sah wieder aus dem Fenster. Das Flugzeug setzte zum Landeanflug an.
An der Landebahn wurden sie von mehreren Leuten in leichten, lose fallenden Kleidern in Empfang genommen. Eileen sprang förmlich aus dem Flugzeug, während Jaine ihr langsam folgte. Als sie die Landebahn betrat, fielen ihr zwei Leute in der wartenden Menge besonders auf – ein Mann und eine Frau, beide groß und mit durchdringenden bernsteinfarbenen Augen. Ihre Haut war gebräunt und glänzte in der Sonne wie Bronze. Sein Haar war hell und fiel ihm lose in die Stirn, ihre langen glatten Haare erinnerten an Rabenfedern, die sich wie ein Mantel über ihren Rücken ergossen. Die Frau lächelte sie an, und Jaine spürte, wie ihre Knie weich wurden. Verlegen senkte sie den Blick.
Der Mann und die Frau kamen auf sie zu. »Wie schön, dass Sie endlich angekommen sind. Mein Name ist Morgan, ich leite mit meiner Schwester Lorna das Dreamfair. Falls Sie irgendwelche Wünsche haben, wenden Sie sich einfach an mich.«
Morgans Lächeln war mindestens ebenso gefährlich wie das seiner Schwester, und Jaine sah an Eileens Gesicht, dass er bei ihr eindeutig Erfolg damit hatte. Sie selbst verbat sich jeden Gedanken in diese Richtung – sie liebte Michael, auch wenn sie sich gerade diese Auszeit genommen hatte.
Während beflissene Hände ihre Koffer aufnahmen, winkte Morgan ihnen beiden, ihm zu folgen. Eileen ging direkt neben Jaine, Lorna, die bisher noch nichts gesagt hatte, bildete den Abschluss des Quartetts. Jaine spürte ihre Präsenz nahezu im Rücken und wunderte sich über sich selbst. Hatte Michaels Phantasie von zwei Frauen ihr diesen Gedanken in den Kopf gesetzt? Oder warum reagierte sie plötzlich auf diese Weise auf eine Frau, mit der sie nicht einmal ein einziges Wort gewechselt hatte?
»Hey, träumst du?«, fragte Eileen sie, und Jaine schrak zusammen. Anscheinend hatte Morgan sie beide etwas gefragt, und Jaine war so sehr in Gedanken versunken gewesen, dass sie es nicht mitbekommen hatte.
»Möchtest du heute schon einen Kurs machen?«, wiederholte Eileen Morgans Frage, und Jaine schüttelte hastig den Kopf. »Ich … würde damit gerne bis morgen warten. Mich erst hier umsehen und so«, erwiderte sie mit einem gezwungenen Lächeln, aber Morgan war entweder ein formvollendeter Schauspieler, oder er bemerkte ihre Anspannung wirklich nicht.
»In dem Fall lasse ich Ihnen die Zimmer zeigen und Sie können sich nach der Anreise ein wenig ausruhen«, antwortete er lächelnd und nickte den beiden jungen Männern zu, die ihre Koffer trugen. »Sie sind in Hütte fünf untergebracht – und dies sind Ihre Schlüssel. Alles Weitere sollten Sie in Ihrer Unterkunft finden.«
Eileen griff nach beiden Schlüsseln, die Morgan ihnen hinhielt, und schnurrte ein »Danke«, ehe sie den beiden Kofferträgern folgten. Ihr Weg führte sie durch die grüne Anlage des Dreamfair – durch die Farne und Palmen hindurch sah Jaine immer wieder Hütten aufragen. Einige davon geschlossen, andere offen, so dass der leichte Wind, der über die Insel wehte, zwischen den Stützstreben der Hütten hindurchgleiten konnte. Menschen entdeckte sie nicht.
»Er ist ziemlich heiß, oder?«, riss Eileen sie aus ihren Beobachtungen.
Jaine blinzelte verwirrt. »Wer?«
»Morgan, der Leiter.«
»Mhm.«
Eileen schmunzelte. »Aber natürlich kein Vergleich zu Michael.«
Jaine grinste. »Natürlich nicht.«
Das Zimmer war in Wirklichkeit eine große Hütte mit zwei separaten Schlafbereichen. Jaine fiel die Kinnlade herunter, als sie den Luxus sah, den Eileen für sie beide gebucht hatte. Auch wenn die Hütten von außen schlicht und einfach wirkten, offenbarten sie doch ein Inneres, wie Jaine es sich nicht einmal hätte vorstellen können. Der Innenraum war zum Meer hin offen und führte auf einem Weg aus gläsernen Bodenplatten zu einer Veranda, deren Stützbalken im Meeresboden verankert waren. Jaine konnte die Wellen regelrecht spüren, die sich unter ihren Füßen an den Balken brachen, als sie auf der Veranda stand.
»Sieh dir dein Badezimmer an!«, rief Eileen laut, und Jaine rannte fast, nur um ihre Freundin mit ausgestreckten Armen auf einem riesigen Bett vorzufinden, auf das sie sich lachend hatte fallen lassen.
»Ich nehme an, das ist dein Zimmer?« Jaine grinste breit und warf sich neben ihre Freundin auf die weichen weißen Kissen.
»Es hat das größere Bett«, erklärte Eileen gespielt ernst, was Jaine zum Kichern brachte.
»Okay, dann nehme ich das auf der anderen Seite der Hütte.«
Beide Schlafbereiche waren durch exotisch bemalte Paravents abgetrennt und besaßen jeweils eigene Badezimmer, um für jeden Gast Privatsphäre zu schaffen. Tatsächlich war das Bett in Jaines Zimmer etwas kleiner, wenn auch nur minimal. Sie störte es jedenfalls nicht.
Während sie auspackte, sah Eileen ihr eine Weile stumm zu, ehe sie auf sie zukam und sie in den Arm nahm. »Das werden zwei großartige Wochen«, war sie überzeugt. »Und du wirst sehen. Wenn du nach Hause zurückkommst, wird alles in wunderbarer Ordnung sein.«
Jaine hatte diese Gedanken so gut es ging von sich geschoben, aber Eileen kannte sie einfach zu gut. Jaine hatte Michael und den Grund für ihren überstürzten Aufbruch nicht ganz vergessen können.
Sie strich Eileen dankbar über die bloßen Arme und seufzte leise. »Ja«, sagte sie leise. »Ganz bestimmt.«