
Der Sand war feinkörnig und kitzelte sie zwischen den Zehen. Ein angenehmes, leichtes Gefühl. Jaine lehnte an einem der Felsen, die Füße in den weißen Sand vergraben, und schüttelte über sich selbst den Kopf. Sie hatte Eileen nicht anschreien wollen, aber ändern konnte sie es nicht mehr. Sie konnte sich nur entschuldigen. Aber noch brachte sie das nicht fertig.
Jaine seufzte und fuhr sich mit beiden Händen über das Gesicht. Sie liebte Eileen, aber in diesem Punkt waren sie beide furchtbar verschieden. Sie konnte nicht einfach so über Sex sprechen, und sie nahm ihre Treue zu Michael ernst. Er war der Mann, den sie heiraten würde. Er war es, den sie liebte, und er sollte auch der Einzige sein, der sie vor Lust stöhnen hören sollte.
Und er war der Erste. Jaine hatte, seit sie Michael kennengelernt hatte, nicht einmal das Bedürfnis nach einem anderen Mann verspürt. Aber Lorna war kein Mann. Sie war eine Frau, sinnlich und wunderschön, die Jaine hatte kommen lassen und ihr damit gezeigt hatte, wie gut die Berührung eines anderen Menschen tun konnte. Was für Wellen der Erregung ein einfaches Streicheln auslösen konnte!
Sie schüttelte heftig den Kopf. Es mochte kein Sex gewesen sein, aber dennoch war es etwas, was ihr Verlobter tun sollte, nicht eine fremde Frau in diesem Resort. Das war Eileens Welt, hier vibrierte alles in Lust und Ekstase. Der Sex schwebte förmlich in der Luft. Jaine gehörte nicht hierher. Sie wollte nach Hause, zurück zu Michael und ihm sagen, dass sie ihn liebte. Wenn er nur bei ihr wäre, dann wäre alles wieder gut.
Mit einem energischen Ruck zog Jaine ihr Handy aus der Tasche und drückte die Kurzwahltaste. Es klingelte zweimal, ehe Michael abnahm. Seine Stimme war dunkel vor Sorge. »Jaine?! Gott sei Dank, ich dachte schon, dir wäre etwas zugestoßen. Du hast dich nicht gemeldet.«
Ihr Herz wurde leichter, als sie ihn hörte, und sie sah ihn regelrecht vor sich, wie er mit unordentlichen Haaren auf der Couch saß, weil er nach der Arbeit sicherlich wieder darauf eingeschlafen war. Sie liebte ihn in diesem Moment so sehr, dass sie beschloss, ihm alles zu erzählen. Wohin sie gefahren war, und warum. Sie würde über diese seltsamen Hefte und Videos reden können, und alles wäre wieder gut. Und morgen konnte sie bereits wieder nach Hause fliegen, und sie beide würden das alles vergessen. Auch Lorna. »Entschuldige, hier war viel los«, erwiderte Jaine. »Ich wollte nur …«
»Schon gut, ich verstehe das. Frauen passiert so etwas immer wieder mal.«
Jaine stockte. Wusste er von ihrer Massage am Morgen? Ahnte er etwas? Was hatte sie verraten?
»Das sind kalte Füße. So kurz vor der Hochzeit und der Eröffnung der Pension ist dir der Stress zu groß. Da brechen Menschen mit geringerem Stressvermögen schnell zusammen.«
Geringes Stressvermögen?! Jaine spürte, wie die Zärtlichkeit, die sie noch Sekunden zuvor empfunden hatte, umschlug. Sie war nicht hier, weil sie eine schwache kleine Frau war, die mit dem Stress nicht umgehen konnte. Sie war hier, weil ihr Verlobter verdammt noch mal eine Schublade voller Pornos hatte!
»Menschen mit geringem Stressvermögen, die also nicht so tough sind wie du?!«, fauchte sie in den Hörer.
Vom anderen Ende der Leitung erklang ein Laut, als wollte Michael protestieren, aber Jaine ließ ihn nicht. »Hast du überhaupt eine Ahnung, wo ich bin? Was ich hier tue? Wie kannst du es wagen, mir so etwas zu sagen? Weißt du was, Michael, ich denke, es ist wirklich besser, wenn ich hier bleibe und versuche, den Stress abzuschütteln.«
Sie drückte auf die rote Telefontaste und hob den Arm. Und noch bevor sie darüber nachdenken konnte, hatte sie schon ausgeholt, und das Telefon segelte in einem weiten, runden Bogen geradewegs gen Meer, wo eine eifrige Welle es ohne Zögern verschlang.
Jaine atmete tief ein und aus, und auch wenn sie sich nicht körperlich betätigt hatte, raste ihr Herz wie wild. Sie war so wütend. Was dachte sich Michael nur?
»Zu hohe Telefongebühren?«, riss Lornas weiche Stimme sie aus ihrer Wut, und schuldbewusst zuckte Jaine zusammen. Augenblicklich wurde ihr Gesicht wieder sehr warm und wahrscheinlich auch sehr rot. Die Frau mit dem schwarzen Haar verzog besorgt das Gesicht und streckte die Hand aus, um sie auf Jaines Wange zu legen. »Oh, hast du dir einen Sonnenbrand eingefangen? Pass auf, deine Haut ist zu empfindlich für so etwas.«
Jaine blinzelte überrascht und machte dann einen taumelnden Schritt rückwärts. Die Stelle, an der Lorna sie berührt hatte, brannte förmlich, stärker als der Rest ihres Gesichts. »Nein, schon gut … ich meine, mir geht es gut«, entgegnete sie und sah zu Boden. Ihr Blick streifte dabei Lornas lange, schmale Finger, und augenblicklich war sie wieder auf dieser Liege, wand sich vor Lust und ließ sich einem intensiven Orgasmus entgegentreiben. Rasch hob sie den Blick wieder.
»Das mit dem Telefon war kein Versehen, mhm?«, fragte Lorna, und ein kleines Lächeln umspielte ihren Mund. »Willst du darüber reden?«
Jaine schüttelte den Kopf. »Nein, das muss ich allein abklären.«
Lorna legte ihr den Arm um die Schultern und führte sie weg vom Strand. Jaine spürte die Berührung auf ihrer Haut und schauderte ein wenig. Lornas Haut war zwar dunkel gebräunt, aber trotz der sommerlichen Temperaturen war sie kühl und brannte dadurch nur umso mehr auf Jaines erhitzter Haut.
»Gut, aber falls du doch reden willst, komm zu mir. Hier sollt ihr euch als Gäste entspannen können, das ist die wichtigste Regel. Wenn du wütend oder traurig bist, kann dein Körper sich nicht fallen lassen, und dann nützt alles nichts. Du solltest immerhin Spaß an dem haben, was dich hier erwartet.«
Jaine folgte Lorna zurück zu den Hütten. Unter ihren Füßen knirschten Kiesel, und die Sonne näherte sich unaufhaltsam dem Horizont. Ihr helles Licht trübte sich immer röter und lockte aus dem nahen Dschungel verschiedene Tiere hervor. Jaine konnte sie nicht sehen, aber das Zirpen, Gurren und Singen bewies, dass sie da waren.
»Ich weiß nicht, ob ich das kann«, gestand sie leise. »Ich bin nicht so bewandert, und ich weiß auch nicht, ob ich das will. Eigentlich mag ich mein Liebesleben, so wie es ist.«
Lornas Schritt wurde langsamer, bis sie schließlich ganz stehen blieb. Sie sah Jaine ernst an, den Kopf leicht schief gelegt. Ihre Haare, das sie zu einem Knoten gebunden hatte, aus dem lose Strähnen hervorlugten, schimmerten in der untergehenden Sonne fast rot.
»Jaine, es gibt etwas, was du verstehen und auch beherzigen musst, solange du hier bist«, sagte sie ernst. »Niemand, und ich meine damit absolut niemand, wird dich hier zu etwas drängen oder zwingen, was du nicht willst. Der einzige Mensch, der entscheidet, wie weit du gehen willst, bist du. Unser wichtigstes Ziel ist es, dass du dich wohlfühlst. Aber ich verspreche dir auch, dass du, wenn du es dir selbst erlaubst, deine Grenzen auszutesten, viel für dich gewinnen kannst. Und auch für deinen Partner.«
Jaine musterte Lornas Gesicht, aber die andere Frau wirkte vollkommen aufrichtig. Schließlich nickte sie.
Lorna lächelte und legte ihren Arm wieder um Jaines Schultern. »Eigentlich ist es viel zu spät für diesen ganzen tiefgründigen Unsinn«, fuhr sie sanft fort. »Ich sollte dich schon längst zur Einführung gebracht haben.«
»Bist du mein persönlicher Bodyguard?«, entfuhr es Jaine. Lorna lachte. Es war ein dunkler vibrierender Ton, so wie sie selbst, sinnlich und verheißend. »Ja, so etwas in der Art«, erwiderte sie. »Komm.«
Sie führte sie durch die Parkanlage, hinein in den Dschungel. Für einen Moment verspürte Jaine ein beklemmendes Gefühl, als sie unerwartet in diese grüne Dunkelheit mit all ihren Geräuschen eintauchten, aber kaum hatten sie den Rand des Dschungels hinter sich gelassen, flammten kleine Lichter auf. Vor ihnen lag ein mit Steinen ausgelegter Weg, der von niedrigen Lampen flankiert wurde. Die Luft war hier schwüler, dichter und trug würzige Gerüche mit sich.
Lorna bewegte sich auf dem Weg wie eine Tänzerin, und Jaine spürte ihre Hüfte, die bei jedem Schritt gegen ihre strich.
Sie schwiegen, und Jaine merkte, dass sie sich tatsächlich entspannte. Anscheinend gab es nur diese beiden Optionen, wenn man Arm in Arm mit einer Frau lief, die einen während eines der intimsten Momente ihres Lebens gesehen hatte.
Michael hat mich dabei noch nicht gesehen, schoss es ihr durch den Kopf, aber in Jaine regte sich Trotz ob dieses Gedankens. Das war mit Sicherheit nicht ihre Schuld.
Der Weg endete auf einer großen Lichtung, die fast vollkommen von einem runden Gebäude eingenommen wurde. Es sah aus wie ein großes Rundzelt, eine Jurte, mit einer niedrigen Decke. Die Eingänge waren mit leichten Tüchern verhängt, die sich im abendlichen Wind blähten und einfach beiseiteschieben ließen. Lorna bedeutete Jaine hineinzugehen und die betrat die Schwärze dahinter. Kein Licht brannte; Jaine konnte ihre eigene Hand vor Augen nicht sehen. Kurz erfasste sie Angst, aber Lornas Hand fand ihre.
»Keine Angst, ich sagte dir doch, es wird dir nichts passieren.«
Jaine nickte und realisierte im gleichen Augenblick, wie dumm diese Geste war – Lorna konnte sie ja nicht sehen. Stattdessen drückte sie deren Hand kurz zum Zeichen, dass sie verstanden hatte.
Lorna führte sie, und Jaine stolperte in winzigen Schritten hinter ihr her, unsicher, ob sie nicht fallen würde. Doch der Boden war eben, und sie konnte sich einfach darauf bewegen. Nach einigen wenigen Schritten blieben sie stehen. Jaine wollte etwas fragen, aber Lorna drückte sanft ihre Hand, und Jaine verstummte.
Plötzlich flackerte Licht auf und erhellte den Raum vor ihr. Sie konnte nicht genau ausmachen, woher diese Lichtquelle kam, aber sie konnte einen runden Raum erkennen, dessen Boden mit Kissen in exotischen Farben und Mustern bedeckt war. Darauf saß ein Pärchen mit Halbmasken vor dem Gesicht, doch ansonsten waren beide nackt. Sie streichelten sich abwesend, ohne drängende erotische Absicht, auch wenn der Mann eine sichtbare Erektion hatte. Es schien, als würden sie auf etwas warten.
Jaines Herz begann schneller zu schlagen. »Was ist das?«, flüsterte sie nun doch.
»Es gehört dazu. Macht es dir Angst?« Lornas Stimme und ihr Atem waren so nah an ihrem Ohr. Jaine schloss für einen Moment die Augen, nur um sie gleich wieder zu öffnen. »Nein«, erwiderte sie zu ihrer eigenen Verwunderung. Tatsächlich fühlte sie keine Angst und war nicht von dem Anblick abgestoßen.
»Gut. Und mach dir keine Sorgen, dass sie dich sehen könnten.« Lornas Hand drückte sich gegen eine Glasscheibe, direkt vor ihnen. »Venezianische Spiegel – sie sehen sich, aber nicht dich.«
Jaine bemerkte erst jetzt, dass auch die übrigen Wände des Raumes die schwachen Reflexionen des Pärchens zurückwarfen. Das Licht reichte nicht, um sie beide vollkommen zu spiegeln, aber es war genug, um die anderen Spiegel zu erahnen. Hieß das, dass dort noch mehr Menschen waren, verborgen und beobachtend wie sie beide in diesem Raum?
Jaine streckte die Hände nach links und rechts aus, und ihre Finger stießen auf Widerstand. Eine Kabine. Anscheinend bestand dieses Gebäude aus mehreren Kabinen, die rund um die Mitte angeordnet worden waren. Jeder konnte in die Mitte sehen, wo das Pärchen begonnen hatte sich zu küssen.
Eine warme, weiche männliche Stimme erfüllte die Kabine. Jaine konnte nicht genau ausmachen, woher sie kam, aber ihr Klang war wie eine weiche Decke, die sie und auch Lorna einhüllte.
»Willkommen auf Dreamfair. Sie sind hergekommen, um Ihre Grenzen zu erfahren, neue Dinge zu lernen und zu erleben – um eine Zeit jenseits Ihres alltäglichen Lebens zu nehmen. Wir möchten, dass Sie sich hingeben, genießen, empfangen und geben, was auch immer Sie zu geben bereit sind. Dies ist ein Urlaub von Ihnen selbst, eine Zeit, die nur für Sie existiert und in der Sie die Person sein können, die Sie selbst sein wollen.«
Diese Worte hallten in Jaine nach. Lornas Arme legten sich um ihre Schultern, ein Gefühl wie Samt. Es fühlte sich gut an. Es fühlte sich richtig an. Sollte sie das wirklich tun? Für eine Weile die Person sein, die sie zu Hause nicht war? Eine Jaine ohne Michael?
Das Pärchen in der Mitte der Jurte war nun intimer geworden. Sie küssten sich noch immer, doch seine Hand war zwischen ihre Schenkel gewandert, die sie gerade genug gespreizt hatte, um ihn einzulassen, doch nicht weit genug, um den Zuschauern zu tiefe Einblicke zu gewähren. Jaine konnte sehen, wie seine Hand sich bewegte, und sie konnte nur ahnen, was seine Finger zwischen den weichen Lippen anstellten. Die Vorstellung war seltsam erregend, vermischt mit ein bisschen Schamgefühl, weil sie die beiden beobachtete.
Doch sie wussten nicht, dass hungrige Augen sie beobachteten, und falls doch, störte es sie nicht. Die Frau hatte den Kopf in den Nacken gelegt, den Mund zu einem verzückten O geöffnet. Jaine konnte das leise Stöhnen, das daraus hervordrang, beinahe hören.
Sie schloss die Augen und stellte sich vor, wie es wäre, wenn sie dort liegen würde, beobachtet von anderen, fremden Menschen, denen es Lust verschaffte, wenn sie ihr dabei zusahen, wie sie sich erregen ließ. In ihrer Vision tauschte der Mann, der über der Frau kniete, aber den Platz mit Lorna. Jaine konnte förmlich sehen, wie die Frau mit den seltsam fesselnden bernsteinfarbenen Augen sich zwischen ihre Beine schob. Das lange schwarze Haar glitt dabei geschmeidig wie eine Schlange von ihrer Schulter auf Jaines nackten Bauch. Gänsehaut wäre die Folge dieser hauchzarten Berührung, Gänsehaut und eine tiefe Erregung, die sich in Jaines Schoß sammelte. Das Gefühl war außergewöhnlich, köstlich, verheißend, und Jaine merkte nur flüchtig, dass ihre eigene Hand über ihren Bauch fuhr und nur knapp die Wölbung ihres Schamhügels streifte.
Die Berührung wiederholte sich, aber es war nicht Jaines Hand, die das tat. Erstaunt riss sie die Augen auf und wandte sich von dem in ihr Vorspiel vertieftes Pärchen ab. Ein Blick über ihre Schulter führte sie direkt in Lornas geheimnisvolle Augen. Ein Lächeln tanzte darin, das weder spöttisch noch herausfordernd war. Jaine sah darin das verschwörerische Lächeln einer Frau, die mit ihr ein Geheimnis teilte. Niemand sonst außer Jaine und ihr wussten von der Berührung und der beginnenden Lust, die Jaine erfasst hatte.
Lorna unterbrach den Blickkontakt und senkte den Kopf, um Jaine einen sanften Kuss auf die runde Schulter zu geben. Ihre Lippen waren weich und unglaublich zärtlich. Es fühlte sich ein wenig so an, als würde Lorna ihr ein brennendes Mal aufdrücken und sie mit ihrem Kuss zeichnen, aber Jaine war es egal. Sie konnte sich nur noch auf Lornas Brüste konzentrieren, die sich aufregend gegen ihre Schulterblätter drängten. Sie trug offensichtlich keinen BH, und ihre Nippel reizten Jaine sogar noch durch den Stoff ihrer Bluse hindurch.
Lorna war so nah, dass Jaine auch noch die Hitze ihres Körpers durch die Lagen von Stoff erahnen konnte, die sie beiden voneinander trennten. Sie legte den Kopf in den Nacken und ließ den Hinterkopf auf der Schulter der Frau hinter sich ruhen. Sie achtete kaum noch auf das Pärchen vor sich, auch wenn sie unter halb geschlossenen Lidern immer wieder einen Blick erhaschen konnte – die beiden waren mittlerweile dazu übergegangen, sich gegenseitig zu lecken und an den intimsten Stellen zu küssen, was Jaine ein winziges Wimmern entlockte. Mittlerweile war sie feucht geworden und von einem solchen Sehnen erfüllt, dass sie kaum noch wusste, was sie tun wollte.
Lorna presste sie enger an sich, eine Hand noch immer auf ihrem Venushügel, den anderen Arm um ihren Bauch geschlungen. Sie schwieg.
Jaine ließ sich völlig von dem Moment mitreißen. Erinnerungen an den vorangegangenen Morgen erschienen vor ihrem inneren Auge, wurden abgelöst durch die unmittelbaren Berührungen, die sie jetzt erfuhr.
Lorna hatte begonnen, an ihrem Ohrläppchen zu knabbern, und Jaine wimmerte wieder, als die Berührungen des nassen Mundes und der nassen Zunge an ihrem Ohr intensiver wurden. Sie wand sich, auch wenn sie selbst nicht genau wusste, ob sie sich befreien oder um mehr betteln wollte. Lorna entschied es für sie. Ihr Griff lockerte sich, und sie trat mit einem einzigen Schritt vor Jaine, noch immer das sanfte Lächeln in den Augen. Jaine spürte einen warmen Schauer über ihre Haut rieseln, und sie schluckte. Lorna beugte sich vor, und zum ersten Mal in ihrem Leben empfing Jaine den Kuss einer anderen Frau auf ihren Lippen. Er war zart und sanft, so ganz anders als die von Leidenschaft aufgeladene Atmosphäre in der Kabine und in der Mitte der Jurte. Lornas Zungenspitze strich über Jaines Lippen, spielte mit ihnen, indem sie neckisch dagegentupfte und zog sich zurück, als Jaine willig den Mund öffnete. Sie hielt ihr Gesicht in beiden Händen, die Lippen noch immer so nah beieinander, dass Jaine Lornas Atem wie ein zärtliches Streicheln spüren konnte. Aber sie wollte mehr – sie wollte endlich einen Kuss, wie nur zwei Liebhaber ihn teilen konnten.
Ihre Sehnsucht musste sich nur allzu deutlich auf ihrem Gesicht abgezeichnet haben, denn Lorna erhörte ihr stummes Flehen und legte ihren Mund auf Jaines. Doch die Zärtlichkeit war nun der Leidenschaft gewichen – Lornas Eindringen in Jaines Mund war ein Raubzug, eine lustvolle Plünderung, die alles in Besitz nahm, was sie finden konnte. Und Jaine spürte, wie sie Lorna bereitwillig nachgab. Deren flinke Zunge, die über ihre strich, an ihren Lippen entlangfuhr und die Mundwinkel anstupste, war überall. Und Jaine fragte sich, wie es sein musste, diese Zunge auch an anderen Stellen ihres Körpers zu spüren. Sie wusste bereits, was die geheimnisvolle Frau mit ihren Fingern anstellen konnte, aber trotz aller Lust hatte Jaine bei der Massage die ganze Zeit über dass Gefühl gehabt, sie wäre nur zu Entspannungszwecken und um ihr einen Vorgeschmack auf das zu geben, was sie hier erwartete.
Lornas Kuss aber war etwas anderes. Er galt nicht einer verschüchterten Resort-Besucherin. Er galt einzig und allein ihr. Jaine. Diese Erkenntnis ließ sie aufseufzen, und mit einer Intensität, die sie von sich selbst nicht kannte, fuhren ihre Finger in Lornas dichte schwarze Haare, und sie erwiderte Lornas Kuss.
Die wirkte kaum überrascht, sondern umschlang Jaine mit ihren Armen, presste sie eng an sich und schien nichts auf der Welt zwischen sie kommen lassen zu wollen.
Eine Zeit jenseits meines Lebens, schoss es Jaine durch den Kopf, und sie spürte, wie sich etwas veränderte. Das hier waren keine »kalten Füße« oder »Stress vor der Hochzeit«, das hier war etwas, was sie, für diesen kurzen Moment an diesem Abend, genießen konnte. Und das würde sie auch tun.
Jaine schlug die Augen auf und sah in Lornas Gesicht. Der Haarknoten hatte sich gelöst, aber die zerzaust herabhängenden Strähnen, die Lornas Gesicht umrahmten, verliehen ihr nur noch mehr Reiz. Aus dem Augenwinkel bemerkte Jaine eine Bewegung neben Lornas Gesicht, und sie sah an ihr vorbei durch den Spiegel.
Lorna erkannte, was Jaines Aufmerksamkeit fesselte, und wich zur Seite, um ihr einen ungehinderten Blick auf das Paar zu gewähren. Sie verschwand völlig aus Jaines Gesichtsfeld, als sie sich hinkniete, aber Jaine bekam das nur am Rande mit.
Sie machte einen Schritt vor, die Hände gegen das Glas gelehnt, und beobachtete den Mann und die Frau mit den Halbmasken, die dazu übergegangen waren, sich in einer Stellung zu lieben, die Jaine die Röte ins Gesicht trieb. Der Mann hatte sich auf den Rücken gelegt, und seine Partnerin hockte auf ihm. Jaine konnte nur einen Teil seines Gesichts und ihren Rücken sehen, aber das reichte. Denn mit jedem Aufbocken der Frau, bei jedem Zucken ihres vor Schweiß glänzenden Körpers, konnte Jaine deutlich erkennen, wie die harte, von ihrem Saft glänzende Erektion aus ihrer klaffenden Pussy gestoßen und sofort wieder aufgesogen wurde.
Er schien nicht übermäßig groß, dafür aber sehr dick zu sein, und augenblicklich pochte es fordernd in Jaines Schoß, als sie sah, wie weit die Schamlippen der Frau gespreizt wurden, sobald sie sich wieder auf ihn sinken ließ.
Mit Michael hatte sie eine solche Position niemals ausprobiert, und hätte man Jaine gefragt, was sie davon hielt, hätte man sicherlich kein lustvolles Stöhnen als Antwort erhalten, so wie jetzt.
Plötzlich wollte Jaine genau das – sie wollte auf einem Mann sitzen, die Beine weit gespreizt, die Hände in den Muskeln seiner Brust vergraben, und vollkommen im Besitz der Macht darüber, wie schnell oder wie langsam sie es taten. Sie könnte ganz allein darüber bestimmen, wie tief dieses harte Stück Fleisch in sie drang, wie hart oder sanft sie es haben wollte.
Jaine wünschte sich so sehr, dass sie es fühlen durfte, dass sie die harte Zunge, die sich zwischen ihre Schenkel schob, erst nur für einen Teil ihrer Phantasie hielt. Als die Zungenspitze aber gegen ihre hart aufgerichtete Klit stieß, entfuhr Jaine ein erregter leiser Schrei, und sie sackte gegen den Spiegel. Ungläubig blickte sie an sich herunter, nur um Lorna vor sich knien zu sehen, den Kopf unter Jaines Rock vergraben. Jaine biss sich auf die Lippe, um dem peinlichen Aufschrei nicht gleich einen zweiten folgen zu lassen, aber Lornas Zunge war so geschickt, wie Jaine es schon bei ihrem Kuss geahnt hatte.
Anfangs noch sanft umkreiste sie Jaines Kitzler, die Hände fest auf deren Pobacken gelegt, nur um gleich darauf mit harter Zunge zwischen die nassen Schamlippen zu gleiten. Jaine wusste nicht, wie sie es anstellte, aber ihr Takt glich dem der beiden Menschen vor Jaines Augen. Sie suchte Halt am Spiegel und starrte wieder auf die Frau, die sich nun hemmungslos auf ihrem Partner bewegte. Jaine konnte kaum noch einen Blick auf seinen dicken Penis erhaschen, denn die Frau löste sich nur noch selten von ihm. Es war, als wollte sie sich kaum noch von ihm trennen, als wäre jede Sekunde, in der er nicht seine ganze Länge in sie geschoben hatte, eine unerträgliche Qual für sie.
Jaine presste die Lippen fest zusammen, als auch Lornas Zunge sich kaum noch aus ihr lösen wollte – sie steckte unfassbar tief zwischen Jaines Beinen, glitt nicht mehr aus ihr, bewegte sich aber und schickte mit jeder Berührung heiße Schauer über Jaines Körper. Die Erregung war sinnlich, köstlich, aber fast schon maßlos.
Jaine wusste nicht, wie lange sie sie noch ertragen konnte, wie stark sie war oder wie schwach.
Noch immer lag ihr Blick auf dem Paar, das unaufhaltsam seinem Höhepunkt zustrebte. Der Rücken der Frau spannte sich an, sie warf den Kopf in den Nacken und rieb ihren Po wie besessen an den Lenden des Mannes.
Auch er schien kurz davor zu sein; seine Finger gruben sich tief in das nackte Fleisch ihres Pos, und Jaine konnte das Aufblitzen seiner gefletschten Zähne sehen.
Der Anblick seines offensichtlichen Genusses, obwohl nicht er derjenige war, der oben lag, ließ Jaine spüren, wie sie sich dem Höhepunkt näherte. Und noch während Lorna tief in ihr war, kam Jaine mit der Gewalt eines Tsunami. Sie fühlte ihren Höhepunkt wie eine Explosion mit jeder einzelnen Faser ihres Körpers, die Jahre anzuhalten schienen, ehe alle Kraft aus ihr wich und sie sich kaum noch auf den Beinen halten konnte.
Lornas Arm legte sich um ihre Taille und stützte sie. Verwirrt, erschöpft und auch beschämt wagte Jaine nicht, ihr ins Gesicht zu sehen. Sie sprach auch nicht, bis sie in ihrer Hütte waren und Lorna sie so liebevoll wie eine jahrelange Freundin umsorgte und sie ins Bett brachte. Erst als Jaine zwischen den weißen Laken lag, fand sie die Kraft, Lorna anzuschauen.
»Danke«, flüsterte sie.
Lorna, die auf Jaines Bettkante saß, lächelte. »Nicht dafür – das war der Sinn der Einführung. Du solltest dich öffnen und mich als deine Aikane in Empfang nehmen.«
Jaine fiel es schwer, die Augen offen zu halten. »Aikane? Was ist das?«
»Ein Freund. Und das möchte ich für die kommenden Tage für dich sein – jemand, dem du vertrauen kannst. Deine persönliche Aikane.«
Jaine dachte an die vergangenen Stunden, die Lust, die sie noch Augenblicke zuvor empfangen hatte. In ihrem ganzen Leben hatte sie so etwas nicht verspürt, und mit einem Mal schenkte diese fremde Frau ihr das gleich zweimal in kürzester Zeit. Ja, sie war ein Freund, jemand, der sie führen und ihr noch viel mehr zeigen konnte. Der Gedanke daran ließ sie lächeln. Und noch während ihr die Augen zufielen, hörte sie, wie Lorna verschwand, so leise wie das Murmeln des Meeres vor ihrer Hütte.